Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

zum Zorn, und einer
und memoriren, item beym schlafen gehen, und
ehe ich eingeschlafen, wiewol ich nicht schlafen
können, bis auf den Sonntag vor Noth gehabt,
weiß ich am besten. Die Predigt am dritten
Sonntag nach Trinitatis währte nicht vor voll 3/4.
Stunden, und nur etwas länger, als die vorm
Jahre am neunten Sonntage nach Trinitatis,
wovon ich oben geredet, als welche ich mit lauter
zittern, und zagen verrichtete, und wusten die Leute
nicht, was die Ursache solcher Kürtze wäre.
Freytags drauf war ein Buß-Tag, und da plagte
mich die Furcht erschrecklich, daß es mir eben so
gehen möchte. Der Text war die Predigt, so
GOTT auf dem Berge Sinai von sich selbst ge-
halten, welche nun ehestens unter die Presse samt
andern Buß-Predigten soll gegeben werden; doch
fiel ich auf das Remedium, und fieng an, wo mir
recht ist, mich das erstemahl auf der Cantzel zu setzen,
wobey ich das Ubel gar nicht verspührte, gab bey den
Leuten vor, daß solches niedersetzen von Schwach-
heit des Leibes, und Mangel der Kräffte herge-
kommen wäre.

Anno 1715.
§. 132.

Die Frau D. Sinnerin hatte mich bey dem
letzten Besuche gebeten, daß ich gewisser Ursa-
chen wegen bey Gelegenheit doch bey ihr wieder

ein-

zum Zorn, und einer
und memoriren, item beym ſchlafen gehen, und
ehe ich eingeſchlafen, wiewol ich nicht ſchlafen
koͤnnen, bis auf den Sonntag vor Noth gehabt,
weiß ich am beſten. Die Predigt am dritten
Sonntag nach Trinitatis waͤhrte nicht vor voll ¾.
Stunden, und nur etwas laͤnger, als die vorm
Jahre am neunten Sonntage nach Trinitatis,
wovon ich oben geredet, als welche ich mit lauter
zittern, und zagen verrichtete, und wuſten die Leute
nicht, was die Urſache ſolcher Kuͤrtze waͤre.
Freytags drauf war ein Buß-Tag, und da plagte
mich die Furcht erſchrecklich, daß es mir eben ſo
gehen moͤchte. Der Text war die Predigt, ſo
GOTT auf dem Berge Sinai von ſich ſelbſt ge-
halten, welche nun eheſtens unter die Preſſe ſamt
andern Buß-Predigten ſoll gegeben werden; doch
fiel ich auf das Remedium, und fieng an, wo mir
recht iſt, mich das erſtemahl auf der Cantzel zu ſetzen,
wobey ich das Ubel gar nicht verſpuͤhrte, gab bey den
Leuten vor, daß ſolches niederſetzen von Schwach-
heit des Leibes, und Mangel der Kraͤffte herge-
kommen waͤre.

Anno 1715.
§. 132.

Die Frau D. Sinnerin hatte mich bey dem
letzten Beſuche gebeten, daß ich gewiſſer Urſa-
chen wegen bey Gelegenheit doch bey ihr wieder

ein-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0652" n="606"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">zum Zorn, und einer</hi></fw><lb/>
und <hi rendition="#aq">memori</hi>ren, <hi rendition="#aq">item</hi> beym &#x017F;chlafen gehen, und<lb/>
ehe ich einge&#x017F;chlafen, wiewol ich nicht &#x017F;chlafen<lb/>
ko&#x0364;nnen, bis auf den Sonntag vor Noth gehabt,<lb/>
weiß ich am be&#x017F;ten. Die Predigt am dritten<lb/>
Sonntag nach <hi rendition="#aq">Trinitatis</hi> wa&#x0364;hrte nicht vor voll ¾.<lb/>
Stunden, und nur etwas la&#x0364;nger, als die vorm<lb/>
Jahre am neunten Sonntage nach <hi rendition="#aq">Trinitatis,</hi><lb/>
wovon ich oben geredet, als welche ich mit lauter<lb/>
zittern, und zagen verrichtete, und wu&#x017F;ten die Leute<lb/>
nicht, was die Ur&#x017F;ache &#x017F;olcher Ku&#x0364;rtze wa&#x0364;re.<lb/>
Freytags drauf war ein Buß-Tag, und da plagte<lb/>
mich die Furcht er&#x017F;chrecklich, daß es mir eben &#x017F;o<lb/>
gehen mo&#x0364;chte. Der <hi rendition="#aq">Text</hi> war die Predigt, &#x017F;o<lb/>
GOTT auf dem Berge Sinai von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ge-<lb/>
halten, welche nun ehe&#x017F;tens unter die Pre&#x017F;&#x017F;e &#x017F;amt<lb/>
andern Buß-Predigten &#x017F;oll gegeben werden; doch<lb/>
fiel ich auf das <hi rendition="#aq">Remedium,</hi> und fieng an, wo mir<lb/>
recht i&#x017F;t, mich das er&#x017F;temahl auf der Cantzel zu &#x017F;etzen,<lb/>
wobey ich das Ubel gar nicht ver&#x017F;pu&#x0364;hrte, gab bey den<lb/>
Leuten vor, daß &#x017F;olches nieder&#x017F;etzen von Schwach-<lb/>
heit des Leibes, und Mangel der Kra&#x0364;ffte herge-<lb/>
kommen wa&#x0364;re.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Anno</hi> 1715.</hi></hi><lb/>
§. 132.</head><lb/>
        <p>Die Frau <hi rendition="#aq">D.</hi> Sinnerin hatte mich bey dem<lb/>
letzten Be&#x017F;uche gebeten, daß ich gewi&#x017F;&#x017F;er Ur&#x017F;a-<lb/>
chen wegen bey Gelegenheit doch bey ihr wieder<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[606/0652] zum Zorn, und einer und memoriren, item beym ſchlafen gehen, und ehe ich eingeſchlafen, wiewol ich nicht ſchlafen koͤnnen, bis auf den Sonntag vor Noth gehabt, weiß ich am beſten. Die Predigt am dritten Sonntag nach Trinitatis waͤhrte nicht vor voll ¾. Stunden, und nur etwas laͤnger, als die vorm Jahre am neunten Sonntage nach Trinitatis, wovon ich oben geredet, als welche ich mit lauter zittern, und zagen verrichtete, und wuſten die Leute nicht, was die Urſache ſolcher Kuͤrtze waͤre. Freytags drauf war ein Buß-Tag, und da plagte mich die Furcht erſchrecklich, daß es mir eben ſo gehen moͤchte. Der Text war die Predigt, ſo GOTT auf dem Berge Sinai von ſich ſelbſt ge- halten, welche nun eheſtens unter die Preſſe ſamt andern Buß-Predigten ſoll gegeben werden; doch fiel ich auf das Remedium, und fieng an, wo mir recht iſt, mich das erſtemahl auf der Cantzel zu ſetzen, wobey ich das Ubel gar nicht verſpuͤhrte, gab bey den Leuten vor, daß ſolches niederſetzen von Schwach- heit des Leibes, und Mangel der Kraͤffte herge- kommen waͤre. Anno 1715. §. 132. Die Frau D. Sinnerin hatte mich bey dem letzten Beſuche gebeten, daß ich gewiſſer Urſa- chen wegen bey Gelegenheit doch bey ihr wieder ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/652
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/652>, abgerufen am 30.04.2024.