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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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Komm ich zu einem klaren Wasserbach,
Bald um ein gutes besser wird mein Sach,
Ich halt mich auf dabey, leg die Bürd,
Mir ist, als wenn ich neu geboren würd,
Ich tret hinein und thu mich recht abkühlen,
Fast alle Glieder mein das Kühl bald fühlen,
Ich sprütz mirs ins Gesicht und thu mich waschen,
Und füll wohl auch damit mein Pilgertaschen.
Ein grünen Baum ich seh gar schattenreich,
Darunter ich mich niederlasse gleich,
Ich schau hinauf, ob er von Obst hat was,
Mit Stein und Prügeln ich ihm abnehm das.
Den matten Körper thu ich wacker laben,
Die Säck ich voll anschieb, wenn ichs kann haben,
Damit den Durst und Hunger ich vertreibe,
Und dergestalt ich noch bey Kräften bleibe.
Im grünen Gras nehm ich ein wenig Ruh,
Ein süsser Schlaf bekommt wohl auch dazu,
Dann steh ich auf und setze fort mein Reis,
Die erste Nachtherberg ich selbst nicht weiß,
Ich bin erquickt, drum frisch darauf ich springe,
Bin lustig, guter Ding und mir eins singe
Was werd ich essen, Abends oder Morgens,
Drum laß ich Gott und klein Waldvöglein sorgen.
Der Geistliche.

In diesem Leben sind Pilgrim wir all,
Niemand sich schätze besser zumal,
Die anderen Ding sind all hier daheim,
Warum, sie sind nur von Erde und Leim:
Komm ich zu einem klaren Waſſerbach,
Bald um ein gutes beſſer wird mein Sach,
Ich halt mich auf dabey, leg die Buͤrd,
Mir iſt, als wenn ich neu geboren wuͤrd,
Ich tret hinein und thu mich recht abkuͤhlen,
Faſt alle Glieder mein das Kuͤhl bald fuͤhlen,
Ich ſpruͤtz mirs ins Geſicht und thu mich waſchen,
Und fuͤll wohl auch damit mein Pilgertaſchen.
Ein gruͤnen Baum ich ſeh gar ſchattenreich,
Darunter ich mich niederlaſſe gleich,
Ich ſchau hinauf, ob er von Obſt hat was,
Mit Stein und Pruͤgeln ich ihm abnehm das.
Den matten Koͤrper thu ich wacker laben,
Die Saͤck ich voll anſchieb, wenn ichs kann haben,
Damit den Durſt und Hunger ich vertreibe,
Und dergeſtalt ich noch bey Kraͤften bleibe.
Im gruͤnen Gras nehm ich ein wenig Ruh,
Ein ſuͤſſer Schlaf bekommt wohl auch dazu,
Dann ſteh ich auf und ſetze fort mein Reis,
Die erſte Nachtherberg ich ſelbſt nicht weiß,
Ich bin erquickt, drum friſch darauf ich ſpringe,
Bin luſtig, guter Ding und mir eins ſinge
Was werd ich eſſen, Abends oder Morgens,
Drum laß ich Gott und klein Waldvoͤglein ſorgen.
Der Geiſtliche.

In dieſem Leben ſind Pilgrim wir all,
Niemand ſich ſchaͤtze beſſer zumal,
Die anderen Ding ſind all hier daheim,
Warum, ſie ſind nur von Erde und Leim:
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[334/0346] Komm ich zu einem klaren Waſſerbach, Bald um ein gutes beſſer wird mein Sach, Ich halt mich auf dabey, leg die Buͤrd, Mir iſt, als wenn ich neu geboren wuͤrd, Ich tret hinein und thu mich recht abkuͤhlen, Faſt alle Glieder mein das Kuͤhl bald fuͤhlen, Ich ſpruͤtz mirs ins Geſicht und thu mich waſchen, Und fuͤll wohl auch damit mein Pilgertaſchen. Ein gruͤnen Baum ich ſeh gar ſchattenreich, Darunter ich mich niederlaſſe gleich, Ich ſchau hinauf, ob er von Obſt hat was, Mit Stein und Pruͤgeln ich ihm abnehm das. Den matten Koͤrper thu ich wacker laben, Die Saͤck ich voll anſchieb, wenn ichs kann haben, Damit den Durſt und Hunger ich vertreibe, Und dergeſtalt ich noch bey Kraͤften bleibe. Im gruͤnen Gras nehm ich ein wenig Ruh, Ein ſuͤſſer Schlaf bekommt wohl auch dazu, Dann ſteh ich auf und ſetze fort mein Reis, Die erſte Nachtherberg ich ſelbſt nicht weiß, Ich bin erquickt, drum friſch darauf ich ſpringe, Bin luſtig, guter Ding und mir eins ſinge Was werd ich eſſen, Abends oder Morgens, Drum laß ich Gott und klein Waldvoͤglein ſorgen. Der Geiſtliche. In dieſem Leben ſind Pilgrim wir all, Niemand ſich ſchaͤtze beſſer zumal, Die anderen Ding ſind all hier daheim, Warum, ſie ſind nur von Erde und Leim:

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/346>, abgerufen am 30.04.2024.