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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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gegeben wurden, allein hätten jedenfalls von edlerer Simpli-
cität gezeugt.

Allerdings macht sich eine gewisse Großartigkeit bei den
alten Römern geltend, welcher man Anerkennung, ja Bewun-
derung nicht versagen kann. So wurden z. B. einmal für den
Antonius und einige wenige Freunde acht wilde Schweine
gebraten, die man alle in kleinen Zwischenräumen an den Spieß
gesteckt hatte. Als Philotas, der Arzt, sein Erstaunen über
diese Zurüstungen zu erkennen gab, antwortete der Koch, daß
man deßwegen so viele Braten zubereite, damit gewiß Einer
dann, wenn Antonius ihn fordere, den höchsten Grad von
Vortrefflichkeit erreicht haben möge, welcher höchste Grad von
Vollkommenheit in den Meisterstücken der Kochkunst, wie in
anderen Werken des Genies, kurz dauernd und schnell vorüber-
gehend sei. Wer wollte nicht einem Lucull Gerechtigkeit wi-
derfahren lassen, der in seinen Palästen mehrere Speisesäle ein-
richten ließ, die, je nach dem Namen einer Gottheit benannt,
dem Haushofmeister zugleich Einrichtung und Kostenaufwand
der darin anzuordnenden Gastmähler bezeichneten, indem z. B.
eine Mahlzeit im Sale des Apollo gewöhnlich 6250, nach
Anderen 100,000 Thaler kostete. Bei einer Collation, welche
der Komödiant Aesopus gab, soll sogar eine Einzige der
Schüsseln 250,000 Thaler gekostet haben. Da ich den dama-
ligen Münzfuß und Anderes nicht näher kenne, bescheide ich
mich, über diese Angaben entscheiden zu wollen.

Groß gedacht sind die Etablissemens zur Mästung von
Fischen aller Arten aus allen Wassern und Meeren, von Vö-
geln aller Zonen, von Schnecken, Austern, Wildschweinen etc.,
die so allaugenblicklich genießbar zu Diensten standen. Von
gründlichen Studien zeigt die Kunst, Austern lange frisch zu
erhalten, welche Einer der drei Apicier, die zu Rom lebten,
erfand und so ausbildete, daß er dem Kaiser Trajan in's fer-
ne Land der Parther ohne Eisenbahnen dergleichen noch frisch

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gegeben wurden, allein haͤtten jedenfalls von edlerer Simpli-
citaͤt gezeugt.

Allerdings macht ſich eine gewiſſe Großartigkeit bei den
alten Roͤmern geltend, welcher man Anerkennung, ja Bewun-
derung nicht verſagen kann. So wurden z. B. einmal fuͤr den
Antonius und einige wenige Freunde acht wilde Schweine
gebraten, die man alle in kleinen Zwiſchenraͤumen an den Spieß
geſteckt hatte. Als Philotas, der Arzt, ſein Erſtaunen uͤber
dieſe Zuruͤſtungen zu erkennen gab, antwortete der Koch, daß
man deßwegen ſo viele Braten zubereite, damit gewiß Einer
dann, wenn Antonius ihn fordere, den hoͤchſten Grad von
Vortrefflichkeit erreicht haben moͤge, welcher hoͤchſte Grad von
Vollkommenheit in den Meiſterſtuͤcken der Kochkunſt, wie in
anderen Werken des Genies, kurz dauernd und ſchnell voruͤber-
gehend ſei. Wer wollte nicht einem Lucull Gerechtigkeit wi-
derfahren laſſen, der in ſeinen Palaͤſten mehrere Speiſeſaͤle ein-
richten ließ, die, je nach dem Namen einer Gottheit benannt,
dem Haushofmeiſter zugleich Einrichtung und Koſtenaufwand
der darin anzuordnenden Gaſtmaͤhler bezeichneten, indem z. B.
eine Mahlzeit im Sale des Apollo gewoͤhnlich 6250, nach
Anderen 100,000 Thaler koſtete. Bei einer Collation, welche
der Komoͤdiant Aeſopus gab, ſoll ſogar eine Einzige der
Schuͤſſeln 250,000 Thaler gekoſtet haben. Da ich den dama-
ligen Muͤnzfuß und Anderes nicht naͤher kenne, beſcheide ich
mich, uͤber dieſe Angaben entſcheiden zu wollen.

Groß gedacht ſind die Etabliſſemens zur Maͤſtung von
Fiſchen aller Arten aus allen Waſſern und Meeren, von Voͤ-
geln aller Zonen, von Schnecken, Auſtern, Wildſchweinen ꝛc.,
die ſo allaugenblicklich genießbar zu Dienſten ſtanden. Von
gruͤndlichen Studien zeigt die Kunſt, Auſtern lange friſch zu
erhalten, welche Einer der drei Apicier, die zu Rom lebten,
erfand und ſo ausbildete, daß er dem Kaiſer Trajan in’s fer-
ne Land der Parther ohne Eiſenbahnen dergleichen noch friſch

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[33/0047] gegeben wurden, allein haͤtten jedenfalls von edlerer Simpli- citaͤt gezeugt. Allerdings macht ſich eine gewiſſe Großartigkeit bei den alten Roͤmern geltend, welcher man Anerkennung, ja Bewun- derung nicht verſagen kann. So wurden z. B. einmal fuͤr den Antonius und einige wenige Freunde acht wilde Schweine gebraten, die man alle in kleinen Zwiſchenraͤumen an den Spieß geſteckt hatte. Als Philotas, der Arzt, ſein Erſtaunen uͤber dieſe Zuruͤſtungen zu erkennen gab, antwortete der Koch, daß man deßwegen ſo viele Braten zubereite, damit gewiß Einer dann, wenn Antonius ihn fordere, den hoͤchſten Grad von Vortrefflichkeit erreicht haben moͤge, welcher hoͤchſte Grad von Vollkommenheit in den Meiſterſtuͤcken der Kochkunſt, wie in anderen Werken des Genies, kurz dauernd und ſchnell voruͤber- gehend ſei. Wer wollte nicht einem Lucull Gerechtigkeit wi- derfahren laſſen, der in ſeinen Palaͤſten mehrere Speiſeſaͤle ein- richten ließ, die, je nach dem Namen einer Gottheit benannt, dem Haushofmeiſter zugleich Einrichtung und Koſtenaufwand der darin anzuordnenden Gaſtmaͤhler bezeichneten, indem z. B. eine Mahlzeit im Sale des Apollo gewoͤhnlich 6250, nach Anderen 100,000 Thaler koſtete. Bei einer Collation, welche der Komoͤdiant Aeſopus gab, ſoll ſogar eine Einzige der Schuͤſſeln 250,000 Thaler gekoſtet haben. Da ich den dama- ligen Muͤnzfuß und Anderes nicht naͤher kenne, beſcheide ich mich, uͤber dieſe Angaben entſcheiden zu wollen. Groß gedacht ſind die Etabliſſemens zur Maͤſtung von Fiſchen aller Arten aus allen Waſſern und Meeren, von Voͤ- geln aller Zonen, von Schnecken, Auſtern, Wildſchweinen ꝛc., die ſo allaugenblicklich genießbar zu Dienſten ſtanden. Von gruͤndlichen Studien zeigt die Kunſt, Auſtern lange friſch zu erhalten, welche Einer der drei Apicier, die zu Rom lebten, erfand und ſo ausbildete, daß er dem Kaiſer Trajan in’s fer- ne Land der Parther ohne Eiſenbahnen dergleichen noch friſch 3

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/47>, abgerufen am 30.04.2024.