Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stöcker, Jacob: ChristlicheLeichen Predigt über Den Machtspruch Hiobs. Bautzen, [1675].

Bild:
<< vorherige Seite

Christliche
nicht gemangelt. Wie bey dem Hiob fleischliche Ungedult hat
wollen aufwallen/ zu mahl weil er allerley böse Reden hat hören
müssen. cap. 8, 22. c. 11, 20. So wird es alhier auch nicht aller-
dings seyn aussen geblieben; Denn wir sind doch nicht besser als
alle unsere Vater. 1. Reg. 19, 4. Und was an äusserlichen bö-
sen Reden ermangelt/ das weiß der Satan mit unser eigen Ge-
dancken zuersetzen/ und dahtu zu wircken/ daß das Gesetze so in
unserm Hertzen geschrieben ist/ das Gewissen überzeiget/ und
die Gedancken sich unter einander verklagen, oder entschuldigen.
Rom. 2, 15. Wie offt wird Er mit solchen Gedancken gerungen
haben: Ach! Er wird mich doch er würgen! Jch werde
doch aus dieser Kranckheit nicht kommen! Ach! daß es doch
nur schone mit mir geschehen wäre/ es wehret ja gar zu lan-
ge! D. Lucas Osiander setzet/ wie oben gedacht/ über diese
Worte: Er wird mich doch erwürgen: fortasse cogar
ipse violenter abrumpere vitam.
Vielleicht werde ich noch
gezwungen werden mir selbst leid zu thun! So weit bringet es
offt die Sünde/ die in dem Menschen wohnet. Rom. 7/ 20.
Aber, in solchem deliquio, Ringen und Kampff/ Heb, 12, 1. hat
sich unser Wohlseelige mit Hiob statlich erholet/ die vorigen
Worte anders formiret/ und gesaget: Ob mich der HERR
gleich tödten wird/ will ich dennoch auf Jhn hoffen!
Was
will ich machen? Er ist mein HErr! Er thue was Jhm ge-
fält 1 Sam. 3, 18. 2 Sam. 10, 12. Jch weis wohl daß ers nie-
mand iemahls verderbet/ sondern es allezeit gut gemachet hat.
Marc. 7, 37. Jst mir doch dieses Leben/ O dieses elende Leben!
Daran Augustinus recht und wohl saget: Quid est diu vivere,
quam diu torqueri?
Was ist doch hi[e]r lange leben also lange
gequälet werden? Dieses elende Leben/ sage ich/ ist mir nicht
zur Ehe/ noch Ewig gegeben. Haben wir doch alle alhier keins

blei-

Chriſtliche
nicht gemangelt. Wie bey dem Hiob fleiſchliche Ungedult hat
wollen aufwallen/ zu mahl weil er allerley boͤſe Reden hat hoͤren
muͤſſen. cap. 8, 22. c. 11, 20. So wird es alhier auch nicht aller-
dings ſeyn auſſen geblieben; Denn wir ſind doch nicht beſſer als
alle unſere Vater. 1. Reg. 19, 4. Und was an aͤuſſerlichen boͤ-
ſen Reden ermangelt/ das weiß der Satan mit unſer eigen Ge-
dancken zuerſetzen/ und dahtu zu wircken/ daß das Geſetze ſo in
unſerm Hertzen geſchrieben iſt/ das Gewiſſen uͤberzeiget/ und
die Gedancken ſich unter einander verklagen, oder entſchuldigen.
Rom. 2, 15. Wie offt wird Er mit ſolchen Gedancken gerungen
haben: Ach! Er wird mich doch er wuͤrgen! Jch werde
doch aus dieſer Kranckheit nicht kommen! Ach! daß es doch
nur ſchone mit mir geſchehen waͤre/ es wehret ja gar zu lan-
ge! D. Lucas Oſiander ſetzet/ wie oben gedacht/ uͤber dieſe
Worte: Er wird mich doch erwuͤrgen: fortaſſe cogar
ipſe violenter abrumpere vitam.
Vielleicht werde ich noch
gezwungen werden mir ſelbſt leid zu thun! So weit bringet es
offt die Suͤnde/ die in dem Menſchen wohnet. Rom. 7/ 20.
Aber, in ſolchem deliquio, Ringen und Kampff/ Heb, 12, 1. hat
ſich unſer Wohlſeelige mit Hiob ſtatlich erholet/ die vorigen
Worte anders formiret/ und geſaget: Ob mich der HERR
gleich toͤdten wird/ will ich dennoch auf Jhn hoffen!
Was
will ich machen? Er iſt mein HErr! Er thue was Jhm ge-
faͤlt 1 Sam. 3, 18. 2 Sam. 10, 12. Jch weis wohl daß ers nie-
mand iemahls verderbet/ ſondern es allezeit gut gemachet hat.
Marc. 7, 37. Jſt mir doch dieſes Leben/ O dieſes elende Leben!
Daran Auguſtinus recht und wohl ſaget: Quid eſt diu vivere,
quam diu torqueri?
Was iſt doch hi[e]r lange leben alſo lange
gequälet werden? Dieſes elende Leben/ ſage ich/ iſt mir nicht
zur Ehe/ noch Ewig gegeben. Haben wir doch alle alhier keins

blei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <p><pb facs="#f0018"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#b">Chri&#x017F;tliche</hi></fw><lb/>
nicht gemangelt. Wie bey dem Hiob flei&#x017F;chliche Ungedult hat<lb/>
wollen aufwallen/ zu mahl weil er allerley bo&#x0364;&#x017F;e Reden hat ho&#x0364;ren<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#aq">cap. 8, 22. c.</hi> 11, 20. So wird es alhier auch nicht aller-<lb/>
dings &#x017F;eyn au&#x017F;&#x017F;en geblieben; Denn wir &#x017F;ind doch nicht be&#x017F;&#x017F;er als<lb/>
alle un&#x017F;ere Vater. 1. <hi rendition="#aq">Reg.</hi> 19, 4. Und was an a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en Reden ermangelt/ das weiß der Satan mit un&#x017F;er eigen Ge-<lb/>
dancken zuer&#x017F;etzen/ und dahtu zu wircken/ daß das Ge&#x017F;etze &#x017F;o in<lb/>
un&#x017F;erm Hertzen ge&#x017F;chrieben i&#x017F;t/ das Gewi&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;berzeiget/ und<lb/>
die Gedancken &#x017F;ich unter einander verklagen, oder ent&#x017F;chuldigen.<lb/><hi rendition="#aq">Rom.</hi> 2, 15. Wie offt wird Er mit &#x017F;olchen Gedancken gerungen<lb/>
haben: Ach! Er wird mich doch er wu&#x0364;rgen! Jch werde<lb/>
doch aus die&#x017F;er Kranckheit nicht kommen! Ach! daß es doch<lb/>
nur &#x017F;chone mit mir ge&#x017F;chehen wa&#x0364;re/ es wehret ja gar zu lan-<lb/>
ge! <hi rendition="#aq">D. Lucas O&#x017F;iander</hi> &#x017F;etzet/ wie oben gedacht/ u&#x0364;ber die&#x017F;e<lb/>
Worte: <hi rendition="#fr">Er wird mich doch erwu&#x0364;rgen:</hi> <hi rendition="#aq">forta&#x017F;&#x017F;e cogar<lb/>
ip&#x017F;e violenter abrumpere vitam.</hi> Vielleicht werde ich noch<lb/>
gezwungen werden mir &#x017F;elb&#x017F;t leid zu thun! So weit bringet es<lb/>
offt die Su&#x0364;nde/ die in dem Men&#x017F;chen wohnet. Rom. 7/ 20.<lb/>
Aber, in &#x017F;olchem <hi rendition="#aq">deliquio,</hi> Ringen und Kampff/ <hi rendition="#aq">Heb,</hi> 12, 1. hat<lb/>
&#x017F;ich un&#x017F;er Wohl&#x017F;eelige mit Hiob &#x017F;tatlich erholet/ die vorigen<lb/>
Worte anders <hi rendition="#aq">formi</hi>ret/ und ge&#x017F;aget: <hi rendition="#fr">Ob mich der HERR<lb/>
gleich to&#x0364;dten wird/ will ich dennoch auf Jhn hoffen!</hi> Was<lb/>
will ich machen? Er i&#x017F;t mein HErr! Er thue was Jhm ge-<lb/>
fa&#x0364;lt 1 <hi rendition="#aq">Sam. 3, 18. 2 Sam.</hi> 10, 12. Jch weis wohl daß ers nie-<lb/>
mand iemahls verderbet/ &#x017F;ondern es allezeit gut gemachet hat.<lb/><hi rendition="#aq">Marc.</hi> 7, 37. J&#x017F;t mir doch die&#x017F;es Leben/ O die&#x017F;es elende Leben!<lb/>
Daran Augu&#x017F;tinus recht und wohl &#x017F;aget: <hi rendition="#aq">Quid e&#x017F;t diu vivere,<lb/>
quam diu torqueri?</hi> Was i&#x017F;t doch hi<supplied>e</supplied>r lange leben al&#x017F;o lange<lb/>
gequälet werden? Die&#x017F;es elende Leben/ &#x017F;age ich/ i&#x017F;t mir nicht<lb/>
zur Ehe/ noch Ewig gegeben. Haben wir doch alle alhier keins<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">blei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0018] Chriſtliche nicht gemangelt. Wie bey dem Hiob fleiſchliche Ungedult hat wollen aufwallen/ zu mahl weil er allerley boͤſe Reden hat hoͤren muͤſſen. cap. 8, 22. c. 11, 20. So wird es alhier auch nicht aller- dings ſeyn auſſen geblieben; Denn wir ſind doch nicht beſſer als alle unſere Vater. 1. Reg. 19, 4. Und was an aͤuſſerlichen boͤ- ſen Reden ermangelt/ das weiß der Satan mit unſer eigen Ge- dancken zuerſetzen/ und dahtu zu wircken/ daß das Geſetze ſo in unſerm Hertzen geſchrieben iſt/ das Gewiſſen uͤberzeiget/ und die Gedancken ſich unter einander verklagen, oder entſchuldigen. Rom. 2, 15. Wie offt wird Er mit ſolchen Gedancken gerungen haben: Ach! Er wird mich doch er wuͤrgen! Jch werde doch aus dieſer Kranckheit nicht kommen! Ach! daß es doch nur ſchone mit mir geſchehen waͤre/ es wehret ja gar zu lan- ge! D. Lucas Oſiander ſetzet/ wie oben gedacht/ uͤber dieſe Worte: Er wird mich doch erwuͤrgen: fortaſſe cogar ipſe violenter abrumpere vitam. Vielleicht werde ich noch gezwungen werden mir ſelbſt leid zu thun! So weit bringet es offt die Suͤnde/ die in dem Menſchen wohnet. Rom. 7/ 20. Aber, in ſolchem deliquio, Ringen und Kampff/ Heb, 12, 1. hat ſich unſer Wohlſeelige mit Hiob ſtatlich erholet/ die vorigen Worte anders formiret/ und geſaget: Ob mich der HERR gleich toͤdten wird/ will ich dennoch auf Jhn hoffen! Was will ich machen? Er iſt mein HErr! Er thue was Jhm ge- faͤlt 1 Sam. 3, 18. 2 Sam. 10, 12. Jch weis wohl daß ers nie- mand iemahls verderbet/ ſondern es allezeit gut gemachet hat. Marc. 7, 37. Jſt mir doch dieſes Leben/ O dieſes elende Leben! Daran Auguſtinus recht und wohl ſaget: Quid eſt diu vivere, quam diu torqueri? Was iſt doch hier lange leben alſo lange gequälet werden? Dieſes elende Leben/ ſage ich/ iſt mir nicht zur Ehe/ noch Ewig gegeben. Haben wir doch alle alhier keins blei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/508452
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/508452/18
Zitationshilfe: Stöcker, Jacob: ChristlicheLeichen Predigt über Den Machtspruch Hiobs. Bautzen, [1675], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508452/18>, abgerufen am 27.04.2024.