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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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Das Fräulein auf das Rathhauß trat,
Der Bürgermeister neben ihr saß,
Ihr seyd meine gnäd'gen Herren,
Das Fräulein sollet ihr ehren.
Dem Fräulein ward all ihr Bitt verziehen,
Es blieb der ganze Rath verschwiegen,
Das Urtheil ward gegeben,
Daß Hammen nicht blieb am Leben.
Das Fräulein auf zum Thurme trat:
Ach Hammen Gott geb dir ein guten Tag,
Und einen guten Morgen,
Du liegst in grossen Sorgen.
Hammen gieb dich willig darein,
Es geht dir an das junge Leben dein,
Ich bin vor den Rath getreten,
Und hab für dich gebeten.
Genade mir Frau von Oesterreich,
Dir werde Gott vom Himmelreich
Bewahr euch eure Ehre,
Euch und andern Fräulein mehre.
Ich bitt euch also fleissiglich,
Betet für mich, daß man mich
Laß einmauern, so will ich schliessen
Mein Leben dann mit Büssen.
Das Fräulein die Red vor die Herren bracht,
Das Fräulein ward von ihnen veracht,
Kein Gnad mocht sie erwerben:
Jungherr Hammen muß sterben.

2. Band. 12.
Das Fraͤulein auf das Rathhauß trat,
Der Buͤrgermeiſter neben ihr ſaß,
Ihr ſeyd meine gnaͤd'gen Herren,
Das Fraͤulein ſollet ihr ehren.
Dem Fraͤulein ward all ihr Bitt verziehen,
Es blieb der ganze Rath verſchwiegen,
Das Urtheil ward gegeben,
Daß Hammen nicht blieb am Leben.
Das Fraͤulein auf zum Thurme trat:
Ach Hammen Gott geb dir ein guten Tag,
Und einen guten Morgen,
Du liegſt in groſſen Sorgen.
Hammen gieb dich willig darein,
Es geht dir an das junge Leben dein,
Ich bin vor den Rath getreten,
Und hab fuͤr dich gebeten.
Genade mir Frau von Oeſterreich,
Dir werde Gott vom Himmelreich
Bewahr euch eure Ehre,
Euch und andern Fraͤulein mehre.
Ich bitt euch alſo fleiſſiglich,
Betet fuͤr mich, daß man mich
Laß einmauern, ſo will ich ſchlieſſen
Mein Leben dann mit Buͤſſen.
Das Fraͤulein die Red vor die Herren bracht,
Das Fraͤulein ward von ihnen veracht,
Kein Gnad mocht ſie erwerben:
Jungherr Hammen muß ſterben.

2. Band. 12.
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[177/0189] Das Fraͤulein auf das Rathhauß trat, Der Buͤrgermeiſter neben ihr ſaß, Ihr ſeyd meine gnaͤd'gen Herren, Das Fraͤulein ſollet ihr ehren. Dem Fraͤulein ward all ihr Bitt verziehen, Es blieb der ganze Rath verſchwiegen, Das Urtheil ward gegeben, Daß Hammen nicht blieb am Leben. Das Fraͤulein auf zum Thurme trat: Ach Hammen Gott geb dir ein guten Tag, Und einen guten Morgen, Du liegſt in groſſen Sorgen. Hammen gieb dich willig darein, Es geht dir an das junge Leben dein, Ich bin vor den Rath getreten, Und hab fuͤr dich gebeten. Genade mir Frau von Oeſterreich, Dir werde Gott vom Himmelreich Bewahr euch eure Ehre, Euch und andern Fraͤulein mehre. Ich bitt euch alſo fleiſſiglich, Betet fuͤr mich, daß man mich Laß einmauern, ſo will ich ſchlieſſen Mein Leben dann mit Buͤſſen. Das Fraͤulein die Red vor die Herren bracht, Das Fraͤulein ward von ihnen veracht, Kein Gnad mocht ſie erwerben: Jungherr Hammen muß ſterben. 2. Band. 12.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/189>, abgerufen am 27.04.2024.