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Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.

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Anwendung des Vorigen.
Des Abends.

Gott, du willst, daß ich meines Lebens dank-
bar und froh genießen soll. Habe ich
solches auch heute gethan? Wenn jeder Tag
seine eigene Plage hat, so hat auch jeder seine
ihm eigenen Vortheile und Freuden. Habe
ich jene geduldig ertragen, und diese mit Ver-
stand und Empfindung genossen? Gewiß, deine
Güte hat sich auch heute nicht unbezeuget an
mir gelassen. Habe ich heute, von Schmer-
zen und Krankheit frey, meine sinnlichen Werk-
zeuge und alle Glieder meines Leibes ungehin-
dert gebrauchen; habe ich richtig und ordentlich
denken, und meine Geisteskräfte zu nützlichen
Geschäfften anwenden; habe ich die Pflichten
meines Standes, meines Amtes und Berufes
erfüllen; habe ich meinen Brüdern auf irgend
eine Art dienen und helfen, und das Vergnü-
gen des Wohlthuns genießen; habe ich mit ver-
ständigen und guten Menschen Umgang pfle-
gen; habe ich etwas von ihnen lernen, oder sie
etwas lehren; habe ich mich durch dieses alles
in der Weisheit und in der Tugend üben kön-
nen: was sind das alles anders als Wohtha-

ten,
Anwendung des Vorigen.
Des Abends.

Gott, du willſt, daß ich meines Lebens dank-
bar und froh genießen ſoll. Habe ich
ſolches auch heute gethan? Wenn jeder Tag
ſeine eigene Plage hat, ſo hat auch jeder ſeine
ihm eigenen Vortheile und Freuden. Habe
ich jene geduldig ertragen, und dieſe mit Ver-
ſtand und Empfindung genoſſen? Gewiß, deine
Güte hat ſich auch heute nicht unbezeuget an
mir gelaſſen. Habe ich heute, von Schmer-
zen und Krankheit frey, meine ſinnlichen Werk-
zeuge und alle Glieder meines Leibes ungehin-
dert gebrauchen; habe ich richtig und ordentlich
denken, und meine Geiſteskräfte zu nützlichen
Geſchäfften anwenden; habe ich die Pflichten
meines Standes, meines Amtes und Berufes
erfüllen; habe ich meinen Brüdern auf irgend
eine Art dienen und helfen, und das Vergnü-
gen des Wohlthuns genießen; habe ich mit ver-
ſtändigen und guten Menſchen Umgang pfle-
gen; habe ich etwas von ihnen lernen, oder ſie
etwas lehren; habe ich mich durch dieſes alles
in der Weisheit und in der Tugend üben kön-
nen: was ſind das alles anders als Wohtha-

ten,
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[139/0161] Anwendung des Vorigen. Des Abends. Gott, du willſt, daß ich meines Lebens dank- bar und froh genießen ſoll. Habe ich ſolches auch heute gethan? Wenn jeder Tag ſeine eigene Plage hat, ſo hat auch jeder ſeine ihm eigenen Vortheile und Freuden. Habe ich jene geduldig ertragen, und dieſe mit Ver- ſtand und Empfindung genoſſen? Gewiß, deine Güte hat ſich auch heute nicht unbezeuget an mir gelaſſen. Habe ich heute, von Schmer- zen und Krankheit frey, meine ſinnlichen Werk- zeuge und alle Glieder meines Leibes ungehin- dert gebrauchen; habe ich richtig und ordentlich denken, und meine Geiſteskräfte zu nützlichen Geſchäfften anwenden; habe ich die Pflichten meines Standes, meines Amtes und Berufes erfüllen; habe ich meinen Brüdern auf irgend eine Art dienen und helfen, und das Vergnü- gen des Wohlthuns genießen; habe ich mit ver- ſtändigen und guten Menſchen Umgang pfle- gen; habe ich etwas von ihnen lernen, oder ſie etwas lehren; habe ich mich durch dieſes alles in der Weisheit und in der Tugend üben kön- nen: was ſind das alles anders als Wohtha- ten,

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Zitationshilfe: Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/161>, abgerufen am 14.05.2024.