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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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In einem Lustgarten im grünen Gras
Das Kind in dem Badwännelein saß.
Da hat die bös' Zigeunerin
Gestohlen das zarte Kindelein.
Herr Konrad war so gar entrüst,
Sein Schwerdt er durch ihre Ohrlein spießt.
Er bat sein Schwesterlein um einen Kuß,
Ihr Mündelein reicht sie ihm mit Lust.
Er führt sie bey der schneeweißen Hand
Und hob sie auf den Sattel bald.
Das Wännelein trug sie auf dem Schooß,
Da ritt er vor der Frau Mutter Schloß.
Und als er in das Thor eintritt,
Die Mutter ihm entgegen schritt.
Ach Sohne, lieber Sohne mein,
Was bringst du für eine Braut herein.
Sie führt das Wännelein ja zur Hand,
Als ob sie mit einem Kinde gang.
Es ist fürwahr keine junge Braut.
Es ist euer Tochter Gertraut
Und als sie von dem Sattel sprang,
Die Mutter in ein Ohnmacht sank.
Und als sie wieder zu Sinnen kam
Ihr Tochter sie in die Arme nahm.

In einem Luſtgarten im gruͤnen Gras
Das Kind in dem Badwaͤnnelein ſaß.
Da hat die boͤſ' Zigeunerin
Geſtohlen das zarte Kindelein.
Herr Konrad war ſo gar entruͤſt,
Sein Schwerdt er durch ihre Ohrlein ſpießt.
Er bat ſein Schweſterlein um einen Kuß,
Ihr Muͤndelein reicht ſie ihm mit Luſt.
Er fuͤhrt ſie bey der ſchneeweißen Hand
Und hob ſie auf den Sattel bald.
Das Waͤnnelein trug ſie auf dem Schooß,
Da ritt er vor der Frau Mutter Schloß.
Und als er in das Thor eintritt,
Die Mutter ihm entgegen ſchritt.
Ach Sohne, lieber Sohne mein,
Was bringſt du fuͤr eine Braut herein.
Sie fuͤhrt das Waͤnnelein ja zur Hand,
Als ob ſie mit einem Kinde gang.
Es iſt fuͤrwahr keine junge Braut.
Es iſt euer Tochter Gertraut
Und als ſie von dem Sattel ſprang,
Die Mutter in ein Ohnmacht ſank.
Und als ſie wieder zu Sinnen kam
Ihr Tochter ſie in die Arme nahm.

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[281/0293] In einem Luſtgarten im gruͤnen Gras Das Kind in dem Badwaͤnnelein ſaß. Da hat die boͤſ' Zigeunerin Geſtohlen das zarte Kindelein. Herr Konrad war ſo gar entruͤſt, Sein Schwerdt er durch ihre Ohrlein ſpießt. Er bat ſein Schweſterlein um einen Kuß, Ihr Muͤndelein reicht ſie ihm mit Luſt. Er fuͤhrt ſie bey der ſchneeweißen Hand Und hob ſie auf den Sattel bald. Das Waͤnnelein trug ſie auf dem Schooß, Da ritt er vor der Frau Mutter Schloß. Und als er in das Thor eintritt, Die Mutter ihm entgegen ſchritt. Ach Sohne, lieber Sohne mein, Was bringſt du fuͤr eine Braut herein. Sie fuͤhrt das Waͤnnelein ja zur Hand, Als ob ſie mit einem Kinde gang. Es iſt fuͤrwahr keine junge Braut. Es iſt euer Tochter Gertraut Und als ſie von dem Sattel ſprang, Die Mutter in ein Ohnmacht ſank. Und als ſie wieder zu Sinnen kam Ihr Tochter ſie in die Arme nahm.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/293>, abgerufen am 30.04.2024.