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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Ueber das jedem Zeitalter eigenthümliche Geld.
Zweifel schon früher bei kleinern Zahlungen Metallgeräth und
das Rohmaterial selbst als Geld in Verwendung stand.

Kupfer war das älteste Metall, aus welchem der Ackerbauer
seinen Pflug, der Krieger seine Waffen, der Handwerker seine
Werkzeuge verfertigte, Kupfer, Gold und Silber das älteste
Material für Geschirr und Schmuck aller Art. Auf jener Cultur-
stufe, wo die Völker vom Vieh- zum blossen Metallgelde über-
giengen, waren solcherart das Kupfer, und etwa noch einige
Legirungen desselben, Güter des allgemeinsten Gebrauches, Gold
und Silber, als die wichtigsten Mittel zur Befriedigung der all-
gemeinsten Leidenschaft niedrig cultivirter Menschen, der Sucht,
vor den Stammesgenossen äusserlich hervorzuglänzen, Güter des
allgemeinsten Wunsches. Fügen wir nun noch hinzu, dass diese
Metalle, so lange es der Verwendungen wenige gab, in ver-
arbeitetem Zustande, später, als Rohmaterialien von unbegrenzter
Verwendbarkeit und Theilbarkeit, in ihrer Absatzfähigkeit weder
auf einen engen Kreis von wirthschaftenden Personen, noch auch
wegen ihres allen Völkern gemeinsamen Gebrauches und ihres
leichten und mit relativ geringen ökonomischen Opfern verbun-
denen Transportes, auf enge räumliche Grenzen, wegen ihrer
Dauerhaftigkeit in dieser Rücksicht ebensowenig auf enge zeit-
liche Grenzen beschränkt waren und bei der allgemeinen Concur-
renz um dieselben auch in höherem Masse, als irgend eine
andere Waare in jeder gegebenen Quantität zu ökonomischen
Preisen verausgabt werden konnten (S. 214), so haben wir die
wirthschaftliche Sachlage vor unseren Augen, bei deren Bestande
die drei erwähnten Metalle, als die absatzfähigsten Güter, zum
ausschliesslichen Tauschmittel der auf das Nomadenthum und
die reine Bodenwirthschaft folgenden Epoche wurden.

Dieser Uebergang hat sich weder plötzlich, noch bei allen
Völkern in gleicher Weise vollzogen. Die neuere Metall-Währung
mag lange neben der ältern Viehwährung im Gebrauche gewesen
sein, bevor sie dieselbe völlig verdrängte und die Bewerthung
eines Viehstückes in dem zum Gelde gewordenen Metalle auch
späterhin, als das letztere ausschliesslich den Verkehr durch-
drang, sich als Masseinheit erhalten haben. Die Dekaboion,
Tesseraboion, Hekatomboion der Griechen und das älteste
Metall-Geld der Römer und Gallier mag solcher Art gewesen

Ueber das jedem Zeitalter eigenthümliche Geld.
Zweifel schon früher bei kleinern Zahlungen Metallgeräth und
das Rohmaterial selbst als Geld in Verwendung stand.

Kupfer war das älteste Metall, aus welchem der Ackerbauer
seinen Pflug, der Krieger seine Waffen, der Handwerker seine
Werkzeuge verfertigte, Kupfer, Gold und Silber das älteste
Material für Geschirr und Schmuck aller Art. Auf jener Cultur-
stufe, wo die Völker vom Vieh- zum blossen Metallgelde über-
giengen, waren solcherart das Kupfer, und etwa noch einige
Legirungen desselben, Güter des allgemeinsten Gebrauches, Gold
und Silber, als die wichtigsten Mittel zur Befriedigung der all-
gemeinsten Leidenschaft niedrig cultivirter Menschen, der Sucht,
vor den Stammesgenossen äusserlich hervorzuglänzen, Güter des
allgemeinsten Wunsches. Fügen wir nun noch hinzu, dass diese
Metalle, so lange es der Verwendungen wenige gab, in ver-
arbeitetem Zustande, später, als Rohmaterialien von unbegrenzter
Verwendbarkeit und Theilbarkeit, in ihrer Absatzfähigkeit weder
auf einen engen Kreis von wirthschaftenden Personen, noch auch
wegen ihres allen Völkern gemeinsamen Gebrauches und ihres
leichten und mit relativ geringen ökonomischen Opfern verbun-
denen Transportes, auf enge räumliche Grenzen, wegen ihrer
Dauerhaftigkeit in dieser Rücksicht ebensowenig auf enge zeit-
liche Grenzen beschränkt waren und bei der allgemeinen Concur-
renz um dieselben auch in höherem Masse, als irgend eine
andere Waare in jeder gegebenen Quantität zu ökonomischen
Preisen verausgabt werden konnten (S. 214), so haben wir die
wirthschaftliche Sachlage vor unseren Augen, bei deren Bestande
die drei erwähnten Metalle, als die absatzfähigsten Güter, zum
ausschliesslichen Tauschmittel der auf das Nomadenthum und
die reine Bodenwirthschaft folgenden Epoche wurden.

Dieser Uebergang hat sich weder plötzlich, noch bei allen
Völkern in gleicher Weise vollzogen. Die neuere Metall-Währung
mag lange neben der ältern Viehwährung im Gebrauche gewesen
sein, bevor sie dieselbe völlig verdrängte und die Bewerthung
eines Viehstückes in dem zum Gelde gewordenen Metalle auch
späterhin, als das letztere ausschliesslich den Verkehr durch-
drang, sich als Masseinheit erhalten haben. Die Dekaboion,
Tesseraboion, Hekatomboion der Griechen und das älteste
Metall-Geld der Römer und Gallier mag solcher Art gewesen

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[265/0283] Ueber das jedem Zeitalter eigenthümliche Geld. Zweifel schon früher bei kleinern Zahlungen Metallgeräth und das Rohmaterial selbst als Geld in Verwendung stand. Kupfer war das älteste Metall, aus welchem der Ackerbauer seinen Pflug, der Krieger seine Waffen, der Handwerker seine Werkzeuge verfertigte, Kupfer, Gold und Silber das älteste Material für Geschirr und Schmuck aller Art. Auf jener Cultur- stufe, wo die Völker vom Vieh- zum blossen Metallgelde über- giengen, waren solcherart das Kupfer, und etwa noch einige Legirungen desselben, Güter des allgemeinsten Gebrauches, Gold und Silber, als die wichtigsten Mittel zur Befriedigung der all- gemeinsten Leidenschaft niedrig cultivirter Menschen, der Sucht, vor den Stammesgenossen äusserlich hervorzuglänzen, Güter des allgemeinsten Wunsches. Fügen wir nun noch hinzu, dass diese Metalle, so lange es der Verwendungen wenige gab, in ver- arbeitetem Zustande, später, als Rohmaterialien von unbegrenzter Verwendbarkeit und Theilbarkeit, in ihrer Absatzfähigkeit weder auf einen engen Kreis von wirthschaftenden Personen, noch auch wegen ihres allen Völkern gemeinsamen Gebrauches und ihres leichten und mit relativ geringen ökonomischen Opfern verbun- denen Transportes, auf enge räumliche Grenzen, wegen ihrer Dauerhaftigkeit in dieser Rücksicht ebensowenig auf enge zeit- liche Grenzen beschränkt waren und bei der allgemeinen Concur- renz um dieselben auch in höherem Masse, als irgend eine andere Waare in jeder gegebenen Quantität zu ökonomischen Preisen verausgabt werden konnten (S. 214), so haben wir die wirthschaftliche Sachlage vor unseren Augen, bei deren Bestande die drei erwähnten Metalle, als die absatzfähigsten Güter, zum ausschliesslichen Tauschmittel der auf das Nomadenthum und die reine Bodenwirthschaft folgenden Epoche wurden. Dieser Uebergang hat sich weder plötzlich, noch bei allen Völkern in gleicher Weise vollzogen. Die neuere Metall-Währung mag lange neben der ältern Viehwährung im Gebrauche gewesen sein, bevor sie dieselbe völlig verdrängte und die Bewerthung eines Viehstückes in dem zum Gelde gewordenen Metalle auch späterhin, als das letztere ausschliesslich den Verkehr durch- drang, sich als Masseinheit erhalten haben. Die Dekaboion, Tesseraboion, Hekatomboion der Griechen und das älteste Metall-Geld der Römer und Gallier mag solcher Art gewesen

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/283>, abgerufen am 27.04.2024.