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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Der Morgen.
Glückliches Volk! als noch die Satyre des gallischen
Witzlings

Deiner ehlichen Treu, und Unerfahrenheit lachte.
Da Germaniens Schöne, zu Liebeshändeln unfähig,
Dumm schien in französischen Augen. Die Zeiten sind
nicht mehr!

Nehmt die Satyre zurück, wir können sie nicht mehr
verdienen,

Denn wir gleichen euch nun in allen Moden und La-
stern.

Dieses war der güldene Morgen der glücklichen
Zeiten,

Welche Deutschland genoß; und der mit schwächeren
Stralen

Fern von der Städte Betrug noch auf die Hütte sich
ausgießt,

Wo altvätrische Treu altvätrische Sitten begleitet.

Bückenden Schmeichlern öfnet sich nun das Zim-
mer der Grossen.

O wie wimmelt der Saal von reichthumprahlenden
Röcken,

Und falschklugen Gesichtern, in Staatsperücken ge-
hüllet!

Sollte hier nicht der Klient, von leeren Versprechun-
gen trunken,

Das so lang erwartete Glück am sichersten finden?
Doch

Der Morgen.
Gluͤckliches Volk! als noch die Satyre des galliſchen
Witzlings

Deiner ehlichen Treu, und Unerfahrenheit lachte.
Da Germaniens Schoͤne, zu Liebeshaͤndeln unfaͤhig,
Dumm ſchien in franzoͤſiſchen Augen. Die Zeiten ſind
nicht mehr!

Nehmt die Satyre zuruͤck, wir koͤnnen ſie nicht mehr
verdienen,

Denn wir gleichen euch nun in allen Moden und La-
ſtern.

Dieſes war der guͤldene Morgen der gluͤcklichen
Zeiten,

Welche Deutſchland genoß; und der mit ſchwaͤcheren
Stralen

Fern von der Staͤdte Betrug noch auf die Huͤtte ſich
ausgießt,

Wo altvaͤtriſche Treu altvaͤtriſche Sitten begleitet.

Buͤckenden Schmeichlern oͤfnet ſich nun das Zim-
mer der Groſſen.

O wie wimmelt der Saal von reichthumprahlenden
Roͤcken,

Und falſchklugen Geſichtern, in Staatsperuͤcken ge-
huͤllet!

Sollte hier nicht der Klient, von leeren Verſprechun-
gen trunken,

Das ſo lang erwartete Gluͤck am ſicherſten finden?
Doch
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[40/0048] Der Morgen. Gluͤckliches Volk! als noch die Satyre des galliſchen Witzlings Deiner ehlichen Treu, und Unerfahrenheit lachte. Da Germaniens Schoͤne, zu Liebeshaͤndeln unfaͤhig, Dumm ſchien in franzoͤſiſchen Augen. Die Zeiten ſind nicht mehr! Nehmt die Satyre zuruͤck, wir koͤnnen ſie nicht mehr verdienen, Denn wir gleichen euch nun in allen Moden und La- ſtern. Dieſes war der guͤldene Morgen der gluͤcklichen Zeiten, Welche Deutſchland genoß; und der mit ſchwaͤcheren Stralen Fern von der Staͤdte Betrug noch auf die Huͤtte ſich ausgießt, Wo altvaͤtriſche Treu altvaͤtriſche Sitten begleitet. Buͤckenden Schmeichlern oͤfnet ſich nun das Zim- mer der Groſſen. O wie wimmelt der Saal von reichthumprahlenden Roͤcken, Und falſchklugen Geſichtern, in Staatsperuͤcken ge- huͤllet! Sollte hier nicht der Klient, von leeren Verſprechun- gen trunken, Das ſo lang erwartete Gluͤck am ſicherſten finden? Doch

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/48>, abgerufen am 27.04.2024.