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Allgemeine Zeitung. Nr. 145. Augsburg, 24. Mai 1840.

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(Wir verweisen auf unsern heutigen Brief aus Paris.

Deutschland.

Se. Maj. der König ist am 19 d. Nachmittags 4 Uhr mit zahlreichem Geleite von Personen aus allen Ständen, die dem Monarchen entgegenzogen, unter dem Jubel des Volkes in Würzburg angekommen. Ihre Maj. die Königin traf Tags vorher gegen 9 Uhr Abends daselbst ein. - Das heute erschienene Regierungsblatt bringt verschiedene Ernennungen und Beförderungen, von denen ich Ihnen die namhaftesten bereits gemeldet habe. Der k. preußische Oberkammerherr, wirklicher geheime Staats- und Minister des k. Hauses, Fürst v. Sayn und Wittgenstein, erhielt den k. bayerischen ersten hohen Hausorden vom heil. Hubertus. Unter den Personen, denen Gewerbsprivilegien verliehen worden, steht Auguste Frederic Louis Viesse de Marmont, Marechal, Duc et Pair de France, der auf seine Erfindung bezüglich einer verbesserten Einrichtung der Hochöfen für den Zeitraum von fünf Jahren ein Privilegium erhalten hat.

Schon Dienstags trafen viele und namhafte Reisende hier ein, um der Enthüllung des Standbilds Albrecht Dürers anzuwohnen. Als Vorfeier konnte die Kunstausstellung in dem Erdgeschoß der alterthümlichen Burg betrachtet werden, welche der Verein mit bedeutenden Kosten bereitet hatte. Die Zahl der Bilder ist groß, und vieles Löbliche darunter. Manche später angekommene Bilder werden vor künftiger Woche nicht sichtbar seyn. Kunstschätze im Besitz von Privatpersonen wurden von den Eigenthümern mit großer Liberalität den Fremden gezeigt, wie denn überhaupt ein wohlwollender, freundlicher Sinn die Nürnberger seit lange auszeichnet. Schmerzlich wurde die Anwesenheit Sr. Maj. des Königs vermißt, auf welche man gehofft hatte. Auch hatten wenige Künstler aus München sich eingefunden. Der Vorabend der Enthüllungsfeier wurde durch die Aufführung von Haydns Schöpfung im Rathhaussaale vor einem sehr zahlreichen Publicum und durch einen Fackelzug auf den St. Johanniskirchhof begangen, wo Dürers Gebeine ruhen. Leider störte ein heftiger Nordwestwind, und unmittelbar nachher ein kalter Regenschauer die Freude des Volks, welches alle Straßen durchwogte, durch welche der Zug kam. Dieser war von dem Hause Albrecht Dürers ausgegangen, dessen alterthümliche Außenseite mit den Wappen aller Städte geziert war, in denen Kunstvereine bestehen, und mit zahlreichen blau und weißen Fahnen. Ein sehr kalter Westwind ließ uns heute frühe befürchten, daß eine ähnliche Störung das Hauptfest verderben möchte, es fügte sich jedoch, daß, als der Festzug vom Rathhause über den Markt zog, und während der Enthüllungsfeier nur wenige halbgefrorne Tropfen fielen. Die Fenster aller Häuser waren mit Menschen gefüllt, und der Platz, auf welchem die Statue steht, wurde nur mit Mühe von der ausgerückten Landwehr frei erhalten. Denen Ihrer Leser, welche Nürnberg nicht kennen, möge genügen zu wissen, daß dieser Platz - früher Milchmarkt genannt - ansteigend und dreieckig ist, und daß die Statue in der Mitte der obern Linie ist, an deren Ecke zwei Straßen die Linie der Schenkel gegen den Schloßberg hin verlängern. Die Umgebung und besonders der Hintergrund sind charakteristisch, alterthümlich und die Häuser solid. Der Wind enthüllte die in bayerischen Landesfarben getheilte Decke theilweise vor der Zeit; als aber nach Gesang und Rede dieselbe fiel, so konnte man die dunkel und ohne Ciselirung ganz in der Gußhaut dastehende Statue nicht genug bewundern. Nach Absingung des bayerischen God save the King ging der Zug wieder vor das Rathhaus, und trennte sich dort. - Wenn man sich den ersten Eindrücken hingeben dürfte, so wäre man versucht, die Nacktheit und zu große Höhe des Postaments zu tadeln, welches wenigstens nicht der Weise des Künstlers entspricht, den es trägt. Das Nürnberger Wappen, der bekannte Jungfernadler, würde die Ecken mit zurückgeschlagenen Flügeln sehr gut geziert haben. Die einfache vergoldete Inschrift mit lateinischen Buchstaben scheint ebenfalls nicht zum Costume der Statue zu passen. - Doch, lassen wir die Ausstellungen beruhen, und freuen wir uns, daß im eigentlichen Herzen Deutschlands ein würdiges Denkmal durch Gemeinsinn entstanden, und ein Beweis mehr ist, wie lebenskräftig die durch so lange Zeit verfallende Stadt wieder emporblüht!

Ein Kaufmann fordert in einem besonders gedruckten, einem hiesigen Localblatte beigelegten Blatt auf, dem Geiste des Fortschreitens in Würtemberg nicht länger fremd zu bleiben, und die Vortheile der merkwürdig günstigen geographischen Lage geltend zu machen. An Würtemberg zunächst sey von der Natur die ehrenvolle und gewinnbringende Aufforderung ergangen, auf dem kürzesten und wohlfeilsten Wege den Rhein mit der Donau, die westlichen Länder mit den östlichen, den Ocean mit dem schwarzen Meere zu verbinden. Einige wenige durchgreifende Flußcorrectionen und Durchstiche machen die Neckarstraße für Schiffe von 1000 Centnern Tragfähigkeit 9 Monate lang des Jahrs fahrbar. Der Weg von Mannheim bis Kannstadt könne alsdann in 6-7 Tagen zurückgelegt, und die Fracht um 25 Proc. vermindert werden. Auf einen in Kannstadt beginnenden Canal, worauf eine nur sanfte Ansteigung der Neckar- und Vilsthalebene, so wie deren Wasserreichthum und der wasserhaltende Thonboden hinweisen, können die Neckarschiffe in zwei Tagen nach Geißlingen gelangen, von wo aus die Güter auf einer Pferde-Eisenbahn in 10 Stunden Ulm erreichen. Preußen führe eine Eisenbahn nach Köln, Holland und Belgien bauen in derselben Richtung, und Köln werde der Stapelplatz der über England und Holland kommenden Colonialwaaren, der Handelsort preußischer und belgischer Manufacturwaaren und Bodenerzeugnisse. Was die östliche Schweiz, Tyrol, die ausgebreiteten reichen Donauländer von jenen Gütern bedürfen, werden sie der Neckarstraße zuweisen; Oesterreich werde die Elbe verlassen, seine Colonialwaarenbedürfnisse statt in Hamburg, in England und Holland kaufen; die frequente Thalfahrt werde auch die Bergfahrt beleben, und diese auf die Thalfahrt des Neckars von wohlthätigem Einfluß seyn. Die Producte der österreichischen Monarchie und der untern Donauländer können auf dieser wohlfeilen Wasserstraße nach dem westlichen Deutschland, nach der Schweiz, nach Frankreich, England etc. gelangen, so wie gegenseitig die Waarenzüge aus der Schweiz und aus Italien die vom Bodensee nach Ulm führende Eisenbahn bedecken, und zur Belebung der Donau- und Neckarschifffahrt das Ihrige beitragen werden. Welche Handels- und Industriethätigkeit ein so großartiger Güterzug in Baden, Würtemberg und Bayern ins Leben rufen werde, könne auch der erfahrenste, mit dem Wesen des Handels bekannte Geschäftsmann nicht ermessen. Uebrigens lehre die Geschichte, was aus den süddeutschen Städten im Mittelalter geworden sey, als sie die Vermittler zwischen Venedig und der großen Hansa waren. Die würtembergische Regierung wird ermahnt, nicht länger zu säumen, Hand ans Werk zu legen, und vor einer Ausgabe von 10 bis 12 Millionen Gulden nicht zurückzutreten. Die Kosten der Unternehmung könnten zum Theil durch unverzinsliche Cassenscheine gedeckt werden etc.

Ein angeblich französischer Officier aus dem Elsaß sagt in einem unterm 10 Mai in diesem

(Wir verweisen auf unsern heutigen Brief aus Paris.

Deutschland.

Se. Maj. der König ist am 19 d. Nachmittags 4 Uhr mit zahlreichem Geleite von Personen aus allen Ständen, die dem Monarchen entgegenzogen, unter dem Jubel des Volkes in Würzburg angekommen. Ihre Maj. die Königin traf Tags vorher gegen 9 Uhr Abends daselbst ein. – Das heute erschienene Regierungsblatt bringt verschiedene Ernennungen und Beförderungen, von denen ich Ihnen die namhaftesten bereits gemeldet habe. Der k. preußische Oberkammerherr, wirklicher geheime Staats- und Minister des k. Hauses, Fürst v. Sayn und Wittgenstein, erhielt den k. bayerischen ersten hohen Hausorden vom heil. Hubertus. Unter den Personen, denen Gewerbsprivilegien verliehen worden, steht Auguste Frederic Louis Viesse de Marmont, Marechal, Duc et Pair de France, der auf seine Erfindung bezüglich einer verbesserten Einrichtung der Hochöfen für den Zeitraum von fünf Jahren ein Privilegium erhalten hat.

Schon Dienstags trafen viele und namhafte Reisende hier ein, um der Enthüllung des Standbilds Albrecht Dürers anzuwohnen. Als Vorfeier konnte die Kunstausstellung in dem Erdgeschoß der alterthümlichen Burg betrachtet werden, welche der Verein mit bedeutenden Kosten bereitet hatte. Die Zahl der Bilder ist groß, und vieles Löbliche darunter. Manche später angekommene Bilder werden vor künftiger Woche nicht sichtbar seyn. Kunstschätze im Besitz von Privatpersonen wurden von den Eigenthümern mit großer Liberalität den Fremden gezeigt, wie denn überhaupt ein wohlwollender, freundlicher Sinn die Nürnberger seit lange auszeichnet. Schmerzlich wurde die Anwesenheit Sr. Maj. des Königs vermißt, auf welche man gehofft hatte. Auch hatten wenige Künstler aus München sich eingefunden. Der Vorabend der Enthüllungsfeier wurde durch die Aufführung von Haydns Schöpfung im Rathhaussaale vor einem sehr zahlreichen Publicum und durch einen Fackelzug auf den St. Johanniskirchhof begangen, wo Dürers Gebeine ruhen. Leider störte ein heftiger Nordwestwind, und unmittelbar nachher ein kalter Regenschauer die Freude des Volks, welches alle Straßen durchwogte, durch welche der Zug kam. Dieser war von dem Hause Albrecht Dürers ausgegangen, dessen alterthümliche Außenseite mit den Wappen aller Städte geziert war, in denen Kunstvereine bestehen, und mit zahlreichen blau und weißen Fahnen. Ein sehr kalter Westwind ließ uns heute frühe befürchten, daß eine ähnliche Störung das Hauptfest verderben möchte, es fügte sich jedoch, daß, als der Festzug vom Rathhause über den Markt zog, und während der Enthüllungsfeier nur wenige halbgefrorne Tropfen fielen. Die Fenster aller Häuser waren mit Menschen gefüllt, und der Platz, auf welchem die Statue steht, wurde nur mit Mühe von der ausgerückten Landwehr frei erhalten. Denen Ihrer Leser, welche Nürnberg nicht kennen, möge genügen zu wissen, daß dieser Platz – früher Milchmarkt genannt – ansteigend und dreieckig ist, und daß die Statue in der Mitte der obern Linie ist, an deren Ecke zwei Straßen die Linie der Schenkel gegen den Schloßberg hin verlängern. Die Umgebung und besonders der Hintergrund sind charakteristisch, alterthümlich und die Häuser solid. Der Wind enthüllte die in bayerischen Landesfarben getheilte Decke theilweise vor der Zeit; als aber nach Gesang und Rede dieselbe fiel, so konnte man die dunkel und ohne Ciselirung ganz in der Gußhaut dastehende Statue nicht genug bewundern. Nach Absingung des bayerischen God save the King ging der Zug wieder vor das Rathhaus, und trennte sich dort. – Wenn man sich den ersten Eindrücken hingeben dürfte, so wäre man versucht, die Nacktheit und zu große Höhe des Postaments zu tadeln, welches wenigstens nicht der Weise des Künstlers entspricht, den es trägt. Das Nürnberger Wappen, der bekannte Jungfernadler, würde die Ecken mit zurückgeschlagenen Flügeln sehr gut geziert haben. Die einfache vergoldete Inschrift mit lateinischen Buchstaben scheint ebenfalls nicht zum Costume der Statue zu passen. – Doch, lassen wir die Ausstellungen beruhen, und freuen wir uns, daß im eigentlichen Herzen Deutschlands ein würdiges Denkmal durch Gemeinsinn entstanden, und ein Beweis mehr ist, wie lebenskräftig die durch so lange Zeit verfallende Stadt wieder emporblüht!

Ein Kaufmann fordert in einem besonders gedruckten, einem hiesigen Localblatte beigelegten Blatt auf, dem Geiste des Fortschreitens in Würtemberg nicht länger fremd zu bleiben, und die Vortheile der merkwürdig günstigen geographischen Lage geltend zu machen. An Würtemberg zunächst sey von der Natur die ehrenvolle und gewinnbringende Aufforderung ergangen, auf dem kürzesten und wohlfeilsten Wege den Rhein mit der Donau, die westlichen Länder mit den östlichen, den Ocean mit dem schwarzen Meere zu verbinden. Einige wenige durchgreifende Flußcorrectionen und Durchstiche machen die Neckarstraße für Schiffe von 1000 Centnern Tragfähigkeit 9 Monate lang des Jahrs fahrbar. Der Weg von Mannheim bis Kannstadt könne alsdann in 6-7 Tagen zurückgelegt, und die Fracht um 25 Proc. vermindert werden. Auf einen in Kannstadt beginnenden Canal, worauf eine nur sanfte Ansteigung der Neckar- und Vilsthalebene, so wie deren Wasserreichthum und der wasserhaltende Thonboden hinweisen, können die Neckarschiffe in zwei Tagen nach Geißlingen gelangen, von wo aus die Güter auf einer Pferde-Eisenbahn in 10 Stunden Ulm erreichen. Preußen führe eine Eisenbahn nach Köln, Holland und Belgien bauen in derselben Richtung, und Köln werde der Stapelplatz der über England und Holland kommenden Colonialwaaren, der Handelsort preußischer und belgischer Manufacturwaaren und Bodenerzeugnisse. Was die östliche Schweiz, Tyrol, die ausgebreiteten reichen Donauländer von jenen Gütern bedürfen, werden sie der Neckarstraße zuweisen; Oesterreich werde die Elbe verlassen, seine Colonialwaarenbedürfnisse statt in Hamburg, in England und Holland kaufen; die frequente Thalfahrt werde auch die Bergfahrt beleben, und diese auf die Thalfahrt des Neckars von wohlthätigem Einfluß seyn. Die Producte der österreichischen Monarchie und der untern Donauländer können auf dieser wohlfeilen Wasserstraße nach dem westlichen Deutschland, nach der Schweiz, nach Frankreich, England etc. gelangen, so wie gegenseitig die Waarenzüge aus der Schweiz und aus Italien die vom Bodensee nach Ulm führende Eisenbahn bedecken, und zur Belebung der Donau- und Neckarschifffahrt das Ihrige beitragen werden. Welche Handels- und Industriethätigkeit ein so großartiger Güterzug in Baden, Würtemberg und Bayern ins Leben rufen werde, könne auch der erfahrenste, mit dem Wesen des Handels bekannte Geschäftsmann nicht ermessen. Uebrigens lehre die Geschichte, was aus den süddeutschen Städten im Mittelalter geworden sey, als sie die Vermittler zwischen Venedig und der großen Hansa waren. Die würtembergische Regierung wird ermahnt, nicht länger zu säumen, Hand ans Werk zu legen, und vor einer Ausgabe von 10 bis 12 Millionen Gulden nicht zurückzutreten. Die Kosten der Unternehmung könnten zum Theil durch unverzinsliche Cassenscheine gedeckt werden etc.

Ein angeblich französischer Officier aus dem Elsaß sagt in einem unterm 10 Mai in diesem

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[1157/0005] (Wir verweisen auf unsern heutigen Brief aus Paris. _ ) Deutschland. _ München, 22 Mai. Se. Maj. der König ist am 19 d. Nachmittags 4 Uhr mit zahlreichem Geleite von Personen aus allen Ständen, die dem Monarchen entgegenzogen, unter dem Jubel des Volkes in Würzburg angekommen. Ihre Maj. die Königin traf Tags vorher gegen 9 Uhr Abends daselbst ein. – Das heute erschienene Regierungsblatt bringt verschiedene Ernennungen und Beförderungen, von denen ich Ihnen die namhaftesten bereits gemeldet habe. Der k. preußische Oberkammerherr, wirklicher geheime Staats- und Minister des k. Hauses, Fürst v. Sayn und Wittgenstein, erhielt den k. bayerischen ersten hohen Hausorden vom heil. Hubertus. Unter den Personen, denen Gewerbsprivilegien verliehen worden, steht Auguste Frederic Louis Viesse de Marmont, Marechal, Duc et Pair de France, der auf seine Erfindung bezüglich einer verbesserten Einrichtung der Hochöfen für den Zeitraum von fünf Jahren ein Privilegium erhalten hat. _ Nürnberg, 22 Mai. Schon Dienstags trafen viele und namhafte Reisende hier ein, um der Enthüllung des Standbilds Albrecht Dürers anzuwohnen. Als Vorfeier konnte die Kunstausstellung in dem Erdgeschoß der alterthümlichen Burg betrachtet werden, welche der Verein mit bedeutenden Kosten bereitet hatte. Die Zahl der Bilder ist groß, und vieles Löbliche darunter. Manche später angekommene Bilder werden vor künftiger Woche nicht sichtbar seyn. Kunstschätze im Besitz von Privatpersonen wurden von den Eigenthümern mit großer Liberalität den Fremden gezeigt, wie denn überhaupt ein wohlwollender, freundlicher Sinn die Nürnberger seit lange auszeichnet. Schmerzlich wurde die Anwesenheit Sr. Maj. des Königs vermißt, auf welche man gehofft hatte. Auch hatten wenige Künstler aus München sich eingefunden. Der Vorabend der Enthüllungsfeier wurde durch die Aufführung von Haydns Schöpfung im Rathhaussaale vor einem sehr zahlreichen Publicum und durch einen Fackelzug auf den St. Johanniskirchhof begangen, wo Dürers Gebeine ruhen. Leider störte ein heftiger Nordwestwind, und unmittelbar nachher ein kalter Regenschauer die Freude des Volks, welches alle Straßen durchwogte, durch welche der Zug kam. Dieser war von dem Hause Albrecht Dürers ausgegangen, dessen alterthümliche Außenseite mit den Wappen aller Städte geziert war, in denen Kunstvereine bestehen, und mit zahlreichen blau und weißen Fahnen. Ein sehr kalter Westwind ließ uns heute frühe befürchten, daß eine ähnliche Störung das Hauptfest verderben möchte, es fügte sich jedoch, daß, als der Festzug vom Rathhause über den Markt zog, und während der Enthüllungsfeier nur wenige halbgefrorne Tropfen fielen. Die Fenster aller Häuser waren mit Menschen gefüllt, und der Platz, auf welchem die Statue steht, wurde nur mit Mühe von der ausgerückten Landwehr frei erhalten. Denen Ihrer Leser, welche Nürnberg nicht kennen, möge genügen zu wissen, daß dieser Platz – früher Milchmarkt genannt – ansteigend und dreieckig ist, und daß die Statue in der Mitte der obern Linie ist, an deren Ecke zwei Straßen die Linie der Schenkel gegen den Schloßberg hin verlängern. Die Umgebung und besonders der Hintergrund sind charakteristisch, alterthümlich und die Häuser solid. Der Wind enthüllte die in bayerischen Landesfarben getheilte Decke theilweise vor der Zeit; als aber nach Gesang und Rede dieselbe fiel, so konnte man die dunkel und ohne Ciselirung ganz in der Gußhaut dastehende Statue nicht genug bewundern. Nach Absingung des bayerischen God save the King ging der Zug wieder vor das Rathhaus, und trennte sich dort. – Wenn man sich den ersten Eindrücken hingeben dürfte, so wäre man versucht, die Nacktheit und zu große Höhe des Postaments zu tadeln, welches wenigstens nicht der Weise des Künstlers entspricht, den es trägt. Das Nürnberger Wappen, der bekannte Jungfernadler, würde die Ecken mit zurückgeschlagenen Flügeln sehr gut geziert haben. Die einfache vergoldete Inschrift mit lateinischen Buchstaben scheint ebenfalls nicht zum Costume der Statue zu passen. – Doch, lassen wir die Ausstellungen beruhen, und freuen wir uns, daß im eigentlichen Herzen Deutschlands ein würdiges Denkmal durch Gemeinsinn entstanden, und ein Beweis mehr ist, wie lebenskräftig die durch so lange Zeit verfallende Stadt wieder emporblüht! _ Stuttgart, 17 Mai. Ein Kaufmann fordert in einem besonders gedruckten, einem hiesigen Localblatte beigelegten Blatt auf, dem Geiste des Fortschreitens in Würtemberg nicht länger fremd zu bleiben, und die Vortheile der merkwürdig günstigen geographischen Lage geltend zu machen. An Würtemberg zunächst sey von der Natur die ehrenvolle und gewinnbringende Aufforderung ergangen, auf dem kürzesten und wohlfeilsten Wege den Rhein mit der Donau, die westlichen Länder mit den östlichen, den Ocean mit dem schwarzen Meere zu verbinden. Einige wenige durchgreifende Flußcorrectionen und Durchstiche machen die Neckarstraße für Schiffe von 1000 Centnern Tragfähigkeit 9 Monate lang des Jahrs fahrbar. Der Weg von Mannheim bis Kannstadt könne alsdann in 6-7 Tagen zurückgelegt, und die Fracht um 25 Proc. vermindert werden. Auf einen in Kannstadt beginnenden Canal, worauf eine nur sanfte Ansteigung der Neckar- und Vilsthalebene, so wie deren Wasserreichthum und der wasserhaltende Thonboden hinweisen, können die Neckarschiffe in zwei Tagen nach Geißlingen gelangen, von wo aus die Güter auf einer Pferde-Eisenbahn in 10 Stunden Ulm erreichen. Preußen führe eine Eisenbahn nach Köln, Holland und Belgien bauen in derselben Richtung, und Köln werde der Stapelplatz der über England und Holland kommenden Colonialwaaren, der Handelsort preußischer und belgischer Manufacturwaaren und Bodenerzeugnisse. Was die östliche Schweiz, Tyrol, die ausgebreiteten reichen Donauländer von jenen Gütern bedürfen, werden sie der Neckarstraße zuweisen; Oesterreich werde die Elbe verlassen, seine Colonialwaarenbedürfnisse statt in Hamburg, in England und Holland kaufen; die frequente Thalfahrt werde auch die Bergfahrt beleben, und diese auf die Thalfahrt des Neckars von wohlthätigem Einfluß seyn. Die Producte der österreichischen Monarchie und der untern Donauländer können auf dieser wohlfeilen Wasserstraße nach dem westlichen Deutschland, nach der Schweiz, nach Frankreich, England etc. gelangen, so wie gegenseitig die Waarenzüge aus der Schweiz und aus Italien die vom Bodensee nach Ulm führende Eisenbahn bedecken, und zur Belebung der Donau- und Neckarschifffahrt das Ihrige beitragen werden. Welche Handels- und Industriethätigkeit ein so großartiger Güterzug in Baden, Würtemberg und Bayern ins Leben rufen werde, könne auch der erfahrenste, mit dem Wesen des Handels bekannte Geschäftsmann nicht ermessen. Uebrigens lehre die Geschichte, was aus den süddeutschen Städten im Mittelalter geworden sey, als sie die Vermittler zwischen Venedig und der großen Hansa waren. Die würtembergische Regierung wird ermahnt, nicht länger zu säumen, Hand ans Werk zu legen, und vor einer Ausgabe von 10 bis 12 Millionen Gulden nicht zurückzutreten. Die Kosten der Unternehmung könnten zum Theil durch unverzinsliche Cassenscheine gedeckt werden etc. _ Mannheim, 20 Mai. Ein angeblich französischer Officier aus dem Elsaß sagt in einem unterm 10 Mai in diesem

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 145. Augsburg, 24. Mai 1840, S. 1157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_145_18400524/5>, abgerufen am 26.04.2024.