Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 129. Augsburg, 8. Mai 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

der Königin. Espartero hat sein Hauptquartier seit dem 25 April in Monroyo. In Morella soll fortwährend die größte Verwirrung herrschen.

Großbritannien.

Oberhaussitzung vom 1 Mai. Lord Lyndhurst, von seiner Krankheit ganz wieder hergestellt, nimmt seinen Platz ein, und empfängt die Glückwünsche seiner Freunde, die ihm die Hand drücken. Er übergibt einige auf die irische Corporationenreform bezügliche Papiere, und wendet sich dann an Lord Melbourne mit den Worten: "Ich möchte den edlen Viscount jetzt bitten, uns zu erklären, ob er entgegen sey, den von Hrn. Mac Gregor und dem neapolitanischen Minister des Auswärtigen am Ende vorigen Jahrs gezeichneten Vertrag, der am 1 Jan. 1840 ratificirt werden sollte, auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Wie der edle Viscount sich erinnern wird, hat er bei einer früheren Gelegenheit mir in der Ansicht beigepflichtet, die Bestimmungen dieses Vertrags wären allen bei dem Handel mit Neapel und Sicilien Betheiligten vollkommen bekannt, und sie alle wären damit zufrieden und wünschten die Ratification. Wie der edle Viscount sich erinnern wird, pflichtete er bei einer früheren Gelegenheit mir in der Ansicht bei, daß der Handelsvertrag von Seite der neapolitanischen Regierung verletzt worden, und kündigte nun an, daß darüber ernste Remonstrationen nach Neapel gerichtet seyen. Diese Schritte waren, wie bekannt, vergeblich. Wenn man damals den edlen Viscount hörte, so wollte die neapolitanische Regierung das Monopol nur noch ein halbes Jahr bestehen lassen; ich protestirte gegen die Gestattung eines solchen Aufschubs, und bemerkte, die Anwesenheit einiger brittischen Kriegsschiffe an der neapolitanischen Küste würde die Lösung der Frage gar wunderbar beschleunigen. Jetzt hat man allerdings Kriegsschiffe hingesendet, darum wünsche ich aber nicht, daß man glauben möge, die ministeriellen Handlungen in dieser Sache hätten meinen unbedingten Beifall. Die nähere Entwicklung meiner Meinung muß ich mir indeß auf ein andermal versparen." Lord Melbourne: "Die Regierung hat die Absicht, dem Parlament die Einsicht aller diese Angelegenheit betreffenden Actenstücke zu verschaffen." Nach einigen weiteren unerheblichen Verhandlungen vertagt sich das Haus.

[irrelevantes Material] Sitzung des Hauses der Gemeinen am 1 Mai. Hr. Hume zeigt an, er werde am 5 Mai vorschlagen, die Königin in einer Adresse zu bitten, daß Ihre Maj. die Vorlegung des Berichts von Dr. Bowring über die Handelslage von Aegypten und Syrien befehlen möge. Zugleich wolle er an den Hrn. Staatssecretär des Auswärtigen - wenn er anders so glücklich seyn werde, denselben im Hause zu sehen (Gelächter) - ein paar Fragen über Englands Intervention gegen Mehemed Ali in der türkisch-ägyptischen Frage richten, denn es verlange ihn sehr zu wissen, ob Ihrer Maj. Minister zu Repressalien gegen Mehemed Ali ermächtigt haben, ob es wahr sey, daß zwei ägyptische Schiffe weggenommen worden, und ob die Minister oder Lord Ponsonby Verhaltungsbefehle zur Regelung der ägyptischen Angelegenheiten gegeben. Auf eine Frage Lord Mahons in Bezug auf Neapel antwortet Lord Palmerston: "Ich habe gestern eine Depesche d. d. 17 April erhalten. Sie meldet, daß die Repressalien begonnen haben (hört!) und das Dampfboot Hydra dermalen im Golf von Neapel stationirt ist." Eine Frage von Hrn. Hume erwiedert Lord J. Russell mit folgenden Details über den Gränzstreit: "Die Sache ist eine verwickelte; sie umfaßt die aus dem Vertrage von 1783 und aus dem Genter Vertrag entspringenden Gränzfragen und zugleich die aus der Convention von 1839 herrührende Besitzfrage. Der Bericht der an Ort und Stelle abgefertigten englischen Commissarien ist uns so eben erst zugekommen; er wird einem Vorschlage zur Basis dienen, welchen die Regierung Ihrer Maj. an die Regierung der Vereinigten Staaten als Antwort auf deren Ultimatum richten wird, über welches man sich bis jetzt nicht hat verständigen können. Die größten Schwierigkeiten haften an der Convention von 1839. Kraft derselben sollte Neu-Braunschweig den oberen St. John und der Staat Maine das Thal des Aroostook besetzen. Ueber diesen doppelten Punkt kann man sich nicht vereinbaren. Gleichwohl fahren beide Theile fort ihre Stellungen zu behaupten, und ein Zusammenstoß zwischen ihnen ist nicht wahrscheinlich. (Hört!) Ich erachtete mich verpflichtet, dem Generalstatthalter des brittischen Nordamerika's und dem Befehlshaber unserer dortigen Truppen, zur Verhinderung jeder möglichen Collision, die Anfertigung der genauesten topographischen Karte von dem streitigen Gränzgebiet anzuempfehlen, welche dann zur Grundlage einer neuen Uebereinkunft hinsichtlich der Possessionsfrage dienen soll. Es ist wahr, es haben sich unangenehme Schwierigkeiten zwischen England und den Vereinigten Staaten in dieser Frage ergeben; da jedoch beide Länder bei der Erhaltung des Friedens interessirt sind (hört! und Beifall), und Angesichts der großen Verantwortlichkeit, welche auf diejenige der beiden Nationen fallen würde, die ohne Noth zu Feindseligkeiten schritte, hege ich die zuversichtliche Hoffnung, daß der Friede zwischen England und Amerika keine Unterbrechung erleiden und alle obschwebenden Differenzen auf freundschaftlichem Wege sich zur beiderseitigen Zufriedenheit ausgleichen werden." (Lauter Beifallsruf.) Das Haus vertagt sich bis zum 4 Mai.

Dem Sun zufolge hat O'Connell den Versuch gemacht, zur Verstärkung seiner Agitation sich mit den englischen Chartisten auszusöhnen.

Am 24 April eröffneten die Jünger Owens ihre neue geräumige "Wissenschaftshalle" in Liverpool. Hr. Finch begann die Feier mit einer Socialistenhymne, und las dann eine Stelle aus Owens Werken zum Lobe der Tugend, worauf abermals ein "moralisch Lied" folgte. Alsdann redete Hr. Robert Owen selbst zur Versammlung. Die Eröffnung dieses Saales, sagte er, sey ein sicheres Zeichen, daß eine große Veränderung über die Welt gekommen. Er bekämpfte die gegen seine Lehre im Parlament erhobenen Anschuldigungen; denn weit entfernt, Gotteslästerung, Unglauben und Unzucht zu lehren und zu begünstigen, suche dieselbe diese Sünden und Laster, von denen die Welt voll sey, vielmehr zu verbannen. Owen schloß eine Erörterung seiner Grundsätze mit der Versicherung, daß er auf einer öffentlichen Prüfung seiner Lehre bestehen werde. Nachmittags hielt eine Socialistin, Mistreß Chappelsmith, eine Vorlesung über die Rechte der Frauen. Sie seyen, führte sie aus, zu derselben Geistesbildung wie die Männer und zu einem gleichen Antheil an der Staatsverwaltung berechtigt. Nach der Vorlesung nahm Owen die Namengebung bei einem Kinde vor, und hielt noch einen Vortrag.

Meine Voraussagung hinsichtlich Palmers Motion gegen den Krieg mit China hat sich gestern Abends bestätigt. Man hat sich des unbequemen Gegenstandes auf die bequemste Weise, welche dem Hause für solche Gelegenheiten zu Gebote steht, entledigt, indem die Mitglieder von beiden Seiten wegblieben, so daß die erforderliche Anzahl von 40 nicht zugegen war, und der Sprecher die Versammlung vertagen mußte. Hiermit fielen natürlich auch alle Tagesordnungen zu Boden, und wenn es Hrn. Palmer oder einem andern Freund des Mittelreichs gelüsten sollte, die Sache dennoch vors Unterhaus zu bringen, so muß er aufs neue seinen Vorschlag

der Königin. Espartero hat sein Hauptquartier seit dem 25 April in Monroyo. In Morella soll fortwährend die größte Verwirrung herrschen.

Großbritannien.

Oberhaussitzung vom 1 Mai. Lord Lyndhurst, von seiner Krankheit ganz wieder hergestellt, nimmt seinen Platz ein, und empfängt die Glückwünsche seiner Freunde, die ihm die Hand drücken. Er übergibt einige auf die irische Corporationenreform bezügliche Papiere, und wendet sich dann an Lord Melbourne mit den Worten: „Ich möchte den edlen Viscount jetzt bitten, uns zu erklären, ob er entgegen sey, den von Hrn. Mac Gregor und dem neapolitanischen Minister des Auswärtigen am Ende vorigen Jahrs gezeichneten Vertrag, der am 1 Jan. 1840 ratificirt werden sollte, auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Wie der edle Viscount sich erinnern wird, hat er bei einer früheren Gelegenheit mir in der Ansicht beigepflichtet, die Bestimmungen dieses Vertrags wären allen bei dem Handel mit Neapel und Sicilien Betheiligten vollkommen bekannt, und sie alle wären damit zufrieden und wünschten die Ratification. Wie der edle Viscount sich erinnern wird, pflichtete er bei einer früheren Gelegenheit mir in der Ansicht bei, daß der Handelsvertrag von Seite der neapolitanischen Regierung verletzt worden, und kündigte nun an, daß darüber ernste Remonstrationen nach Neapel gerichtet seyen. Diese Schritte waren, wie bekannt, vergeblich. Wenn man damals den edlen Viscount hörte, so wollte die neapolitanische Regierung das Monopol nur noch ein halbes Jahr bestehen lassen; ich protestirte gegen die Gestattung eines solchen Aufschubs, und bemerkte, die Anwesenheit einiger brittischen Kriegsschiffe an der neapolitanischen Küste würde die Lösung der Frage gar wunderbar beschleunigen. Jetzt hat man allerdings Kriegsschiffe hingesendet, darum wünsche ich aber nicht, daß man glauben möge, die ministeriellen Handlungen in dieser Sache hätten meinen unbedingten Beifall. Die nähere Entwicklung meiner Meinung muß ich mir indeß auf ein andermal versparen.“ Lord Melbourne: „Die Regierung hat die Absicht, dem Parlament die Einsicht aller diese Angelegenheit betreffenden Actenstücke zu verschaffen.“ Nach einigen weiteren unerheblichen Verhandlungen vertagt sich das Haus.

[irrelevantes Material] Sitzung des Hauses der Gemeinen am 1 Mai. Hr. Hume zeigt an, er werde am 5 Mai vorschlagen, die Königin in einer Adresse zu bitten, daß Ihre Maj. die Vorlegung des Berichts von Dr. Bowring über die Handelslage von Aegypten und Syrien befehlen möge. Zugleich wolle er an den Hrn. Staatssecretär des Auswärtigen – wenn er anders so glücklich seyn werde, denselben im Hause zu sehen (Gelächter) – ein paar Fragen über Englands Intervention gegen Mehemed Ali in der türkisch-ägyptischen Frage richten, denn es verlange ihn sehr zu wissen, ob Ihrer Maj. Minister zu Repressalien gegen Mehemed Ali ermächtigt haben, ob es wahr sey, daß zwei ägyptische Schiffe weggenommen worden, und ob die Minister oder Lord Ponsonby Verhaltungsbefehle zur Regelung der ägyptischen Angelegenheiten gegeben. Auf eine Frage Lord Mahons in Bezug auf Neapel antwortet Lord Palmerston: „Ich habe gestern eine Depesche d. d. 17 April erhalten. Sie meldet, daß die Repressalien begonnen haben (hört!) und das Dampfboot Hydra dermalen im Golf von Neapel stationirt ist.“ Eine Frage von Hrn. Hume erwiedert Lord J. Russell mit folgenden Details über den Gränzstreit: „Die Sache ist eine verwickelte; sie umfaßt die aus dem Vertrage von 1783 und aus dem Genter Vertrag entspringenden Gränzfragen und zugleich die aus der Convention von 1839 herrührende Besitzfrage. Der Bericht der an Ort und Stelle abgefertigten englischen Commissarien ist uns so eben erst zugekommen; er wird einem Vorschlage zur Basis dienen, welchen die Regierung Ihrer Maj. an die Regierung der Vereinigten Staaten als Antwort auf deren Ultimatum richten wird, über welches man sich bis jetzt nicht hat verständigen können. Die größten Schwierigkeiten haften an der Convention von 1839. Kraft derselben sollte Neu-Braunschweig den oberen St. John und der Staat Maine das Thal des Aroostook besetzen. Ueber diesen doppelten Punkt kann man sich nicht vereinbaren. Gleichwohl fahren beide Theile fort ihre Stellungen zu behaupten, und ein Zusammenstoß zwischen ihnen ist nicht wahrscheinlich. (Hört!) Ich erachtete mich verpflichtet, dem Generalstatthalter des brittischen Nordamerika's und dem Befehlshaber unserer dortigen Truppen, zur Verhinderung jeder möglichen Collision, die Anfertigung der genauesten topographischen Karte von dem streitigen Gränzgebiet anzuempfehlen, welche dann zur Grundlage einer neuen Uebereinkunft hinsichtlich der Possessionsfrage dienen soll. Es ist wahr, es haben sich unangenehme Schwierigkeiten zwischen England und den Vereinigten Staaten in dieser Frage ergeben; da jedoch beide Länder bei der Erhaltung des Friedens interessirt sind (hört! und Beifall), und Angesichts der großen Verantwortlichkeit, welche auf diejenige der beiden Nationen fallen würde, die ohne Noth zu Feindseligkeiten schritte, hege ich die zuversichtliche Hoffnung, daß der Friede zwischen England und Amerika keine Unterbrechung erleiden und alle obschwebenden Differenzen auf freundschaftlichem Wege sich zur beiderseitigen Zufriedenheit ausgleichen werden.“ (Lauter Beifallsruf.) Das Haus vertagt sich bis zum 4 Mai.

Dem Sun zufolge hat O'Connell den Versuch gemacht, zur Verstärkung seiner Agitation sich mit den englischen Chartisten auszusöhnen.

Am 24 April eröffneten die Jünger Owens ihre neue geräumige „Wissenschaftshalle“ in Liverpool. Hr. Finch begann die Feier mit einer Socialistenhymne, und las dann eine Stelle aus Owens Werken zum Lobe der Tugend, worauf abermals ein „moralisch Lied“ folgte. Alsdann redete Hr. Robert Owen selbst zur Versammlung. Die Eröffnung dieses Saales, sagte er, sey ein sicheres Zeichen, daß eine große Veränderung über die Welt gekommen. Er bekämpfte die gegen seine Lehre im Parlament erhobenen Anschuldigungen; denn weit entfernt, Gotteslästerung, Unglauben und Unzucht zu lehren und zu begünstigen, suche dieselbe diese Sünden und Laster, von denen die Welt voll sey, vielmehr zu verbannen. Owen schloß eine Erörterung seiner Grundsätze mit der Versicherung, daß er auf einer öffentlichen Prüfung seiner Lehre bestehen werde. Nachmittags hielt eine Socialistin, Mistreß Chappelsmith, eine Vorlesung über die Rechte der Frauen. Sie seyen, führte sie aus, zu derselben Geistesbildung wie die Männer und zu einem gleichen Antheil an der Staatsverwaltung berechtigt. Nach der Vorlesung nahm Owen die Namengebung bei einem Kinde vor, und hielt noch einen Vortrag.

Meine Voraussagung hinsichtlich Palmers Motion gegen den Krieg mit China hat sich gestern Abends bestätigt. Man hat sich des unbequemen Gegenstandes auf die bequemste Weise, welche dem Hause für solche Gelegenheiten zu Gebote steht, entledigt, indem die Mitglieder von beiden Seiten wegblieben, so daß die erforderliche Anzahl von 40 nicht zugegen war, und der Sprecher die Versammlung vertagen mußte. Hiermit fielen natürlich auch alle Tagesordnungen zu Boden, und wenn es Hrn. Palmer oder einem andern Freund des Mittelreichs gelüsten sollte, die Sache dennoch vors Unterhaus zu bringen, so muß er aufs neue seinen Vorschlag

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0002" n="1026"/>
der Königin. Espartero hat sein Hauptquartier seit dem 25 April in Monroyo. In Morella soll fortwährend die größte Verwirrung herrschen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 1 Mai.</dateline>
          <p/><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Oberhaussitzung</hi> vom 1 Mai. Lord <hi rendition="#g">Lyndhurst</hi>, von seiner Krankheit ganz wieder hergestellt, nimmt seinen Platz ein, und empfängt die Glückwünsche seiner Freunde, die ihm die Hand drücken. Er übergibt einige auf die irische Corporationenreform bezügliche Papiere, und wendet sich dann an Lord Melbourne mit den Worten: &#x201E;Ich möchte den edlen Viscount jetzt bitten, uns zu erklären, ob er entgegen sey, den von Hrn. Mac Gregor und dem neapolitanischen Minister des Auswärtigen am Ende vorigen Jahrs gezeichneten Vertrag, der am 1 Jan. 1840 ratificirt werden sollte, auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Wie der edle Viscount sich erinnern wird, hat er bei einer früheren Gelegenheit mir in der Ansicht beigepflichtet, die Bestimmungen dieses Vertrags wären allen bei dem Handel mit Neapel und Sicilien Betheiligten vollkommen bekannt, und sie alle wären damit zufrieden und wünschten die Ratification. Wie der edle Viscount sich erinnern wird, pflichtete er bei einer früheren Gelegenheit mir in der Ansicht bei, daß der Handelsvertrag von Seite der neapolitanischen Regierung verletzt worden, und kündigte nun an, daß darüber ernste Remonstrationen nach Neapel gerichtet seyen. Diese Schritte waren, wie bekannt, vergeblich. Wenn man damals den edlen Viscount hörte, so wollte die neapolitanische Regierung das Monopol nur noch ein halbes Jahr bestehen lassen; ich protestirte gegen die Gestattung eines solchen Aufschubs, und bemerkte, die Anwesenheit einiger brittischen Kriegsschiffe an der neapolitanischen Küste würde die Lösung der Frage gar wunderbar beschleunigen. Jetzt hat man allerdings Kriegsschiffe hingesendet, darum wünsche ich aber nicht, daß man glauben möge, die ministeriellen Handlungen in dieser Sache hätten meinen unbedingten Beifall. Die nähere Entwicklung meiner Meinung muß ich mir indeß auf ein andermal versparen.&#x201C; Lord <hi rendition="#g">Melbourne</hi>: &#x201E;Die Regierung hat die Absicht, dem Parlament die Einsicht aller diese Angelegenheit betreffenden Actenstücke zu verschaffen.&#x201C; Nach einigen weiteren unerheblichen Verhandlungen vertagt sich das Haus.</p><lb/>
          <p><bibl><gap reason="insignificant"/></bibl><hi rendition="#g">Sitzung des Hauses der Gemeinen</hi> am 1 Mai. Hr. <hi rendition="#g">Hume</hi> zeigt an, er werde am 5 Mai vorschlagen, die Königin in einer Adresse zu bitten, daß Ihre Maj. die Vorlegung des Berichts von Dr. Bowring über die Handelslage von Aegypten und Syrien befehlen möge. Zugleich wolle er an den Hrn. Staatssecretär des Auswärtigen &#x2013; wenn er anders so glücklich seyn werde, denselben im Hause zu sehen (Gelächter) &#x2013; ein paar Fragen über Englands Intervention gegen Mehemed Ali in der türkisch-ägyptischen Frage richten, denn es verlange ihn sehr zu wissen, ob Ihrer Maj. Minister zu Repressalien gegen Mehemed Ali ermächtigt haben, ob es wahr sey, daß zwei ägyptische Schiffe weggenommen worden, und ob die Minister oder Lord Ponsonby Verhaltungsbefehle zur Regelung der ägyptischen Angelegenheiten gegeben. Auf eine Frage Lord <hi rendition="#g">Mahons</hi> in Bezug auf Neapel antwortet Lord <hi rendition="#g">Palmerston</hi>: &#x201E;Ich habe gestern eine Depesche d. d. 17 April erhalten. Sie meldet, daß die Repressalien begonnen haben (hört!) und das Dampfboot Hydra dermalen im Golf von Neapel stationirt ist.&#x201C; Eine Frage von Hrn. <hi rendition="#g">Hume</hi> erwiedert Lord J. <hi rendition="#g">Russell</hi> mit folgenden Details über den Gränzstreit: &#x201E;Die Sache ist eine verwickelte; sie umfaßt die aus dem Vertrage von 1783 und aus dem Genter Vertrag entspringenden Gränzfragen und zugleich die aus der Convention von 1839 herrührende Besitzfrage. Der Bericht der an Ort und Stelle abgefertigten englischen Commissarien ist uns so eben erst zugekommen; er wird einem Vorschlage zur Basis dienen, welchen die Regierung Ihrer Maj. an die Regierung der Vereinigten Staaten als Antwort auf deren Ultimatum richten wird, über welches man sich bis jetzt nicht hat verständigen können. Die größten Schwierigkeiten haften an der Convention von 1839. Kraft derselben sollte Neu-Braunschweig den oberen St. John und der Staat Maine das Thal des Aroostook besetzen. Ueber diesen doppelten Punkt kann man sich nicht vereinbaren. Gleichwohl fahren beide Theile fort ihre Stellungen zu behaupten, und ein Zusammenstoß zwischen ihnen ist nicht wahrscheinlich. (Hört!) Ich erachtete mich verpflichtet, dem Generalstatthalter des brittischen Nordamerika's und dem Befehlshaber unserer dortigen Truppen, zur Verhinderung jeder möglichen Collision, die Anfertigung der genauesten topographischen Karte von dem streitigen Gränzgebiet anzuempfehlen, welche dann zur Grundlage einer neuen Uebereinkunft hinsichtlich der Possessionsfrage dienen soll. Es ist wahr, es haben sich unangenehme Schwierigkeiten zwischen England und den Vereinigten Staaten in dieser Frage ergeben; da jedoch beide Länder bei der Erhaltung des Friedens interessirt sind (hört! und Beifall), und Angesichts der großen Verantwortlichkeit, welche auf diejenige der beiden Nationen fallen würde, die ohne Noth zu Feindseligkeiten schritte, hege ich die zuversichtliche Hoffnung, daß der Friede zwischen England und Amerika <hi rendition="#g">keine Unterbrechung erleiden</hi> und alle obschwebenden Differenzen auf freundschaftlichem Wege sich zur beiderseitigen Zufriedenheit ausgleichen werden.&#x201C; (Lauter Beifallsruf.) Das Haus vertagt sich bis zum 4 Mai.</p><lb/>
          <p>Dem <hi rendition="#g">Sun</hi> zufolge hat O'Connell den Versuch gemacht, zur Verstärkung seiner Agitation sich mit den englischen Chartisten auszusöhnen.</p><lb/>
          <p>Am 24 April eröffneten die Jünger Owens ihre neue geräumige &#x201E;Wissenschaftshalle&#x201C; in Liverpool. Hr. Finch begann die Feier mit einer Socialistenhymne, und las dann eine Stelle aus Owens Werken zum Lobe der Tugend, worauf abermals ein &#x201E;moralisch Lied&#x201C; folgte. Alsdann redete Hr. Robert Owen selbst zur Versammlung. Die Eröffnung dieses Saales, sagte er, sey ein sicheres Zeichen, daß eine große Veränderung über die Welt gekommen. Er bekämpfte die gegen seine Lehre im Parlament erhobenen Anschuldigungen; denn weit entfernt, Gotteslästerung, Unglauben und Unzucht zu lehren und zu begünstigen, suche dieselbe diese Sünden und Laster, von denen die Welt voll sey, vielmehr zu verbannen. Owen schloß eine Erörterung seiner Grundsätze mit der Versicherung, daß er auf einer öffentlichen Prüfung seiner Lehre bestehen werde. Nachmittags hielt eine Socialistin, Mistreß Chappelsmith, eine Vorlesung über die Rechte der Frauen. Sie seyen, führte sie aus, zu derselben Geistesbildung wie die Männer und zu einem gleichen Antheil an der Staatsverwaltung berechtigt. Nach der Vorlesung nahm Owen die Namengebung bei einem Kinde vor, und hielt noch einen Vortrag.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 1 Mai.</dateline>
          <p> Meine Voraussagung hinsichtlich Palmers Motion gegen den Krieg mit China hat sich gestern Abends bestätigt. Man hat sich des unbequemen Gegenstandes auf die bequemste Weise, welche dem Hause für solche Gelegenheiten zu Gebote steht, entledigt, indem die Mitglieder von beiden Seiten wegblieben, so daß die erforderliche Anzahl von 40 nicht zugegen war, und der Sprecher die Versammlung vertagen mußte. Hiermit fielen natürlich auch alle Tagesordnungen zu Boden, und wenn es Hrn. Palmer oder einem andern Freund des Mittelreichs gelüsten sollte, die Sache dennoch vors Unterhaus zu bringen, so muß er aufs neue seinen Vorschlag<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1026/0002] der Königin. Espartero hat sein Hauptquartier seit dem 25 April in Monroyo. In Morella soll fortwährend die größte Verwirrung herrschen. Großbritannien. _ London, 1 Mai. Oberhaussitzung vom 1 Mai. Lord Lyndhurst, von seiner Krankheit ganz wieder hergestellt, nimmt seinen Platz ein, und empfängt die Glückwünsche seiner Freunde, die ihm die Hand drücken. Er übergibt einige auf die irische Corporationenreform bezügliche Papiere, und wendet sich dann an Lord Melbourne mit den Worten: „Ich möchte den edlen Viscount jetzt bitten, uns zu erklären, ob er entgegen sey, den von Hrn. Mac Gregor und dem neapolitanischen Minister des Auswärtigen am Ende vorigen Jahrs gezeichneten Vertrag, der am 1 Jan. 1840 ratificirt werden sollte, auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Wie der edle Viscount sich erinnern wird, hat er bei einer früheren Gelegenheit mir in der Ansicht beigepflichtet, die Bestimmungen dieses Vertrags wären allen bei dem Handel mit Neapel und Sicilien Betheiligten vollkommen bekannt, und sie alle wären damit zufrieden und wünschten die Ratification. Wie der edle Viscount sich erinnern wird, pflichtete er bei einer früheren Gelegenheit mir in der Ansicht bei, daß der Handelsvertrag von Seite der neapolitanischen Regierung verletzt worden, und kündigte nun an, daß darüber ernste Remonstrationen nach Neapel gerichtet seyen. Diese Schritte waren, wie bekannt, vergeblich. Wenn man damals den edlen Viscount hörte, so wollte die neapolitanische Regierung das Monopol nur noch ein halbes Jahr bestehen lassen; ich protestirte gegen die Gestattung eines solchen Aufschubs, und bemerkte, die Anwesenheit einiger brittischen Kriegsschiffe an der neapolitanischen Küste würde die Lösung der Frage gar wunderbar beschleunigen. Jetzt hat man allerdings Kriegsschiffe hingesendet, darum wünsche ich aber nicht, daß man glauben möge, die ministeriellen Handlungen in dieser Sache hätten meinen unbedingten Beifall. Die nähere Entwicklung meiner Meinung muß ich mir indeß auf ein andermal versparen.“ Lord Melbourne: „Die Regierung hat die Absicht, dem Parlament die Einsicht aller diese Angelegenheit betreffenden Actenstücke zu verschaffen.“ Nach einigen weiteren unerheblichen Verhandlungen vertagt sich das Haus. _ Sitzung des Hauses der Gemeinen am 1 Mai. Hr. Hume zeigt an, er werde am 5 Mai vorschlagen, die Königin in einer Adresse zu bitten, daß Ihre Maj. die Vorlegung des Berichts von Dr. Bowring über die Handelslage von Aegypten und Syrien befehlen möge. Zugleich wolle er an den Hrn. Staatssecretär des Auswärtigen – wenn er anders so glücklich seyn werde, denselben im Hause zu sehen (Gelächter) – ein paar Fragen über Englands Intervention gegen Mehemed Ali in der türkisch-ägyptischen Frage richten, denn es verlange ihn sehr zu wissen, ob Ihrer Maj. Minister zu Repressalien gegen Mehemed Ali ermächtigt haben, ob es wahr sey, daß zwei ägyptische Schiffe weggenommen worden, und ob die Minister oder Lord Ponsonby Verhaltungsbefehle zur Regelung der ägyptischen Angelegenheiten gegeben. Auf eine Frage Lord Mahons in Bezug auf Neapel antwortet Lord Palmerston: „Ich habe gestern eine Depesche d. d. 17 April erhalten. Sie meldet, daß die Repressalien begonnen haben (hört!) und das Dampfboot Hydra dermalen im Golf von Neapel stationirt ist.“ Eine Frage von Hrn. Hume erwiedert Lord J. Russell mit folgenden Details über den Gränzstreit: „Die Sache ist eine verwickelte; sie umfaßt die aus dem Vertrage von 1783 und aus dem Genter Vertrag entspringenden Gränzfragen und zugleich die aus der Convention von 1839 herrührende Besitzfrage. Der Bericht der an Ort und Stelle abgefertigten englischen Commissarien ist uns so eben erst zugekommen; er wird einem Vorschlage zur Basis dienen, welchen die Regierung Ihrer Maj. an die Regierung der Vereinigten Staaten als Antwort auf deren Ultimatum richten wird, über welches man sich bis jetzt nicht hat verständigen können. Die größten Schwierigkeiten haften an der Convention von 1839. Kraft derselben sollte Neu-Braunschweig den oberen St. John und der Staat Maine das Thal des Aroostook besetzen. Ueber diesen doppelten Punkt kann man sich nicht vereinbaren. Gleichwohl fahren beide Theile fort ihre Stellungen zu behaupten, und ein Zusammenstoß zwischen ihnen ist nicht wahrscheinlich. (Hört!) Ich erachtete mich verpflichtet, dem Generalstatthalter des brittischen Nordamerika's und dem Befehlshaber unserer dortigen Truppen, zur Verhinderung jeder möglichen Collision, die Anfertigung der genauesten topographischen Karte von dem streitigen Gränzgebiet anzuempfehlen, welche dann zur Grundlage einer neuen Uebereinkunft hinsichtlich der Possessionsfrage dienen soll. Es ist wahr, es haben sich unangenehme Schwierigkeiten zwischen England und den Vereinigten Staaten in dieser Frage ergeben; da jedoch beide Länder bei der Erhaltung des Friedens interessirt sind (hört! und Beifall), und Angesichts der großen Verantwortlichkeit, welche auf diejenige der beiden Nationen fallen würde, die ohne Noth zu Feindseligkeiten schritte, hege ich die zuversichtliche Hoffnung, daß der Friede zwischen England und Amerika keine Unterbrechung erleiden und alle obschwebenden Differenzen auf freundschaftlichem Wege sich zur beiderseitigen Zufriedenheit ausgleichen werden.“ (Lauter Beifallsruf.) Das Haus vertagt sich bis zum 4 Mai. Dem Sun zufolge hat O'Connell den Versuch gemacht, zur Verstärkung seiner Agitation sich mit den englischen Chartisten auszusöhnen. Am 24 April eröffneten die Jünger Owens ihre neue geräumige „Wissenschaftshalle“ in Liverpool. Hr. Finch begann die Feier mit einer Socialistenhymne, und las dann eine Stelle aus Owens Werken zum Lobe der Tugend, worauf abermals ein „moralisch Lied“ folgte. Alsdann redete Hr. Robert Owen selbst zur Versammlung. Die Eröffnung dieses Saales, sagte er, sey ein sicheres Zeichen, daß eine große Veränderung über die Welt gekommen. Er bekämpfte die gegen seine Lehre im Parlament erhobenen Anschuldigungen; denn weit entfernt, Gotteslästerung, Unglauben und Unzucht zu lehren und zu begünstigen, suche dieselbe diese Sünden und Laster, von denen die Welt voll sey, vielmehr zu verbannen. Owen schloß eine Erörterung seiner Grundsätze mit der Versicherung, daß er auf einer öffentlichen Prüfung seiner Lehre bestehen werde. Nachmittags hielt eine Socialistin, Mistreß Chappelsmith, eine Vorlesung über die Rechte der Frauen. Sie seyen, führte sie aus, zu derselben Geistesbildung wie die Männer und zu einem gleichen Antheil an der Staatsverwaltung berechtigt. Nach der Vorlesung nahm Owen die Namengebung bei einem Kinde vor, und hielt noch einen Vortrag. _ London, 1 Mai. Meine Voraussagung hinsichtlich Palmers Motion gegen den Krieg mit China hat sich gestern Abends bestätigt. Man hat sich des unbequemen Gegenstandes auf die bequemste Weise, welche dem Hause für solche Gelegenheiten zu Gebote steht, entledigt, indem die Mitglieder von beiden Seiten wegblieben, so daß die erforderliche Anzahl von 40 nicht zugegen war, und der Sprecher die Versammlung vertagen mußte. Hiermit fielen natürlich auch alle Tagesordnungen zu Boden, und wenn es Hrn. Palmer oder einem andern Freund des Mittelreichs gelüsten sollte, die Sache dennoch vors Unterhaus zu bringen, so muß er aufs neue seinen Vorschlag

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_129_18400508
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_129_18400508/2
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 129. Augsburg, 8. Mai 1840, S. 1026. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_129_18400508/2>, abgerufen am 27.04.2024.