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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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für eine geheime Lust erregte! wie vergnügt ich war sie
über dies Wunder des verschwundenen Pantoffels stau-
nen zu sehen; auch unsre Gesellschaft nahm Antheil
daran wo der Pantoffel geblieben sein möchte; nun
wurde mir zwar Angst ich möchte geschmält werden, al-
lein der Triumpf den Pantoffel herbei zu zaubern war
zu schön, ich erhob ihn plötzlich zur allgemeinen Ansicht
auf einer kleinen Gerte die ich vom Baum gerissen hatte,
nun kamen die schönen Leute heran und lachten und
jubelten, da konnt ich sie recht in der Nähe betrachten,
mein Bruder Franz war einen Augenblick beschämt aber
er mußte mitlachen, so ging alles noch gut.


Es sind nicht Lustparthieen die mich abhalten Dir
zu schreiben, sondern ein scharlachkrankes Kind meines
Bruders bei dem ich Tage und Nächte verbringe, und
so vergeht die Zeit schon in die dritte Woche; von Wien
hab ich nicht viel gesehen, und von der Gesellschaft noch
weniger, weil einem eine solche Krankheit eine Discre-
tion auflegt wegen Ansteckung. Der Graf Herberstein
der in meiner Schwester Sophie eine geliebte Braut ver-
loren hat, hat mich mehrmals besucht und ist mit mir
spazieren gegangen, und hat mich alle Wege geführt

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für eine geheime Luſt erregte! wie vergnügt ich war ſie
über dies Wunder des verſchwundenen Pantoffels ſtau-
nen zu ſehen; auch unſre Geſellſchaft nahm Antheil
daran wo der Pantoffel geblieben ſein möchte; nun
wurde mir zwar Angſt ich möchte geſchmält werden, al-
lein der Triumpf den Pantoffel herbei zu zaubern war
zu ſchön, ich erhob ihn plötzlich zur allgemeinen Anſicht
auf einer kleinen Gerte die ich vom Baum geriſſen hatte,
nun kamen die ſchönen Leute heran und lachten und
jubelten, da konnt ich ſie recht in der Nähe betrachten,
mein Bruder Franz war einen Augenblick beſchämt aber
er mußte mitlachen, ſo ging alles noch gut.


Es ſind nicht Luſtparthieen die mich abhalten Dir
zu ſchreiben, ſondern ein ſcharlachkrankes Kind meines
Bruders bei dem ich Tage und Nächte verbringe, und
ſo vergeht die Zeit ſchon in die dritte Woche; von Wien
hab ich nicht viel geſehen, und von der Geſellſchaft noch
weniger, weil einem eine ſolche Krankheit eine Discre-
tion auflegt wegen Anſteckung. Der Graf Herberſtein
der in meiner Schweſter Sophie eine geliebte Braut ver-
loren hat, hat mich mehrmals beſucht und iſt mit mir
ſpazieren gegangen, und hat mich alle Wege geführt

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[177/0187] für eine geheime Luſt erregte! wie vergnügt ich war ſie über dies Wunder des verſchwundenen Pantoffels ſtau- nen zu ſehen; auch unſre Geſellſchaft nahm Antheil daran wo der Pantoffel geblieben ſein möchte; nun wurde mir zwar Angſt ich möchte geſchmält werden, al- lein der Triumpf den Pantoffel herbei zu zaubern war zu ſchön, ich erhob ihn plötzlich zur allgemeinen Anſicht auf einer kleinen Gerte die ich vom Baum geriſſen hatte, nun kamen die ſchönen Leute heran und lachten und jubelten, da konnt ich ſie recht in der Nähe betrachten, mein Bruder Franz war einen Augenblick beſchämt aber er mußte mitlachen, ſo ging alles noch gut. 27. Mai. Es ſind nicht Luſtparthieen die mich abhalten Dir zu ſchreiben, ſondern ein ſcharlachkrankes Kind meines Bruders bei dem ich Tage und Nächte verbringe, und ſo vergeht die Zeit ſchon in die dritte Woche; von Wien hab ich nicht viel geſehen, und von der Geſellſchaft noch weniger, weil einem eine ſolche Krankheit eine Discre- tion auflegt wegen Anſteckung. Der Graf Herberſtein der in meiner Schweſter Sophie eine geliebte Braut ver- loren hat, hat mich mehrmals beſucht und iſt mit mir ſpazieren gegangen, und hat mich alle Wege geführt 8**

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/187>, abgerufen am 26.04.2024.