Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

"Sind Seine Majestät, der Kaiser, so scherzhaft
gestimmt?"

"Er lachte wenigstens eines Tages, als Talley¬
rand ihn auf die gefährlichen Tendenzen dieser adligen
Tugendritter aufmerksam machte. ""Soll ich mich
etwa um Commis-Voyageurs bekümmern, welche die
verlegene Waare des feudalistischen Patriotismus
an den Mann zu bringen suchen?"" Aber als
Freund möchte ich Ihnen, meine Herren, anrathen,
wo Sie etwa einen dieser Reisenden träfen, ihn zu
warnen, daß er es nicht zu arg treibt. Der Kaiser,
einmal in Harnisch gebracht, versteht keinen Spaß
mehr."

Der Rath hatte die Hand des Majors rasch er¬
griffen, ehe dieser den Mund öffnen konnte: "Excellenz
haben ganz Recht, es giebt unter uns keine Par¬
teien, da wir alle dasselbe wollen, das Glück unseres
Vaterlandes."

"Ganz wie in Frankreich! sagte der Gesandte.
Wenn die Nationen sich nur verständen, so wäre die
Erde ein Paradies."

"Und Diplomaten können viel dazu beitragen."

"Wie ich von Herrn von Laforest überzeugt bin,
daß er nur Gutes und Wohlmeinendes über uns
nach Paris berichtet."

"Was könnte ich anders! A propos, da fällt
mir ein, neulich konnte ich ihm nur Stoßseufzer
berichten. Sagen Sie, was ist das für ein Weg
von hier nach Tegel! Knietiefer Sand und Steine!

„Sind Seine Majeſtät, der Kaiſer, ſo ſcherzhaft
geſtimmt?“

„Er lachte wenigſtens eines Tages, als Talley¬
rand ihn auf die gefährlichen Tendenzen dieſer adligen
Tugendritter aufmerkſam machte. „„Soll ich mich
etwa um Commis-Voyageurs bekümmern, welche die
verlegene Waare des feudaliſtiſchen Patriotismus
an den Mann zu bringen ſuchen?““ Aber als
Freund möchte ich Ihnen, meine Herren, anrathen,
wo Sie etwa einen dieſer Reiſenden träfen, ihn zu
warnen, daß er es nicht zu arg treibt. Der Kaiſer,
einmal in Harniſch gebracht, verſteht keinen Spaß
mehr.“

Der Rath hatte die Hand des Majors raſch er¬
griffen, ehe dieſer den Mund öffnen konnte: „Excellenz
haben ganz Recht, es giebt unter uns keine Par¬
teien, da wir alle daſſelbe wollen, das Glück unſeres
Vaterlandes.“

„Ganz wie in Frankreich! ſagte der Geſandte.
Wenn die Nationen ſich nur verſtänden, ſo wäre die
Erde ein Paradies.“

„Und Diplomaten können viel dazu beitragen.“

„Wie ich von Herrn von Laforeſt überzeugt bin,
daß er nur Gutes und Wohlmeinendes über uns
nach Paris berichtet.“

„Was könnte ich anders! A propos, da fällt
mir ein, neulich konnte ich ihm nur Stoßſeufzer
berichten. Sagen Sie, was iſt das für ein Weg
von hier nach Tegel! Knietiefer Sand und Steine!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0112" n="102"/>
&#x201E;Sind Seine Maje&#x017F;tät, der Kai&#x017F;er, &#x017F;o &#x017F;cherzhaft<lb/>
ge&#x017F;timmt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er lachte wenig&#x017F;tens eines Tages, als Talley¬<lb/>
rand ihn auf die gefährlichen Tendenzen die&#x017F;er adligen<lb/>
Tugendritter aufmerk&#x017F;am machte. &#x201E;&#x201E;Soll ich mich<lb/>
etwa um Commis-Voyageurs bekümmern, welche die<lb/>
verlegene Waare des feudali&#x017F;ti&#x017F;chen Patriotismus<lb/>
an den Mann zu bringen &#x017F;uchen?&#x201C;&#x201C; Aber als<lb/>
Freund möchte ich Ihnen, meine Herren, anrathen,<lb/>
wo Sie etwa einen die&#x017F;er Rei&#x017F;enden träfen, ihn zu<lb/>
warnen, daß er es nicht zu arg treibt. Der Kai&#x017F;er,<lb/>
einmal in Harni&#x017F;ch gebracht, ver&#x017F;teht keinen Spaß<lb/>
mehr.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Rath hatte die Hand des Majors ra&#x017F;ch er¬<lb/>
griffen, ehe die&#x017F;er den Mund öffnen konnte: &#x201E;Excellenz<lb/>
haben ganz Recht, es giebt unter uns keine Par¬<lb/>
teien, da wir alle da&#x017F;&#x017F;elbe wollen, das Glück un&#x017F;eres<lb/>
Vaterlandes.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ganz wie in Frankreich! &#x017F;agte der Ge&#x017F;andte.<lb/>
Wenn die Nationen &#x017F;ich nur ver&#x017F;tänden, &#x017F;o wäre die<lb/>
Erde ein Paradies.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und Diplomaten können viel dazu beitragen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie ich von Herrn von Lafore&#x017F;t überzeugt bin,<lb/>
daß er nur Gutes und Wohlmeinendes über uns<lb/>
nach Paris berichtet.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was könnte ich anders! <hi rendition="#aq">A propos</hi>, da fällt<lb/>
mir ein, neulich konnte ich ihm nur Stoß&#x017F;eufzer<lb/>
berichten. Sagen Sie, was i&#x017F;t das für ein Weg<lb/>
von hier nach Tegel! Knietiefer Sand und Steine!<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0112] „Sind Seine Majeſtät, der Kaiſer, ſo ſcherzhaft geſtimmt?“ „Er lachte wenigſtens eines Tages, als Talley¬ rand ihn auf die gefährlichen Tendenzen dieſer adligen Tugendritter aufmerkſam machte. „„Soll ich mich etwa um Commis-Voyageurs bekümmern, welche die verlegene Waare des feudaliſtiſchen Patriotismus an den Mann zu bringen ſuchen?““ Aber als Freund möchte ich Ihnen, meine Herren, anrathen, wo Sie etwa einen dieſer Reiſenden träfen, ihn zu warnen, daß er es nicht zu arg treibt. Der Kaiſer, einmal in Harniſch gebracht, verſteht keinen Spaß mehr.“ Der Rath hatte die Hand des Majors raſch er¬ griffen, ehe dieſer den Mund öffnen konnte: „Excellenz haben ganz Recht, es giebt unter uns keine Par¬ teien, da wir alle daſſelbe wollen, das Glück unſeres Vaterlandes.“ „Ganz wie in Frankreich! ſagte der Geſandte. Wenn die Nationen ſich nur verſtänden, ſo wäre die Erde ein Paradies.“ „Und Diplomaten können viel dazu beitragen.“ „Wie ich von Herrn von Laforeſt überzeugt bin, daß er nur Gutes und Wohlmeinendes über uns nach Paris berichtet.“ „Was könnte ich anders! A propos, da fällt mir ein, neulich konnte ich ihm nur Stoßſeufzer berichten. Sagen Sie, was iſt das für ein Weg von hier nach Tegel! Knietiefer Sand und Steine!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/112
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/112>, abgerufen am 29.04.2024.