Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Straße herkamst mit mehreren andern Knaben, sie be-
merkten daß Du sehr gravitätisch einher schrittest und
hielten Dir vor, daß Du Dich mit deinem Gradehalten
sehr sonderbar von den andern Knaben auszeichnetest.
-- Mit diesem mache ich den Anfang, sagtest Du, und
später werd ich mich mit noch allerlei auszeichnen, und
das ist auch wahr geworden sagte die Mutter.

Einmal zur Herbstlese, wo denn in Frankfurt am
Abend in allen Gärten Feuerwerke abbrennen und von
allen Seiten Raquetten aufsteigen, bemerkte man in den
entferntesten Feldern wo sich die Festlichkeit nicht hin
erstreckt hatte, viele Irrlichter, die hin und her hüpften
bald auseinander bald wieder eng zusammen, endlich
fingen sie gar an, figurierte Tänze aufzuführen, wenn
man nun näher drauf los kam verlosch ein Irrlicht nach
dem andern manche thaten noch große Sätze und ver-
schwanden, andere blieben mitten in der Luft und ver-
loschen dann plötzlich, andere setzten sich auf Hecken
und Bäume weg waren sie, die Leute fanden nichts,
gingen wieder zurück gleich fing der Tanz von vorne
an; ein Lichtlein nach dem andern stellte sich wieder ein
und tanzte um die halbe Stadt herum. Was war's?
-- Goethe der mit vielen Kameraden die sich Lichter
auf die Hüte gesteckt hatten, da draußen herum tanzte.

Straße herkamſt mit mehreren andern Knaben, ſie be-
merkten daß Du ſehr gravitätiſch einher ſchritteſt und
hielten Dir vor, daß Du Dich mit deinem Gradehalten
ſehr ſonderbar von den andern Knaben auszeichneteſt.
— Mit dieſem mache ich den Anfang, ſagteſt Du, und
ſpäter werd ich mich mit noch allerlei auszeichnen, und
das iſt auch wahr geworden ſagte die Mutter.

Einmal zur Herbſtleſe, wo denn in Frankfurt am
Abend in allen Gärten Feuerwerke abbrennen und von
allen Seiten Raquetten aufſteigen, bemerkte man in den
entfernteſten Feldern wo ſich die Feſtlichkeit nicht hin
erſtreckt hatte, viele Irrlichter, die hin und her hüpften
bald auseinander bald wieder eng zuſammen, endlich
fingen ſie gar an, figurierte Tänze aufzuführen, wenn
man nun näher drauf los kam verloſch ein Irrlicht nach
dem andern manche thaten noch große Sätze und ver-
ſchwanden, andere blieben mitten in der Luft und ver-
loſchen dann plötzlich, andere ſetzten ſich auf Hecken
und Bäume weg waren ſie, die Leute fanden nichts,
gingen wieder zurück gleich fing der Tanz von vorne
an; ein Lichtlein nach dem andern ſtellte ſich wieder ein
und tanzte um die halbe Stadt herum. Was war's?
— Goethe der mit vielen Kameraden die ſich Lichter
auf die Hüte geſteckt hatten, da draußen herum tanzte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0268" n="258"/>
Straße herkam&#x017F;t mit mehreren andern Knaben, &#x017F;ie be-<lb/>
merkten daß Du &#x017F;ehr gravitäti&#x017F;ch einher &#x017F;chritte&#x017F;t und<lb/>
hielten Dir vor, daß Du Dich mit deinem Gradehalten<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;onderbar von den andern Knaben auszeichnete&#x017F;t.<lb/>
&#x2014; Mit die&#x017F;em mache ich den Anfang, &#x017F;agte&#x017F;t Du, und<lb/>
&#x017F;päter werd ich mich mit noch allerlei auszeichnen, und<lb/>
das i&#x017F;t auch wahr geworden &#x017F;agte die Mutter.</p><lb/>
          <p>Einmal zur Herb&#x017F;tle&#x017F;e, wo denn in Frankfurt am<lb/>
Abend in allen Gärten Feuerwerke abbrennen und von<lb/>
allen Seiten Raquetten auf&#x017F;teigen, bemerkte man in den<lb/>
entfernte&#x017F;ten Feldern wo &#x017F;ich die Fe&#x017F;tlichkeit nicht hin<lb/>
er&#x017F;treckt hatte, viele Irrlichter, die hin und her hüpften<lb/>
bald auseinander bald wieder eng zu&#x017F;ammen, endlich<lb/>
fingen &#x017F;ie gar an, figurierte Tänze aufzuführen, wenn<lb/>
man nun näher drauf los kam verlo&#x017F;ch ein Irrlicht nach<lb/>
dem andern manche thaten noch große Sätze und ver-<lb/>
&#x017F;chwanden, andere blieben mitten in der Luft und ver-<lb/>
lo&#x017F;chen dann plötzlich, andere &#x017F;etzten &#x017F;ich auf Hecken<lb/>
und Bäume weg waren &#x017F;ie, die Leute fanden nichts,<lb/>
gingen wieder zurück gleich fing der Tanz von vorne<lb/>
an; ein Lichtlein nach dem andern &#x017F;tellte &#x017F;ich wieder ein<lb/>
und tanzte um die halbe Stadt herum. Was war's?<lb/>
&#x2014; Goethe der mit vielen Kameraden die &#x017F;ich Lichter<lb/>
auf die Hüte ge&#x017F;teckt hatten, da draußen herum tanzte.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0268] Straße herkamſt mit mehreren andern Knaben, ſie be- merkten daß Du ſehr gravitätiſch einher ſchritteſt und hielten Dir vor, daß Du Dich mit deinem Gradehalten ſehr ſonderbar von den andern Knaben auszeichneteſt. — Mit dieſem mache ich den Anfang, ſagteſt Du, und ſpäter werd ich mich mit noch allerlei auszeichnen, und das iſt auch wahr geworden ſagte die Mutter. Einmal zur Herbſtleſe, wo denn in Frankfurt am Abend in allen Gärten Feuerwerke abbrennen und von allen Seiten Raquetten aufſteigen, bemerkte man in den entfernteſten Feldern wo ſich die Feſtlichkeit nicht hin erſtreckt hatte, viele Irrlichter, die hin und her hüpften bald auseinander bald wieder eng zuſammen, endlich fingen ſie gar an, figurierte Tänze aufzuführen, wenn man nun näher drauf los kam verloſch ein Irrlicht nach dem andern manche thaten noch große Sätze und ver- ſchwanden, andere blieben mitten in der Luft und ver- loſchen dann plötzlich, andere ſetzten ſich auf Hecken und Bäume weg waren ſie, die Leute fanden nichts, gingen wieder zurück gleich fing der Tanz von vorne an; ein Lichtlein nach dem andern ſtellte ſich wieder ein und tanzte um die halbe Stadt herum. Was war's? — Goethe der mit vielen Kameraden die ſich Lichter auf die Hüte geſteckt hatten, da draußen herum tanzte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/268
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/268>, abgerufen am 26.04.2024.