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Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.

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mit denselben jederzeit nachbarlich in gutem Verstand / altem löblichen Herkommen / Verträgen vnd Gebrauch gemäß trewlich gehalten.

So gebe man beständig vor / daß die Böhmische Stände dannoch allerhand conditiones jhrem künfftigen König vnd Herrn zuvor außdingen solten / vnd solche jederzeit steiff gehalten haben wolten / dardurch auch vnd sonderlich / wann die Königliche Hochheit eingezogen oder constringirt werden solte / bald Mißverstand wachse.

Sonderlich aber vnd zum andern / were wol zu verwundern / daß bey dieser Böhmischen Vnruh jetzt erst der Erbfeindt Christliches Nahmens / durch seinen Vasallen vnd fast leibeigenen Bethlem Gabor (dessen Leben / Macht vnd Gewalt in in seinen Händen augenblicklich were) mit seindlichem Gewalt ins Königreich Vngarn gefallen / sich der meisten Plätz desselben gemächtigt haben / vnd gar nach der Kron trachten solle / dardurch er eine erwünschte Gelegenheit hette / erstlich die Vngarische Kron / hernach auch die Böhmische sampt den Erblandern in seines Herrn deß Türcken Gewalt / Gehorsamb oder doch in Siebenbürgischen Respect zu bringen: Dann weil beyde Kronen hiebevor offt vnnd jetzt ein gute Zeit beysammen gewesen / dieselben es fast jedesmal mit einander gehalten / das alte gemeine Herkommen hoch achteten / auch Vngarn ohne das an der Böhmischen Kron incorporirtes Marggr. Mähren vnd Oesterreich angrentzt / würde der Erbfeind gewiß nicht vnderlassen / mit erster Occasion sein Macht einzuführen / durch intestina odia jhm den Weg dahin / Vnd noch ferrner ins Reich gebahnt zu machen. Vnd ob man wol vermeynen möchte / mit jhme einen Frieden (daß er mit Vngarn sich contentiren lassen solte) zu machen / daß auch der Türck den Christen / sonderlich denen / welche mit jhm grentzten / Fried halten würde: auch er Hertzog in B. ob es nit geschehen / oder noch geschehen könte / oder daß man jme Türcken gleicher Gestalt nit jederzeit zu gehalten / nicht difficiltiren wolte: so were doch darneben bekant / daß selbiger offt den Frieden nur so lang hielte / als er anderer Ort zu thun hette / oder jhn vorträglich gewesen / vnd denselben zu brechen nicht Gelegenheit gehabt hette / wann er aber sein Schantz ersehen (als eben im Königreich Vngarn vor vnd Zeiten Keysers Ferdinandi / vnd noch newlich Anno 90. 91. 92. sampt folgenden Jahren) hette man mit Verlust so viel tausend Seelen / Land vnnd Leut erfahren / was Trawen vnd Glauben sey / sonderlich wann es in seiner Macht were Glauben zu halten / oder nicht / vnnd were gantz vngewiß / wann gleich der Türck vnd diese seine Creatur / nach Occupation deß Königreichs Vngarn / wolte weiter ins Reich setzen / ob alsdann das gantze Römische Reich sampt den benachbarten Potentaten demselben gnugsamen Widerstand thun könten / er auch mit Siebenbürgen / Venedig vnd andern steiffen Trawen vnnd Glauben halte: Dann durch Entziehung deß Königreichs Vngarn die Christliche Vormawer (dergleichen weder Böhmen sampt dero incorporirten / noch andere Erbländer nit weren) zu Grund geworffen / vnd man die jenige Waffen durch welche der Türck bißhero meistentheils von dem Röm. Reich vnd weitern Einbruch abgehalten / auff solche Gestalt wider Böhmen vnd das Röm. Reich könte brauchen / so stärckte man deß Türcken Macht desto mehr / vnd weil das Röm. Reich bißhero wider den Türcken / sampt dem Königreich Vngarn gnug zu thun / were zu besorgen / man würde weniger erlangen / wann man Vngarn jetzt durch diesen newen motum zu wider haben vnd nit zeitlich remediren solte. Neben dem könte er nicht sehen / wann dieses Königreichs incorporirte / vnd andere Länder dißmembrirt / vnd auß vorigem gesampten Stand gesetzet werden solten / wie dasselbe ohn merckliche innerliche Offension / wegen der partialitäten vnd vnderschiedliche Respecten / so fast männiglich hohen vnd nidern Stands trüge / auch jederman den Effect auff seine Weiß zu suchen sich bearbeitete / geschehen / vnd daß nit auffzutragen de Occasion / newe motus zu einen andern Standt deß Gubernaments sich erregen / oder das innerliche Vertrawen der Orthen (da man mit so vielen zu thun / vnd das nachbarliche aequilibrium nit so füglich als in etlichen andern Ländern zu exerciren were) also gepflantzet werden solte / damit man dem gemeinen Feind einhellig Widerstand thete / vnd nicht vielmehr ob dergleichen innerlichen Mißverstand der Gemüther zugleich die Actiones, consilia vnd Anstellung zertheilete / dardurch das Verderben causirt werden müste: Zumal die innerliche odia bißweilen nit allein gemeine consilia vnnd Defension verhinderten / sondern gar eygnen Schaden vnd Vndergang erweckten / damit nur der ander sein Intent erholete / oder zu Grund gehe. Man sehe ferrner / daß die vmbligende Christliche Potentaten gemeiniglich wegen absonderlicher Particular Impedimenten (warumb sie sich schwerlich zu einer allgemeinen Defension verstanden) abgehalten / vnd bey jhrem absonderlichen Respect verhinderlich weren.

Was es aber mit Venedig für eine Gelegenheit / wie hart sie mit diesem Feind hinkämen / das hetten sie nun lange Jahr empfunden / vnd würden es noch empfinden / wann die Oesterreichische Königreich vnnd Länder dem Türcken zugeeygnet / verderbt / vnder sich getheilt vnd in einen gefährlichen Stand eygnen Vndergangs gesetzt / hinfüro zur Defension nit also einhellig concurriren könten. In was betrübtem Wesen jetzt Siebenbürgen / Moldaw vnd Walachey begriffen / were bekant; da auch dem Türcken der Anschlag auff Vngarn / oder auch auff Böhmen vnd die Erbländer in dem fortgienge / daß er nur den Regenten Leges vorschriebe / oder sie den Respect zu seinem Gefallen gegen jhm tragen müsten / were zu förchten / er würde noch ferrner ins Reich verfahren: was aber alle Fürstliche Teutsche Häuser / von diesem Türckischen Guberno / welches dergleichen Häuser durchauß nit geduldete / sondern nach vnd nach außrottete / zu erwarten / das erklärten eben dergleichen vorgehende Exempla: zwar erstlichen vnder dem Schein guter Correspondentz / folgends einer sonderlichen Affection vnd Schutzes hohe

mit denselben jederzeit nachbarlich in gutem Verstand / altem löblichen Herkommen / Verträgen vnd Gebrauch gemäß trewlich gehalten.

So gebe man beständig vor / daß die Böhmische Stände dannoch allerhand conditiones jhrem künfftigen König vnd Herrn zuvor außdingen solten / vnd solche jederzeit steiff gehalten haben wolten / dardurch auch vnd sonderlich / wann die Königliche Hochheit eingezogen oder constringirt werden solte / bald Mißverstand wachse.

Sonderlich aber vnd zum andern / were wol zu verwundern / daß bey dieser Böhmischen Vnruh jetzt erst der Erbfeindt Christliches Nahmens / durch seinen Vasallen vnd fast leibeigenen Bethlem Gabor (dessen Leben / Macht vnd Gewalt in in seinen Händen augenblicklich were) mit seindlichem Gewalt ins Königreich Vngarn gefallen / sich der meisten Plätz desselben gemächtigt haben / vnd gar nach der Kron trachten solle / dardurch er eine erwünschte Gelegenheit hette / erstlich die Vngarische Kron / hernach auch die Böhmische sampt den Erblandern in seines Herrn deß Türcken Gewalt / Gehorsamb oder doch in Siebenbürgischen Respect zu bringen: Dann weil beyde Kronen hiebevor offt vnnd jetzt ein gute Zeit beysammen gewesen / dieselben es fast jedesmal mit einander gehalten / das alte gemeine Herkommen hoch achteten / auch Vngarn ohne das an der Böhmischen Kron incorporirtes Marggr. Mähren vnd Oesterreich angrentzt / würde der Erbfeind gewiß nicht vnderlassen / mit erster Occasion sein Macht einzuführen / durch intestina odia jhm den Weg dahin / Vnd noch ferrner ins Reich gebahnt zu machen. Vnd ob man wol vermeynen möchte / mit jhme einen Frieden (daß er mit Vngarn sich contentiren lassen solte) zu machen / daß auch der Türck den Christen / sonderlich denen / welche mit jhm grentzten / Fried halten würde: auch er Hertzog in B. ob es nit geschehen / oder noch geschehen könte / oder daß man jme Türcken gleicher Gestalt nit jederzeit zu gehalten / nicht difficiltiren wolte: so were doch darneben bekant / daß selbiger offt den Frieden nur so lang hielte / als er anderer Ort zu thun hette / oder jhn vorträglich gewesen / vnd denselben zu brechen nicht Gelegenheit gehabt hette / wann er aber sein Schantz ersehen (als eben im Königreich Vngarn vor vnd Zeiten Keysers Ferdinandi / vnd noch newlich Anno 90. 91. 92. sampt folgenden Jahren) hette man mit Verlust so viel tausend Seelen / Land vnnd Leut erfahren / was Trawen vnd Glauben sey / sonderlich wann es in seiner Macht were Glauben zu halten / oder nicht / vnnd were gantz vngewiß / wann gleich der Türck vnd diese seine Creatur / nach Occupation deß Königreichs Vngarn / wolte weiter ins Reich setzen / ob alsdann das gantze Römische Reich sampt den benachbarten Potentaten demselben gnugsamen Widerstand thun könten / er auch mit Siebenbürgen / Venedig vnd andern steiffen Trawen vnnd Glauben halte: Dann durch Entziehung deß Königreichs Vngarn die Christliche Vormawer (dergleichen weder Böhmen sampt dero incorporirten / noch andere Erbländer nit werẽ) zu Grund geworffen / vnd man die jenige Waffen durch welche der Türck bißhero meistentheils võ dem Röm. Reich vnd weitern Einbruch abgehalten / auff solche Gestalt wider Böhmen vnd das Röm. Reich könte brauchẽ / so stärckte man deß Türcken Macht desto mehr / vnd weil das Röm. Reich bißhero wider den Türcken / sampt dem Königreich Vngarn gnug zu thun / were zu besorgen / man würde weniger erlangen / wann man Vngarn jetzt durch diesen newen motum zu wider haben vnd nit zeitlich remediren solte. Neben dem könte er nicht sehen / wann dieses Königreichs incorporirte / vnd andere Länder dißmembrirt / vñ auß vorigem gesampten Stand gesetzet werden solten / wie dasselbe ohn merckliche innerliche Offension / wegẽ der partialitäten vnd vnderschiedliche Respecten / so fast männiglich hohen vnd nidern Stands trüge / auch jederman den Effect auff seine Weiß zu suchen sich bearbeitete / geschehen / vnd daß nit auffzutragen de Occasion / newe motus zu einẽ andern Standt deß Gubernaments sich erregen / oder das innerliche Vertrawen der Orthen (da man mit so vielen zu thun / vnd das nachbarliche aequilibrium nit so füglich als in etlichen andern Ländern zu exerciren were) also gepflantzet werden solte / damit man dem gemeinen Feind einhellig Widerstand thete / vnd nicht vielmehr ob dergleichen innerlichen Mißverstand der Gemüther zugleich die Actiones, consilia vnd Anstellung zertheilete / dardurch das Verderben causirt werden müste: Zumal die innerliche odia bißweilen nit allein gemeine consilia vnnd Defension verhinderten / sondern gar eygnen Schaden vnd Vndergang erweckten / damit nur der ander sein Intent erholete / oder zu Grund gehe. Man sehe ferrner / daß die vmbligende Christliche Potentaten gemeiniglich wegen absonderlicher Particular Impedimenten (warumb sie sich schwerlich zu einer allgemeinen Defension verstanden) abgehalten / vnd bey jhrem absonderlichen Respect verhinderlich weren.

Was es aber mit Venedig für eine Gelegẽheit / wie hart sie mit diesem Feind hinkämẽ / das hetten sie nun lange Jahr empfunden / vnd würden es noch empfinden / wann die Oesterreichische Königreich vnnd Länder dem Türcken zugeeygnet / verderbt / vnder sich getheilt vnd in einen gefährlichen Stand eygnen Vndergangs gesetzt / hinfüro zur Defension nit also einhellig concurriren könten. In was betrübtem Wesen jetzt Siebenbürgen / Moldaw vnd Walachey begriffen / were bekant; da auch dem Türcken der Anschlag auff Vngarn / oder auch auff Böhmen vnd die Erbländer in dem fortgienge / daß er nur den Regenten Leges vorschriebe / oder sie den Respect zu seinem Gefallen gegen jhm tragen müsten / were zu förchten / er würde noch ferrner ins Reich verfahren: was aber alle Fürstliche Teutsche Häuser / von diesem Türckischen Guberno / welches dergleichen Häuser durchauß nit geduldete / sondern nach vnd nach außrottete / zu erwarten / das erklärten eben dergleichen vorgehende Exempla: zwar erstlichen vnder dem Schein guter Correspondentz / folgends einer sonderlichen Affection vnd Schutzes hohe

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Mähren vnd Oesterreich angrentzt / würde der Erbfeind                      gewiß nicht vnderlassen / mit erster Occasion sein Macht einzuführen / durch                      intestina odia jhm den Weg dahin / Vnd noch ferrner ins Reich gebahnt zu machen.                      Vnd ob man wol vermeynen möchte / mit jhme einen Frieden (daß er mit Vngarn sich                      contentiren lassen solte) zu machen / daß auch der Türck den Christen /                      sonderlich denen / welche mit jhm grentzten / Fried halten würde: auch er                      Hertzog in B. ob es nit geschehen / oder noch geschehen könte / oder daß man jme                      Türcken gleicher Gestalt nit jederzeit zu gehalten / nicht difficiltiren wolte:                      so were doch darneben bekant / daß selbiger offt den Frieden nur so lang hielte                      / als er anderer Ort zu thun hette / oder jhn vorträglich gewesen / vnd                      denselben zu brechen nicht Gelegenheit gehabt hette / wann er aber sein Schantz                      ersehen (als eben im Königreich Vngarn vor vnd Zeiten Keysers Ferdinandi / vnd                      noch newlich Anno 90. 91. 92. sampt folgenden Jahren) hette man mit Verlust so                      viel tausend Seelen / Land vnnd Leut erfahren / was Trawen vnd Glauben sey /                      sonderlich wann es in seiner Macht were Glauben zu halten / oder nicht / vnnd                      were gantz vngewiß / wann gleich der Türck vnd diese seine Creatur / nach                      Occupation deß Königreichs Vngarn / wolte weiter ins Reich setzen / ob alsdann                      das gantze Römische Reich sampt den benachbarten Potentaten demselben gnugsamen                      Widerstand thun könten / er auch mit Siebenbürgen / Venedig vnd andern steiffen                      Trawen vnnd Glauben halte: Dann durch Entziehung deß Königreichs Vngarn die                      Christliche Vormawer (dergleichen weder Böhmen sampt dero incorporirten / noch                      andere Erbländer nit were&#x0303;) zu Grund geworffen / vnd man die jenige Waffen durch                      welche der Türck bißhero meistentheils vo&#x0303; dem Röm. 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Neben                      dem könte er nicht sehen / wann dieses Königreichs incorporirte / vnd andere                      Länder dißmembrirt / vn&#x0303; auß vorigem gesampten Stand gesetzet                      werden solten / wie dasselbe ohn merckliche innerliche Offension / wege&#x0303; der                      partialitäten vnd vnderschiedliche Respecten / so fast männiglich hohen vnd                      nidern Stands trüge / auch jederman den Effect auff seine Weiß zu suchen sich                      bearbeitete / geschehen / vnd daß nit auffzutragen de Occasion / newe motus zu                      eine&#x0303; andern Standt deß Gubernaments sich erregen / oder das innerliche Vertrawen                      der Orthen (da man mit so vielen zu thun / vnd das nachbarliche aequilibrium nit                      so füglich als in etlichen andern Ländern zu exerciren were) also gepflantzet                      werden solte / damit man dem gemeinen Feind einhellig Widerstand thete / vnd                      nicht vielmehr ob dergleichen innerlichen Mißverstand der Gemüther zugleich die                      Actiones, consilia vnd Anstellung zertheilete / dardurch das Verderben causirt                      werden müste: Zumal die innerliche odia bißweilen nit allein gemeine consilia                      vnnd Defension verhinderten / sondern gar eygnen Schaden vnd Vndergang erweckten                      / damit nur der ander sein Intent erholete / oder zu Grund gehe. Man sehe                      ferrner / daß die vmbligende Christliche Potentaten gemeiniglich wegen                      absonderlicher Particular Impedimenten (warumb sie sich schwerlich zu einer                      allgemeinen Defension verstanden) abgehalten / vnd bey jhrem absonderlichen                      Respect verhinderlich weren.</p>
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[231/0278] mit denselben jederzeit nachbarlich in gutem Verstand / altem löblichen Herkommen / Verträgen vnd Gebrauch gemäß trewlich gehalten. So gebe man beständig vor / daß die Böhmische Stände dannoch allerhand conditiones jhrem künfftigen König vnd Herrn zuvor außdingen solten / vnd solche jederzeit steiff gehalten haben wolten / dardurch auch vnd sonderlich / wann die Königliche Hochheit eingezogen oder constringirt werden solte / bald Mißverstand wachse. Sonderlich aber vnd zum andern / were wol zu verwundern / daß bey dieser Böhmischen Vnruh jetzt erst der Erbfeindt Christliches Nahmens / durch seinen Vasallen vnd fast leibeigenen Bethlem Gabor (dessen Leben / Macht vnd Gewalt in in seinen Händen augenblicklich were) mit seindlichem Gewalt ins Königreich Vngarn gefallen / sich der meisten Plätz desselben gemächtigt haben / vnd gar nach der Kron trachten solle / dardurch er eine erwünschte Gelegenheit hette / erstlich die Vngarische Kron / hernach auch die Böhmische sampt den Erblandern in seines Herrn deß Türcken Gewalt / Gehorsamb oder doch in Siebenbürgischen Respect zu bringen: Dann weil beyde Kronen hiebevor offt vnnd jetzt ein gute Zeit beysammen gewesen / dieselben es fast jedesmal mit einander gehalten / das alte gemeine Herkommen hoch achteten / auch Vngarn ohne das an der Böhmischen Kron incorporirtes Marggr. Mähren vnd Oesterreich angrentzt / würde der Erbfeind gewiß nicht vnderlassen / mit erster Occasion sein Macht einzuführen / durch intestina odia jhm den Weg dahin / Vnd noch ferrner ins Reich gebahnt zu machen. Vnd ob man wol vermeynen möchte / mit jhme einen Frieden (daß er mit Vngarn sich contentiren lassen solte) zu machen / daß auch der Türck den Christen / sonderlich denen / welche mit jhm grentzten / Fried halten würde: auch er Hertzog in B. ob es nit geschehen / oder noch geschehen könte / oder daß man jme Türcken gleicher Gestalt nit jederzeit zu gehalten / nicht difficiltiren wolte: so were doch darneben bekant / daß selbiger offt den Frieden nur so lang hielte / als er anderer Ort zu thun hette / oder jhn vorträglich gewesen / vnd denselben zu brechen nicht Gelegenheit gehabt hette / wann er aber sein Schantz ersehen (als eben im Königreich Vngarn vor vnd Zeiten Keysers Ferdinandi / vnd noch newlich Anno 90. 91. 92. sampt folgenden Jahren) hette man mit Verlust so viel tausend Seelen / Land vnnd Leut erfahren / was Trawen vnd Glauben sey / sonderlich wann es in seiner Macht were Glauben zu halten / oder nicht / vnnd were gantz vngewiß / wann gleich der Türck vnd diese seine Creatur / nach Occupation deß Königreichs Vngarn / wolte weiter ins Reich setzen / ob alsdann das gantze Römische Reich sampt den benachbarten Potentaten demselben gnugsamen Widerstand thun könten / er auch mit Siebenbürgen / Venedig vnd andern steiffen Trawen vnnd Glauben halte: Dann durch Entziehung deß Königreichs Vngarn die Christliche Vormawer (dergleichen weder Böhmen sampt dero incorporirten / noch andere Erbländer nit werẽ) zu Grund geworffen / vnd man die jenige Waffen durch welche der Türck bißhero meistentheils võ dem Röm. Reich vnd weitern Einbruch abgehalten / auff solche Gestalt wider Böhmen vnd das Röm. Reich könte brauchẽ / so stärckte man deß Türcken Macht desto mehr / vnd weil das Röm. Reich bißhero wider den Türcken / sampt dem Königreich Vngarn gnug zu thun / were zu besorgen / man würde weniger erlangen / wann man Vngarn jetzt durch diesen newen motum zu wider haben vnd nit zeitlich remediren solte. Neben dem könte er nicht sehen / wann dieses Königreichs incorporirte / vnd andere Länder dißmembrirt / vñ auß vorigem gesampten Stand gesetzet werden solten / wie dasselbe ohn merckliche innerliche Offension / wegẽ der partialitäten vnd vnderschiedliche Respecten / so fast männiglich hohen vnd nidern Stands trüge / auch jederman den Effect auff seine Weiß zu suchen sich bearbeitete / geschehen / vnd daß nit auffzutragen de Occasion / newe motus zu einẽ andern Standt deß Gubernaments sich erregen / oder das innerliche Vertrawen der Orthen (da man mit so vielen zu thun / vnd das nachbarliche aequilibrium nit so füglich als in etlichen andern Ländern zu exerciren were) also gepflantzet werden solte / damit man dem gemeinen Feind einhellig Widerstand thete / vnd nicht vielmehr ob dergleichen innerlichen Mißverstand der Gemüther zugleich die Actiones, consilia vnd Anstellung zertheilete / dardurch das Verderben causirt werden müste: Zumal die innerliche odia bißweilen nit allein gemeine consilia vnnd Defension verhinderten / sondern gar eygnen Schaden vnd Vndergang erweckten / damit nur der ander sein Intent erholete / oder zu Grund gehe. Man sehe ferrner / daß die vmbligende Christliche Potentaten gemeiniglich wegen absonderlicher Particular Impedimenten (warumb sie sich schwerlich zu einer allgemeinen Defension verstanden) abgehalten / vnd bey jhrem absonderlichen Respect verhinderlich weren. Was es aber mit Venedig für eine Gelegẽheit / wie hart sie mit diesem Feind hinkämẽ / das hetten sie nun lange Jahr empfunden / vnd würden es noch empfinden / wann die Oesterreichische Königreich vnnd Länder dem Türcken zugeeygnet / verderbt / vnder sich getheilt vnd in einen gefährlichen Stand eygnen Vndergangs gesetzt / hinfüro zur Defension nit also einhellig concurriren könten. In was betrübtem Wesen jetzt Siebenbürgen / Moldaw vnd Walachey begriffen / were bekant; da auch dem Türcken der Anschlag auff Vngarn / oder auch auff Böhmen vnd die Erbländer in dem fortgienge / daß er nur den Regenten Leges vorschriebe / oder sie den Respect zu seinem Gefallen gegen jhm tragen müsten / were zu förchten / er würde noch ferrner ins Reich verfahren: was aber alle Fürstliche Teutsche Häuser / von diesem Türckischen Guberno / welches dergleichen Häuser durchauß nit geduldete / sondern nach vnd nach außrottete / zu erwarten / das erklärten eben dergleichen vorgehende Exempla: zwar erstlichen vnder dem Schein guter Correspondentz / folgends einer sonderlichen Affection vnd Schutzes hohe

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  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



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Zitationshilfe: Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/278>, abgerufen am 27.04.2024.