Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 4. Halle (Saale), 1710.

Bild:
<< vorherige Seite

der Algebra.
minirte Zahlen/ da man nemlich noch keine
gewisse Eines setzet (§. 6. 8 Arithm.)

Die 2. Anmerckung.

9. Nehmet Z. E. eine gerade Linie von einer de-
terminirten Länge. Setzet die Linie sey eingethei-
let in 4 gleiche Theile. Wenn ihr einen von densel-
ben zur Eins macht und die Länge der gantzen Linie
mit ihm vergleichet: so heisset die Linie 4 und ihr be-
trachtet ihre Länge als eine Zahl. Setzet abermals
die Linie sey eingetheilet in 5 gleiche Theile. Wenn
ihr einen von denselben zur Eins macht und die Län-
ge der gantzen Linie mmit ihr vergleichet: so heisset
die Linie 5 und ihr betrachtet ihre Länge abermals
als eine Zahl. Wiederumb setzet die Linie sey einge-
theilet in 13 gleiche Theile und vergleichet ihre gan-
tze Länge mit einem solchen Theile; so heisset sie 13
und ihr betrachtet dieselbe als eine Zahl. Hieraus
sehet ihr/ daß die Länge einer Linie durch unzehlich
viel Zahlen/ grosse und kleine ausgesprochen wer-
den kan/ nach dem ihr nemlich einen grossen oder kleinen
Theil derselben zur Eins annehmet. Wenn ihr nun
keinen gewiessen Theil setzet/ mit welchem sie verglie-
chen werden sol; sondern sie nur überhaupt betrach-
tet/ in so weit sie mit einer gewiessen Eins kan ver-
gliechen werden: so stellet ihr euch dieselbe als eine
Grösse vor. Und daher kommt es/ daß durch die Al-
gebra sehr allgemeine Wahrheiten erfunden werden:
Da hingegen die Rechen-Kunst nur eintzele Exem-
pel ausrechnet und allso stets mit eintzelen Fällen zu-
thun hat.

Der 3. Zusatz.

10. Alles/ was wir in der Welt antreffen
und in uns selbst finden/ hat in allem dem/
was es würcklich ist und wovon sich etwas
gedencken läst/ seine Schrancken und läst sich

dan-
A 5

der Algebra.
minirte Zahlen/ da man nemlich noch keine
gewiſſe Eines ſetzet (§. 6. 8 Arithm.)

Die 2. Anmerckung.

9. Nehmet Z. E. eine gerade Linie von einer de-
terminirten Laͤnge. Setzet die Linie ſey eingethei-
let in 4 gleiche Theile. Wenn ihr einen von denſel-
ben zur Eins macht und die Laͤnge der gantzen Linie
mit ihm vergleichet: ſo heiſſet die Linie 4 und ihr be-
trachtet ihre Laͤnge als eine Zahl. Setzet abermals
die Linie ſey eingetheilet in 5 gleiche Theile. Wenn
ihr einen von denſelben zur Eins macht und die Laͤn-
ge der gantzen Linie m̃it ihr vergleichet: ſo heiſſet
die Linie 5 und ihr betrachtet ihre Laͤnge abermals
als eine Zahl. Wiederumb ſetzet die Linie ſey einge-
theilet in 13 gleiche Theile und vergleichet ihre gan-
tze Laͤnge mit einem ſolchen Theile; ſo heiſſet ſie 13
und ihr betrachtet dieſelbe als eine Zahl. Hieraus
ſehet ihr/ daß die Laͤnge einer Linie durch unzehlich
viel Zahlen/ groſſe und kleine ausgeſprochen wer-
den kan/ nach dem ihꝛ nemlich einen groſſen oder kleinen
Theil derſelben zur Eins annehmet. Wenn ihr nun
keinen gewieſſen Theil ſetzet/ mit welchem ſie verglie-
chen werden ſol; ſondern ſie nur uͤberhaupt betrach-
tet/ in ſo weit ſie mit einer gewieſſen Eins kan ver-
gliechen werden: ſo ſtellet ihr euch dieſelbe als eine
Groͤſſe vor. Und daher kommt es/ daß durch die Al-
gebra ſehr allgemeine Wahrheiten erfunden werden:
Da hingegen die Rechen-Kunſt nur eintzele Exem-
pel ausrechnet und allſo ſtets mit eintzelen Faͤllen zu-
thun hat.

Der 3. Zuſatz.

10. Alles/ was wir in der Welt antreffen
und in uns ſelbſt finden/ hat in allem dem/
was es wuͤrcklich iſt und wovon ſich etwas
gedencken laͤſt/ ſeine Schrancken und laͤſt ſich

dan-
A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0011" n="9"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Algebra.</hi></fw><lb/>
minirte Zahlen/ da man nemlich noch keine<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Eines &#x017F;etzet (§. 6. 8 <hi rendition="#aq">Arithm.</hi>)</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Die 2. Anmerckung.</hi> </head><lb/>
              <p>9. Nehmet Z. E. eine gerade Linie von einer de-<lb/>
terminirten La&#x0364;nge. Setzet die Linie &#x017F;ey eingethei-<lb/>
let in 4 gleiche Theile. Wenn ihr einen von den&#x017F;el-<lb/>
ben zur Eins macht und die La&#x0364;nge der gantzen Linie<lb/>
mit ihm vergleichet: &#x017F;o hei&#x017F;&#x017F;et die Linie 4 und ihr be-<lb/>
trachtet ihre La&#x0364;nge als eine Zahl. Setzet abermals<lb/>
die Linie &#x017F;ey eingetheilet in 5 gleiche Theile. Wenn<lb/>
ihr einen von den&#x017F;elben zur Eins macht und die La&#x0364;n-<lb/>
ge der gantzen Linie m&#x0303;it ihr vergleichet: &#x017F;o hei&#x017F;&#x017F;et<lb/>
die Linie 5 und ihr betrachtet ihre La&#x0364;nge abermals<lb/>
als eine Zahl. Wiederumb &#x017F;etzet die Linie &#x017F;ey einge-<lb/>
theilet in 13 gleiche Theile und vergleichet ihre gan-<lb/>
tze La&#x0364;nge mit einem &#x017F;olchen Theile; &#x017F;o hei&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ie 13<lb/>
und ihr betrachtet die&#x017F;elbe als eine Zahl. Hieraus<lb/>
&#x017F;ehet ihr/ daß die La&#x0364;nge einer Linie durch unzehlich<lb/>
viel Zahlen/ gro&#x017F;&#x017F;e und kleine ausge&#x017F;prochen wer-<lb/>
den kan/ nach dem ih&#xA75B; nemlich einen gro&#x017F;&#x017F;en oder kleinen<lb/>
Theil der&#x017F;elben zur Eins annehmet. Wenn ihr nun<lb/>
keinen gewie&#x017F;&#x017F;en Theil &#x017F;etzet/ mit welchem &#x017F;ie verglie-<lb/>
chen werden &#x017F;ol; &#x017F;ondern &#x017F;ie nur u&#x0364;berhaupt betrach-<lb/>
tet/ in &#x017F;o weit &#x017F;ie mit einer gewie&#x017F;&#x017F;en Eins kan ver-<lb/>
gliechen werden: &#x017F;o &#x017F;tellet ihr euch die&#x017F;elbe als eine<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e vor. Und daher kommt es/ daß durch die Al-<lb/>
gebra &#x017F;ehr allgemeine Wahrheiten erfunden werden:<lb/>
Da hingegen die Rechen-Kun&#x017F;t nur eintzele Exem-<lb/>
pel ausrechnet und all&#x017F;o &#x017F;tets mit eintzelen Fa&#x0364;llen zu-<lb/>
thun hat.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Der 3. Zu&#x017F;atz.</hi> </head><lb/>
              <p>10. Alles/ was wir in der Welt antreffen<lb/>
und in uns &#x017F;elb&#x017F;t finden/ hat in allem dem/<lb/>
was es wu&#x0364;rcklich i&#x017F;t und wovon &#x017F;ich etwas<lb/>
gedencken la&#x0364;&#x017F;t/ &#x017F;eine Schrancken und la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 5</fw><fw place="bottom" type="catch">dan-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0011] der Algebra. minirte Zahlen/ da man nemlich noch keine gewiſſe Eines ſetzet (§. 6. 8 Arithm.) Die 2. Anmerckung. 9. Nehmet Z. E. eine gerade Linie von einer de- terminirten Laͤnge. Setzet die Linie ſey eingethei- let in 4 gleiche Theile. Wenn ihr einen von denſel- ben zur Eins macht und die Laͤnge der gantzen Linie mit ihm vergleichet: ſo heiſſet die Linie 4 und ihr be- trachtet ihre Laͤnge als eine Zahl. Setzet abermals die Linie ſey eingetheilet in 5 gleiche Theile. Wenn ihr einen von denſelben zur Eins macht und die Laͤn- ge der gantzen Linie m̃it ihr vergleichet: ſo heiſſet die Linie 5 und ihr betrachtet ihre Laͤnge abermals als eine Zahl. Wiederumb ſetzet die Linie ſey einge- theilet in 13 gleiche Theile und vergleichet ihre gan- tze Laͤnge mit einem ſolchen Theile; ſo heiſſet ſie 13 und ihr betrachtet dieſelbe als eine Zahl. Hieraus ſehet ihr/ daß die Laͤnge einer Linie durch unzehlich viel Zahlen/ groſſe und kleine ausgeſprochen wer- den kan/ nach dem ihꝛ nemlich einen groſſen oder kleinen Theil derſelben zur Eins annehmet. Wenn ihr nun keinen gewieſſen Theil ſetzet/ mit welchem ſie verglie- chen werden ſol; ſondern ſie nur uͤberhaupt betrach- tet/ in ſo weit ſie mit einer gewieſſen Eins kan ver- gliechen werden: ſo ſtellet ihr euch dieſelbe als eine Groͤſſe vor. Und daher kommt es/ daß durch die Al- gebra ſehr allgemeine Wahrheiten erfunden werden: Da hingegen die Rechen-Kunſt nur eintzele Exem- pel ausrechnet und allſo ſtets mit eintzelen Faͤllen zu- thun hat. Der 3. Zuſatz. 10. Alles/ was wir in der Welt antreffen und in uns ſelbſt finden/ hat in allem dem/ was es wuͤrcklich iſt und wovon ſich etwas gedencken laͤſt/ ſeine Schrancken und laͤſt ſich dan- A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende04_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende04_1710/11
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 4. Halle (Saale), 1710. , S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende04_1710/11>, abgerufen am 27.04.2024.