Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 103. Augsburg, 12. April 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Steuern bilden sollen. Sey nun hier nothwendig etwas im Sinne behalten worden, so könne auch nicht mehr allein der Buchstabe der Verfassung entscheiden, der nicht existire, denn gerade hierüber handle kein Buchstabe der Verfassung. Hieraus folge, daß man zu den andern bestimmten Quellen der Auslegung greifen müsse, welche auch geboten seyen. Eine begründete Quelle der Auslegung der Verfassungsurkunde könne man darin finden, daß dieselben Minister, welche die Verfassung mitbearbeitet haben, unter Zulassung desselben Monarchen, welcher der Geber der Verfassung gewesen, auch die Verfassung eingeführt, und die Geschäftsordnung rücksichtlich der Behandlung der Sache an die Hand gegeben haben; allgemein bekannt sey es, daß die Herren Minister in Verbindung mit jenem würdigen Staatsmanne, der lange auf dem Präsidentenstuhle der Kammer gesessen, die ganze Form der Behandlung und Verhandlung eingeleitet haben, und, was in seinem Referate nachgewiesen sey, daß die Art und Weise der Behandlung bis zum Jahr 1837 einen ganz constanten usus gebildet, daß jederzeit die Regierung mit den Ständen sich vereinigt habe, wodurch der finanzgesetzliche Zustand gebildet worden; so also könne man nicht denken, die Regierung habe sich dabei das Recht im Sinne behalten, auch solche Positionen des Finanzgesetzes zu promulgiren, über welche eine Vereinigung nicht zu Stande gekommen, nachdem so oft Gele enheit gegeben gewesen, dieses Recht auch praktisch zu üben. - Unmöglich sey es, wenn Stände und Regierung einander mit bestimmten Rechten gegenüberstehen, daß nicht irgendwo die Regierung den Einflüssen der ständischen Beschlüsse ausgesetzt sey, und es werde dieß nicht im mindesten dadurch verändert, wenn man alle Mitwirkung der Stände in Beziehung auf das Finanzwesen, das Finanzgesetz nur auf das Steuerbewilligungsrecht beschränken wollte, denn in dem Maaße in dem man ihnen irgend übrige Befugnisse beschränken wollte, würden sie das Recht der Steuerbewilligung im ausgedehnten Grade üben, und in demselben Grade auch die Verwicklungen, die zwischen Ständen und Regierung hervorgerufen würden, größer, bedeutender werden. - Diese Frage über das ständische Recht in Beziehung auf Feststellung des Ausgabenbudgets führe natürlich zu den Erübrigungen, in welcher Beziehung vielerlei Einwendungen gemacht worden. Er glaube nicht, daß widersprochen werden könne, daß die Steuern, resp. die directen Steuern supplementärer Natur seyen; so sey es immer gewesen, so sey es ausdrücklich durch die Bestimmungen unserer Verfassung aufgefaßt worden, und die Folge hievon sey: die Stände gründen ihre Steuerbewilligung auf das Deficit, das sich zwischen dem Voranschlage der Ausgaben und Einnahmen gestalte; die Einuahmen-Voranschläge seyen namentlich die Basis der Steuerbewilligung. Wenn nun die Stände diese Einnahmen-Voranschläge zu hoch spannten, und sie also unter der Summe bleiben, so bestehe für die Stände nothwendig die Verpflichtung, durch nachträgliche Bewilligung diesen Ausfall zu decken, weil der Haushalt sonst unmöglich bestehen könnte. Deßhalb scheine es ihm so klar, wie irgend etwas in der Welt, daß, wenn mehr eingenommen werde, dieses vor Allem den Zweck haben müsse, den etwa möglichen Ausfall im künftigen Jahre zu decken; nur das müsse zugestanden werden, daß innerhalb der Finanzperiode diese Summe zur Haftung für mögliche Ausfälle der Regierung vorbehalten bleiben müsse. Sollte diese Summe dennoch verwendet werden wollen, so könne dieses gewiß nur mit dem Verzicht der Stände geschehen, sie eben für diesen Zweck aufzubehalten, und zwar auch über die Gränze der Finanzperiode, also über die Gränzen der Haftungszeit hinaus, für welche die Steuern bewilligt worden seyen. Jedoch nur eine Zustimmung über Verwendung der Erübrigungen, nicht aber eine Disposition über dieselben stehe den Ständen zu; bestimmen könne darüber nur der Monarch, sey aber hiebei an die Zustimmung der Stände gebunden und begränzt. Unrichtig sey es demnach, wenn man unter Berufung auf den Tit. III §. 2 und 7 der Verfassungsurkunde argumentirte, daß der König allein und ohne Zustimmung der Stände das Recht der Verwendung habe. Vor Allem sey hier zu viel, und deßhalb nichts bewiesen; denn wenn man annehme, daß deßwegen eine freie Verfügung über das baar in der Casse liegende Geld dem Monarchen zustehe, weil alles dieses Geld Staatsgut sey, und deßhalb eine Veränderung und Verbesserung ihm zustehe, müßte man auch zugeben, daß sich dieses auf alles in den Cassen befindliche Geld, nicht bloß auf die Erübrigungen beziehe, und es wäre damit der Regierung in die Hände gegeben, jedes Einkommen des Staats ohne irgend eine Verbindlichkeit, ohne irgend eine Bedingung an finanzgesetzliche Zustände zu verausgaben. Dieß könne gewiß ohne Störung des ganzen finanzgesetzlichen Zustandes nicht angenommen, daher auch jener Grundsatz unmöglich auf die Erübrigungen angewendet werden. Betrachte man abgesehen hievon den §. 7 mit dem §. 6 in Verbindung, so werde man daraus ersehen, daß hier nur von Geldern, die aus dem Verkaufe von Staatsgütern aus dem Staatsvermögen entstanden, nicht aber aus dem Vermögen der im laufenden Staatshaushalte sich ergebenden Gelder die Rede sey. - Wenn ferner gegen die zweite von ihm beantragte Verwahrung eine Entgegnung vorgekommen, so müsse er hierauf bemerken, daß nicht behauptet worden sey, daß ein Recht verletzt worden, sondern daß die hier in Frage stehende Stelle des Landtagsabschiedes zu den größten Befürchtungen Raum geben müßte, wenn man es wörtlich nähme; denn diese Stelle wörtlich genommen, würde eine gänzliche Schmälerung des ständischen Steuerbewilligungsrechts voraussetzen, er habe aber hier nicht angenommen, daß eine solche Absicht den Worten untergelegt sey, sondern vielmehr geglaubt, daß ein Mißverständniß obwalte, und daß dieses vom Ministertische durch Erläuterungen werde beseitigt werden. Nichtsdestoweniger habe er geglaubt, daß die Stände, wenn solche Ausdrücke in dem Landtagsabschied enthalten seyen, sich veranlaßt sehen müssen, den Gegenstand aufzuklären, und ihre bestimmte Verwahrung gegen alle spätern nachtheiligen Folgen und Verwickelungen in dem Protokolle niederzulegen. Sey nun derjenige Antheil der ständischen Rechte in Bezug auf Steuern, welche er in seinem Referate für die Stände vindicirt habe, wirklich der bestehende Rechtszustand, was er behaupten müsse, so sey jede neue Rücksicht (?) in dieser Beziehung als ein in das bestehende Recht eingreifender Versuch anzusehen, und die Sache hiebei auch noch von einem andern, höhern Standpunkte, nämlich von dem Standpunkte der Verfassung zu betrachten. Unsre Verfassung sey nicht mehr eine bloß moderne, sie sey bereits tief eingewurzelt in die öffentliche Meinung und in die Rechtsbegriffe der Nation. Man möge sich daher nicht täuschen und glauben, daß in einer ruhigeren Zeit vielleicht weniger Werth auf den Bestand dieser verfassungsmäßigen Rechte gelegt werde; der Deutsche hänge an seiner ständischen Verfassung von jeher, und erst dann werde er und müsse er zeigen, wie innig und treu er daran hänge, wenn ihm vielleicht Besorgniß gegeben werde, daß sie beeinträchtigt werden könnte. In dem hieraus etwa entstehenden Mißtrauen scheine ihm die bedeutungsvollste Beziehung bei gegenwärtiger Berathung zu liegen. Man möge sich hüten, sich auf die Zeit der unbedingten und unumschränkten Monarchie zu berufen, die bestanden habe, als die Verfassung gegeben worden; man möge ja nicht zu viel Werth darauf legen, auf jene Zeit zurückzugehen: ständisches Recht und ständische Vertretung seyen ein altes Gut germanischer Freiheit, und gewiß sey es ein nicht zu billigendes Unrecht gewesen, als man dieses Gut vernichtet habe; es sey dieß ein Ausfluß jener Revolution gewesen, die ganz Europa durchdrungen, und mit Despotismus geendet habe; es sey eine Zeit gewesen, welche im Vergleiche mit der Geschichte nur eine kurze vorübergehende Epoche gebildet habe, und als die deutschen Fürsten zu Wien das bedeutungsvolle Wort ausgesprochen, "jedes Land soll seine ständische Verfassung haben", sey dieß ein Ausspruch gewesen, der aus deutschen Rechtsbegriffen hervorgegangen. Eine edle, schöne Erfüllung dieses Ausspruchs sey es gewesen, als König Max dem Volke die Verfassung gegeben, und leider müsse zugestanden werden, daß die Regierungen jener Fürsten Ausspruch nicht immerdar begriffen und erfüllt haben.

(Fortsetzung folgt.)

Nachdem gestern die Sitzung der zweiten Kammer erst nach 3 Uhr endete, begann um 6 Uhr eine Abendsitzung, die sich nach 8 Uhr in eine geheime verwandelte. Die letzte dießjährige Sitzung schloß diesen Mittag 2 Uhr mit einer Anrede des Präsidenten, Grafen v. Seinsheim, an die Versammlung, worin die Liebe und Anhänglichkeit sämmtlicher Abgeordneten an König und Vaterland, der gute Geist der die Kammer beseelte, und der unverdrossene Eifer der Mitglieder der Ausschüsse die ehrendste Anerkennung fanden. Auch die Kammer der Reichsräthe hielt gestern und heute lange Plenarsitzungen. So viel bis jetzt verlautet, wird Mittwoch am 15 April die feierliche Schließung erfolgen. - Gestern ist der als Schriftsteller, namentlich durch seine Geschichte des Hauses

Steuern bilden sollen. Sey nun hier nothwendig etwas im Sinne behalten worden, so könne auch nicht mehr allein der Buchstabe der Verfassung entscheiden, der nicht existire, denn gerade hierüber handle kein Buchstabe der Verfassung. Hieraus folge, daß man zu den andern bestimmten Quellen der Auslegung greifen müsse, welche auch geboten seyen. Eine begründete Quelle der Auslegung der Verfassungsurkunde könne man darin finden, daß dieselben Minister, welche die Verfassung mitbearbeitet haben, unter Zulassung desselben Monarchen, welcher der Geber der Verfassung gewesen, auch die Verfassung eingeführt, und die Geschäftsordnung rücksichtlich der Behandlung der Sache an die Hand gegeben haben; allgemein bekannt sey es, daß die Herren Minister in Verbindung mit jenem würdigen Staatsmanne, der lange auf dem Präsidentenstuhle der Kammer gesessen, die ganze Form der Behandlung und Verhandlung eingeleitet haben, und, was in seinem Referate nachgewiesen sey, daß die Art und Weise der Behandlung bis zum Jahr 1837 einen ganz constanten usus gebildet, daß jederzeit die Regierung mit den Ständen sich vereinigt habe, wodurch der finanzgesetzliche Zustand gebildet worden; so also könne man nicht denken, die Regierung habe sich dabei das Recht im Sinne behalten, auch solche Positionen des Finanzgesetzes zu promulgiren, über welche eine Vereinigung nicht zu Stande gekommen, nachdem so oft Gele enheit gegeben gewesen, dieses Recht auch praktisch zu üben. – Unmöglich sey es, wenn Stände und Regierung einander mit bestimmten Rechten gegenüberstehen, daß nicht irgendwo die Regierung den Einflüssen der ständischen Beschlüsse ausgesetzt sey, und es werde dieß nicht im mindesten dadurch verändert, wenn man alle Mitwirkung der Stände in Beziehung auf das Finanzwesen, das Finanzgesetz nur auf das Steuerbewilligungsrecht beschränken wollte, denn in dem Maaße in dem man ihnen irgend übrige Befugnisse beschränken wollte, würden sie das Recht der Steuerbewilligung im ausgedehnten Grade üben, und in demselben Grade auch die Verwicklungen, die zwischen Ständen und Regierung hervorgerufen würden, größer, bedeutender werden. – Diese Frage über das ständische Recht in Beziehung auf Feststellung des Ausgabenbudgets führe natürlich zu den Erübrigungen, in welcher Beziehung vielerlei Einwendungen gemacht worden. Er glaube nicht, daß widersprochen werden könne, daß die Steuern, resp. die directen Steuern supplementärer Natur seyen; so sey es immer gewesen, so sey es ausdrücklich durch die Bestimmungen unserer Verfassung aufgefaßt worden, und die Folge hievon sey: die Stände gründen ihre Steuerbewilligung auf das Deficit, das sich zwischen dem Voranschlage der Ausgaben und Einnahmen gestalte; die Einuahmen-Voranschläge seyen namentlich die Basis der Steuerbewilligung. Wenn nun die Stände diese Einnahmen-Voranschläge zu hoch spannten, und sie also unter der Summe bleiben, so bestehe für die Stände nothwendig die Verpflichtung, durch nachträgliche Bewilligung diesen Ausfall zu decken, weil der Haushalt sonst unmöglich bestehen könnte. Deßhalb scheine es ihm so klar, wie irgend etwas in der Welt, daß, wenn mehr eingenommen werde, dieses vor Allem den Zweck haben müsse, den etwa möglichen Ausfall im künftigen Jahre zu decken; nur das müsse zugestanden werden, daß innerhalb der Finanzperiode diese Summe zur Haftung für mögliche Ausfälle der Regierung vorbehalten bleiben müsse. Sollte diese Summe dennoch verwendet werden wollen, so könne dieses gewiß nur mit dem Verzicht der Stände geschehen, sie eben für diesen Zweck aufzubehalten, und zwar auch über die Gränze der Finanzperiode, also über die Gränzen der Haftungszeit hinaus, für welche die Steuern bewilligt worden seyen. Jedoch nur eine Zustimmung über Verwendung der Erübrigungen, nicht aber eine Disposition über dieselben stehe den Ständen zu; bestimmen könne darüber nur der Monarch, sey aber hiebei an die Zustimmung der Stände gebunden und begränzt. Unrichtig sey es demnach, wenn man unter Berufung auf den Tit. III §. 2 und 7 der Verfassungsurkunde argumentirte, daß der König allein und ohne Zustimmung der Stände das Recht der Verwendung habe. Vor Allem sey hier zu viel, und deßhalb nichts bewiesen; denn wenn man annehme, daß deßwegen eine freie Verfügung über das baar in der Casse liegende Geld dem Monarchen zustehe, weil alles dieses Geld Staatsgut sey, und deßhalb eine Veränderung und Verbesserung ihm zustehe, müßte man auch zugeben, daß sich dieses auf alles in den Cassen befindliche Geld, nicht bloß auf die Erübrigungen beziehe, und es wäre damit der Regierung in die Hände gegeben, jedes Einkommen des Staats ohne irgend eine Verbindlichkeit, ohne irgend eine Bedingung an finanzgesetzliche Zustände zu verausgaben. Dieß könne gewiß ohne Störung des ganzen finanzgesetzlichen Zustandes nicht angenommen, daher auch jener Grundsatz unmöglich auf die Erübrigungen angewendet werden. Betrachte man abgesehen hievon den §. 7 mit dem §. 6 in Verbindung, so werde man daraus ersehen, daß hier nur von Geldern, die aus dem Verkaufe von Staatsgütern aus dem Staatsvermögen entstanden, nicht aber aus dem Vermögen der im laufenden Staatshaushalte sich ergebenden Gelder die Rede sey. – Wenn ferner gegen die zweite von ihm beantragte Verwahrung eine Entgegnung vorgekommen, so müsse er hierauf bemerken, daß nicht behauptet worden sey, daß ein Recht verletzt worden, sondern daß die hier in Frage stehende Stelle des Landtagsabschiedes zu den größten Befürchtungen Raum geben müßte, wenn man es wörtlich nähme; denn diese Stelle wörtlich genommen, würde eine gänzliche Schmälerung des ständischen Steuerbewilligungsrechts voraussetzen, er habe aber hier nicht angenommen, daß eine solche Absicht den Worten untergelegt sey, sondern vielmehr geglaubt, daß ein Mißverständniß obwalte, und daß dieses vom Ministertische durch Erläuterungen werde beseitigt werden. Nichtsdestoweniger habe er geglaubt, daß die Stände, wenn solche Ausdrücke in dem Landtagsabschied enthalten seyen, sich veranlaßt sehen müssen, den Gegenstand aufzuklären, und ihre bestimmte Verwahrung gegen alle spätern nachtheiligen Folgen und Verwickelungen in dem Protokolle niederzulegen. Sey nun derjenige Antheil der ständischen Rechte in Bezug auf Steuern, welche er in seinem Referate für die Stände vindicirt habe, wirklich der bestehende Rechtszustand, was er behaupten müsse, so sey jede neue Rücksicht (?) in dieser Beziehung als ein in das bestehende Recht eingreifender Versuch anzusehen, und die Sache hiebei auch noch von einem andern, höhern Standpunkte, nämlich von dem Standpunkte der Verfassung zu betrachten. Unsre Verfassung sey nicht mehr eine bloß moderne, sie sey bereits tief eingewurzelt in die öffentliche Meinung und in die Rechtsbegriffe der Nation. Man möge sich daher nicht täuschen und glauben, daß in einer ruhigeren Zeit vielleicht weniger Werth auf den Bestand dieser verfassungsmäßigen Rechte gelegt werde; der Deutsche hänge an seiner ständischen Verfassung von jeher, und erst dann werde er und müsse er zeigen, wie innig und treu er daran hänge, wenn ihm vielleicht Besorgniß gegeben werde, daß sie beeinträchtigt werden könnte. In dem hieraus etwa entstehenden Mißtrauen scheine ihm die bedeutungsvollste Beziehung bei gegenwärtiger Berathung zu liegen. Man möge sich hüten, sich auf die Zeit der unbedingten und unumschränkten Monarchie zu berufen, die bestanden habe, als die Verfassung gegeben worden; man möge ja nicht zu viel Werth darauf legen, auf jene Zeit zurückzugehen: ständisches Recht und ständische Vertretung seyen ein altes Gut germanischer Freiheit, und gewiß sey es ein nicht zu billigendes Unrecht gewesen, als man dieses Gut vernichtet habe; es sey dieß ein Ausfluß jener Revolution gewesen, die ganz Europa durchdrungen, und mit Despotismus geendet habe; es sey eine Zeit gewesen, welche im Vergleiche mit der Geschichte nur eine kurze vorübergehende Epoche gebildet habe, und als die deutschen Fürsten zu Wien das bedeutungsvolle Wort ausgesprochen, „jedes Land soll seine ständische Verfassung haben“, sey dieß ein Ausspruch gewesen, der aus deutschen Rechtsbegriffen hervorgegangen. Eine edle, schöne Erfüllung dieses Ausspruchs sey es gewesen, als König Max dem Volke die Verfassung gegeben, und leider müsse zugestanden werden, daß die Regierungen jener Fürsten Ausspruch nicht immerdar begriffen und erfüllt haben.

(Fortsetzung folgt.)

Nachdem gestern die Sitzung der zweiten Kammer erst nach 3 Uhr endete, begann um 6 Uhr eine Abendsitzung, die sich nach 8 Uhr in eine geheime verwandelte. Die letzte dießjährige Sitzung schloß diesen Mittag 2 Uhr mit einer Anrede des Präsidenten, Grafen v. Seinsheim, an die Versammlung, worin die Liebe und Anhänglichkeit sämmtlicher Abgeordneten an König und Vaterland, der gute Geist der die Kammer beseelte, und der unverdrossene Eifer der Mitglieder der Ausschüsse die ehrendste Anerkennung fanden. Auch die Kammer der Reichsräthe hielt gestern und heute lange Plenarsitzungen. So viel bis jetzt verlautet, wird Mittwoch am 15 April die feierliche Schließung erfolgen. – Gestern ist der als Schriftsteller, namentlich durch seine Geschichte des Hauses

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0006" n="0822"/>
Steuern bilden sollen. Sey nun hier nothwendig etwas im Sinne behalten worden, so könne auch nicht mehr allein der Buchstabe der Verfassung entscheiden, der nicht existire, denn gerade hierüber handle kein Buchstabe der Verfassung. Hieraus folge, daß man zu den andern bestimmten Quellen der Auslegung greifen müsse, welche auch geboten seyen. Eine begründete Quelle der Auslegung der Verfassungsurkunde könne man darin finden, daß dieselben Minister, welche die Verfassung mitbearbeitet haben, unter Zulassung desselben Monarchen, welcher der Geber der Verfassung gewesen, auch die Verfassung eingeführt, und die Geschäftsordnung rücksichtlich der Behandlung der Sache an die Hand gegeben haben; allgemein bekannt sey es, daß die Herren Minister in Verbindung mit jenem würdigen Staatsmanne, der lange auf dem Präsidentenstuhle der Kammer gesessen, die ganze Form der Behandlung und Verhandlung eingeleitet haben, und, was in seinem Referate nachgewiesen sey, daß die Art und Weise der Behandlung bis zum Jahr 1837 einen ganz constanten usus gebildet, daß jederzeit die Regierung mit den Ständen sich vereinigt habe, wodurch der finanzgesetzliche Zustand gebildet worden; so also könne man nicht denken, die Regierung habe sich dabei das Recht im Sinne behalten, auch solche Positionen des Finanzgesetzes zu promulgiren, über welche eine Vereinigung nicht zu Stande gekommen, nachdem so oft Gele enheit gegeben gewesen, dieses Recht auch praktisch zu üben. &#x2013; Unmöglich sey es, wenn Stände und Regierung einander mit bestimmten Rechten gegenüberstehen, daß nicht irgendwo die Regierung den Einflüssen der ständischen Beschlüsse ausgesetzt sey, und es werde dieß nicht im mindesten dadurch verändert, wenn man alle Mitwirkung der Stände in Beziehung auf das Finanzwesen, das Finanzgesetz nur auf das Steuerbewilligungsrecht beschränken wollte, denn in dem Maaße in dem man ihnen irgend übrige Befugnisse beschränken wollte, würden sie das Recht der Steuerbewilligung im ausgedehnten Grade üben, und in demselben Grade auch die Verwicklungen, die zwischen Ständen und Regierung hervorgerufen würden, größer, bedeutender werden. &#x2013; Diese Frage über das ständische Recht in Beziehung auf Feststellung des Ausgabenbudgets führe natürlich zu den Erübrigungen, in welcher Beziehung vielerlei Einwendungen gemacht worden. Er glaube nicht, daß widersprochen werden könne, daß die Steuern, resp. die directen Steuern supplementärer Natur seyen; so sey es immer gewesen, so sey es ausdrücklich durch die Bestimmungen unserer Verfassung aufgefaßt worden, und die Folge hievon sey: die Stände gründen ihre Steuerbewilligung auf das Deficit, das sich zwischen dem Voranschlage der Ausgaben und Einnahmen gestalte; die Einuahmen-Voranschläge seyen namentlich die Basis der Steuerbewilligung. Wenn nun die Stände diese Einnahmen-Voranschläge zu hoch spannten, und sie also unter der Summe bleiben, so bestehe für die Stände nothwendig die Verpflichtung, durch nachträgliche Bewilligung diesen Ausfall zu decken, weil der Haushalt sonst unmöglich bestehen könnte. Deßhalb scheine es ihm so klar, wie irgend etwas in der Welt, daß, wenn mehr eingenommen werde, dieses vor Allem den Zweck haben müsse, den etwa möglichen Ausfall im künftigen Jahre zu decken; nur das müsse zugestanden werden, daß innerhalb der Finanzperiode diese Summe zur Haftung für mögliche Ausfälle der Regierung vorbehalten bleiben müsse. Sollte diese Summe dennoch verwendet werden wollen, so könne dieses gewiß nur mit dem Verzicht der Stände geschehen, sie eben für diesen Zweck aufzubehalten, und zwar auch über die Gränze der Finanzperiode, also über die Gränzen der Haftungszeit hinaus, für welche die Steuern bewilligt worden seyen. Jedoch nur eine <hi rendition="#g">Zustimmung</hi> über Verwendung der Erübrigungen, nicht aber eine Disposition über dieselben stehe den Ständen zu; <hi rendition="#g">bestimmen</hi> könne darüber nur der Monarch, sey aber hiebei an die Zustimmung der Stände gebunden und begränzt. Unrichtig sey es demnach, wenn man unter Berufung auf den Tit. III §. 2 und 7 der Verfassungsurkunde argumentirte, daß der König allein und ohne Zustimmung der Stände das Recht der Verwendung habe. Vor Allem sey hier zu viel, und deßhalb nichts bewiesen; denn wenn man annehme, daß deßwegen eine freie Verfügung über das baar in der Casse liegende Geld dem Monarchen zustehe, weil alles dieses Geld Staatsgut sey, und deßhalb eine Veränderung und Verbesserung ihm zustehe, müßte man auch zugeben, daß sich dieses auf alles in den Cassen befindliche Geld, nicht bloß auf die Erübrigungen beziehe, und es wäre damit der Regierung in die Hände gegeben, jedes Einkommen des Staats ohne irgend eine Verbindlichkeit, ohne irgend eine Bedingung an finanzgesetzliche Zustände zu verausgaben. Dieß könne gewiß ohne Störung des ganzen finanzgesetzlichen Zustandes nicht angenommen, daher auch jener Grundsatz unmöglich auf die Erübrigungen angewendet werden. Betrachte man abgesehen hievon den §. 7 mit dem §. 6 in Verbindung, so werde man daraus ersehen, daß hier nur von Geldern, die aus dem Verkaufe von Staatsgütern aus dem Staatsvermögen entstanden, nicht aber aus dem Vermögen der im laufenden Staatshaushalte sich ergebenden Gelder die Rede sey. &#x2013; Wenn ferner gegen die zweite von ihm beantragte Verwahrung eine Entgegnung vorgekommen, so müsse er hierauf bemerken, daß nicht behauptet worden sey, daß ein Recht verletzt worden, sondern daß die hier in Frage stehende Stelle des Landtagsabschiedes zu den größten Befürchtungen Raum geben müßte, wenn man es wörtlich nähme; denn diese Stelle wörtlich genommen, würde eine gänzliche Schmälerung des ständischen Steuerbewilligungsrechts voraussetzen, er habe aber hier nicht angenommen, daß eine solche Absicht den Worten untergelegt sey, sondern vielmehr geglaubt, daß ein Mißverständniß obwalte, und daß dieses vom Ministertische durch Erläuterungen werde beseitigt werden. Nichtsdestoweniger habe er geglaubt, daß die Stände, wenn solche Ausdrücke in dem Landtagsabschied enthalten seyen, sich veranlaßt sehen müssen, den Gegenstand aufzuklären, und ihre bestimmte Verwahrung gegen alle spätern nachtheiligen Folgen und Verwickelungen in dem Protokolle niederzulegen. Sey nun derjenige Antheil der ständischen Rechte in Bezug auf Steuern, welche er in seinem Referate für die Stände vindicirt habe, wirklich der bestehende Rechtszustand, was er behaupten müsse, so sey jede neue Rücksicht (?) in dieser Beziehung als ein in das bestehende Recht eingreifender Versuch anzusehen, und die Sache hiebei auch noch von einem andern, höhern Standpunkte, nämlich von dem Standpunkte der Verfassung zu betrachten. Unsre Verfassung sey nicht mehr eine bloß moderne, sie sey bereits tief eingewurzelt in die öffentliche Meinung und in die Rechtsbegriffe der Nation. Man möge sich daher nicht täuschen und glauben, daß in einer ruhigeren Zeit vielleicht weniger Werth auf den Bestand dieser verfassungsmäßigen Rechte gelegt werde; der Deutsche hänge an seiner ständischen Verfassung von jeher, und erst dann werde er und müsse er zeigen, wie innig und treu er daran hänge, wenn ihm vielleicht Besorgniß gegeben werde, daß sie beeinträchtigt werden könnte. In dem hieraus etwa entstehenden Mißtrauen scheine ihm die bedeutungsvollste Beziehung bei gegenwärtiger Berathung zu liegen. Man möge sich hüten, sich auf die Zeit der unbedingten und unumschränkten Monarchie zu berufen, die bestanden habe, als die Verfassung gegeben worden; man möge ja nicht zu viel Werth darauf legen, auf jene Zeit zurückzugehen: ständisches Recht und ständische Vertretung seyen ein altes Gut germanischer Freiheit, und gewiß sey es ein nicht zu billigendes Unrecht gewesen, als man dieses Gut vernichtet habe; es sey dieß ein Ausfluß jener Revolution gewesen, die ganz Europa durchdrungen, und mit Despotismus geendet habe; es sey eine Zeit gewesen, welche im Vergleiche mit der Geschichte nur eine kurze vorübergehende Epoche gebildet habe, und als die deutschen Fürsten zu Wien das bedeutungsvolle Wort ausgesprochen, &#x201E;jedes Land soll seine ständische Verfassung haben&#x201C;, sey dieß ein Ausspruch gewesen, der aus deutschen Rechtsbegriffen hervorgegangen. Eine edle, schöne Erfüllung dieses Ausspruchs sey es gewesen, als König Max dem Volke die Verfassung gegeben, und leider müsse zugestanden werden, daß die Regierungen jener Fürsten Ausspruch nicht immerdar begriffen und erfüllt haben.</p><lb/>
          <p>(Fortsetzung folgt.)</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">München,</hi> 10 April.</dateline>
          <p> Nachdem gestern die Sitzung der zweiten Kammer erst nach 3 Uhr endete, begann um 6 Uhr eine Abendsitzung, die sich nach 8 Uhr in eine geheime verwandelte. Die letzte dießjährige Sitzung schloß diesen Mittag 2 Uhr mit einer Anrede des Präsidenten, Grafen v. Seinsheim, an die Versammlung, worin die Liebe und Anhänglichkeit sämmtlicher Abgeordneten an König und Vaterland, der gute Geist der die Kammer beseelte, und der unverdrossene Eifer der Mitglieder der Ausschüsse die ehrendste Anerkennung fanden. Auch die Kammer der Reichsräthe hielt gestern und heute lange Plenarsitzungen. So viel bis jetzt verlautet, wird Mittwoch am 15 April die feierliche Schließung erfolgen. &#x2013; Gestern ist der als Schriftsteller, namentlich durch seine Geschichte des Hauses<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0822/0006] Steuern bilden sollen. Sey nun hier nothwendig etwas im Sinne behalten worden, so könne auch nicht mehr allein der Buchstabe der Verfassung entscheiden, der nicht existire, denn gerade hierüber handle kein Buchstabe der Verfassung. Hieraus folge, daß man zu den andern bestimmten Quellen der Auslegung greifen müsse, welche auch geboten seyen. Eine begründete Quelle der Auslegung der Verfassungsurkunde könne man darin finden, daß dieselben Minister, welche die Verfassung mitbearbeitet haben, unter Zulassung desselben Monarchen, welcher der Geber der Verfassung gewesen, auch die Verfassung eingeführt, und die Geschäftsordnung rücksichtlich der Behandlung der Sache an die Hand gegeben haben; allgemein bekannt sey es, daß die Herren Minister in Verbindung mit jenem würdigen Staatsmanne, der lange auf dem Präsidentenstuhle der Kammer gesessen, die ganze Form der Behandlung und Verhandlung eingeleitet haben, und, was in seinem Referate nachgewiesen sey, daß die Art und Weise der Behandlung bis zum Jahr 1837 einen ganz constanten usus gebildet, daß jederzeit die Regierung mit den Ständen sich vereinigt habe, wodurch der finanzgesetzliche Zustand gebildet worden; so also könne man nicht denken, die Regierung habe sich dabei das Recht im Sinne behalten, auch solche Positionen des Finanzgesetzes zu promulgiren, über welche eine Vereinigung nicht zu Stande gekommen, nachdem so oft Gele enheit gegeben gewesen, dieses Recht auch praktisch zu üben. – Unmöglich sey es, wenn Stände und Regierung einander mit bestimmten Rechten gegenüberstehen, daß nicht irgendwo die Regierung den Einflüssen der ständischen Beschlüsse ausgesetzt sey, und es werde dieß nicht im mindesten dadurch verändert, wenn man alle Mitwirkung der Stände in Beziehung auf das Finanzwesen, das Finanzgesetz nur auf das Steuerbewilligungsrecht beschränken wollte, denn in dem Maaße in dem man ihnen irgend übrige Befugnisse beschränken wollte, würden sie das Recht der Steuerbewilligung im ausgedehnten Grade üben, und in demselben Grade auch die Verwicklungen, die zwischen Ständen und Regierung hervorgerufen würden, größer, bedeutender werden. – Diese Frage über das ständische Recht in Beziehung auf Feststellung des Ausgabenbudgets führe natürlich zu den Erübrigungen, in welcher Beziehung vielerlei Einwendungen gemacht worden. Er glaube nicht, daß widersprochen werden könne, daß die Steuern, resp. die directen Steuern supplementärer Natur seyen; so sey es immer gewesen, so sey es ausdrücklich durch die Bestimmungen unserer Verfassung aufgefaßt worden, und die Folge hievon sey: die Stände gründen ihre Steuerbewilligung auf das Deficit, das sich zwischen dem Voranschlage der Ausgaben und Einnahmen gestalte; die Einuahmen-Voranschläge seyen namentlich die Basis der Steuerbewilligung. Wenn nun die Stände diese Einnahmen-Voranschläge zu hoch spannten, und sie also unter der Summe bleiben, so bestehe für die Stände nothwendig die Verpflichtung, durch nachträgliche Bewilligung diesen Ausfall zu decken, weil der Haushalt sonst unmöglich bestehen könnte. Deßhalb scheine es ihm so klar, wie irgend etwas in der Welt, daß, wenn mehr eingenommen werde, dieses vor Allem den Zweck haben müsse, den etwa möglichen Ausfall im künftigen Jahre zu decken; nur das müsse zugestanden werden, daß innerhalb der Finanzperiode diese Summe zur Haftung für mögliche Ausfälle der Regierung vorbehalten bleiben müsse. Sollte diese Summe dennoch verwendet werden wollen, so könne dieses gewiß nur mit dem Verzicht der Stände geschehen, sie eben für diesen Zweck aufzubehalten, und zwar auch über die Gränze der Finanzperiode, also über die Gränzen der Haftungszeit hinaus, für welche die Steuern bewilligt worden seyen. Jedoch nur eine Zustimmung über Verwendung der Erübrigungen, nicht aber eine Disposition über dieselben stehe den Ständen zu; bestimmen könne darüber nur der Monarch, sey aber hiebei an die Zustimmung der Stände gebunden und begränzt. Unrichtig sey es demnach, wenn man unter Berufung auf den Tit. III §. 2 und 7 der Verfassungsurkunde argumentirte, daß der König allein und ohne Zustimmung der Stände das Recht der Verwendung habe. Vor Allem sey hier zu viel, und deßhalb nichts bewiesen; denn wenn man annehme, daß deßwegen eine freie Verfügung über das baar in der Casse liegende Geld dem Monarchen zustehe, weil alles dieses Geld Staatsgut sey, und deßhalb eine Veränderung und Verbesserung ihm zustehe, müßte man auch zugeben, daß sich dieses auf alles in den Cassen befindliche Geld, nicht bloß auf die Erübrigungen beziehe, und es wäre damit der Regierung in die Hände gegeben, jedes Einkommen des Staats ohne irgend eine Verbindlichkeit, ohne irgend eine Bedingung an finanzgesetzliche Zustände zu verausgaben. Dieß könne gewiß ohne Störung des ganzen finanzgesetzlichen Zustandes nicht angenommen, daher auch jener Grundsatz unmöglich auf die Erübrigungen angewendet werden. Betrachte man abgesehen hievon den §. 7 mit dem §. 6 in Verbindung, so werde man daraus ersehen, daß hier nur von Geldern, die aus dem Verkaufe von Staatsgütern aus dem Staatsvermögen entstanden, nicht aber aus dem Vermögen der im laufenden Staatshaushalte sich ergebenden Gelder die Rede sey. – Wenn ferner gegen die zweite von ihm beantragte Verwahrung eine Entgegnung vorgekommen, so müsse er hierauf bemerken, daß nicht behauptet worden sey, daß ein Recht verletzt worden, sondern daß die hier in Frage stehende Stelle des Landtagsabschiedes zu den größten Befürchtungen Raum geben müßte, wenn man es wörtlich nähme; denn diese Stelle wörtlich genommen, würde eine gänzliche Schmälerung des ständischen Steuerbewilligungsrechts voraussetzen, er habe aber hier nicht angenommen, daß eine solche Absicht den Worten untergelegt sey, sondern vielmehr geglaubt, daß ein Mißverständniß obwalte, und daß dieses vom Ministertische durch Erläuterungen werde beseitigt werden. Nichtsdestoweniger habe er geglaubt, daß die Stände, wenn solche Ausdrücke in dem Landtagsabschied enthalten seyen, sich veranlaßt sehen müssen, den Gegenstand aufzuklären, und ihre bestimmte Verwahrung gegen alle spätern nachtheiligen Folgen und Verwickelungen in dem Protokolle niederzulegen. Sey nun derjenige Antheil der ständischen Rechte in Bezug auf Steuern, welche er in seinem Referate für die Stände vindicirt habe, wirklich der bestehende Rechtszustand, was er behaupten müsse, so sey jede neue Rücksicht (?) in dieser Beziehung als ein in das bestehende Recht eingreifender Versuch anzusehen, und die Sache hiebei auch noch von einem andern, höhern Standpunkte, nämlich von dem Standpunkte der Verfassung zu betrachten. Unsre Verfassung sey nicht mehr eine bloß moderne, sie sey bereits tief eingewurzelt in die öffentliche Meinung und in die Rechtsbegriffe der Nation. Man möge sich daher nicht täuschen und glauben, daß in einer ruhigeren Zeit vielleicht weniger Werth auf den Bestand dieser verfassungsmäßigen Rechte gelegt werde; der Deutsche hänge an seiner ständischen Verfassung von jeher, und erst dann werde er und müsse er zeigen, wie innig und treu er daran hänge, wenn ihm vielleicht Besorgniß gegeben werde, daß sie beeinträchtigt werden könnte. In dem hieraus etwa entstehenden Mißtrauen scheine ihm die bedeutungsvollste Beziehung bei gegenwärtiger Berathung zu liegen. Man möge sich hüten, sich auf die Zeit der unbedingten und unumschränkten Monarchie zu berufen, die bestanden habe, als die Verfassung gegeben worden; man möge ja nicht zu viel Werth darauf legen, auf jene Zeit zurückzugehen: ständisches Recht und ständische Vertretung seyen ein altes Gut germanischer Freiheit, und gewiß sey es ein nicht zu billigendes Unrecht gewesen, als man dieses Gut vernichtet habe; es sey dieß ein Ausfluß jener Revolution gewesen, die ganz Europa durchdrungen, und mit Despotismus geendet habe; es sey eine Zeit gewesen, welche im Vergleiche mit der Geschichte nur eine kurze vorübergehende Epoche gebildet habe, und als die deutschen Fürsten zu Wien das bedeutungsvolle Wort ausgesprochen, „jedes Land soll seine ständische Verfassung haben“, sey dieß ein Ausspruch gewesen, der aus deutschen Rechtsbegriffen hervorgegangen. Eine edle, schöne Erfüllung dieses Ausspruchs sey es gewesen, als König Max dem Volke die Verfassung gegeben, und leider müsse zugestanden werden, daß die Regierungen jener Fürsten Ausspruch nicht immerdar begriffen und erfüllt haben. (Fortsetzung folgt.) _ München, 10 April. Nachdem gestern die Sitzung der zweiten Kammer erst nach 3 Uhr endete, begann um 6 Uhr eine Abendsitzung, die sich nach 8 Uhr in eine geheime verwandelte. Die letzte dießjährige Sitzung schloß diesen Mittag 2 Uhr mit einer Anrede des Präsidenten, Grafen v. Seinsheim, an die Versammlung, worin die Liebe und Anhänglichkeit sämmtlicher Abgeordneten an König und Vaterland, der gute Geist der die Kammer beseelte, und der unverdrossene Eifer der Mitglieder der Ausschüsse die ehrendste Anerkennung fanden. Auch die Kammer der Reichsräthe hielt gestern und heute lange Plenarsitzungen. So viel bis jetzt verlautet, wird Mittwoch am 15 April die feierliche Schließung erfolgen. – Gestern ist der als Schriftsteller, namentlich durch seine Geschichte des Hauses

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_103_18400412
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_103_18400412/6
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 103. Augsburg, 12. April 1840, S. 0822. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_103_18400412/6>, abgerufen am 29.04.2024.