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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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da ich keinen andern Wunsch habe, da ich
gern alles übrige in dieser Welt aufgeben
mag? Ich will nicht so zaghaft seyn, wie
Sebastian, ich will mir selber vertrauen.

Am Mittage ruhte er in einem Dorfe
aus, das eine sehr schöne Lage hatte; hier
traf er einen Bauer, der mit einem Wagen
noch denselben Tag vier Meilen nach seinem
Wohnort zu fahren gedachte. Franz wurde
mit ihm einig und ließ sich von ihm mitneh¬
men. Der Bauer war schon ein alter
Mann und erzählte unterwegs unserm
Freunde viel von seiner Haushaltung, von
seiner Frau und seinen Kindern. Er war
schon siebenzig Jahr alt und hatte im Lau¬
fe seines Lebens mancherlei erfahren, er
wünschte jetzt nichts so sehnlich, als vor seinem
Tode nur noch die berühmte Stadt Nürn¬
berg sehen zu können, wo er nie hingekom¬
men war. Franz ward durch die Reden des

da ich keinen andern Wunſch habe, da ich
gern alles übrige in dieſer Welt aufgeben
mag? Ich will nicht ſo zaghaft ſeyn, wie
Sebaſtian, ich will mir ſelber vertrauen.

Am Mittage ruhte er in einem Dorfe
aus, das eine ſehr ſchöne Lage hatte; hier
traf er einen Bauer, der mit einem Wagen
noch denſelben Tag vier Meilen nach ſeinem
Wohnort zu fahren gedachte. Franz wurde
mit ihm einig und ließ ſich von ihm mitneh¬
men. Der Bauer war ſchon ein alter
Mann und erzählte unterwegs unſerm
Freunde viel von ſeiner Haushaltung, von
ſeiner Frau und ſeinen Kindern. Er war
ſchon ſiebenzig Jahr alt und hatte im Lau¬
fe ſeines Lebens mancherlei erfahren, er
wünſchte jetzt nichts ſo ſehnlich, als vor ſeinem
Tode nur noch die berühmte Stadt Nürn¬
berg ſehen zu können, wo er nie hingekom¬
men war. Franz ward durch die Reden des

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[39/0050] da ich keinen andern Wunſch habe, da ich gern alles übrige in dieſer Welt aufgeben mag? Ich will nicht ſo zaghaft ſeyn, wie Sebaſtian, ich will mir ſelber vertrauen. Am Mittage ruhte er in einem Dorfe aus, das eine ſehr ſchöne Lage hatte; hier traf er einen Bauer, der mit einem Wagen noch denſelben Tag vier Meilen nach ſeinem Wohnort zu fahren gedachte. Franz wurde mit ihm einig und ließ ſich von ihm mitneh¬ men. Der Bauer war ſchon ein alter Mann und erzählte unterwegs unſerm Freunde viel von ſeiner Haushaltung, von ſeiner Frau und ſeinen Kindern. Er war ſchon ſiebenzig Jahr alt und hatte im Lau¬ fe ſeines Lebens mancherlei erfahren, er wünſchte jetzt nichts ſo ſehnlich, als vor ſeinem Tode nur noch die berühmte Stadt Nürn¬ berg ſehen zu können, wo er nie hingekom¬ men war. Franz ward durch die Reden des

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/50>, abgerufen am 27.04.2024.