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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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14.
William Lovell an Rosa.

Ich weiß nicht, was ich denken, ich weiß
nicht, was ich sagen soll. Mein Gemüth ist in
der gespanntesten Unruhe. Sie kommen nicht,
Rosa, und seit drey Tagen wünsch' ich Andrea
zu sprechen und er läßt mich immer zurückwei-
sen. Er sey krank, läßt er mir sagen. Was
soll ich denken? Was soll ich beginnen? Kann
er mich nicht auch in der Krankheit sprechen?
O, schreckliche Gedanken, vernichtende Gedan-
ken steigen in meinem Gehirne auf. Warum
muß er mich zurückweisen? --

Bianka habe ich gesehn, sie ist bleich und
abgefallen, die Schwindsucht nimmt ihre Kräfte
hinweg. Ihr Anblick hat mich erschreckt, denn
er brachte ein sonderbares Bild in meinen
Kopf, ich kann mich aber nicht erinnern, wel-
ches. Francesko ist kalt und zurückgezogen, er
wird jetzt heyrathen, ich weiß nicht, ob Sie es
schon wissen. Alle übrigen, die ich sonst häufig

14.
William Lovell an Roſa.

Ich weiß nicht, was ich denken, ich weiß
nicht, was ich ſagen ſoll. Mein Gemuͤth iſt in
der geſpannteſten Unruhe. Sie kommen nicht,
Roſa, und ſeit drey Tagen wuͤnſch' ich Andrea
zu ſprechen und er laͤßt mich immer zuruͤckwei-
ſen. Er ſey krank, laͤßt er mir ſagen. Was
ſoll ich denken? Was ſoll ich beginnen? Kann
er mich nicht auch in der Krankheit ſprechen?
O, ſchreckliche Gedanken, vernichtende Gedan-
ken ſteigen in meinem Gehirne auf. Warum
muß er mich zuruͤckweiſen? —

Bianka habe ich geſehn, ſie iſt bleich und
abgefallen, die Schwindſucht nimmt ihre Kraͤfte
hinweg. Ihr Anblick hat mich erſchreckt, denn
er brachte ein ſonderbares Bild in meinen
Kopf, ich kann mich aber nicht erinnern, wel-
ches. Francesko iſt kalt und zuruͤckgezogen, er
wird jetzt heyrathen, ich weiß nicht, ob Sie es
ſchon wiſſen. Alle uͤbrigen, die ich ſonſt haͤufig

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[366/0373] 14. William Lovell an Roſa. Rom. Ich weiß nicht, was ich denken, ich weiß nicht, was ich ſagen ſoll. Mein Gemuͤth iſt in der geſpannteſten Unruhe. Sie kommen nicht, Roſa, und ſeit drey Tagen wuͤnſch' ich Andrea zu ſprechen und er laͤßt mich immer zuruͤckwei- ſen. Er ſey krank, laͤßt er mir ſagen. Was ſoll ich denken? Was ſoll ich beginnen? Kann er mich nicht auch in der Krankheit ſprechen? O, ſchreckliche Gedanken, vernichtende Gedan- ken ſteigen in meinem Gehirne auf. Warum muß er mich zuruͤckweiſen? — Bianka habe ich geſehn, ſie iſt bleich und abgefallen, die Schwindſucht nimmt ihre Kraͤfte hinweg. Ihr Anblick hat mich erſchreckt, denn er brachte ein ſonderbares Bild in meinen Kopf, ich kann mich aber nicht erinnern, wel- ches. Francesko iſt kalt und zuruͤckgezogen, er wird jetzt heyrathen, ich weiß nicht, ob Sie es ſchon wiſſen. Alle uͤbrigen, die ich ſonſt haͤufig

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/373>, abgerufen am 25.04.2024.