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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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Ehren-Gedächtniß.
den scharffsinnigen Teutschen Gedichten bekandte Feder
vermochten bey den öffentlichen Land-Tägen die Gemütter
der Anwesenden mit lauter Geist und lebendiger Regung zu
erfüllen; und welches eine von seinen vornehmsten Verrich-
tungen war/ hat seine beredte Zunge dem großmächtigsten
Leopold bey zweymahliger Absendung nach dem Käyserli-
chem Hofe die gemeine Wohlfarth des Vaterlandes beweg-
lichst fürgetragen. Diß alles aber/ was von der stets-bren-
nenden Lampe unsers hochverdienten Frey-Herrn von Ab-
schatz gemeldet worden/ ist nur ein Schatten zu nennen von
dem Lichte/ welches er GOtt zu Ehren auffgestecket hat.
Seine erste Gedancken ließ er von Jugend auff den Himmel
seyn/ welchen die Tschinesen mit dem ersten Buchstaben ih-
res Alphabetes mahlen/ und er betrachtete diese selige Ge-
gend so fleißig/ als Prometheus den Lauff der Gestirne/ al-
so/ daß es das Ansehen hatte/ als wäre er wie Anaxagoras
nur alleine gebohren/ den Himmel anzuschauen. Denn es
war ihm mehr als zu wohl bewust/ daß Witz und kluges Nach-
sinnen gleich wie Regen und Sonnenschein von der Freyge-
bigkeit desselben herkomme. Die Magnet-Nadel kan sich
so sehr nicht nach dem Nordischen Angel-Sterne/ noch die
Sonnen-Wende so sehr nach dem gleichen Nahmen-führen-
den Gestirne lencken/ als sein Hertze zu GOtt gerichtet war.
Zwar muß heute zu Tage die GOttesfurcht den Lastern/ wie
der Glantz bunten Schlangen zum Deckel ihres Gifftes die-
nen; allein/ wie das Gemütte unsers seligen Frey-Herrn
nichts wuste von Falschheit/ so war seiner Seelen auch das
scheinheilige Wesen gantz unbekandt. Denn böse Menschen
dienen weniger zu Pfeilern des Landes/ als faule Höltzer zu
Säulen eines Gebäues: Daher machten ihm Tempel und
Altar die grösten Sorgen/ und er bewieß sein Christenthum
vielfältig durch das wohlriechende Räuchwerck des Gebe-
tes/ pflegte so offt mit GOtt/ als Menschen/ wie Carl der
Fünffte zu reden/ und vereinbarte sich durch Glauben und
Andacht unzertrennlich mit dem ewigen Worte. Alle saure
Schleen des Unglücks im Leben/ und die zwey leztern Zufälle
vor seinem Tode überwand er mit grosser Gedult/ biß er an

dem

Ehren-Gedaͤchtniß.
den ſcharffſinnigen Teutſchen Gedichten bekandte Feder
vermochten bey den oͤffentlichen Land-Taͤgen die Gemuͤtter
der Anweſenden mit lauter Geiſt und lebendiger Regung zu
erfuͤllen; und welches eine von ſeinen vornehmſten Verrich-
tungen war/ hat ſeine beredte Zunge dem großmaͤchtigſten
Leopold bey zweymahliger Abſendung nach dem Kaͤyſerli-
chem Hofe die gemeine Wohlfarth des Vaterlandes beweg-
lichſt fuͤrgetragen. Diß alles aber/ was von der ſtets-bren-
nenden Lampe unſers hochverdienten Frey-Herrn von Ab-
ſchatz gemeldet worden/ iſt nur ein Schatten zu nennen von
dem Lichte/ welches er GOtt zu Ehren auffgeſtecket hat.
Seine erſte Gedancken ließ er von Jugend auff den Himmel
ſeyn/ welchen die Tſchineſen mit dem erſten Buchſtaben ih-
res Alphabetes mahlen/ und er betrachtete dieſe ſelige Ge-
gend ſo fleißig/ als Prometheus den Lauff der Geſtirne/ al-
ſo/ daß es das Anſehen hatte/ als waͤre er wie Anaxagoras
nur alleine gebohren/ den Himmel anzuſchauen. Denn es
war ihm mehr als zu wohl bewuſt/ daß Witz und kluges Nach-
ſinnen gleich wie Regen und Sonnenſchein von der Freyge-
bigkeit deſſelben herkomme. Die Magnet-Nadel kan ſich
ſo ſehr nicht nach dem Nordiſchen Angel-Sterne/ noch die
Sonnen-Wende ſo ſehr nach dem gleichen Nahmen-fuͤhren-
den Geſtirne lencken/ als ſein Hertze zu GOtt gerichtet war.
Zwar muß heute zu Tage die GOttesfurcht den Laſtern/ wie
der Glantz bunten Schlangen zum Deckel ihres Gifftes die-
nen; allein/ wie das Gemuͤtte unſers ſeligen Frey-Herrn
nichts wuſte von Falſchheit/ ſo war ſeiner Seelen auch das
ſcheinheilige Weſen gantz unbekandt. Denn boͤſe Menſchen
dienen weniger zu Pfeilern des Landes/ als faule Hoͤltzer zu
Saͤulen eines Gebaͤues: Daher machten ihm Tempel und
Altar die groͤſten Sorgen/ und er bewieß ſein Chriſtenthum
vielfaͤltig durch das wohlriechende Raͤuchwerck des Gebe-
tes/ pflegte ſo offt mit GOtt/ als Menſchen/ wie Carl der
Fuͤnffte zu reden/ und vereinbarte ſich durch Glauben und
Andacht unzertrennlich mit dem ewigen Worte. Alle ſaure
Schleen des Ungluͤcks im Leben/ und die zwey leztern Zufaͤlle
vor ſeinem Tode uͤberwand er mit groſſer Gedult/ biß er an

dem
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[79/0099] Ehren-Gedaͤchtniß. den ſcharffſinnigen Teutſchen Gedichten bekandte Feder vermochten bey den oͤffentlichen Land-Taͤgen die Gemuͤtter der Anweſenden mit lauter Geiſt und lebendiger Regung zu erfuͤllen; und welches eine von ſeinen vornehmſten Verrich- tungen war/ hat ſeine beredte Zunge dem großmaͤchtigſten Leopold bey zweymahliger Abſendung nach dem Kaͤyſerli- chem Hofe die gemeine Wohlfarth des Vaterlandes beweg- lichſt fuͤrgetragen. Diß alles aber/ was von der ſtets-bren- nenden Lampe unſers hochverdienten Frey-Herrn von Ab- ſchatz gemeldet worden/ iſt nur ein Schatten zu nennen von dem Lichte/ welches er GOtt zu Ehren auffgeſtecket hat. Seine erſte Gedancken ließ er von Jugend auff den Himmel ſeyn/ welchen die Tſchineſen mit dem erſten Buchſtaben ih- res Alphabetes mahlen/ und er betrachtete dieſe ſelige Ge- gend ſo fleißig/ als Prometheus den Lauff der Geſtirne/ al- ſo/ daß es das Anſehen hatte/ als waͤre er wie Anaxagoras nur alleine gebohren/ den Himmel anzuſchauen. Denn es war ihm mehr als zu wohl bewuſt/ daß Witz und kluges Nach- ſinnen gleich wie Regen und Sonnenſchein von der Freyge- bigkeit deſſelben herkomme. Die Magnet-Nadel kan ſich ſo ſehr nicht nach dem Nordiſchen Angel-Sterne/ noch die Sonnen-Wende ſo ſehr nach dem gleichen Nahmen-fuͤhren- den Geſtirne lencken/ als ſein Hertze zu GOtt gerichtet war. Zwar muß heute zu Tage die GOttesfurcht den Laſtern/ wie der Glantz bunten Schlangen zum Deckel ihres Gifftes die- nen; allein/ wie das Gemuͤtte unſers ſeligen Frey-Herrn nichts wuſte von Falſchheit/ ſo war ſeiner Seelen auch das ſcheinheilige Weſen gantz unbekandt. Denn boͤſe Menſchen dienen weniger zu Pfeilern des Landes/ als faule Hoͤltzer zu Saͤulen eines Gebaͤues: Daher machten ihm Tempel und Altar die groͤſten Sorgen/ und er bewieß ſein Chriſtenthum vielfaͤltig durch das wohlriechende Raͤuchwerck des Gebe- tes/ pflegte ſo offt mit GOtt/ als Menſchen/ wie Carl der Fuͤnffte zu reden/ und vereinbarte ſich durch Glauben und Andacht unzertrennlich mit dem ewigen Worte. Alle ſaure Schleen des Ungluͤcks im Leben/ und die zwey leztern Zufaͤlle vor ſeinem Tode uͤberwand er mit groſſer Gedult/ biß er an dem

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/99>, abgerufen am 28.04.2024.