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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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legt, warum er sichs verbietet zu kommen, ich hab ihn
aber bitten lassen zu kommen wenn er besser ist, ich hab
ihm auch alten Madera geschickt, er wird schon besser
werden; es war sehr schön heut auf dem Thurm, es ist
Frühlingsluft und die Abende sind heiter und rein, ich
geh früher jetzt, schon immer wenn die Sonne unterge¬
gangen ist, eh ich nach Haus geh ist doch schon sternige
Nacht, nun werd ich den Thurm bald verlassen, die
Lullu schreibt am siebzehnten wird sie kommen, Du
hasts gesagt ich soll mit ihr gehen und ich wollt ihrs
auch nicht abschlagen, -- es war schön hier und viel¬
bedeutend, und was soll ich mich fragen was in mir
geworden ist. Mein Geist ist voll geheimer Anregung
das ist genug, die Natur hab ich nicht beleidigt und
meine innere Stimme auch nicht verläugnet.

Was den Geist verläugnet das versiegt eine Gei¬
stesquelle, -- Buße ist ein Wiedersuchen, Wiederfinden
dieser Quelle, denn echter Geist strömt Geist, -- Gro߬
muth verzeiht alles aber duldet nicht was gegen den
Geist ist.

Großmuth ist Stammwurzel des Geistes, durch die
der Geist einen Leib annimmt, Handlung wird. Was
nicht aus ihr hervorgeht ist nicht Tugend.

legt, warum er ſichs verbietet zu kommen, ich hab ihn
aber bitten laſſen zu kommen wenn er beſſer iſt, ich hab
ihm auch alten Madera geſchickt, er wird ſchon beſſer
werden; es war ſehr ſchön heut auf dem Thurm, es iſt
Frühlingsluft und die Abende ſind heiter und rein, ich
geh früher jetzt, ſchon immer wenn die Sonne unterge¬
gangen iſt, eh ich nach Haus geh iſt doch ſchon ſternige
Nacht, nun werd ich den Thurm bald verlaſſen, die
Lullu ſchreibt am ſiebzehnten wird ſie kommen, Du
haſts geſagt ich ſoll mit ihr gehen und ich wollt ihrs
auch nicht abſchlagen, — es war ſchön hier und viel¬
bedeutend, und was ſoll ich mich fragen was in mir
geworden iſt. Mein Geiſt iſt voll geheimer Anregung
das iſt genug, die Natur hab ich nicht beleidigt und
meine innere Stimme auch nicht verläugnet.

Was den Geiſt verläugnet das verſiegt eine Gei¬
ſtesquelle, — Buße iſt ein Wiederſuchen, Wiederfinden
dieſer Quelle, denn echter Geiſt ſtrömt Geiſt, — Gro߬
muth verzeiht alles aber duldet nicht was gegen den
Geiſt iſt.

Großmuth iſt Stammwurzel des Geiſtes, durch die
der Geiſt einen Leib annimmt, Handlung wird. Was
nicht aus ihr hervorgeht iſt nicht Tugend.

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[293/0307] legt, warum er ſichs verbietet zu kommen, ich hab ihn aber bitten laſſen zu kommen wenn er beſſer iſt, ich hab ihm auch alten Madera geſchickt, er wird ſchon beſſer werden; es war ſehr ſchön heut auf dem Thurm, es iſt Frühlingsluft und die Abende ſind heiter und rein, ich geh früher jetzt, ſchon immer wenn die Sonne unterge¬ gangen iſt, eh ich nach Haus geh iſt doch ſchon ſternige Nacht, nun werd ich den Thurm bald verlaſſen, die Lullu ſchreibt am ſiebzehnten wird ſie kommen, Du haſts geſagt ich ſoll mit ihr gehen und ich wollt ihrs auch nicht abſchlagen, — es war ſchön hier und viel¬ bedeutend, und was ſoll ich mich fragen was in mir geworden iſt. Mein Geiſt iſt voll geheimer Anregung das iſt genug, die Natur hab ich nicht beleidigt und meine innere Stimme auch nicht verläugnet. Was den Geiſt verläugnet das verſiegt eine Gei¬ ſtesquelle, — Buße iſt ein Wiederſuchen, Wiederfinden dieſer Quelle, denn echter Geiſt ſtrömt Geiſt, — Gro߬ muth verzeiht alles aber duldet nicht was gegen den Geiſt iſt. Großmuth iſt Stammwurzel des Geiſtes, durch die der Geiſt einen Leib annimmt, Handlung wird. Was nicht aus ihr hervorgeht iſt nicht Tugend.

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/307>, abgerufen am 28.04.2024.