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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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des Unvermögens, eine Empfindsamkeit, die
späterhin zur völligen Schwachheit wird.

Emilie ist halb das Bild ihrer Mutter, und
halb eine Kopie nach ihrem Bruder. Ich hoffe
beide werden noch richtigere Ideen über das
Leben gewinnen. Stolz darf man nicht auf sich
seyn, denn das erzeugt eine Menge empfindsa-
mer Thorheiten, aber man muß sich schätzen-
um sich nicht unter die übrigen Menschen zu
erniedrigen, um ihnen nicht dadurch unmittel-
bar Gelegenheit zu geben, daß sie Vortheile
über uns gewinnen.




Mein Sohn wird mit jedem Tage ein grö-
ßerer Thor und er läßt es mir sogar merken,
daß er mich und meine Grundsätze nicht achtet.
Er schließt sich mit Innigkeit an jedes übertrie-
bene und unnatürliche Gefühl. Es schmerzt
ihn nicht, daß er sich dadurch von meinem Her-
zen entfernt, denn er ist unter Luftgestalten ein-
heimisch.

Die Erfahrungen, die mir aus dem Gewühle
der Welt hieher gefolgt sind, haben mich nun

des Unvermoͤgens, eine Empfindſamkeit, die
ſpaͤterhin zur voͤlligen Schwachheit wird.

Emilie iſt halb das Bild ihrer Mutter, und
halb eine Kopie nach ihrem Bruder. Ich hoffe
beide werden noch richtigere Ideen uͤber das
Leben gewinnen. Stolz darf man nicht auf ſich
ſeyn, denn das erzeugt eine Menge empfindſa-
mer Thorheiten, aber man muß ſich ſchaͤtzen-
um ſich nicht unter die uͤbrigen Menſchen zu
erniedrigen, um ihnen nicht dadurch unmittel-
bar Gelegenheit zu geben, daß ſie Vortheile
uͤber uns gewinnen.




Mein Sohn wird mit jedem Tage ein groͤ-
ßerer Thor und er laͤßt es mir ſogar merken,
daß er mich und meine Grundſaͤtze nicht achtet.
Er ſchließt ſich mit Innigkeit an jedes uͤbertrie-
bene und unnatuͤrliche Gefuͤhl. Es ſchmerzt
ihn nicht, daß er ſich dadurch von meinem Her-
zen entfernt, denn er iſt unter Luftgeſtalten ein-
heimiſch.

Die Erfahrungen, die mir aus dem Gewuͤhle
der Welt hieher gefolgt ſind, haben mich nun

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[424/0430] des Unvermoͤgens, eine Empfindſamkeit, die ſpaͤterhin zur voͤlligen Schwachheit wird. Emilie iſt halb das Bild ihrer Mutter, und halb eine Kopie nach ihrem Bruder. Ich hoffe beide werden noch richtigere Ideen uͤber das Leben gewinnen. Stolz darf man nicht auf ſich ſeyn, denn das erzeugt eine Menge empfindſa- mer Thorheiten, aber man muß ſich ſchaͤtzen- um ſich nicht unter die uͤbrigen Menſchen zu erniedrigen, um ihnen nicht dadurch unmittel- bar Gelegenheit zu geben, daß ſie Vortheile uͤber uns gewinnen. Nach mehrern Jahren. Mein Sohn wird mit jedem Tage ein groͤ- ßerer Thor und er laͤßt es mir ſogar merken, daß er mich und meine Grundſaͤtze nicht achtet. Er ſchließt ſich mit Innigkeit an jedes uͤbertrie- bene und unnatuͤrliche Gefuͤhl. Es ſchmerzt ihn nicht, daß er ſich dadurch von meinem Her- zen entfernt, denn er iſt unter Luftgeſtalten ein- heimiſch. Die Erfahrungen, die mir aus dem Gewuͤhle der Welt hieher gefolgt ſind, haben mich nun

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/430>, abgerufen am 26.04.2024.