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Allgemeine Zeitung. Nr. 150. Augsburg, 29. Mai 1840.

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zwischen himmelanstrebenden Felsenzinnen die Fortsetzung der Ebene von Mistra, geschlossen vom Bergzug des Malevo.

Der Dimarch trieb vorwärts, denn wir hatten nicht mehr als noch zwei Stunden Tag vor uns, und sollten noch die höchsten Hirtenzelte an der Quelle des Berghuhns erreichen, die ungefähr 2500 Fuß tief unter dem Gipfel Agios Elias entspringt. Hinter Kumusta wird nun mit jedem Schritt das Land rauher und wilder, und bald erblickt man nichts mehr als Felsen, Pinien oder Tannen, durch die man den gefährlichen Weg mühsam suchen muß. Einmal, als wir an der Höhe eines Abhangs hinzogen, versammelte sich auf einem tiefer liegenden Plateau eine ganze Compagnie Hirtenhunde, um uns mit unmächtiger Wuth und widerwärtigem Lärm anzubellen, doch Menschen ließen sich nirgends blicken. Wir übersahen die Vorberge des Taygetos jetzt hinlänglich, um hinter ihnen eine Ansicht des Meeres zu gewinnen, wo auf der blauen Fluth Cytherens Insel, wie von Flor umhüllt, im Schlafe ruhte. Der Pinienwald, welcher uns hier oben umgab, war nicht sehr dicht, bestand aber aus uralten Bäumen, deren Stämme, oft von Hirtenfeuern schwarz verkohlt und ausgehöhlt, die Dicke unserer stärksten Kiefern erreichten und an Umfang der Aeste unsern größten Eichen nicht nachstanden. Leider ward das Wetter mit der Dämmerung sehr dunstig, und als wir bei schon aufgegangenem Monde das Ziel der Tagesfahrt erreichten, fanden wir die Schlucht von Puli-Vrisi mit grauen Nebeln angefüllt, die ein heftiger und eiskalter Wind nicht zu zertheilen vermochte. Die Hirten zündeten ein großes Feuer an, um das sich die ganze Gesellschaft theils auf Teppichen, theils auf der nackten Erde unter einer Pinie lagerte, deren Laubdach 90 Fuß im Durchmesser maß. Nichts konnte einer Räuberbande ähnlicher sehen (und mehr als zur Hälfte war es auch vielleicht nichts Anderes) als dieser Bivouac mit den verschiedensten Figuren, Trachten und Sitten, Jeder bewaffnet auf seinem Mantel liegend, während der Bocksschlauch mit Wein die Runde machte, und ein ganzer Hammel an rothen Flammen schmorte, deren Dampfwolken und Aschenfunken der Wind nicht selten wie einen Feuerregen über uns und unsere geladenen Gewehre hinwegwirbelte.

Nach beendetem Mahle ward aus dem Schulterblattknochen des gebratenen Hammels gewahrsagt, worein die Griechen den festesten Glauben setzen. Man hält den transparenten Knochen gegen die Flamme wie einen Lichtschirm und untersucht die verschiedenen Figuren, die sich in Roth und Schwarz auf ihm abzeichnen. Die eine, stärkere Seite bedeutet immer die eigene, die entgegengesetzte die feindliche Partei, und aus gewissen Stellungen der Figuren nebst andern mir unbekannten geheimnißvollen Anzeichen erkennt man die bevorstehende Zukunft. Das Resultat schien heute günstig ausgefallen zu seyn, denn Zufriedenheit zeigte sich auf allen vom Wein und Feuer gerötheten Gesichtern, und Jeder suchte endlich den Schlaf mit Gedanken, die nur ihm und Gott bekannt waren.

(Beschluß folgt.)

Aufruf zur Gründung einer Nationalflagge Deutschlands.

Der deutsche Zollverband war unstreitig ein großer Schritt zur Vereinheitung unsers zersplitterten Wirkens. Innig verknüpft mit diesem Bunde, aber vielleicht allgemein übersehen, ist die Nothwendigkeit einer Vereinigung unserer Handelsschifffahrt unter gleicher Flagge. Der Tonnengehalt der Schiffe, welche den drei Hansestädten angehören, beträgt jetzt 46,350 Lasten oder 139,050 Tonnen. Die Zahl der Schiffe wird auf 435 angegeben, wovon 198 auf Bremen, 174 auf Hamburg und 63 auf Lübeck kommen. Preußens Handelsmacht zählte im Jahr 1831 652 Seeschiffe mit 76,987 Lasten oder 230,961 Tonnen. Gegen Ende des laufenden Jahres wird sich die Zahl der Schiffe in den Hansestädten auf 450 vermehrt haben, und jene des preußischen Staats können füglich auf 700 angenommen werden. Wir haben also eine Handelsmacht von ungefähr 1150 Schiffen mit einem Gehalt von 392,000 Tonnen. Die Schiffe der Hansestädte zeigen sich jetzt auf allen Meeren. Man sieht sie in Westindien, Brasilien, auf der Westküste von Amerika, in Australien, auf den Philippinen, in vielen andern ostindischen Inseln, auf den Küsten von Afrika, kurz fast in allen Theilen der Welt. Ueberall aber werden ihnen die Vortheile, welche mächtigere Staaten in ihrer Schifffahrt genießen, im Auslande versagt; selbst das kleine, kraftlose Portugal hat eine vortheilhaftere Stellung sich errungen. Bei den Fortschritten unseres Gewerbfleißes ist es daher eine wichtige Angelegenheit des deutschen Zollvereins unter dem kräftigen Schutz Preußens eine Nationalflagge zu gründen, und dem deutschen Handel alle jene Vortheile zu sichern, welche die begünstigtsten Staaten in fremden Häfen genießen. Deutschland hat zwar keine Seemacht zur Unterstützung seines Handels, aber es hat eine moralische Macht, die kein anderer Staat besitzt. In allen Gefilden dieser weiten Erde kann der Deutsche mit Selbstgefühl sich zeigen, er hat die Rechte keines fremden Volks verletzt, während die meisten andern europäischen Staaten ihre Handelsverbindungen mit Blut und Unterdrückung besiegelt haben. Wollen wir aber diese große Angelegenheit ins Leben führen, so muß jede Engherzigkeit bei Seite gesetzt, nur das große Ziel im Auge behalten werden. Alle Nachtheile liegen in der Zerstücklung der Volksinteressen, aller Vortheil in ihrer kräftigen Vereinigung. Schon zur Zeit der Hansa hatte der Großmeister des deutschen Ordens in Preußen die Würde eines Bundesbeschützers der vereinten Städte bei den fremden Mächten, ohne Obergewalt, aber als würdiger Stimmführer ihrer Angelegenheiten. Bei dem energischen Geist der preußischen Regierung und den nicht genug beachteten innern Kräften unseres Bundes können wir uns einer steigenden Geschäftsverbindung erfreuen, wenn wir Alle mit Herz und Mund zusammenstimmen und willig ein kleines Opfer bringen. In allen Gegenden der Welt, wo wir bereits ansehnliche Verbindungen haben, und auch da, wo wir noch keine haben, doch aber Aussicht zu einem beträchtlichen Verkehr vorhanden ist, müssen wir Consuln ernennen, nicht etwa dort angesiedelte Handelshäuser, die nur an sich selbst denken, sondern durch Bildung, Geist und Kenntnisse ausgezeichnete Männer, welche die Rechte unserer Flagge bewahren, vortheilhafte Verträge abschließen und dem Verkehr mit dem Mutterlande den höchsten Aufschwung geben. Andere Staaten thun dasselbe; warum sollten wir es nicht auch thun? Man sehe nur, mit welcher Gier Engländer und Franzosen über Trapezunt hergefallen sind, um eine Verbindung mit dem Innern Asiens zu eröffnen. Durch den Handelsvertrag, welchen die Hansestädte mit der Türkei abgeschlossen haben, ist uns der Weg nach dem schwarzen Meere offen, und Trapezunt ist auch für uns erstanden; aber wenn irgendwo die Tafel gedeckt ist, nähren wir uns, die deutschen Bettler, von den Brosamen, die von der Herren Tische fallen. Wenden wir aber unsere Kräfte vernünftig an, so bedecken in wenigen Jahrzehnten zweitausend deutsche Schiffe die Meere. Statt uns von andern Händen bedienen zu lassen, können wir uns selbst rühren. Alles, was auf Schiffbau Bezug hat, besitzen wir im Ueberfluß; nirgends werden die Schiffe besser und wohlfeiler gebaut als bei uns. Was uns fehlte, wäre eine kleine Seemacht,

zwischen himmelanstrebenden Felsenzinnen die Fortsetzung der Ebene von Mistra, geschlossen vom Bergzug des Málevó.

Der Dimarch trieb vorwärts, denn wir hatten nicht mehr als noch zwei Stunden Tag vor uns, und sollten noch die höchsten Hirtenzelte an der Quelle des Berghuhns erreichen, die ungefähr 2500 Fuß tief unter dem Gipfel Agios Elias entspringt. Hinter Kúmusta wird nun mit jedem Schritt das Land rauher und wilder, und bald erblickt man nichts mehr als Felsen, Pinien oder Tannen, durch die man den gefährlichen Weg mühsam suchen muß. Einmal, als wir an der Höhe eines Abhangs hinzogen, versammelte sich auf einem tiefer liegenden Plateau eine ganze Compagnie Hirtenhunde, um uns mit unmächtiger Wuth und widerwärtigem Lärm anzubellen, doch Menschen ließen sich nirgends blicken. Wir übersahen die Vorberge des Taygetos jetzt hinlänglich, um hinter ihnen eine Ansicht des Meeres zu gewinnen, wo auf der blauen Fluth Cytherens Insel, wie von Flor umhüllt, im Schlafe ruhte. Der Pinienwald, welcher uns hier oben umgab, war nicht sehr dicht, bestand aber aus uralten Bäumen, deren Stämme, oft von Hirtenfeuern schwarz verkohlt und ausgehöhlt, die Dicke unserer stärksten Kiefern erreichten und an Umfang der Aeste unsern größten Eichen nicht nachstanden. Leider ward das Wetter mit der Dämmerung sehr dunstig, und als wir bei schon aufgegangenem Monde das Ziel der Tagesfahrt erreichten, fanden wir die Schlucht von Puli-Vrisi mit grauen Nebeln angefüllt, die ein heftiger und eiskalter Wind nicht zu zertheilen vermochte. Die Hirten zündeten ein großes Feuer an, um das sich die ganze Gesellschaft theils auf Teppichen, theils auf der nackten Erde unter einer Pinie lagerte, deren Laubdach 90 Fuß im Durchmesser maß. Nichts konnte einer Räuberbande ähnlicher sehen (und mehr als zur Hälfte war es auch vielleicht nichts Anderes) als dieser Bivouac mit den verschiedensten Figuren, Trachten und Sitten, Jeder bewaffnet auf seinem Mantel liegend, während der Bocksschlauch mit Wein die Runde machte, und ein ganzer Hammel an rothen Flammen schmorte, deren Dampfwolken und Aschenfunken der Wind nicht selten wie einen Feuerregen über uns und unsere geladenen Gewehre hinwegwirbelte.

Nach beendetem Mahle ward aus dem Schulterblattknochen des gebratenen Hammels gewahrsagt, worein die Griechen den festesten Glauben setzen. Man hält den transparenten Knochen gegen die Flamme wie einen Lichtschirm und untersucht die verschiedenen Figuren, die sich in Roth und Schwarz auf ihm abzeichnen. Die eine, stärkere Seite bedeutet immer die eigene, die entgegengesetzte die feindliche Partei, und aus gewissen Stellungen der Figuren nebst andern mir unbekannten geheimnißvollen Anzeichen erkennt man die bevorstehende Zukunft. Das Resultat schien heute günstig ausgefallen zu seyn, denn Zufriedenheit zeigte sich auf allen vom Wein und Feuer gerötheten Gesichtern, und Jeder suchte endlich den Schlaf mit Gedanken, die nur ihm und Gott bekannt waren.

(Beschluß folgt.)

Aufruf zur Gründung einer Nationalflagge Deutschlands.

Der deutsche Zollverband war unstreitig ein großer Schritt zur Vereinheitung unsers zersplitterten Wirkens. Innig verknüpft mit diesem Bunde, aber vielleicht allgemein übersehen, ist die Nothwendigkeit einer Vereinigung unserer Handelsschifffahrt unter gleicher Flagge. Der Tonnengehalt der Schiffe, welche den drei Hansestädten angehören, beträgt jetzt 46,350 Lasten oder 139,050 Tonnen. Die Zahl der Schiffe wird auf 435 angegeben, wovon 198 auf Bremen, 174 auf Hamburg und 63 auf Lübeck kommen. Preußens Handelsmacht zählte im Jahr 1831 652 Seeschiffe mit 76,987 Lasten oder 230,961 Tonnen. Gegen Ende des laufenden Jahres wird sich die Zahl der Schiffe in den Hansestädten auf 450 vermehrt haben, und jene des preußischen Staats können füglich auf 700 angenommen werden. Wir haben also eine Handelsmacht von ungefähr 1150 Schiffen mit einem Gehalt von 392,000 Tonnen. Die Schiffe der Hansestädte zeigen sich jetzt auf allen Meeren. Man sieht sie in Westindien, Brasilien, auf der Westküste von Amerika, in Australien, auf den Philippinen, in vielen andern ostindischen Inseln, auf den Küsten von Afrika, kurz fast in allen Theilen der Welt. Ueberall aber werden ihnen die Vortheile, welche mächtigere Staaten in ihrer Schifffahrt genießen, im Auslande versagt; selbst das kleine, kraftlose Portugal hat eine vortheilhaftere Stellung sich errungen. Bei den Fortschritten unseres Gewerbfleißes ist es daher eine wichtige Angelegenheit des deutschen Zollvereins unter dem kräftigen Schutz Preußens eine Nationalflagge zu gründen, und dem deutschen Handel alle jene Vortheile zu sichern, welche die begünstigtsten Staaten in fremden Häfen genießen. Deutschland hat zwar keine Seemacht zur Unterstützung seines Handels, aber es hat eine moralische Macht, die kein anderer Staat besitzt. In allen Gefilden dieser weiten Erde kann der Deutsche mit Selbstgefühl sich zeigen, er hat die Rechte keines fremden Volks verletzt, während die meisten andern europäischen Staaten ihre Handelsverbindungen mit Blut und Unterdrückung besiegelt haben. Wollen wir aber diese große Angelegenheit ins Leben führen, so muß jede Engherzigkeit bei Seite gesetzt, nur das große Ziel im Auge behalten werden. Alle Nachtheile liegen in der Zerstücklung der Volksinteressen, aller Vortheil in ihrer kräftigen Vereinigung. Schon zur Zeit der Hansa hatte der Großmeister des deutschen Ordens in Preußen die Würde eines Bundesbeschützers der vereinten Städte bei den fremden Mächten, ohne Obergewalt, aber als würdiger Stimmführer ihrer Angelegenheiten. Bei dem energischen Geist der preußischen Regierung und den nicht genug beachteten innern Kräften unseres Bundes können wir uns einer steigenden Geschäftsverbindung erfreuen, wenn wir Alle mit Herz und Mund zusammenstimmen und willig ein kleines Opfer bringen. In allen Gegenden der Welt, wo wir bereits ansehnliche Verbindungen haben, und auch da, wo wir noch keine haben, doch aber Aussicht zu einem beträchtlichen Verkehr vorhanden ist, müssen wir Consuln ernennen, nicht etwa dort angesiedelte Handelshäuser, die nur an sich selbst denken, sondern durch Bildung, Geist und Kenntnisse ausgezeichnete Männer, welche die Rechte unserer Flagge bewahren, vortheilhafte Verträge abschließen und dem Verkehr mit dem Mutterlande den höchsten Aufschwung geben. Andere Staaten thun dasselbe; warum sollten wir es nicht auch thun? Man sehe nur, mit welcher Gier Engländer und Franzosen über Trapezunt hergefallen sind, um eine Verbindung mit dem Innern Asiens zu eröffnen. Durch den Handelsvertrag, welchen die Hansestädte mit der Türkei abgeschlossen haben, ist uns der Weg nach dem schwarzen Meere offen, und Trapezunt ist auch für uns erstanden; aber wenn irgendwo die Tafel gedeckt ist, nähren wir uns, die deutschen Bettler, von den Brosamen, die von der Herren Tische fallen. Wenden wir aber unsere Kräfte vernünftig an, so bedecken in wenigen Jahrzehnten zweitausend deutsche Schiffe die Meere. Statt uns von andern Händen bedienen zu lassen, können wir uns selbst rühren. Alles, was auf Schiffbau Bezug hat, besitzen wir im Ueberfluß; nirgends werden die Schiffe besser und wohlfeiler gebaut als bei uns. Was uns fehlte, wäre eine kleine Seemacht,

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[1194/0010] zwischen himmelanstrebenden Felsenzinnen die Fortsetzung der Ebene von Mistra, geschlossen vom Bergzug des Málevó. Der Dimarch trieb vorwärts, denn wir hatten nicht mehr als noch zwei Stunden Tag vor uns, und sollten noch die höchsten Hirtenzelte an der Quelle des Berghuhns erreichen, die ungefähr 2500 Fuß tief unter dem Gipfel Agios Elias entspringt. Hinter Kúmusta wird nun mit jedem Schritt das Land rauher und wilder, und bald erblickt man nichts mehr als Felsen, Pinien oder Tannen, durch die man den gefährlichen Weg mühsam suchen muß. Einmal, als wir an der Höhe eines Abhangs hinzogen, versammelte sich auf einem tiefer liegenden Plateau eine ganze Compagnie Hirtenhunde, um uns mit unmächtiger Wuth und widerwärtigem Lärm anzubellen, doch Menschen ließen sich nirgends blicken. Wir übersahen die Vorberge des Taygetos jetzt hinlänglich, um hinter ihnen eine Ansicht des Meeres zu gewinnen, wo auf der blauen Fluth Cytherens Insel, wie von Flor umhüllt, im Schlafe ruhte. Der Pinienwald, welcher uns hier oben umgab, war nicht sehr dicht, bestand aber aus uralten Bäumen, deren Stämme, oft von Hirtenfeuern schwarz verkohlt und ausgehöhlt, die Dicke unserer stärksten Kiefern erreichten und an Umfang der Aeste unsern größten Eichen nicht nachstanden. Leider ward das Wetter mit der Dämmerung sehr dunstig, und als wir bei schon aufgegangenem Monde das Ziel der Tagesfahrt erreichten, fanden wir die Schlucht von Puli-Vrisi mit grauen Nebeln angefüllt, die ein heftiger und eiskalter Wind nicht zu zertheilen vermochte. Die Hirten zündeten ein großes Feuer an, um das sich die ganze Gesellschaft theils auf Teppichen, theils auf der nackten Erde unter einer Pinie lagerte, deren Laubdach 90 Fuß im Durchmesser maß. Nichts konnte einer Räuberbande ähnlicher sehen (und mehr als zur Hälfte war es auch vielleicht nichts Anderes) als dieser Bivouac mit den verschiedensten Figuren, Trachten und Sitten, Jeder bewaffnet auf seinem Mantel liegend, während der Bocksschlauch mit Wein die Runde machte, und ein ganzer Hammel an rothen Flammen schmorte, deren Dampfwolken und Aschenfunken der Wind nicht selten wie einen Feuerregen über uns und unsere geladenen Gewehre hinwegwirbelte. Nach beendetem Mahle ward aus dem Schulterblattknochen des gebratenen Hammels gewahrsagt, worein die Griechen den festesten Glauben setzen. Man hält den transparenten Knochen gegen die Flamme wie einen Lichtschirm und untersucht die verschiedenen Figuren, die sich in Roth und Schwarz auf ihm abzeichnen. Die eine, stärkere Seite bedeutet immer die eigene, die entgegengesetzte die feindliche Partei, und aus gewissen Stellungen der Figuren nebst andern mir unbekannten geheimnißvollen Anzeichen erkennt man die bevorstehende Zukunft. Das Resultat schien heute günstig ausgefallen zu seyn, denn Zufriedenheit zeigte sich auf allen vom Wein und Feuer gerötheten Gesichtern, und Jeder suchte endlich den Schlaf mit Gedanken, die nur ihm und Gott bekannt waren. (Beschluß folgt.) Aufruf zur Gründung einer Nationalflagge Deutschlands. _ Von der Elbe. Der deutsche Zollverband war unstreitig ein großer Schritt zur Vereinheitung unsers zersplitterten Wirkens. Innig verknüpft mit diesem Bunde, aber vielleicht allgemein übersehen, ist die Nothwendigkeit einer Vereinigung unserer Handelsschifffahrt unter gleicher Flagge. Der Tonnengehalt der Schiffe, welche den drei Hansestädten angehören, beträgt jetzt 46,350 Lasten oder 139,050 Tonnen. Die Zahl der Schiffe wird auf 435 angegeben, wovon 198 auf Bremen, 174 auf Hamburg und 63 auf Lübeck kommen. Preußens Handelsmacht zählte im Jahr 1831 652 Seeschiffe mit 76,987 Lasten oder 230,961 Tonnen. Gegen Ende des laufenden Jahres wird sich die Zahl der Schiffe in den Hansestädten auf 450 vermehrt haben, und jene des preußischen Staats können füglich auf 700 angenommen werden. Wir haben also eine Handelsmacht von ungefähr 1150 Schiffen mit einem Gehalt von 392,000 Tonnen. Die Schiffe der Hansestädte zeigen sich jetzt auf allen Meeren. Man sieht sie in Westindien, Brasilien, auf der Westküste von Amerika, in Australien, auf den Philippinen, in vielen andern ostindischen Inseln, auf den Küsten von Afrika, kurz fast in allen Theilen der Welt. Ueberall aber werden ihnen die Vortheile, welche mächtigere Staaten in ihrer Schifffahrt genießen, im Auslande versagt; selbst das kleine, kraftlose Portugal hat eine vortheilhaftere Stellung sich errungen. Bei den Fortschritten unseres Gewerbfleißes ist es daher eine wichtige Angelegenheit des deutschen Zollvereins unter dem kräftigen Schutz Preußens eine Nationalflagge zu gründen, und dem deutschen Handel alle jene Vortheile zu sichern, welche die begünstigtsten Staaten in fremden Häfen genießen. Deutschland hat zwar keine Seemacht zur Unterstützung seines Handels, aber es hat eine moralische Macht, die kein anderer Staat besitzt. In allen Gefilden dieser weiten Erde kann der Deutsche mit Selbstgefühl sich zeigen, er hat die Rechte keines fremden Volks verletzt, während die meisten andern europäischen Staaten ihre Handelsverbindungen mit Blut und Unterdrückung besiegelt haben. Wollen wir aber diese große Angelegenheit ins Leben führen, so muß jede Engherzigkeit bei Seite gesetzt, nur das große Ziel im Auge behalten werden. Alle Nachtheile liegen in der Zerstücklung der Volksinteressen, aller Vortheil in ihrer kräftigen Vereinigung. Schon zur Zeit der Hansa hatte der Großmeister des deutschen Ordens in Preußen die Würde eines Bundesbeschützers der vereinten Städte bei den fremden Mächten, ohne Obergewalt, aber als würdiger Stimmführer ihrer Angelegenheiten. Bei dem energischen Geist der preußischen Regierung und den nicht genug beachteten innern Kräften unseres Bundes können wir uns einer steigenden Geschäftsverbindung erfreuen, wenn wir Alle mit Herz und Mund zusammenstimmen und willig ein kleines Opfer bringen. In allen Gegenden der Welt, wo wir bereits ansehnliche Verbindungen haben, und auch da, wo wir noch keine haben, doch aber Aussicht zu einem beträchtlichen Verkehr vorhanden ist, müssen wir Consuln ernennen, nicht etwa dort angesiedelte Handelshäuser, die nur an sich selbst denken, sondern durch Bildung, Geist und Kenntnisse ausgezeichnete Männer, welche die Rechte unserer Flagge bewahren, vortheilhafte Verträge abschließen und dem Verkehr mit dem Mutterlande den höchsten Aufschwung geben. Andere Staaten thun dasselbe; warum sollten wir es nicht auch thun? Man sehe nur, mit welcher Gier Engländer und Franzosen über Trapezunt hergefallen sind, um eine Verbindung mit dem Innern Asiens zu eröffnen. Durch den Handelsvertrag, welchen die Hansestädte mit der Türkei abgeschlossen haben, ist uns der Weg nach dem schwarzen Meere offen, und Trapezunt ist auch für uns erstanden; aber wenn irgendwo die Tafel gedeckt ist, nähren wir uns, die deutschen Bettler, von den Brosamen, die von der Herren Tische fallen. Wenden wir aber unsere Kräfte vernünftig an, so bedecken in wenigen Jahrzehnten zweitausend deutsche Schiffe die Meere. Statt uns von andern Händen bedienen zu lassen, können wir uns selbst rühren. Alles, was auf Schiffbau Bezug hat, besitzen wir im Ueberfluß; nirgends werden die Schiffe besser und wohlfeiler gebaut als bei uns. Was uns fehlte, wäre eine kleine Seemacht,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 150. Augsburg, 29. Mai 1840, S. 1194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_150_18400529/10>, abgerufen am 27.04.2024.