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Zesen, Philip von: Neues Buß- und Gebätt-buch. Schaffhausen, 1660.

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Herzens-beicht in einem absonderlichen sündenf
Herzens-beichte/
Jn einem absonderlichen
Sünden-fall.

OBarmherziger/ grund-
gütiger Gott/ lieber Vatter/ schaue
doch an das weh meiner seelen/ die angst mei-
nes herzens/ die fluth meiner heissen trähnen/
welche die schmerzen auß meinen augen her-
aus gepresset/ und sej mir armen sünderen
gnädig. Ach! mich deucht/ ich sehe den Rich-
ter: sein Richt-stul ist schon bereitet/ daß ge-
richte wird gehalten: jezt soll der stab über
mich gebrochen werden. Ach! was soll ich
thun? soll ich meine sünde leügnen/ so überzeü-
get mich mein gewissen/ und der Richter kennet
mich all zu wol. Er wird/ ja er muß ein gerech-
tes urtheil über mich fällen/ und das heißt: du
solst des todes sterben. Die höllischen henkers-
buben schrejen mord mord über mich/ und ha-
ben mir das bad/ so mit schwäfel und bäche
brännet/ schon bereitet. Die fluht deines zorns
wil mich erseuffen/ der eifer deines grimms
wil mich verschlingen/ der höllen angst hat
mich troffen/ und die bande des todes haben
mich ummgeben. Ach! wo soll ich hin vor sol-
chem deinem zorn? nehme ich schon flügel der

mor-
Herzens-beicht in einem abſonderlichen ſündenf
Herzens-beichte/
Jn einem abſonderlichen
Sünden-fall.

OBarmherziger/ grund-
guͤtiger Gott/ lieber Vatter/ ſchaue
doch an das weh meiner ſeelen/ die angſt mei-
nes herzens/ die fluth meiner heiſſen traͤhnen/
welche die ſchmerzen auß meinen augen her-
aus gepreſſet/ und ſej mir armen ſünderen
gnaͤdig. Ach! mich deucht/ ich ſehe den Rich-
ter: ſein Richt-ſtul iſt ſchon bereitet/ daß ge-
richte wird gehalten: jezt ſoll der ſtab über
mich gebrochen werden. Ach! was ſoll ich
thun? ſoll ich meine ſünde leügnen/ ſo überzeü-
get mich mein gewiſſen/ und der Richter keñet
mich all zu wol. Er wird/ ja er muß ein gerech-
tes urtheil über mich faͤllen/ und das heißt: du
ſolſt des todes ſterben. Die hoͤlliſchen henkers-
buben ſchrejen mord mord uͤber mich/ und ha-
ben mir das bad/ ſo mit ſchwaͤfel und baͤche
braͤñet/ ſchon bereitet. Die fluht deines zorns
wil mich erſeuffen/ der eifer deines grim̃s
wil mich verſchlingen/ der hoͤllen angſt hat
mich troffen/ und die bande des todes haben
mich um̃geben. Ach! wo ſoll ich hin vor ſol-
chem deinem zorn? nehme ich ſchon flügel der

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[315/0328] Herzens-beicht in einem abſonderlichen ſündenf Herzens-beichte/ Jn einem abſonderlichen Sünden-fall. OBarmherziger/ grund- guͤtiger Gott/ lieber Vatter/ ſchaue doch an das weh meiner ſeelen/ die angſt mei- nes herzens/ die fluth meiner heiſſen traͤhnen/ welche die ſchmerzen auß meinen augen her- aus gepreſſet/ und ſej mir armen ſünderen gnaͤdig. Ach! mich deucht/ ich ſehe den Rich- ter: ſein Richt-ſtul iſt ſchon bereitet/ daß ge- richte wird gehalten: jezt ſoll der ſtab über mich gebrochen werden. Ach! was ſoll ich thun? ſoll ich meine ſünde leügnen/ ſo überzeü- get mich mein gewiſſen/ und der Richter keñet mich all zu wol. Er wird/ ja er muß ein gerech- tes urtheil über mich faͤllen/ und das heißt: du ſolſt des todes ſterben. Die hoͤlliſchen henkers- buben ſchrejen mord mord uͤber mich/ und ha- ben mir das bad/ ſo mit ſchwaͤfel und baͤche braͤñet/ ſchon bereitet. Die fluht deines zorns wil mich erſeuffen/ der eifer deines grim̃s wil mich verſchlingen/ der hoͤllen angſt hat mich troffen/ und die bande des todes haben mich um̃geben. Ach! wo ſoll ich hin vor ſol- chem deinem zorn? nehme ich ſchon flügel der mor-

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Zitationshilfe: Zesen, Philip von: Neues Buß- und Gebätt-buch. Schaffhausen, 1660, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_gebetbuch_1660/328>, abgerufen am 08.05.2024.