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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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32.
Walter Lovell an seinen Sohn William.


Ich habe Deinen Brief, William, zugleich mit
einem andern Deines Freundes Burton erhal-
ten. Ich bin froh darüber, daß ich ohne Ur-
sache bekümmert gewesen bin; doch, was sag'
ich ohne Ursach? Soll der Leichtsinn eines
Sohnes dem Vater nicht eben so viel Gram
machen, als es eine Krankheit thun würde?
Und Leichtsinn, William, war es denn doch
wohl, was Dich so lange vom Schreiben zu-
rückhielt, und Leichtsinn, jugendlicher Leichtsinn,
was Dich Deinen letzten Brief schreiben hieß. --
Ich kann mir denken, daß Du izt den Erstaun-
ten spielst, daß Du Dich in Deiner Leiden-
schaft so weit vergissest, Deinen Vater, dessen
zärtliche Liebe gegen Dich ohne Gränzen ist,
herabzusetzen und seine Liebe Eigennutz zu schim-
pfen: aber ich vergebe Dir im Voraus, William,
eben weil ich Dich liebe. Aber meine Liebe
macht mich nicht blind für Dein wahres Glück,

32.
Walter Lovell an ſeinen Sohn William.


Ich habe Deinen Brief, William, zugleich mit
einem andern Deines Freundes Burton erhal-
ten. Ich bin froh daruͤber, daß ich ohne Ur-
ſache bekuͤmmert geweſen bin; doch, was ſag’
ich ohne Urſach? Soll der Leichtſinn eines
Sohnes dem Vater nicht eben ſo viel Gram
machen, als es eine Krankheit thun wuͤrde?
Und Leichtſinn, William, war es denn doch
wohl, was Dich ſo lange vom Schreiben zu-
ruͤckhielt, und Leichtſinn, jugendlicher Leichtſinn,
was Dich Deinen letzten Brief ſchreiben hieß. —
Ich kann mir denken, daß Du izt den Erſtaun-
ten ſpielſt, daß Du Dich in Deiner Leiden-
ſchaft ſo weit vergiſſeſt, Deinen Vater, deſſen
zaͤrtliche Liebe gegen Dich ohne Graͤnzen iſt,
herabzuſetzen und ſeine Liebe Eigennutz zu ſchim-
pfen: aber ich vergebe Dir im Voraus, William,
eben weil ich Dich liebe. Aber meine Liebe
macht mich nicht blind fuͤr Dein wahres Gluͤck,

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[348[346]/0356] 32. Walter Lovell an ſeinen Sohn William. London. Ich habe Deinen Brief, William, zugleich mit einem andern Deines Freundes Burton erhal- ten. Ich bin froh daruͤber, daß ich ohne Ur- ſache bekuͤmmert geweſen bin; doch, was ſag’ ich ohne Urſach? Soll der Leichtſinn eines Sohnes dem Vater nicht eben ſo viel Gram machen, als es eine Krankheit thun wuͤrde? Und Leichtſinn, William, war es denn doch wohl, was Dich ſo lange vom Schreiben zu- ruͤckhielt, und Leichtſinn, jugendlicher Leichtſinn, was Dich Deinen letzten Brief ſchreiben hieß. — Ich kann mir denken, daß Du izt den Erſtaun- ten ſpielſt, daß Du Dich in Deiner Leiden- ſchaft ſo weit vergiſſeſt, Deinen Vater, deſſen zaͤrtliche Liebe gegen Dich ohne Graͤnzen iſt, herabzuſetzen und ſeine Liebe Eigennutz zu ſchim- pfen: aber ich vergebe Dir im Voraus, William, eben weil ich Dich liebe. Aber meine Liebe macht mich nicht blind fuͤr Dein wahres Gluͤck,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 348[346]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/356>, abgerufen am 26.04.2024.