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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842.

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Wasser hervorragen. Besonders häufig finden sich N002
diese Untiefen gegen die Mündungen, wo bei anhal- N003
tenden Südostwinden die Wolga in ihrem Lauf ge- N004
hemmt wird, und den mitgeführten Sand absetzt 1). N005
Ausser diesen Uebelständen, die eben so für die Be- N006
schiffung der Wolga mit grösseren Schiffen im Allge- N007
meinen als für die Dampfschifffahrt statt finden, be- N008
steht für diese insbesondere noch ein anderer Uebel-

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1) So hat auch schon der Hauptstrom mehrfach seine Richtung N002
geändert; denn abgesehen davon, dass er in früherer Zeit ganz öst- N003
lich auf dem kürzesten Wege gegangen zu sein scheint, hat auch N004
noch in neuerer Zeit ein solcher Wechsel statt gefunden. 15 Werste N005
von Astrachan abwärts bei der Quarantaine Bertul sendet die Wolga N006
westwärts 2 Arme aus, von denen der westlichste Arm der Bachte- N007
mir ist, der andere nur unbedeutende, Tschelima genannt wird. N008
Zu Gmelins Zeilen war hier die Wolga der Hauptstrom, und N009
auf ihr fuhr er in einer dreimastigen Galiote nach Persien. Im An- N010
fang dieses Jahrhunderts ist sie hier so seicht geworden, dass sie oft N011
nur 4 Fuss tief ist, dagegen der Bachtemir jetzt an Tiefe gewonnen N012
hat und nun den Hauptstrom bildet. Aber auch er leidet sehr an N013
seichten Stellen, zu welchen besonders die berüchtigte Rakuscha, eine N014
über 600 Faden lange Sandbank, zwischen der alten und neuen Qua- N015
rantaine gehört, auf welcher der Wasserstand selten über 4 bis N016
6 Fuss ist. Die Corvette, womit Eichwald im Jahre 1828 die N017
Reise ins kaspische Meer machte, und die ungeachtet ihrer halben N018
Ladung 8 Fuss tief ins Wasser griff, musste auf ihr fast 4 Wochen N019
sitzen bleiben, bis endlich ein anhaltender S. O.-Wind sich einstellte, N020
der das Wolga-Wasser bis zu einer Höhe von 10 Fuss aufstaute, so N021
dass sie über die Sandbank bugsirt werden konnte. Das Jahr vor- N022
her hatte die Corvette 3 Monate darauf zugebracht. Noch schlimmer N023
aber als diese stellenweise Versandung des Fahrwassers ist der Um- N024
stand, dass der Wasserstand der Wolga im Allgemeinen von Jahr N025
zu Jahr abzunehmen, und dieselbe fortwährend seichter zu werden N026
scheint, was natürlich für ihre Benutzung durch grosse Schiffe grosse N027
Besorgniss erwecken muss, und für den Handel von Astrachan sehr N028
Gefahr drohend ist. Schon lange können die grossen Permschen N029
Lastschiffe keine so grosse Last mehr tragen, wie zu Anfang des N030
achtzehnten Jahrhunderts, und man denkt jetzt ernstlich daran, den N031
schon von Gmelin in Vorschlag gebrachten Plan auszuführen, den N032
Hafen von Astrachan, der jetzt fast ganz versandet ist, aufzuheben, N033
und einen neuen an der Mündung der Wolga anzulegen.

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Wasser hervorragen. Besonders häufig finden sich N002
diese Untiefen gegen die Mündungen, wo bei anhal- N003
tenden Südostwinden die Wolga in ihrem Lauf ge- N004
hemmt wird, und den mitgeführten Sand absetzt 1). N005
Ausser diesen Uebelständen, die eben so für die Be- N006
schiffung der Wolga mit grösseren Schiffen im Allge- N007
meinen als für die Dampfschifffahrt statt finden, be- N008
steht für diese insbesondere noch ein anderer Uebel-

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[footnote reference] N001
1) So hat auch schon der Hauptstrom mehrfach seine Richtung N002
geändert; denn abgesehen davon, dass er in früherer Zeit ganz öst- N003
lich auf dem kürzesten Wege gegangen zu sein scheint, hat auch N004
noch in neuerer Zeit ein solcher Wechsel statt gefunden. 15 Werste N005
von Astrachan abwärts bei der Quarantaine Bertul sendet die Wolga N006
westwärts 2 Arme aus, von denen der westlichste Arm der Bachte- N007
mir ist, der andere nur unbedeutende, Tschelima genannt wird. N008
Zu Gmelins Zeilen war hier die Wolga der Hauptstrom, und N009
auf ihr fuhr er in einer dreimastigen Galiote nach Persien. Im An- N010
fang dieses Jahrhunderts ist sie hier so seicht geworden, dass sie oft N011
nur 4 Fuss tief ist, dagegen der Bachtemir jetzt an Tiefe gewonnen N012
hat und nun den Hauptstrom bildet. Aber auch er leidet sehr an N013
seichten Stellen, zu welchen besonders die berüchtigte Rakuscha, eine N014
über 600 Faden lange Sandbank, zwischen der alten und neuen Qua- N015
rantaine gehört, auf welcher der Wasserstand selten über 4 bis N016
6 Fuss ist. Die Corvette, womit Eichwald im Jahre 1828 die N017
Reise ins kaspische Meer machte, und die ungeachtet ihrer halben N018
Ladung 8 Fuss tief ins Wasser griff, musste auf ihr fast 4 Wochen N019
sitzen bleiben, bis endlich ein anhaltender S. O.-Wind sich einstellte, N020
der das Wolga-Wasser bis zu einer Höhe von 10 Fuss aufstaute, so N021
dass sie über die Sandbank bugsirt werden konnte. Das Jahr vor- N022
her hatte die Corvette 3 Monate darauf zugebracht. Noch schlimmer N023
aber als diese stellenweise Versandung des Fahrwassers ist der Um- N024
stand, dass der Wasserstand der Wolga im Allgemeinen von Jahr N025
zu Jahr abzunehmen, und dieselbe fortwährend seichter zu werden N026
scheint, was natürlich für ihre Benutzung durch grosse Schiffe grosse N027
Besorgniss erwecken muss, und für den Handel von Astrachan sehr N028
Gefahr drohend ist. Schon lange können die grossen Permschen N029
Lastschiffe keine so grosse Last mehr tragen, wie zu Anfang des N030
achtzehnten Jahrhunderts, und man denkt jetzt ernstlich daran, den N031
schon von Gmelin in Vorschlag gebrachten Plan auszuführen, den N032
Hafen von Astrachan, der jetzt fast ganz versandet ist, aufzuheben, N033
und einen neuen an der Mündung der Wolga anzulegen.
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[308/0326] N001 Wasser hervorragen. Besonders häufig finden sich N002 diese Untiefen gegen die Mündungen, wo bei anhal- N003 tenden Südostwinden die Wolga in ihrem Lauf ge- N004 hemmt wird, und den mitgeführten Sand absetzt 1). N005 Ausser diesen Uebelständen, die eben so für die Be- N006 schiffung der Wolga mit grösseren Schiffen im Allge- N007 meinen als für die Dampfschifffahrt statt finden, be- N008 steht für diese insbesondere noch ein anderer Uebel- [footnote reference] [footnote reference] N001 1) So hat auch schon der Hauptstrom mehrfach seine Richtung N002 geändert; denn abgesehen davon, dass er in früherer Zeit ganz öst- N003 lich auf dem kürzesten Wege gegangen zu sein scheint, hat auch N004 noch in neuerer Zeit ein solcher Wechsel statt gefunden. 15 Werste N005 von Astrachan abwärts bei der Quarantaine Bertul sendet die Wolga N006 westwärts 2 Arme aus, von denen der westlichste Arm der Bachte- N007 mir ist, der andere nur unbedeutende, Tschelima genannt wird. N008 Zu Gmelins Zeilen war hier die Wolga der Hauptstrom, und N009 auf ihr fuhr er in einer dreimastigen Galiote nach Persien. Im An- N010 fang dieses Jahrhunderts ist sie hier so seicht geworden, dass sie oft N011 nur 4 Fuss tief ist, dagegen der Bachtemir jetzt an Tiefe gewonnen N012 hat und nun den Hauptstrom bildet. Aber auch er leidet sehr an N013 seichten Stellen, zu welchen besonders die berüchtigte Rakuscha, eine N014 über 600 Faden lange Sandbank, zwischen der alten und neuen Qua- N015 rantaine gehört, auf welcher der Wasserstand selten über 4 bis N016 6 Fuss ist. Die Corvette, womit Eichwald im Jahre 1828 die N017 Reise ins kaspische Meer machte, und die ungeachtet ihrer halben N018 Ladung 8 Fuss tief ins Wasser griff, musste auf ihr fast 4 Wochen N019 sitzen bleiben, bis endlich ein anhaltender S. O.-Wind sich einstellte, N020 der das Wolga-Wasser bis zu einer Höhe von 10 Fuss aufstaute, so N021 dass sie über die Sandbank bugsirt werden konnte. Das Jahr vor- N022 her hatte die Corvette 3 Monate darauf zugebracht. Noch schlimmer N023 aber als diese stellenweise Versandung des Fahrwassers ist der Um- N024 stand, dass der Wasserstand der Wolga im Allgemeinen von Jahr N025 zu Jahr abzunehmen, und dieselbe fortwährend seichter zu werden N026 scheint, was natürlich für ihre Benutzung durch grosse Schiffe grosse N027 Besorgniss erwecken muss, und für den Handel von Astrachan sehr N028 Gefahr drohend ist. Schon lange können die grossen Permschen N029 Lastschiffe keine so grosse Last mehr tragen, wie zu Anfang des N030 achtzehnten Jahrhunderts, und man denkt jetzt ernstlich daran, den N031 schon von Gmelin in Vorschlag gebrachten Plan auszuführen, den N032 Hafen von Astrachan, der jetzt fast ganz versandet ist, aufzuheben, N033 und einen neuen an der Mündung der Wolga anzulegen.

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842/326>, abgerufen am 26.04.2024.