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Allgemeine Zeitung. Nr. 150. Augsburg, 29. Mai 1840.

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die sich in diesem Augenblick hier aufhalten, gehört der k. würtembergische geheime Legationsrath v. Kölle.

Die zweite Kammer beendigte heute ihre Berathungen über den Strafgesetzentwurf, jedoch mit Ausnahme einiger früher schon discutirten Artikel, die an die Commission zurückgewiesen wurden, und morgen wieder in der Kammersitzung zur Verhandlung kommen werden. Die §§. 651 bis 653 bedrohen die Verletzung des Postgeheimnisses mit Dienstentlassung und in schweren Fällen noch mit Kreisgefängniß oder Arbeitshaus bis zu 2 Jahren, die Unterschlagung von Poststücken, die einen Geldwerth haben, aber neben der gemeinen Unterschlagungsstrafe noch mit Dienstentlassung. Nach dem §. 654 des Regierungsentwurfs wird der öffentliche Diener, "welcher in seinem Amte eine rechtswidrige Handlung in der Absicht anordnet oder selbst vornimmt, um die freie Ausübung der staatsbürgerlichen oder gemeindebürgerlichen Wahlrechte zu hindern," von einer Geldstrafe von 25 bis 500 fl. oder im Rückfall von der Strafe der Dienstentlassung getroffen. Die Commission änderte die Fassung dahin: "der öffentliche Diener, welcher sein Amt mißbraucht, um die freie Ausübung etc." Der Commissionsbericht gab als den Grund dieser Aenderung an, es sey nicht gerade eine Handlung erforderlich, die an sich schon rechtswidrig sey, wie der Regierungsentwurf voraussetze, sondern sie werde durch ihren Zweck rechtswidrig, wenn der Beamte sein Amt, wie immer, dazu mißbrauche, die freie Wahl zu hindern. Staatsrath Jolly trug auf Wiederherstellung des Regierungsentwurfs an. Man möchte zwar den Ausdruck, den die Commission brauchte, wohl auch so verstehen, wie den Regierungsentwurf, indem ein Amtsmißbrauch die Anordnung unerlaubter Mittel voraussetze; dann bedürfe es aber keiner Aenderung. Soll die Fassung der Commission aber einen andern Sinn haben, so sey sie falsch, denn der Beamte müsse das nämliche Recht haben, wie andere Staatsbürger, auf Wahlen einzuwirken, wenn er nur keine gesetzwidrigen Mittel anwende. Der Regierungsentwurf entspreche ganz dem Artikel 416 des würtembergischen Strafgesetzes, wie er von den dortigen Kammern ebenfalls angenommen wurde. v. Rotteck verließ den Präsidentenstuhl und sprach für den Commissionsantrag. Die Rechte, die der Beamte als Staatsbürger habe, bleiben ihm, aber er dürfe sein Amt nicht einmischen, er dürfe z. B. nicht erklären, die Regierung werde dem Bezirk, wenn der ministerielle Candidat gewählt werde, irgend einen Vortheil oder andernfalls irgend einen Nachtheil zuwenden. Wenn das Gesetz Strafe drohe, so werde der Beamte etwaigen derartigen Zumuthungen höherer Beamten sich widersetzen. Die Rechte der Kammer seyen ohnehin durch mancherlei sehr geschmälert. Die Verfassung würde aber zu einem Gaukelspiel werden, wenn die Wahlfreiheit unterdrückt würde, und Regierungsagenten statt Volksvertretern in der Kammer erschienen. Staatsrath Jolly: man verstehe unter Wahlfreiheit auf der einen Seite häufig das Recht auf eine ausschließliche Einwirkung auf die Wahlen. Die Regierung müsse auch dahin wirken, daß die Majorität mit ihr gleiche Gesinnung habe, wenn sie nur keine unerlaubten Mittel brauche. Welcker will jede Einmischung amtlicher Autorität bestrafen. Die Beamten mögen mit geistigen Waffen kämpfen, aber ohne das Uebergewicht der Staatsautorität in die Wagschale zu legen, sonst sey es eine Wahlverfälschung. Staatsrath Jolly: der Abgeordnete Welcker berufe sich sonst so häufig auf das Beispiel Englands und Nordamerika's; dort würde man aber über seine Lehre in dieser Sache staunen. Welcker weist auf die große Verschiedenheit hin. Schaaff und Regenauer sprechen für den Regierungsentwurf und eben so Baumgärtner: die Opposition sey bei den Wahlen sehr thätig. Diejenigen, welche mit dem Gang der Regierung zufrieden seyen, müssen also auch einwirken dürfen. Die Beamten dürfen daher nicht abgeschreckt werden dadurch, daß sie auch wegen nicht rechtswidriger Handlungen in Untersuchung kommen können. Trefurt: er und andere Mitglieder der Commission haben nur darum für den Commissionsantrag gestimmt, weil sie überzeugt seyen, daß derselbe nichts Anderes sage, als der Regierungsentwurf, denn nur ein rechtswidriger Gebrauch des Amts sey ein Amtsmißbrauch. Martin: wenn man ihm beide Fassungen vorgelegt hätte, ohne zu sagen, von wem eine jede derselben herrühre, so hätte er geglaubt, der jetzige Commissionsvorschlag sey der Vorschlag der Regierung. Christ stellt den Antrag auf Verwerfung beider Vorschläge. Nachdem Vicekanzler Bekk und die Abgeordneten Posselt, Gerbel, Sander und Itzstein noch gesprochen hatten, wurde der Commissionsvorschlag durch große Mehrheit angenommen. Nach §. 657 soll der öffentliche Diener, welcher zur Verübung eines gemeinen Verbrechens sein Amt mißbraucht, von der Strafe dieses Verbrechens und nebstdem, insoweit dadurch eine höhere Strafe als 3 M. Gefängniß verschuldet ist, von Dienstentlassung oder Dienstentsetzung getroffen werden. Angenommen. Die Vorschläge, wann die Regierung den Diener wegen gemeiner Verbrechen im Administrationswege entlassen könne, wurden auf die morgige Sitzung ausgesetzt. Der letzte Titel (LI) handelt von der Erschleichung eines Amts oder einer Berechtigung, und von der Bestechung oder Fälschung bei Ernennungen oder Wahlen. Der §. 660 droht demjenigen, welcher durch Fälschung, Bestechung oder ein anderes Verbrechen ein öffentliches Amt, eine öffentliche Berechtigung, eine Stiftungsgunst etc. erschleicht, außer der Strafe des als Mittel verübten Verbrechens den Verlust des erlangten Amts oder Rechts etc. In Bezug auf Wahlen wird, wo kein Amtsmißbrauch damit verbunden ist, nur die Bestechung oder Verfälschung (Unterschiebung, Verfälschung oder rechtswidrige Unterdrückung von Wahlzetteln) bestraft. Die §§. 660 bis 665 wurden unverändert angenommen.

Man ist hier freudig erregt über die Beschlüsse unserer Kammern in Sachen der Eisenbahnen. Sie stellen unsrer wohlwollenden Regierung Alles anheim, und diese säumt nicht in einer Angelegenheit, welche namentlich für den hiesigen Platz eine so glückliche Lebensfrage geworden ist. List hat es vor acht Jahren ausgesprochen, und von Jahr zu Jahr hat es sich unwiderleglich bewahrheitet, daß Leipzig durch geographische Lage, durch Handelsverhältnisse, durch Capitalbesitz bestimmt ist, Mittelpunkt eines deutschen, ja eines europäischen Eisenbahnsystems zu werden. Was vor acht Jahren Prophezeiung war, Manchem eine überschwängliche, das liegt jetzt vor den Thoren: in kurzem werden die großen Punkte Dresden, Leipzig, Magdeburg, Berlin nur Stunden weit von einander entfernt seyn. Von Berlin, wo dieß unerläßliche Leben nun auch ernstlich erwacht ist, baut man nach Stettin, nach Frankfurt a. d. Oder; die Verlängerung nach Breslau südlich, die nach Hamburg nördlich kann nicht ausbleiben, eine Bahn von Magdeburg über Braunschweig, Hannover, Bremen zeigt sich endlich nahe, und was am wichtigsten für uns: der Bau einer preußischen Bahn von Halle über Kassel nach dem Rheine ist keinem Zweifel mehr unterworfen; man mißt bereits, man wählt. Zu viel Gründe, militärische wie mercantilische, sprechen für die Nothwendigkeit dieser Linie. Dadurch sind wir in die Nothwendigkeit unsererseits versetzt, wenn wir uns als Mittelpunkt behaupten wollen, nach Bayern hinauf gen Frankfurt durch Hessen-Kassel oder Hessen-Darmstadt die Verbindung mit Süddeutschland und dem Oberrhein zu erzielen. Leipzig, Nürnberg, Frankfurt wird somit die neue, unberechenbar wichtige Verbindung. Die Vortheile davon für Bayern und Frankfurt und die Nachtheile beim Zurückbleiben sind so einleuchtend, daß nicht zu zweifeln steht, man werde der sächsischen Regierung willfährig entgegen kommen. Behalten wir also Frieden, so können in fünf bis sechs Jahren mit uns in nahem Verkehr seyn: der Main seiner ganzen Länge nach, der Oberrhein von Basel bis Mainz, Kurhessen, Thüringen, der Niederrhein und von Köln aus Belgien und Holland, ja Nord-Frankreich und Paris, sodann die Mündungen der Weser, der Elbe, der Oder, wahrscheinlich ein Theil Polens, Böhmen, Oesterreich, ja vielleicht Triest und durch Ungarn hinab die Gränzen der Türkei. Welch eine Zukunft für unsern Central-Handels- und Meßplatz! Die sächsische Regierung erkennt die Größe der Aufgabe, und alle bisherigen Schritte zeigen, daß sie auf großartige Lösung derselben bedacht ist. Als gutes Omen erschien vor einigen Tagen mitten in dieser freudigen Bewegung der vormalige amerikanische Consul List selber, der Hauptveranlasser unserer

die sich in diesem Augenblick hier aufhalten, gehört der k. würtembergische geheime Legationsrath v. Kölle.

Die zweite Kammer beendigte heute ihre Berathungen über den Strafgesetzentwurf, jedoch mit Ausnahme einiger früher schon discutirten Artikel, die an die Commission zurückgewiesen wurden, und morgen wieder in der Kammersitzung zur Verhandlung kommen werden. Die §§. 651 bis 653 bedrohen die Verletzung des Postgeheimnisses mit Dienstentlassung und in schweren Fällen noch mit Kreisgefängniß oder Arbeitshaus bis zu 2 Jahren, die Unterschlagung von Poststücken, die einen Geldwerth haben, aber neben der gemeinen Unterschlagungsstrafe noch mit Dienstentlassung. Nach dem §. 654 des Regierungsentwurfs wird der öffentliche Diener, „welcher in seinem Amte eine rechtswidrige Handlung in der Absicht anordnet oder selbst vornimmt, um die freie Ausübung der staatsbürgerlichen oder gemeindebürgerlichen Wahlrechte zu hindern,“ von einer Geldstrafe von 25 bis 500 fl. oder im Rückfall von der Strafe der Dienstentlassung getroffen. Die Commission änderte die Fassung dahin: „der öffentliche Diener, welcher sein Amt mißbraucht, um die freie Ausübung etc.“ Der Commissionsbericht gab als den Grund dieser Aenderung an, es sey nicht gerade eine Handlung erforderlich, die an sich schon rechtswidrig sey, wie der Regierungsentwurf voraussetze, sondern sie werde durch ihren Zweck rechtswidrig, wenn der Beamte sein Amt, wie immer, dazu mißbrauche, die freie Wahl zu hindern. Staatsrath Jolly trug auf Wiederherstellung des Regierungsentwurfs an. Man möchte zwar den Ausdruck, den die Commission brauchte, wohl auch so verstehen, wie den Regierungsentwurf, indem ein Amtsmißbrauch die Anordnung unerlaubter Mittel voraussetze; dann bedürfe es aber keiner Aenderung. Soll die Fassung der Commission aber einen andern Sinn haben, so sey sie falsch, denn der Beamte müsse das nämliche Recht haben, wie andere Staatsbürger, auf Wahlen einzuwirken, wenn er nur keine gesetzwidrigen Mittel anwende. Der Regierungsentwurf entspreche ganz dem Artikel 416 des würtembergischen Strafgesetzes, wie er von den dortigen Kammern ebenfalls angenommen wurde. v. Rotteck verließ den Präsidentenstuhl und sprach für den Commissionsantrag. Die Rechte, die der Beamte als Staatsbürger habe, bleiben ihm, aber er dürfe sein Amt nicht einmischen, er dürfe z. B. nicht erklären, die Regierung werde dem Bezirk, wenn der ministerielle Candidat gewählt werde, irgend einen Vortheil oder andernfalls irgend einen Nachtheil zuwenden. Wenn das Gesetz Strafe drohe, so werde der Beamte etwaigen derartigen Zumuthungen höherer Beamten sich widersetzen. Die Rechte der Kammer seyen ohnehin durch mancherlei sehr geschmälert. Die Verfassung würde aber zu einem Gaukelspiel werden, wenn die Wahlfreiheit unterdrückt würde, und Regierungsagenten statt Volksvertretern in der Kammer erschienen. Staatsrath Jolly: man verstehe unter Wahlfreiheit auf der einen Seite häufig das Recht auf eine ausschließliche Einwirkung auf die Wahlen. Die Regierung müsse auch dahin wirken, daß die Majorität mit ihr gleiche Gesinnung habe, wenn sie nur keine unerlaubten Mittel brauche. Welcker will jede Einmischung amtlicher Autorität bestrafen. Die Beamten mögen mit geistigen Waffen kämpfen, aber ohne das Uebergewicht der Staatsautorität in die Wagschale zu legen, sonst sey es eine Wahlverfälschung. Staatsrath Jolly: der Abgeordnete Welcker berufe sich sonst so häufig auf das Beispiel Englands und Nordamerika's; dort würde man aber über seine Lehre in dieser Sache staunen. Welcker weist auf die große Verschiedenheit hin. Schaaff und Regenauer sprechen für den Regierungsentwurf und eben so Baumgärtner: die Opposition sey bei den Wahlen sehr thätig. Diejenigen, welche mit dem Gang der Regierung zufrieden seyen, müssen also auch einwirken dürfen. Die Beamten dürfen daher nicht abgeschreckt werden dadurch, daß sie auch wegen nicht rechtswidriger Handlungen in Untersuchung kommen können. Trefurt: er und andere Mitglieder der Commission haben nur darum für den Commissionsantrag gestimmt, weil sie überzeugt seyen, daß derselbe nichts Anderes sage, als der Regierungsentwurf, denn nur ein rechtswidriger Gebrauch des Amts sey ein Amtsmißbrauch. Martin: wenn man ihm beide Fassungen vorgelegt hätte, ohne zu sagen, von wem eine jede derselben herrühre, so hätte er geglaubt, der jetzige Commissionsvorschlag sey der Vorschlag der Regierung. Christ stellt den Antrag auf Verwerfung beider Vorschläge. Nachdem Vicekanzler Bekk und die Abgeordneten Posselt, Gerbel, Sander und Itzstein noch gesprochen hatten, wurde der Commissionsvorschlag durch große Mehrheit angenommen. Nach §. 657 soll der öffentliche Diener, welcher zur Verübung eines gemeinen Verbrechens sein Amt mißbraucht, von der Strafe dieses Verbrechens und nebstdem, insoweit dadurch eine höhere Strafe als 3 M. Gefängniß verschuldet ist, von Dienstentlassung oder Dienstentsetzung getroffen werden. Angenommen. Die Vorschläge, wann die Regierung den Diener wegen gemeiner Verbrechen im Administrationswege entlassen könne, wurden auf die morgige Sitzung ausgesetzt. Der letzte Titel (LI) handelt von der Erschleichung eines Amts oder einer Berechtigung, und von der Bestechung oder Fälschung bei Ernennungen oder Wahlen. Der §. 660 droht demjenigen, welcher durch Fälschung, Bestechung oder ein anderes Verbrechen ein öffentliches Amt, eine öffentliche Berechtigung, eine Stiftungsgunst etc. erschleicht, außer der Strafe des als Mittel verübten Verbrechens den Verlust des erlangten Amts oder Rechts etc. In Bezug auf Wahlen wird, wo kein Amtsmißbrauch damit verbunden ist, nur die Bestechung oder Verfälschung (Unterschiebung, Verfälschung oder rechtswidrige Unterdrückung von Wahlzetteln) bestraft. Die §§. 660 bis 665 wurden unverändert angenommen.

Man ist hier freudig erregt über die Beschlüsse unserer Kammern in Sachen der Eisenbahnen. Sie stellen unsrer wohlwollenden Regierung Alles anheim, und diese säumt nicht in einer Angelegenheit, welche namentlich für den hiesigen Platz eine so glückliche Lebensfrage geworden ist. List hat es vor acht Jahren ausgesprochen, und von Jahr zu Jahr hat es sich unwiderleglich bewahrheitet, daß Leipzig durch geographische Lage, durch Handelsverhältnisse, durch Capitalbesitz bestimmt ist, Mittelpunkt eines deutschen, ja eines europäischen Eisenbahnsystems zu werden. Was vor acht Jahren Prophezeiung war, Manchem eine überschwängliche, das liegt jetzt vor den Thoren: in kurzem werden die großen Punkte Dresden, Leipzig, Magdeburg, Berlin nur Stunden weit von einander entfernt seyn. Von Berlin, wo dieß unerläßliche Leben nun auch ernstlich erwacht ist, baut man nach Stettin, nach Frankfurt a. d. Oder; die Verlängerung nach Breslau südlich, die nach Hamburg nördlich kann nicht ausbleiben, eine Bahn von Magdeburg über Braunschweig, Hannover, Bremen zeigt sich endlich nahe, und was am wichtigsten für uns: der Bau einer preußischen Bahn von Halle über Kassel nach dem Rheine ist keinem Zweifel mehr unterworfen; man mißt bereits, man wählt. Zu viel Gründe, militärische wie mercantilische, sprechen für die Nothwendigkeit dieser Linie. Dadurch sind wir in die Nothwendigkeit unsererseits versetzt, wenn wir uns als Mittelpunkt behaupten wollen, nach Bayern hinauf gen Frankfurt durch Hessen-Kassel oder Hessen-Darmstadt die Verbindung mit Süddeutschland und dem Oberrhein zu erzielen. Leipzig, Nürnberg, Frankfurt wird somit die neue, unberechenbar wichtige Verbindung. Die Vortheile davon für Bayern und Frankfurt und die Nachtheile beim Zurückbleiben sind so einleuchtend, daß nicht zu zweifeln steht, man werde der sächsischen Regierung willfährig entgegen kommen. Behalten wir also Frieden, so können in fünf bis sechs Jahren mit uns in nahem Verkehr seyn: der Main seiner ganzen Länge nach, der Oberrhein von Basel bis Mainz, Kurhessen, Thüringen, der Niederrhein und von Köln aus Belgien und Holland, ja Nord-Frankreich und Paris, sodann die Mündungen der Weser, der Elbe, der Oder, wahrscheinlich ein Theil Polens, Böhmen, Oesterreich, ja vielleicht Triest und durch Ungarn hinab die Gränzen der Türkei. Welch eine Zukunft für unsern Central-Handels- und Meßplatz! Die sächsische Regierung erkennt die Größe der Aufgabe, und alle bisherigen Schritte zeigen, daß sie auf großartige Lösung derselben bedacht ist. Als gutes Omen erschien vor einigen Tagen mitten in dieser freudigen Bewegung der vormalige amerikanische Consul List selber, der Hauptveranlasser unserer

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          <dateline><hi rendition="#b">Karlsruhe,</hi> 20 Mai.</dateline>
          <p> Die zweite Kammer beendigte heute ihre Berathungen über den Strafgesetzentwurf, jedoch mit Ausnahme einiger früher schon discutirten Artikel, die an die Commission zurückgewiesen wurden, und morgen wieder in der Kammersitzung zur Verhandlung kommen werden. Die §§. 651 bis 653 bedrohen die Verletzung des Postgeheimnisses mit Dienstentlassung und in schweren Fällen noch mit Kreisgefängniß oder Arbeitshaus bis zu 2 Jahren, die Unterschlagung von Poststücken, die einen Geldwerth haben, aber neben der gemeinen Unterschlagungsstrafe noch mit Dienstentlassung. Nach dem §. 654 des Regierungsentwurfs wird der öffentliche Diener, &#x201E;welcher in seinem Amte eine rechtswidrige Handlung in der Absicht anordnet oder selbst vornimmt, um die freie Ausübung der staatsbürgerlichen oder gemeindebürgerlichen Wahlrechte zu hindern,&#x201C; von einer Geldstrafe von 25 bis 500 fl. oder im Rückfall von der Strafe der Dienstentlassung getroffen. 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Soll die Fassung der Commission aber einen andern Sinn haben, so sey sie falsch, denn der Beamte müsse das nämliche Recht haben, wie andere Staatsbürger, auf Wahlen einzuwirken, wenn er nur keine gesetzwidrigen Mittel anwende. Der Regierungsentwurf entspreche ganz dem Artikel 416 des würtembergischen Strafgesetzes, wie er von den dortigen Kammern ebenfalls angenommen wurde. v. <hi rendition="#g">Rotteck</hi> verließ den Präsidentenstuhl und sprach für den Commissionsantrag. Die Rechte, die der Beamte als <hi rendition="#g">Staatsbürger</hi> habe, bleiben ihm, aber er dürfe sein Amt nicht einmischen, er dürfe z. B. nicht erklären, die Regierung werde dem Bezirk, wenn der ministerielle Candidat gewählt werde, irgend einen Vortheil oder andernfalls irgend einen Nachtheil zuwenden. Wenn das Gesetz Strafe drohe, so werde der Beamte etwaigen derartigen Zumuthungen höherer Beamten sich widersetzen. Die Rechte der Kammer seyen ohnehin durch mancherlei sehr geschmälert. 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Der §. 660 droht demjenigen, welcher durch Fälschung, Bestechung oder ein anderes Verbrechen ein öffentliches Amt, eine öffentliche Berechtigung, eine Stiftungsgunst etc. erschleicht, außer der Strafe des als Mittel verübten Verbrechens den Verlust des erlangten Amts oder Rechts etc. In Bezug auf <hi rendition="#g">Wahlen</hi> wird, wo kein Amtsmißbrauch damit verbunden ist, nur die <hi rendition="#g">Bestechung</hi> oder <hi rendition="#g">Verfälschung</hi> (Unterschiebung, Verfälschung oder rechtswidrige Unterdrückung von Wahlzetteln) bestraft. Die §§. 660 bis 665 wurden unverändert angenommen.</p>
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[1199/0007] die sich in diesem Augenblick hier aufhalten, gehört der k. würtembergische geheime Legationsrath v. Kölle. _ Karlsruhe, 20 Mai. Die zweite Kammer beendigte heute ihre Berathungen über den Strafgesetzentwurf, jedoch mit Ausnahme einiger früher schon discutirten Artikel, die an die Commission zurückgewiesen wurden, und morgen wieder in der Kammersitzung zur Verhandlung kommen werden. Die §§. 651 bis 653 bedrohen die Verletzung des Postgeheimnisses mit Dienstentlassung und in schweren Fällen noch mit Kreisgefängniß oder Arbeitshaus bis zu 2 Jahren, die Unterschlagung von Poststücken, die einen Geldwerth haben, aber neben der gemeinen Unterschlagungsstrafe noch mit Dienstentlassung. Nach dem §. 654 des Regierungsentwurfs wird der öffentliche Diener, „welcher in seinem Amte eine rechtswidrige Handlung in der Absicht anordnet oder selbst vornimmt, um die freie Ausübung der staatsbürgerlichen oder gemeindebürgerlichen Wahlrechte zu hindern,“ von einer Geldstrafe von 25 bis 500 fl. oder im Rückfall von der Strafe der Dienstentlassung getroffen. Die Commission änderte die Fassung dahin: „der öffentliche Diener, welcher sein Amt mißbraucht, um die freie Ausübung etc.“ Der Commissionsbericht gab als den Grund dieser Aenderung an, es sey nicht gerade eine Handlung erforderlich, die an sich schon rechtswidrig sey, wie der Regierungsentwurf voraussetze, sondern sie werde durch ihren Zweck rechtswidrig, wenn der Beamte sein Amt, wie immer, dazu mißbrauche, die freie Wahl zu hindern. Staatsrath Jolly trug auf Wiederherstellung des Regierungsentwurfs an. Man möchte zwar den Ausdruck, den die Commission brauchte, wohl auch so verstehen, wie den Regierungsentwurf, indem ein Amtsmißbrauch die Anordnung unerlaubter Mittel voraussetze; dann bedürfe es aber keiner Aenderung. Soll die Fassung der Commission aber einen andern Sinn haben, so sey sie falsch, denn der Beamte müsse das nämliche Recht haben, wie andere Staatsbürger, auf Wahlen einzuwirken, wenn er nur keine gesetzwidrigen Mittel anwende. Der Regierungsentwurf entspreche ganz dem Artikel 416 des würtembergischen Strafgesetzes, wie er von den dortigen Kammern ebenfalls angenommen wurde. v. Rotteck verließ den Präsidentenstuhl und sprach für den Commissionsantrag. Die Rechte, die der Beamte als Staatsbürger habe, bleiben ihm, aber er dürfe sein Amt nicht einmischen, er dürfe z. B. nicht erklären, die Regierung werde dem Bezirk, wenn der ministerielle Candidat gewählt werde, irgend einen Vortheil oder andernfalls irgend einen Nachtheil zuwenden. Wenn das Gesetz Strafe drohe, so werde der Beamte etwaigen derartigen Zumuthungen höherer Beamten sich widersetzen. Die Rechte der Kammer seyen ohnehin durch mancherlei sehr geschmälert. Die Verfassung würde aber zu einem Gaukelspiel werden, wenn die Wahlfreiheit unterdrückt würde, und Regierungsagenten statt Volksvertretern in der Kammer erschienen. Staatsrath Jolly: man verstehe unter Wahlfreiheit auf der einen Seite häufig das Recht auf eine ausschließliche Einwirkung auf die Wahlen. Die Regierung müsse auch dahin wirken, daß die Majorität mit ihr gleiche Gesinnung habe, wenn sie nur keine unerlaubten Mittel brauche. Welcker will jede Einmischung amtlicher Autorität bestrafen. Die Beamten mögen mit geistigen Waffen kämpfen, aber ohne das Uebergewicht der Staatsautorität in die Wagschale zu legen, sonst sey es eine Wahlverfälschung. Staatsrath Jolly: der Abgeordnete Welcker berufe sich sonst so häufig auf das Beispiel Englands und Nordamerika's; dort würde man aber über seine Lehre in dieser Sache staunen. Welcker weist auf die große Verschiedenheit hin. Schaaff und Regenauer sprechen für den Regierungsentwurf und eben so Baumgärtner: die Opposition sey bei den Wahlen sehr thätig. Diejenigen, welche mit dem Gang der Regierung zufrieden seyen, müssen also auch einwirken dürfen. Die Beamten dürfen daher nicht abgeschreckt werden dadurch, daß sie auch wegen nicht rechtswidriger Handlungen in Untersuchung kommen können. Trefurt: er und andere Mitglieder der Commission haben nur darum für den Commissionsantrag gestimmt, weil sie überzeugt seyen, daß derselbe nichts Anderes sage, als der Regierungsentwurf, denn nur ein rechtswidriger Gebrauch des Amts sey ein Amtsmißbrauch. Martin: wenn man ihm beide Fassungen vorgelegt hätte, ohne zu sagen, von wem eine jede derselben herrühre, so hätte er geglaubt, der jetzige Commissionsvorschlag sey der Vorschlag der Regierung. Christ stellt den Antrag auf Verwerfung beider Vorschläge. Nachdem Vicekanzler Bekk und die Abgeordneten Posselt, Gerbel, Sander und Itzstein noch gesprochen hatten, wurde der Commissionsvorschlag durch große Mehrheit angenommen. Nach §. 657 soll der öffentliche Diener, welcher zur Verübung eines gemeinen Verbrechens sein Amt mißbraucht, von der Strafe dieses Verbrechens und nebstdem, insoweit dadurch eine höhere Strafe als 3 M. Gefängniß verschuldet ist, von Dienstentlassung oder Dienstentsetzung getroffen werden. Angenommen. Die Vorschläge, wann die Regierung den Diener wegen gemeiner Verbrechen im Administrationswege entlassen könne, wurden auf die morgige Sitzung ausgesetzt. Der letzte Titel (LI) handelt von der Erschleichung eines Amts oder einer Berechtigung, und von der Bestechung oder Fälschung bei Ernennungen oder Wahlen. Der §. 660 droht demjenigen, welcher durch Fälschung, Bestechung oder ein anderes Verbrechen ein öffentliches Amt, eine öffentliche Berechtigung, eine Stiftungsgunst etc. erschleicht, außer der Strafe des als Mittel verübten Verbrechens den Verlust des erlangten Amts oder Rechts etc. In Bezug auf Wahlen wird, wo kein Amtsmißbrauch damit verbunden ist, nur die Bestechung oder Verfälschung (Unterschiebung, Verfälschung oder rechtswidrige Unterdrückung von Wahlzetteln) bestraft. Die §§. 660 bis 665 wurden unverändert angenommen. _ Leipzig, 23 Mai. Man ist hier freudig erregt über die Beschlüsse unserer Kammern in Sachen der Eisenbahnen. Sie stellen unsrer wohlwollenden Regierung Alles anheim, und diese säumt nicht in einer Angelegenheit, welche namentlich für den hiesigen Platz eine so glückliche Lebensfrage geworden ist. List hat es vor acht Jahren ausgesprochen, und von Jahr zu Jahr hat es sich unwiderleglich bewahrheitet, daß Leipzig durch geographische Lage, durch Handelsverhältnisse, durch Capitalbesitz bestimmt ist, Mittelpunkt eines deutschen, ja eines europäischen Eisenbahnsystems zu werden. Was vor acht Jahren Prophezeiung war, Manchem eine überschwängliche, das liegt jetzt vor den Thoren: in kurzem werden die großen Punkte Dresden, Leipzig, Magdeburg, Berlin nur Stunden weit von einander entfernt seyn. Von Berlin, wo dieß unerläßliche Leben nun auch ernstlich erwacht ist, baut man nach Stettin, nach Frankfurt a. d. Oder; die Verlängerung nach Breslau südlich, die nach Hamburg nördlich kann nicht ausbleiben, eine Bahn von Magdeburg über Braunschweig, Hannover, Bremen zeigt sich endlich nahe, und was am wichtigsten für uns: der Bau einer preußischen Bahn von Halle über Kassel nach dem Rheine ist keinem Zweifel mehr unterworfen; man mißt bereits, man wählt. Zu viel Gründe, militärische wie mercantilische, sprechen für die Nothwendigkeit dieser Linie. Dadurch sind wir in die Nothwendigkeit unsererseits versetzt, wenn wir uns als Mittelpunkt behaupten wollen, nach Bayern hinauf gen Frankfurt durch Hessen-Kassel oder Hessen-Darmstadt die Verbindung mit Süddeutschland und dem Oberrhein zu erzielen. Leipzig, Nürnberg, Frankfurt wird somit die neue, unberechenbar wichtige Verbindung. Die Vortheile davon für Bayern und Frankfurt und die Nachtheile beim Zurückbleiben sind so einleuchtend, daß nicht zu zweifeln steht, man werde der sächsischen Regierung willfährig entgegen kommen. Behalten wir also Frieden, so können in fünf bis sechs Jahren mit uns in nahem Verkehr seyn: der Main seiner ganzen Länge nach, der Oberrhein von Basel bis Mainz, Kurhessen, Thüringen, der Niederrhein und von Köln aus Belgien und Holland, ja Nord-Frankreich und Paris, sodann die Mündungen der Weser, der Elbe, der Oder, wahrscheinlich ein Theil Polens, Böhmen, Oesterreich, ja vielleicht Triest und durch Ungarn hinab die Gränzen der Türkei. Welch eine Zukunft für unsern Central-Handels- und Meßplatz! Die sächsische Regierung erkennt die Größe der Aufgabe, und alle bisherigen Schritte zeigen, daß sie auf großartige Lösung derselben bedacht ist. Als gutes Omen erschien vor einigen Tagen mitten in dieser freudigen Bewegung der vormalige amerikanische Consul List selber, der Hauptveranlasser unserer

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 150. Augsburg, 29. Mai 1840, S. 1199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_150_18400529/7>, abgerufen am 27.04.2024.