Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 129. Augsburg, 8. Mai 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Italien.

In einem Schreiben der Gazette de France aus Civita Vecchia vom 22 April heißt es: "Wenn der Streit zwischen England und Neapel nicht bald ein Ende nimmt, wird der König von Neapel Caperbriefe ausgeben. Dem englischen Handel werden die sicilischen Caperschiffe den größten Schaden zufügen, denn keine Nation der Welt ist zu einem solchen Handwerk besser geeignet. Das Sonderbarste bei all' diesen Dingen ist, daß der Krieg ausgebrochen ist und dennoch Hr. Temple sich fortwährend in Neapel befindet; ja von seinem Gesandtschaftspalast aus ertheilt er sogar dem Admiral Stopford Befehl, die neapolitanischen Schiffe wegzunehmen. So etwas hat man seiner Lebtage noch nicht gesehen."

Seit den letzten Nachrichten (vom 25), welche die Lage der Dinge in einem sehr düstern Lichte, wie sie es auch wirklich waren, schilderten, hat sich hier Alles plötzlich verändert. Wie es scheint, hat das französische Cabinet die Wichtigkeit dieser englisch-neapolitanischen Streitigkeiten und die durch sie dem europäischen Frieden drohende Gefahr in ihrem ganzen Umfang erkannt, und die Nothwendigkeit eingesehen, einer nahestehenden Krisis durch ein rasches und ernstes Einschreiten zuvorzukommen, was schon aus der schnell auf einander folgenden Ankunft dreier französischen Kriegsdampfschiffe mit Depeschen an die französische Legation und an Se. Maj. den König hervorgeht. Ueber die Art und Weise der Beilegung dieser Angelegenheit ist noch nichts Näheres bekannt; man hat im Publicum darüber bis jetzt nur Muthmaßungen, deren wahrscheinlichste die ist, daß Frankreich die Vermittelung übernehmen will in Betreff der Entschädigungen, die sowohl die englische Regierung als die Compagnie Taix, mit der der Schwefelcontract aufgelöst ist, ansprechen. Der König fand, als er Sonnabend Nachts von Gaeta zurückkam, obige Depeschen, und Sonntag Mittag war die Sache abgemacht, worauf noch am selbigen Tage Abends 8 Uhr das neapolitanische Dampfschiff Marie Christine mit französischer Flagge, den französischen Consul Hrn. v. Montigny so wie den englischen Gesandtschaftssecretär an Bord, auslief, um die Friedensbotschaft dem Commandanten des Bellerophon zu überbringen, den es auch nach zehnstündigem Suchen fand. Dieser fertigte sogleich ein Dampfschiff an Admiral Stopford nach Malta ab mit der Weisung des Gesandten, die Feindseligkeiten einzustellen und die genommenen Schiffe, deren man in den neapolitanischen Gewässern neun zählte, freizugeben, während das englische Dampfschiff Hydra sich sogleich hierher auf den Weg machte, und beim Ankerwerfen vor der Stadt mit 21 Schüssen salutirte. Heute folgte ihm auch der Bellerophon, der ein Gleiches that. Ebenso wurden gleich am Montag früh die sequestrirten englischen Schiffe wieder freigegeben. Mittags fand man folgende Ministerialnotification an der Börse angeschlagen: "Ministerium des Kriegs und der Marine. "Da die Streitigkeiten zwischen der königlichen Regierung und der von Großbritannien ausgeglichen sind (appianate), und demzufolge alle Feindseligkeiten von Seite der englischen Regierung gegen die neapolitanische Flagge aufhören, so will Se. M., daß auch die laut k. Rescripts vom 24 angeordnete Beschlagnahme aller in den Häfen des Königreichs liegenden Schiffe zurückgenommen werde. Im Namen des Königs theile ich dieß der Handelskammer mit, um es öffentlich bekannt zu machen. Der Departementschef Brochetti." - Diese günstige Wendung hat allgemeine Freude erregt, namentlich auch bei den englischen Häusern, denen es anfing, etwas bange zu werden, da sie sich nicht vorgestellt hatten, daß die Sache so ernstlich werden würde. Sie wandten sich deßhalb an ihren Gesandten, um ihn zu bewegen, nicht zu weit zu gehen.

Der Streit zwischen England und Neapel ist so weit beigelegt, daß beiderseits alle feindseligen Maaßregeln aufgehört haben. England wird demnach wohl seinen Zweck erreicht und das Schwefelmonopol beseitigt haben. Ob es dabei in seinem Rechte war, bleibt sehr zweifelhaft. Die allgemeine Meinung in Italien ist in dieser Sache gegen England. Man findet sein Betragen gewaltthätig und durchaus unwürdig. So mag es auf einer Seite gewonnen, auf der andern aber wieder verloren haben, denn wer vermag zu sagen, wie wichtig die allgemeine Meinung bei einer heute oder morgen ausbrechenden Katastrophe seyn dürfte? - Seit einigen Tagen ist großer Begehr nach Actien zur Eisenbahn zwischen Livorno und Florenz eingetreten. Sie standen vor 12 Tagen auf 99, heute sind zu 106 keine Verkäufer. Binnen einigen Tagen erwartet man die definitive Bewilligung der Regierung, und dann wird gleich Hand ans Werk gelegt werden. Zuerst wird man die Bahn zwischen Livorno und Pisa vollenden.

Beschluß der päpstlichen Allocution. "Rühmlich leuchtete dann das Bekenntniß des eingebornen Priesters Bernard Due, eines ehrwürdigen Greises von dreiundachtzig Jahren, welcher, nach so vielen bestandenen Arbeiten und Mühsalen zum Heile der Seelen, von Alter und Krankheit verzehrt kaum mehr gehen konnte, und dennoch, als über seine Religion und seinen Priesterstand wiederholtes Geschrei erhoben wurde, sich aus einem besondern Antrieb der göttlichen Gnade, wie es Uns scheint, freiwillig den Soldaten auslieferte. Obgleich er nun, von diesen gefangen und sofort durch vielfache Quälerei zum Abfall vom Glauben umsonst versucht, nach den Staatsgesetzen jenes Reichs wegen überschrittenen Alters von achtzig Jahren nicht mehr mit der Todesstrafe belegt werden konnte, so geschah es dennoch durch Aufhebung dieses Vorrechts in seinem Falle, daß er im Anfange des Monats Augusts den glorreichen Tod für Christum mittelst Enthauptung erleiden durfte. Mit derselben Todesart wurde gleichzeitig ein anderer eingeborner Priester vom Prädicantenorden, Namens Dominicus Dieu-Hanh hingeschlachtet, welcher ebenfalls in früherer Zeit eifrigst für das Heil der Seelen gewirkt und kurz vor seinem Tode nicht wenige andere Martern für Christi Liebe muthig ertragen hatte. Nur einige Tage später starb freudig eines ähnlichen Todes für das Bekenntniß des Glaubens ein anderer Christusstreiter (Christi Athleta), Joseph Vien, auch dieser ein eingeborner Priester, der zuvor in den Pflichten des heiligen Amtes sechzig Jahre gearbeitet. Diesen folgte im Monat September ein anderer Priester jener Gegend, Petrus Tu vom Prädicantenorden, welcher, ehe er durch Abschlagung des Hauptes getödtet wurde, nicht nur inmitten der Folterqualen selbst auf das standhafteste im Glauben verharrt war, sondern auch die andern mit ihm gefesselten Christen furchtlos in Gegenwart der Richter zur Ausdauer ermahnt hatte. Sein Gefährte im Martyrtode war Joseph Kanh, ein Mann vorgerückten Alters vom Orden des h. Dominicus, auch er ein unter den Gläubigen seines Bezirks höchst angesehener, um die wahre Religion höchlich verdienter Geistlicher. Endlich im Monat November erlag der Priester Peter Dumoulin Borie, und mit ihm zwei eingeborne Priester, für Christi Liebe muthig dem Henkerbeil. Dieß, wie wir gesagt haben, ereignete sich im Jahre 1838. - Neuerlich aber haben die Länder Cochinchina und Tonkin drei Helden Christi mit neuem Glanze der Tugend verherrlicht. Da sie, die im vorhergehenden Jahre wegen ihres Glaubensbekenntnisses in Tonkin in den Kerker geworfen worden, der Vorsteher der Provinz weder durch Schmeicheleien, noch durch Drohungen, noch auch durch Folterqualen von der Liebe Christi hatte losreißen können,

Italien.

In einem Schreiben der Gazette de France aus Cività Vecchia vom 22 April heißt es: „Wenn der Streit zwischen England und Neapel nicht bald ein Ende nimmt, wird der König von Neapel Caperbriefe ausgeben. Dem englischen Handel werden die sicilischen Caperschiffe den größten Schaden zufügen, denn keine Nation der Welt ist zu einem solchen Handwerk besser geeignet. Das Sonderbarste bei all' diesen Dingen ist, daß der Krieg ausgebrochen ist und dennoch Hr. Temple sich fortwährend in Neapel befindet; ja von seinem Gesandtschaftspalast aus ertheilt er sogar dem Admiral Stopford Befehl, die neapolitanischen Schiffe wegzunehmen. So etwas hat man seiner Lebtage noch nicht gesehen.“

Seit den letzten Nachrichten (vom 25), welche die Lage der Dinge in einem sehr düstern Lichte, wie sie es auch wirklich waren, schilderten, hat sich hier Alles plötzlich verändert. Wie es scheint, hat das französische Cabinet die Wichtigkeit dieser englisch-neapolitanischen Streitigkeiten und die durch sie dem europäischen Frieden drohende Gefahr in ihrem ganzen Umfang erkannt, und die Nothwendigkeit eingesehen, einer nahestehenden Krisis durch ein rasches und ernstes Einschreiten zuvorzukommen, was schon aus der schnell auf einander folgenden Ankunft dreier französischen Kriegsdampfschiffe mit Depeschen an die französische Legation und an Se. Maj. den König hervorgeht. Ueber die Art und Weise der Beilegung dieser Angelegenheit ist noch nichts Näheres bekannt; man hat im Publicum darüber bis jetzt nur Muthmaßungen, deren wahrscheinlichste die ist, daß Frankreich die Vermittelung übernehmen will in Betreff der Entschädigungen, die sowohl die englische Regierung als die Compagnie Taix, mit der der Schwefelcontract aufgelöst ist, ansprechen. Der König fand, als er Sonnabend Nachts von Gaeta zurückkam, obige Depeschen, und Sonntag Mittag war die Sache abgemacht, worauf noch am selbigen Tage Abends 8 Uhr das neapolitanische Dampfschiff Marie Christine mit französischer Flagge, den französischen Consul Hrn. v. Montigny so wie den englischen Gesandtschaftssecretär an Bord, auslief, um die Friedensbotschaft dem Commandanten des Bellerophon zu überbringen, den es auch nach zehnstündigem Suchen fand. Dieser fertigte sogleich ein Dampfschiff an Admiral Stopford nach Malta ab mit der Weisung des Gesandten, die Feindseligkeiten einzustellen und die genommenen Schiffe, deren man in den neapolitanischen Gewässern neun zählte, freizugeben, während das englische Dampfschiff Hydra sich sogleich hierher auf den Weg machte, und beim Ankerwerfen vor der Stadt mit 21 Schüssen salutirte. Heute folgte ihm auch der Bellerophon, der ein Gleiches that. Ebenso wurden gleich am Montag früh die sequestrirten englischen Schiffe wieder freigegeben. Mittags fand man folgende Ministerialnotification an der Börse angeschlagen: „Ministerium des Kriegs und der Marine. „Da die Streitigkeiten zwischen der königlichen Regierung und der von Großbritannien ausgeglichen sind (appianate), und demzufolge alle Feindseligkeiten von Seite der englischen Regierung gegen die neapolitanische Flagge aufhören, so will Se. M., daß auch die laut k. Rescripts vom 24 angeordnete Beschlagnahme aller in den Häfen des Königreichs liegenden Schiffe zurückgenommen werde. Im Namen des Königs theile ich dieß der Handelskammer mit, um es öffentlich bekannt zu machen. Der Departementschef Brochetti.“ – Diese günstige Wendung hat allgemeine Freude erregt, namentlich auch bei den englischen Häusern, denen es anfing, etwas bange zu werden, da sie sich nicht vorgestellt hatten, daß die Sache so ernstlich werden würde. Sie wandten sich deßhalb an ihren Gesandten, um ihn zu bewegen, nicht zu weit zu gehen.

Der Streit zwischen England und Neapel ist so weit beigelegt, daß beiderseits alle feindseligen Maaßregeln aufgehört haben. England wird demnach wohl seinen Zweck erreicht und das Schwefelmonopol beseitigt haben. Ob es dabei in seinem Rechte war, bleibt sehr zweifelhaft. Die allgemeine Meinung in Italien ist in dieser Sache gegen England. Man findet sein Betragen gewaltthätig und durchaus unwürdig. So mag es auf einer Seite gewonnen, auf der andern aber wieder verloren haben, denn wer vermag zu sagen, wie wichtig die allgemeine Meinung bei einer heute oder morgen ausbrechenden Katastrophe seyn dürfte? – Seit einigen Tagen ist großer Begehr nach Actien zur Eisenbahn zwischen Livorno und Florenz eingetreten. Sie standen vor 12 Tagen auf 99, heute sind zu 106 keine Verkäufer. Binnen einigen Tagen erwartet man die definitive Bewilligung der Regierung, und dann wird gleich Hand ans Werk gelegt werden. Zuerst wird man die Bahn zwischen Livorno und Pisa vollenden.

Beschluß der päpstlichen Allocution. „Rühmlich leuchtete dann das Bekenntniß des eingebornen Priesters Bernard Duê, eines ehrwürdigen Greises von dreiundachtzig Jahren, welcher, nach so vielen bestandenen Arbeiten und Mühsalen zum Heile der Seelen, von Alter und Krankheit verzehrt kaum mehr gehen konnte, und dennoch, als über seine Religion und seinen Priesterstand wiederholtes Geschrei erhoben wurde, sich aus einem besondern Antrieb der göttlichen Gnade, wie es Uns scheint, freiwillig den Soldaten auslieferte. Obgleich er nun, von diesen gefangen und sofort durch vielfache Quälerei zum Abfall vom Glauben umsonst versucht, nach den Staatsgesetzen jenes Reichs wegen überschrittenen Alters von achtzig Jahren nicht mehr mit der Todesstrafe belegt werden konnte, so geschah es dennoch durch Aufhebung dieses Vorrechts in seinem Falle, daß er im Anfange des Monats Augusts den glorreichen Tod für Christum mittelst Enthauptung erleiden durfte. Mit derselben Todesart wurde gleichzeitig ein anderer eingeborner Priester vom Prädicantenorden, Namens Dominicus Diêu-Hanh hingeschlachtet, welcher ebenfalls in früherer Zeit eifrigst für das Heil der Seelen gewirkt und kurz vor seinem Tode nicht wenige andere Martern für Christi Liebe muthig ertragen hatte. Nur einige Tage später starb freudig eines ähnlichen Todes für das Bekenntniß des Glaubens ein anderer Christusstreiter (Christi Athleta), Joseph Viên, auch dieser ein eingeborner Priester, der zuvor in den Pflichten des heiligen Amtes sechzig Jahre gearbeitet. Diesen folgte im Monat September ein anderer Priester jener Gegend, Petrus Tu vom Prädicantenorden, welcher, ehe er durch Abschlagung des Hauptes getödtet wurde, nicht nur inmitten der Folterqualen selbst auf das standhafteste im Glauben verharrt war, sondern auch die andern mit ihm gefesselten Christen furchtlos in Gegenwart der Richter zur Ausdauer ermahnt hatte. Sein Gefährte im Martyrtode war Joseph Kanh, ein Mann vorgerückten Alters vom Orden des h. Dominicus, auch er ein unter den Gläubigen seines Bezirks höchst angesehener, um die wahre Religion höchlich verdienter Geistlicher. Endlich im Monat November erlag der Priester Peter Dumoulin Borie, und mit ihm zwei eingeborne Priester, für Christi Liebe muthig dem Henkerbeil. Dieß, wie wir gesagt haben, ereignete sich im Jahre 1838. – Neuerlich aber haben die Länder Cochinchina und Tonkin drei Helden Christi mit neuem Glanze der Tugend verherrlicht. Da sie, die im vorhergehenden Jahre wegen ihres Glaubensbekenntnisses in Tonkin in den Kerker geworfen worden, der Vorsteher der Provinz weder durch Schmeicheleien, noch durch Drohungen, noch auch durch Folterqualen von der Liebe Christi hatte losreißen können,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0005" n="1029"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head><lb/>
        <p>In einem Schreiben der <hi rendition="#g">Gazette de France</hi> aus Cività Vecchia vom 22 April heißt es: &#x201E;Wenn der Streit zwischen England und Neapel nicht bald ein Ende nimmt, wird der König von Neapel Caperbriefe ausgeben. Dem englischen Handel werden die sicilischen Caperschiffe den größten Schaden zufügen, denn keine Nation der Welt ist zu einem solchen Handwerk besser geeignet. Das Sonderbarste bei all' diesen Dingen ist, daß der Krieg ausgebrochen ist und dennoch Hr. Temple sich fortwährend in Neapel befindet; ja von seinem Gesandtschaftspalast aus ertheilt er sogar dem Admiral Stopford Befehl, die neapolitanischen Schiffe wegzunehmen. So etwas hat man seiner Lebtage noch nicht gesehen.&#x201C;</p><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Neapel,</hi> 28 April.</dateline>
          <p> Seit den letzten Nachrichten (vom 25), welche die Lage der Dinge in einem sehr düstern Lichte, wie sie es auch wirklich waren, schilderten, hat sich hier Alles plötzlich verändert. Wie es scheint, hat das französische Cabinet die Wichtigkeit dieser englisch-neapolitanischen Streitigkeiten und die durch sie dem europäischen Frieden drohende Gefahr in ihrem ganzen Umfang erkannt, und die Nothwendigkeit eingesehen, einer nahestehenden Krisis durch ein rasches und ernstes Einschreiten zuvorzukommen, was schon aus der schnell auf einander folgenden Ankunft dreier französischen Kriegsdampfschiffe mit Depeschen an die französische Legation und an Se. Maj. den König hervorgeht. Ueber die Art und Weise der Beilegung dieser Angelegenheit ist noch nichts Näheres bekannt; man hat im Publicum darüber bis jetzt nur Muthmaßungen, deren wahrscheinlichste die ist, daß Frankreich die Vermittelung übernehmen will in Betreff der Entschädigungen, die sowohl die englische Regierung als die Compagnie Taix, mit der der Schwefelcontract aufgelöst ist, ansprechen. Der König fand, als er Sonnabend Nachts von Gaeta zurückkam, obige Depeschen, und Sonntag Mittag war die Sache abgemacht, worauf noch am selbigen Tage Abends 8 Uhr das neapolitanische Dampfschiff Marie Christine mit französischer Flagge, den französischen Consul Hrn. v. Montigny so wie den englischen Gesandtschaftssecretär an Bord, auslief, um die Friedensbotschaft dem Commandanten des Bellerophon zu überbringen, den es auch nach zehnstündigem Suchen fand. Dieser fertigte sogleich ein Dampfschiff an Admiral Stopford nach Malta ab mit der Weisung des Gesandten, die Feindseligkeiten einzustellen und die genommenen Schiffe, deren man in den neapolitanischen Gewässern neun zählte, freizugeben, während das englische Dampfschiff Hydra sich sogleich hierher auf den Weg machte, und beim Ankerwerfen vor der Stadt mit 21 Schüssen salutirte. Heute folgte ihm auch der Bellerophon, der ein Gleiches that. Ebenso wurden gleich am Montag früh die sequestrirten englischen Schiffe wieder freigegeben. Mittags fand man folgende Ministerialnotification an der Börse angeschlagen: &#x201E;<hi rendition="#g">Ministerium des Kriegs und der Marine</hi>. &#x201E;Da die Streitigkeiten zwischen der königlichen Regierung und der von Großbritannien ausgeglichen sind (appianate), und demzufolge alle Feindseligkeiten von Seite der englischen Regierung gegen die neapolitanische Flagge aufhören, so will Se. M., daß auch die laut k. Rescripts vom 24 angeordnete Beschlagnahme aller in den Häfen des Königreichs liegenden Schiffe zurückgenommen werde. Im Namen des Königs theile ich dieß der Handelskammer mit, um es öffentlich bekannt zu machen. Der Departementschef <hi rendition="#g">Brochetti</hi>.&#x201C; &#x2013; Diese günstige Wendung hat allgemeine Freude erregt, namentlich auch bei den englischen Häusern, denen es anfing, etwas bange zu werden, da sie sich nicht vorgestellt hatten, daß die Sache so ernstlich werden würde. Sie wandten sich deßhalb an ihren Gesandten, um ihn zu bewegen, nicht zu weit zu gehen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Livorno,</hi> 1 Mai.</dateline>
          <p> Der Streit zwischen England und Neapel ist so weit beigelegt, daß beiderseits alle feindseligen Maaßregeln aufgehört haben. England wird demnach wohl seinen Zweck erreicht und das Schwefelmonopol beseitigt haben. Ob es dabei in seinem Rechte war, bleibt sehr zweifelhaft. Die allgemeine Meinung in Italien ist in dieser Sache gegen England. Man findet sein Betragen gewaltthätig und durchaus unwürdig. So mag es auf einer Seite gewonnen, auf der andern aber wieder verloren haben, denn wer vermag zu sagen, wie wichtig die allgemeine Meinung bei einer heute oder morgen ausbrechenden Katastrophe seyn dürfte? &#x2013; Seit einigen Tagen ist großer Begehr nach Actien zur Eisenbahn zwischen Livorno und Florenz eingetreten. Sie standen vor 12 Tagen auf 99, heute sind zu 106 keine Verkäufer. Binnen einigen Tagen erwartet man die definitive Bewilligung der Regierung, und dann wird gleich Hand ans Werk gelegt werden. Zuerst wird man die Bahn zwischen Livorno und Pisa vollenden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline> <hi rendition="#b">Rom.</hi> </dateline>
          <p><hi rendition="#g">Beschluß der päpstlichen Allocution</hi>. &#x201E;Rühmlich leuchtete dann das Bekenntniß des eingebornen Priesters Bernard <hi rendition="#g">Duê</hi>, eines ehrwürdigen Greises von dreiundachtzig Jahren, welcher, nach so vielen bestandenen Arbeiten und Mühsalen zum Heile der Seelen, von Alter und Krankheit verzehrt kaum mehr gehen konnte, und dennoch, als über seine Religion und seinen Priesterstand wiederholtes Geschrei erhoben wurde, sich aus einem besondern Antrieb der göttlichen Gnade, wie es Uns scheint, freiwillig den Soldaten auslieferte. Obgleich er nun, von diesen gefangen und sofort durch vielfache Quälerei zum Abfall vom Glauben umsonst versucht, nach den Staatsgesetzen jenes Reichs wegen überschrittenen Alters von achtzig Jahren nicht mehr mit der Todesstrafe belegt werden konnte, so geschah es dennoch durch Aufhebung dieses Vorrechts in seinem Falle, daß er im Anfange des Monats Augusts den glorreichen Tod für Christum mittelst Enthauptung erleiden durfte. Mit derselben Todesart wurde gleichzeitig ein anderer eingeborner Priester vom Prädicantenorden, Namens Dominicus <hi rendition="#g">Diêu</hi>-<hi rendition="#g">Hanh</hi> hingeschlachtet, welcher ebenfalls in früherer Zeit eifrigst für das Heil der Seelen gewirkt und kurz vor seinem Tode nicht wenige andere Martern für Christi Liebe muthig ertragen hatte. Nur einige Tage später starb freudig eines ähnlichen Todes für das Bekenntniß des Glaubens ein anderer Christusstreiter (Christi Athleta), Joseph <hi rendition="#g">Viên</hi>, auch dieser ein eingeborner Priester, der zuvor in den Pflichten des heiligen Amtes sechzig Jahre gearbeitet. Diesen folgte im Monat September ein anderer Priester jener Gegend, Petrus <hi rendition="#g">Tu</hi> vom Prädicantenorden, welcher, ehe er durch Abschlagung des Hauptes getödtet wurde, nicht nur inmitten der Folterqualen selbst auf das standhafteste im Glauben verharrt war, sondern auch die andern mit ihm gefesselten Christen furchtlos in Gegenwart der Richter zur Ausdauer ermahnt hatte. Sein Gefährte im Martyrtode war Joseph <hi rendition="#g">Kanh</hi>, ein Mann vorgerückten Alters vom Orden des h. Dominicus, auch er ein unter den Gläubigen seines Bezirks höchst angesehener, um die wahre Religion höchlich verdienter Geistlicher. Endlich im Monat November erlag der Priester Peter <hi rendition="#g">Dumoulin Borie</hi>, und mit ihm <hi rendition="#g">zwei eingeborne Priester</hi>, für Christi Liebe muthig dem Henkerbeil. Dieß, wie wir gesagt haben, ereignete sich im Jahre 1838. &#x2013; Neuerlich aber haben die Länder Cochinchina und Tonkin drei Helden Christi mit neuem Glanze der Tugend verherrlicht. Da sie, die im vorhergehenden Jahre wegen ihres Glaubensbekenntnisses in Tonkin in den Kerker geworfen worden, der Vorsteher der Provinz weder durch Schmeicheleien, noch durch Drohungen, noch auch durch Folterqualen von der Liebe Christi hatte losreißen können,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1029/0005] Italien. In einem Schreiben der Gazette de France aus Cività Vecchia vom 22 April heißt es: „Wenn der Streit zwischen England und Neapel nicht bald ein Ende nimmt, wird der König von Neapel Caperbriefe ausgeben. Dem englischen Handel werden die sicilischen Caperschiffe den größten Schaden zufügen, denn keine Nation der Welt ist zu einem solchen Handwerk besser geeignet. Das Sonderbarste bei all' diesen Dingen ist, daß der Krieg ausgebrochen ist und dennoch Hr. Temple sich fortwährend in Neapel befindet; ja von seinem Gesandtschaftspalast aus ertheilt er sogar dem Admiral Stopford Befehl, die neapolitanischen Schiffe wegzunehmen. So etwas hat man seiner Lebtage noch nicht gesehen.“ _ Neapel, 28 April. Seit den letzten Nachrichten (vom 25), welche die Lage der Dinge in einem sehr düstern Lichte, wie sie es auch wirklich waren, schilderten, hat sich hier Alles plötzlich verändert. Wie es scheint, hat das französische Cabinet die Wichtigkeit dieser englisch-neapolitanischen Streitigkeiten und die durch sie dem europäischen Frieden drohende Gefahr in ihrem ganzen Umfang erkannt, und die Nothwendigkeit eingesehen, einer nahestehenden Krisis durch ein rasches und ernstes Einschreiten zuvorzukommen, was schon aus der schnell auf einander folgenden Ankunft dreier französischen Kriegsdampfschiffe mit Depeschen an die französische Legation und an Se. Maj. den König hervorgeht. Ueber die Art und Weise der Beilegung dieser Angelegenheit ist noch nichts Näheres bekannt; man hat im Publicum darüber bis jetzt nur Muthmaßungen, deren wahrscheinlichste die ist, daß Frankreich die Vermittelung übernehmen will in Betreff der Entschädigungen, die sowohl die englische Regierung als die Compagnie Taix, mit der der Schwefelcontract aufgelöst ist, ansprechen. Der König fand, als er Sonnabend Nachts von Gaeta zurückkam, obige Depeschen, und Sonntag Mittag war die Sache abgemacht, worauf noch am selbigen Tage Abends 8 Uhr das neapolitanische Dampfschiff Marie Christine mit französischer Flagge, den französischen Consul Hrn. v. Montigny so wie den englischen Gesandtschaftssecretär an Bord, auslief, um die Friedensbotschaft dem Commandanten des Bellerophon zu überbringen, den es auch nach zehnstündigem Suchen fand. Dieser fertigte sogleich ein Dampfschiff an Admiral Stopford nach Malta ab mit der Weisung des Gesandten, die Feindseligkeiten einzustellen und die genommenen Schiffe, deren man in den neapolitanischen Gewässern neun zählte, freizugeben, während das englische Dampfschiff Hydra sich sogleich hierher auf den Weg machte, und beim Ankerwerfen vor der Stadt mit 21 Schüssen salutirte. Heute folgte ihm auch der Bellerophon, der ein Gleiches that. Ebenso wurden gleich am Montag früh die sequestrirten englischen Schiffe wieder freigegeben. Mittags fand man folgende Ministerialnotification an der Börse angeschlagen: „Ministerium des Kriegs und der Marine. „Da die Streitigkeiten zwischen der königlichen Regierung und der von Großbritannien ausgeglichen sind (appianate), und demzufolge alle Feindseligkeiten von Seite der englischen Regierung gegen die neapolitanische Flagge aufhören, so will Se. M., daß auch die laut k. Rescripts vom 24 angeordnete Beschlagnahme aller in den Häfen des Königreichs liegenden Schiffe zurückgenommen werde. Im Namen des Königs theile ich dieß der Handelskammer mit, um es öffentlich bekannt zu machen. Der Departementschef Brochetti.“ – Diese günstige Wendung hat allgemeine Freude erregt, namentlich auch bei den englischen Häusern, denen es anfing, etwas bange zu werden, da sie sich nicht vorgestellt hatten, daß die Sache so ernstlich werden würde. Sie wandten sich deßhalb an ihren Gesandten, um ihn zu bewegen, nicht zu weit zu gehen. _ Livorno, 1 Mai. Der Streit zwischen England und Neapel ist so weit beigelegt, daß beiderseits alle feindseligen Maaßregeln aufgehört haben. England wird demnach wohl seinen Zweck erreicht und das Schwefelmonopol beseitigt haben. Ob es dabei in seinem Rechte war, bleibt sehr zweifelhaft. Die allgemeine Meinung in Italien ist in dieser Sache gegen England. Man findet sein Betragen gewaltthätig und durchaus unwürdig. So mag es auf einer Seite gewonnen, auf der andern aber wieder verloren haben, denn wer vermag zu sagen, wie wichtig die allgemeine Meinung bei einer heute oder morgen ausbrechenden Katastrophe seyn dürfte? – Seit einigen Tagen ist großer Begehr nach Actien zur Eisenbahn zwischen Livorno und Florenz eingetreten. Sie standen vor 12 Tagen auf 99, heute sind zu 106 keine Verkäufer. Binnen einigen Tagen erwartet man die definitive Bewilligung der Regierung, und dann wird gleich Hand ans Werk gelegt werden. Zuerst wird man die Bahn zwischen Livorno und Pisa vollenden. _ Rom. Beschluß der päpstlichen Allocution. „Rühmlich leuchtete dann das Bekenntniß des eingebornen Priesters Bernard Duê, eines ehrwürdigen Greises von dreiundachtzig Jahren, welcher, nach so vielen bestandenen Arbeiten und Mühsalen zum Heile der Seelen, von Alter und Krankheit verzehrt kaum mehr gehen konnte, und dennoch, als über seine Religion und seinen Priesterstand wiederholtes Geschrei erhoben wurde, sich aus einem besondern Antrieb der göttlichen Gnade, wie es Uns scheint, freiwillig den Soldaten auslieferte. Obgleich er nun, von diesen gefangen und sofort durch vielfache Quälerei zum Abfall vom Glauben umsonst versucht, nach den Staatsgesetzen jenes Reichs wegen überschrittenen Alters von achtzig Jahren nicht mehr mit der Todesstrafe belegt werden konnte, so geschah es dennoch durch Aufhebung dieses Vorrechts in seinem Falle, daß er im Anfange des Monats Augusts den glorreichen Tod für Christum mittelst Enthauptung erleiden durfte. Mit derselben Todesart wurde gleichzeitig ein anderer eingeborner Priester vom Prädicantenorden, Namens Dominicus Diêu-Hanh hingeschlachtet, welcher ebenfalls in früherer Zeit eifrigst für das Heil der Seelen gewirkt und kurz vor seinem Tode nicht wenige andere Martern für Christi Liebe muthig ertragen hatte. Nur einige Tage später starb freudig eines ähnlichen Todes für das Bekenntniß des Glaubens ein anderer Christusstreiter (Christi Athleta), Joseph Viên, auch dieser ein eingeborner Priester, der zuvor in den Pflichten des heiligen Amtes sechzig Jahre gearbeitet. Diesen folgte im Monat September ein anderer Priester jener Gegend, Petrus Tu vom Prädicantenorden, welcher, ehe er durch Abschlagung des Hauptes getödtet wurde, nicht nur inmitten der Folterqualen selbst auf das standhafteste im Glauben verharrt war, sondern auch die andern mit ihm gefesselten Christen furchtlos in Gegenwart der Richter zur Ausdauer ermahnt hatte. Sein Gefährte im Martyrtode war Joseph Kanh, ein Mann vorgerückten Alters vom Orden des h. Dominicus, auch er ein unter den Gläubigen seines Bezirks höchst angesehener, um die wahre Religion höchlich verdienter Geistlicher. Endlich im Monat November erlag der Priester Peter Dumoulin Borie, und mit ihm zwei eingeborne Priester, für Christi Liebe muthig dem Henkerbeil. Dieß, wie wir gesagt haben, ereignete sich im Jahre 1838. – Neuerlich aber haben die Länder Cochinchina und Tonkin drei Helden Christi mit neuem Glanze der Tugend verherrlicht. Da sie, die im vorhergehenden Jahre wegen ihres Glaubensbekenntnisses in Tonkin in den Kerker geworfen worden, der Vorsteher der Provinz weder durch Schmeicheleien, noch durch Drohungen, noch auch durch Folterqualen von der Liebe Christi hatte losreißen können,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_129_18400508
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_129_18400508/5
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 129. Augsburg, 8. Mai 1840, S. 1029. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_129_18400508/5>, abgerufen am 29.04.2024.