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Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733].

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Und da so Angst als Ach den Schmertz in sich verbeissen,
So kan die bittre Fluth nicht aus dem Ufer reissen
Allein um desto mehr, da nicht die Augen thränen,
Verzehrt sie innerlich der überhäuffte Gram.
Und was vor Bangigkeit und Klagens-volles Sehnen
Befällt den durch den Tod betrübten Bräutigam,
Jetzt da sein Licht verlöscht, so sincken seine Glieder,
Und da sein Leben stirbt, fält Er in Ohnmacht nieder.
Sein Geist, der immerdar sich aufgeweckt erwiesen,
Verirrt sich in sich selbst und hängt dem Kummer nach,
Sein Muth, den alle Noth vor unverzagt gepriesen,
Fiel Augenblicklich hin, als ihm die Stütze brach.
Und wer vernünfftig ist, der tadelt nicht die Schmertzen,
Hier trennete der Tod zwey fest verbundne Hertzen.
Sein Auge fand allhier, was Sinn und Geist ergötzet,
Er selbst versprach sich schon den Hafen sicher Ruh,
Und der Verlobungs-Tag war fröhlichst angesetzet,
Allein, betrübte Post! das Sterben kam dazu,
Und da noch wenig Zeit zu dem Vergnügen fehlte,
Kam GOtt, der sich den Schatz zu seiner Braut erwehlte.
Nun geht der schwere Riß den tiefgebeugten Eltern
Und Schmertzens-Bräutigam durch Adern, Marck und Bein,
Jhr Hertze preßt die Angst in engen Trübsals-Keltern,
Denn vor den Freuden-Tag findt sich der Abend ein.
Die eintzge Tochter stirbt, ein Beyspiel frommer Jugend,
Die treue Braut erblaßt, das Muster schöner Tugend.
Und dieser Tod erweckt bey vielen herbe Zähren.
Wer Jhren Wandel weiß, beweint den frühen Tod,
Und will ihr also noch die letzte Pflicht gewähren.
Sie, Hochbetrübteste, ergreiffen in der Noth
Die Christliche Geduld. GOtt wird den Jammer tragen.
Und heilt die Wunden zu, die ietzt sein Blitz geschlagen.
Jhr Eden ist zwar leer, und hat der HErr den Seegen
Schon wieder gantz bey sich, den seine Güte gab:
Sie aber nehmen wohl aus diesen Liebens-Wegen
Die Vorsicht vor ihr Wohl und sein Erbarmen ab.
Der
Und da ſo Angſt als Ach den Schmertz in ſich verbeiſſen,
So kan die bittre Fluth nicht aus dem Ufer reiſſen
Allein um deſto mehr, da nicht die Augen thraͤnen,
Verzehrt ſie innerlich der uͤberhaͤuffte Gram.
Und was vor Bangigkeit und Klagens-volles Sehnen
Befaͤllt den durch den Tod betruͤbten Braͤutigam,
Jetzt da ſein Licht verloͤſcht, ſo ſincken ſeine Glieder,
Und da ſein Leben ſtirbt, faͤlt Er in Ohnmacht nieder.
Sein Geiſt, der immerdar ſich aufgeweckt erwieſen,
Verirrt ſich in ſich ſelbſt und haͤngt dem Kummer nach,
Sein Muth, den alle Noth vor unverzagt geprieſen,
Fiel Augenblicklich hin, als ihm die Stuͤtze brach.
Und wer vernuͤnfftig iſt, der tadelt nicht die Schmertzen,
Hier trennete der Tod zwey feſt verbundne Hertzen.
Sein Auge fand allhier, was Sinn und Geiſt ergoͤtzet,
Er ſelbſt verſprach ſich ſchon den Hafen ſicher Ruh,
Und der Verlobungs-Tag war froͤhlichſt angeſetzet,
Allein, betruͤbte Poſt! das Sterben kam dazu,
Und da noch wenig Zeit zu dem Vergnuͤgen fehlte,
Kam GOtt, der ſich den Schatz zu ſeiner Braut erwehlte.
Nun geht der ſchwere Riß den tiefgebeugten Eltern
Und Schmertzens-Braͤutigam durch Adern, Marck und Bein,
Jhr Hertze preßt die Angſt in engen Truͤbſals-Keltern,
Denn vor den Freuden-Tag findt ſich der Abend ein.
Die eintzge Tochter ſtirbt, ein Beyſpiel frommer Jugend,
Die treue Braut erblaßt, das Muſter ſchoͤner Tugend.
Und dieſer Tod erweckt bey vielen herbe Zaͤhren.
Wer Jhren Wandel weiß, beweint den fruͤhen Tod,
Und will ihr alſo noch die letzte Pflicht gewaͤhren.
Sie, Hochbetruͤbteſte, ergreiffen in der Noth
Die Chriſtliche Geduld. GOtt wird den Jammer tragen.
Und heilt die Wunden zu, die ietzt ſein Blitz geſchlagen.
Jhr Eden iſt zwar leer, und hat der HErr den Seegen
Schon wieder gantz bey ſich, den ſeine Guͤte gab:
Sie aber nehmen wohl aus dieſen Liebens-Wegen
Die Vorſicht vor ihr Wohl und ſein Erbarmen ab.
Der
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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733], S. [72]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542451/72>, abgerufen am 27.04.2024.