Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

stehen, als ob er kein Wässerlein trüben könne. Das einzige Bestreben der Fränz war nur, recht bald aus dem Haus und in recht schöne reiche Verhältnisse hinein zu kommen. Von den ländlichen Bewerbern, die sie ehedem kaum angesehen hatte, zeigte sich auffallenderweise seit einem Jahre keiner mehr, und Fränz, die vielgewanderte, sagte sich auch, daß sie keine Lust habe, auf einem einsamen Bauernhof ihr Leben zu verbringen, wo man froh ist, wenn eine Samenhändlerin kommt und einem von der Welt berichtet. Engelwirthin! das ist das Rechte, aber nur bald, nur fort aus dem Hause, sagte sich Fränz, während sie still spann.

So verließ Fränz auch jetzt wieder die Stube, und ohne sich deutlich zu machen, was sie wollte, ging sie vor das Haus, um vielleicht noch Munde zu sehen, der fast über sie gestolpert war, als er den Kronenthaler empfing. Die Liebe des schönen jungen Burschen, der sie mit den Augen verschlingen wollte, that ihr wohl; sie zeigte doch, was sie noch vermöge, und wie sie, wenn sie nur wollte, an jedem Finger Einen nach sich ziehen könnte. Am Stall hörte sie drin sprechen, das war die Stimme Munde's, der in Verwünschungen seinem Bruder klagte, daß er nicht den Muth gehabt habe, dem Meister das Geldgeschenk vor die Füße zu werfen; er betrachte ihn noch immer als Meister und wolle es auch wegen der Fränz nicht mit ihm verderben. Medard tröstete so gut er konnte und schalt über die Meistersleute, die zu Grund gehen müßten, und eben zog er über Fränz los und sagte, daß in ihr keine getreue Ader sei; da trat Fränz unter die Stallthüre, und als hätte sie nichts gehört, rief sie dem Munde zu, sie wolle ihm noch "bhüts Gott" sagen, weil er wohl morgen früh abreise. Rasch trat Munde heraus und hielt zitternd die Hand der Fränz in seinen beiden Händen, er wollte eben sprechen, als man vom Hause her Schritte vernahm, und halb widerwillig zog er die Fränz mit sich fort in den Grasgarten hinter den Schafstall. Richtig kam nochmals Diethelm und schärfte dem Medard

stehen, als ob er kein Wässerlein trüben könne. Das einzige Bestreben der Fränz war nur, recht bald aus dem Haus und in recht schöne reiche Verhältnisse hinein zu kommen. Von den ländlichen Bewerbern, die sie ehedem kaum angesehen hatte, zeigte sich auffallenderweise seit einem Jahre keiner mehr, und Fränz, die vielgewanderte, sagte sich auch, daß sie keine Lust habe, auf einem einsamen Bauernhof ihr Leben zu verbringen, wo man froh ist, wenn eine Samenhändlerin kommt und einem von der Welt berichtet. Engelwirthin! das ist das Rechte, aber nur bald, nur fort aus dem Hause, sagte sich Fränz, während sie still spann.

So verließ Fränz auch jetzt wieder die Stube, und ohne sich deutlich zu machen, was sie wollte, ging sie vor das Haus, um vielleicht noch Munde zu sehen, der fast über sie gestolpert war, als er den Kronenthaler empfing. Die Liebe des schönen jungen Burschen, der sie mit den Augen verschlingen wollte, that ihr wohl; sie zeigte doch, was sie noch vermöge, und wie sie, wenn sie nur wollte, an jedem Finger Einen nach sich ziehen könnte. Am Stall hörte sie drin sprechen, das war die Stimme Munde's, der in Verwünschungen seinem Bruder klagte, daß er nicht den Muth gehabt habe, dem Meister das Geldgeschenk vor die Füße zu werfen; er betrachte ihn noch immer als Meister und wolle es auch wegen der Fränz nicht mit ihm verderben. Medard tröstete so gut er konnte und schalt über die Meistersleute, die zu Grund gehen müßten, und eben zog er über Fränz los und sagte, daß in ihr keine getreue Ader sei; da trat Fränz unter die Stallthüre, und als hätte sie nichts gehört, rief sie dem Munde zu, sie wolle ihm noch „bhüts Gott“ sagen, weil er wohl morgen früh abreise. Rasch trat Munde heraus und hielt zitternd die Hand der Fränz in seinen beiden Händen, er wollte eben sprechen, als man vom Hause her Schritte vernahm, und halb widerwillig zog er die Fränz mit sich fort in den Grasgarten hinter den Schafstall. Richtig kam nochmals Diethelm und schärfte dem Medard

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="9">
        <p><pb facs="#f0062"/>
stehen, als ob                er kein Wässerlein trüben könne. Das einzige Bestreben der Fränz war nur, recht bald                aus dem Haus und in recht schöne reiche Verhältnisse hinein zu kommen. Von den                ländlichen Bewerbern, die sie ehedem kaum angesehen hatte, zeigte sich                auffallenderweise seit einem Jahre keiner mehr, und Fränz, die vielgewanderte, sagte                sich auch, daß sie keine Lust habe, auf einem einsamen Bauernhof ihr Leben zu                verbringen, wo man froh ist, wenn eine Samenhändlerin kommt und einem von der Welt                berichtet. Engelwirthin! das ist das Rechte, aber nur bald, nur fort aus dem Hause,                sagte sich Fränz, während sie still spann.</p><lb/>
        <p>So verließ Fränz auch jetzt wieder die Stube, und ohne sich deutlich zu machen, was                sie wollte, ging sie vor das Haus, um vielleicht noch Munde zu sehen, der fast über                sie gestolpert war, als er den Kronenthaler empfing. Die Liebe des schönen jungen                Burschen, der sie mit den Augen verschlingen wollte, that ihr wohl; sie zeigte doch,                was sie noch vermöge, und wie sie, wenn sie nur wollte, an jedem Finger Einen nach                sich ziehen könnte. Am Stall hörte sie drin sprechen, das war die Stimme Munde's, der                in Verwünschungen seinem Bruder klagte, daß er nicht den Muth gehabt habe, dem                Meister das Geldgeschenk vor die Füße zu werfen; er betrachte ihn noch immer als                Meister und wolle es auch wegen der Fränz nicht mit ihm verderben. Medard tröstete so                gut er konnte und schalt über die Meistersleute, die zu Grund gehen müßten, und eben                zog er über Fränz los und sagte, daß in ihr keine getreue Ader sei; da trat Fränz                unter die Stallthüre, und als hätte sie nichts gehört, rief sie dem Munde zu, sie                wolle ihm noch &#x201E;bhüts Gott&#x201C; sagen, weil er wohl morgen früh abreise. Rasch trat Munde                heraus und hielt zitternd die Hand der Fränz in seinen beiden Händen, er wollte eben                sprechen, als man vom Hause her Schritte vernahm, und halb widerwillig zog er die                Fränz mit sich fort in den Grasgarten hinter den Schafstall. Richtig kam nochmals                Diethelm und schärfte dem Medard<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0062] stehen, als ob er kein Wässerlein trüben könne. Das einzige Bestreben der Fränz war nur, recht bald aus dem Haus und in recht schöne reiche Verhältnisse hinein zu kommen. Von den ländlichen Bewerbern, die sie ehedem kaum angesehen hatte, zeigte sich auffallenderweise seit einem Jahre keiner mehr, und Fränz, die vielgewanderte, sagte sich auch, daß sie keine Lust habe, auf einem einsamen Bauernhof ihr Leben zu verbringen, wo man froh ist, wenn eine Samenhändlerin kommt und einem von der Welt berichtet. Engelwirthin! das ist das Rechte, aber nur bald, nur fort aus dem Hause, sagte sich Fränz, während sie still spann. So verließ Fränz auch jetzt wieder die Stube, und ohne sich deutlich zu machen, was sie wollte, ging sie vor das Haus, um vielleicht noch Munde zu sehen, der fast über sie gestolpert war, als er den Kronenthaler empfing. Die Liebe des schönen jungen Burschen, der sie mit den Augen verschlingen wollte, that ihr wohl; sie zeigte doch, was sie noch vermöge, und wie sie, wenn sie nur wollte, an jedem Finger Einen nach sich ziehen könnte. Am Stall hörte sie drin sprechen, das war die Stimme Munde's, der in Verwünschungen seinem Bruder klagte, daß er nicht den Muth gehabt habe, dem Meister das Geldgeschenk vor die Füße zu werfen; er betrachte ihn noch immer als Meister und wolle es auch wegen der Fränz nicht mit ihm verderben. Medard tröstete so gut er konnte und schalt über die Meistersleute, die zu Grund gehen müßten, und eben zog er über Fränz los und sagte, daß in ihr keine getreue Ader sei; da trat Fränz unter die Stallthüre, und als hätte sie nichts gehört, rief sie dem Munde zu, sie wolle ihm noch „bhüts Gott“ sagen, weil er wohl morgen früh abreise. Rasch trat Munde heraus und hielt zitternd die Hand der Fränz in seinen beiden Händen, er wollte eben sprechen, als man vom Hause her Schritte vernahm, und halb widerwillig zog er die Fränz mit sich fort in den Grasgarten hinter den Schafstall. Richtig kam nochmals Diethelm und schärfte dem Medard

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:04:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/62
Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/62>, abgerufen am 06.05.2024.