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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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Vermischte Gedichte.
Die Eiche steht wo sie vor diesem lag/
Die Birck ein ander Phönix grünt/
Wo sie zu Feuer vor gedient:
Wo Noßmarin zu blühen pflag/
Wo Neb und Rose war zu finden
Sieht man sich Dorn in Dornen winden.
Die Schnecke kriecht/ die bunte Kröte quarrt/
Wo vor die Wendelstiege stund/
Der hohe Sparn/ der tieffe Grund/
Liegt izt zusammen eingescharrt/
Manch Brett/ das vor bedielt den Söller/
Steckt in dem Wasser-vollem Keller.
Da stehet noch in harten Stein gehauen
Ein Denckspruch von der alten Zeit/
Da kan man deutscher Redligkeit
Ein Bild in trenen Ziffern schauen/
Da kan man in der Bäume Rinden
Noch halb-verweste Wörter finden.
Dort zeiget sich ein Hauß ohn Axt und Stal
Gezimmert in den holen Berg/
Ein unterirdisch Wunderwerck/
Ein Schloß ohn Stütze/ Dach und Pfahl/
Ein Ort befreyt von Sturm und Winden/
Den Phöbus selbst nicht weiß zu finden.
Der Schlaff schliest hier die schweren Augen zu/
Ein stilles Schweigen wiegt ihn ein/
Die Erde muß sein Bette seyn/
Auff dem er nimmt die sanffte Ruh/
Der feuchte Moß sein Schulter-Küssen/
Vergnügung liegt zu seinen Füssen.
In dieser Höl an dieser kühlen statt
Klagt Echo/ die ohn Ende brennt/
Wie sich Narciß von ihr entwendt
Und keine Brunst empfunden hat:
Hier ists/ wo wir die Wette klagen/
Und uns um Rath zusammen fragen.
O süsser
Vermiſchte Gedichte.
Die Eiche ſteht wo ſie vor dieſem lag/
Die Birck ein ander Phoͤnix gruͤnt/
Wo ſie zu Feuer vor gedient:
Wo Noßmarin zu bluͤhen pflag/
Wo Neb und Roſe war zu finden
Sieht man ſich Dorn in Dornen winden.
Die Schnecke kriecht/ die bunte Kroͤte quarrt/
Wo vor die Wendelſtiege ſtund/
Der hohe Sparn/ der tieffe Grund/
Liegt izt zuſammen eingeſcharrt/
Manch Brett/ das vor bedielt den Soͤller/
Steckt in dem Waſſer-vollem Keller.
Da ſtehet noch in harten Stein gehauen
Ein Denckſpruch von der alten Zeit/
Da kan man deutſcher Redligkeit
Ein Bild in trenen Ziffern ſchauen/
Da kan man in der Baͤume Rinden
Noch halb-verweſte Woͤrter finden.
Dort zeiget ſich ein Hauß ohn Axt und Stal
Gezimmert in den holen Berg/
Ein unterirdiſch Wunderwerck/
Ein Schloß ohn Stuͤtze/ Dach und Pfahl/
Ein Ort befreyt von Sturm und Winden/
Den Phoͤbus ſelbſt nicht weiß zu finden.
Der Schlaff ſchlieſt hier die ſchweren Augen zu/
Ein ſtilles Schweigen wiegt ihn ein/
Die Erde muß ſein Bette ſeyn/
Auff dem er nimmt die ſanffte Ruh/
Der feuchte Moß ſein Schulter-Kuͤſſen/
Vergnuͤgung liegt zu ſeinen Fuͤſſen.
In dieſer Hoͤl an dieſer kuͤhlen ſtatt
Klagt Echo/ die ohn Ende brennt/
Wie ſich Narciß von ihr entwendt
Und keine Brunſt empfunden hat:
Hier iſts/ wo wir die Wette klagen/
Und uns um Rath zuſammen fragen.
O ſuͤſſer
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[75/0655] Vermiſchte Gedichte. Die Eiche ſteht wo ſie vor dieſem lag/ Die Birck ein ander Phoͤnix gruͤnt/ Wo ſie zu Feuer vor gedient: Wo Noßmarin zu bluͤhen pflag/ Wo Neb und Roſe war zu finden Sieht man ſich Dorn in Dornen winden. Die Schnecke kriecht/ die bunte Kroͤte quarrt/ Wo vor die Wendelſtiege ſtund/ Der hohe Sparn/ der tieffe Grund/ Liegt izt zuſammen eingeſcharrt/ Manch Brett/ das vor bedielt den Soͤller/ Steckt in dem Waſſer-vollem Keller. Da ſtehet noch in harten Stein gehauen Ein Denckſpruch von der alten Zeit/ Da kan man deutſcher Redligkeit Ein Bild in trenen Ziffern ſchauen/ Da kan man in der Baͤume Rinden Noch halb-verweſte Woͤrter finden. Dort zeiget ſich ein Hauß ohn Axt und Stal Gezimmert in den holen Berg/ Ein unterirdiſch Wunderwerck/ Ein Schloß ohn Stuͤtze/ Dach und Pfahl/ Ein Ort befreyt von Sturm und Winden/ Den Phoͤbus ſelbſt nicht weiß zu finden. Der Schlaff ſchlieſt hier die ſchweren Augen zu/ Ein ſtilles Schweigen wiegt ihn ein/ Die Erde muß ſein Bette ſeyn/ Auff dem er nimmt die ſanffte Ruh/ Der feuchte Moß ſein Schulter-Kuͤſſen/ Vergnuͤgung liegt zu ſeinen Fuͤſſen. In dieſer Hoͤl an dieſer kuͤhlen ſtatt Klagt Echo/ die ohn Ende brennt/ Wie ſich Narciß von ihr entwendt Und keine Brunſt empfunden hat: Hier iſts/ wo wir die Wette klagen/ Und uns um Rath zuſammen fragen. O ſuͤſſer

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/655>, abgerufen am 11.05.2024.