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Allgemeine Zeitung. Nr. 170. Augsburg, 18. Juni 1840.

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Mais, Cassava, Reis und Gemüse erzeugt. Heuer ist in Millsburgh und an der ganzen Linie des St. Paul hin wenigstens zehnmal mehr Korn angesäet worden, als in irgend einem der früheren Jahre. Neugeorgia ist noch dieselbe wohlhabende Niederlassung, wie ich sie vor drei Jahren bewunderte; das Dorf selbst ist wenig verändert, aber in den Umgegenden ist viel Wald umgebrochen worden und die Cultur sehr im Zunehmen. Nachdem wir Caldwell verlassen hatten, besuchten wir das Experimentalgut der Colonie, mit dem ich für die wenige Zeit, seit der es angelegt worden ist, sehr zufrieden bin; etwa 30-40 Morgen sind unter Cultur, worunter 8-9 mit Zuckerrohr bepflanzt, das sehr gut gedeiht und im September reifen wird, wo dann die Zuckermühle zum erstenmal in Gang gesetzt werden wird. Hierauf schifften wir uns nach Bassa Cove ein, wo wir den nächsten Tag eintrafen, und wo mich meine alten Freunde herzlich empfingen; Männer, Weiber und Kinder drängten sich ans Ufer, als mein Boot landete, und erdrückten mich fast mit ihren Freundschaftsbezeugungen. Ich hielt eine öffentliche Versammlung der Bürger von Bassa Cove und Edina und legte ihr die neue Constitution so wie die Briefe der Committees von New-York und Philadelphia vor; die Constitution wurde mit sichtbarer Freude angehört und einstimmig angenommen. Die Versammlung setzte eine Commission von fünf Mitgliedern nieder, um eine Dankadresse an die Gesellschaft zu entwerfen. Seit dem 1 Januar des laufenden Jahres sind in Bassa Cove und Edina über 250 Morgen Landes neu umgebrochen worden, und die Urbarmachung geht noch immer mit einer Energie vorwärts, die mich in Erstaunen setzt."

Hierauf folgen seine Vorschläge über die Errichtung einer neuen Niederlassung in Bassa am Ausfluß des St. Paul, worauf er hinzusetzt: "Die Vortheile derselben beständen in einem guten Hafen und einem zu jeder Jahreszeit sichern Landungsplatz, und zweitens in der Leichtigkeit, die sie uns geben würde, alle Berührung zwischen der Colonie und den Sklavenhändlern an der Küste abzuschneiden; der Hafen würde bald der Ausfuhrhafen für das ganze Thal des St. Paul werden, und er ist der einzige Platz an der ganzen Küste, den ich noch auf viele Jahre hin colonisirt zu sehen wünsche. Ich bin schon lange überzeugt, daß wir an der Küste keine andern neuen Niederlassungen gründen sollten, außer wo wir die dringendsten Gründe dazu haben. Unsere Politik muß seyn, gegen das Innere vorzudringen und uns auf den Anbau dieses reichen Bodens zu verlassen. Eine beträchtliche Niederlassung hier (in Monrovia) und eine in Bassa würde der Colonie mehr Bedeutung geben und sie besser gegen Sklavenhändler und gegen die Nationen des Innern schützen, als zwanzig kleine Häfen an der ganzen Küste hin; ich empfehle daher dringend, daß die nächste Expedition von neuen Colonisten an den angegebenen Ort geschickt werde."

Dieser Bericht läßt zu gleicher Zeit die Gefahren, welchen die Colonie ausgesetzt ist, und die Fortschritte, die sie macht, sehen, obgleich er sie mit Vorsicht und nur für die anzeigt, welche die Lage der Colonie kennen. Die große Gefahr für die Colonie bestand in der Neigung eines großen Theils der Colonisten, sich zu Krämern zu machen, anstatt sich der Cultur zu widmen; sie zogen besonders in den letzten Jahren mit ihren Waaren an der Küste, am Flusse hin, und im Innern bei den Negerstämmen herum, und ein Theil von ihnen trieb Sklavenhandel, wo sie es vortheilhafter fanden. Man hätte kaum glauben sollen, daß eine aus losgekauften Sklaven bestehende Colonie diesem ausgesetzt seyn könnte, aber die Abneigung gegen Arbeit, die Anwesenheit zahlreicher Sklavenschiffe an der Küste, die alte Organisation des Handels, welcher das Innere des Landes bis in die Mitte des Continents demoralisirt hatte, waren zu starke Versuchungen für den schlechtern Theil der Ansiedler. Daher will der neue Gouverneur, der ein Mann von Verstand und Charakter ist, keine neuen Niederlassungen an der Küste, außer am Einfluß des St. Paul, der seit langer Zeit den Canal für diesen Handel bildete, den er durch ein beträchtliches Etablissement am Ausfluß des Flusses abzuschneiden hofft. Das größte Zeichen des Fortschritts der Colonie liegt in der Zunahme des Ackerbaues, welcher beweist, daß es gelungen ist, den größten Theil der Bevölkerung zu fixiren. Man sieht aus dem jährlichen Bericht der Colonisationsgesellschaft vom 15 Februar des gegenwärtigen Jahres, daß die Gesellschaft die strengsten Maaßregeln genommen hat, dem Uebel vollends ein Ende zu machen; sie erklärt die Sklavenhändler für Seeräuber, und befiehlt, daß jeder Bürger von Liberia, von dem bewiesen wird, daß er mit ihnen auf irgend eine Art in Verbindung gestanden sey, als Verräther an der Colonie criminell behandelt und mit Tod bestraft werde. Der Bericht setzt hinzu: "Seit Jahrhunderten hat man sich über die Fähigkeit der Negerrace gestritten; die Gesellschaft hält sie für fähig, unter gleich günstigen Umständen eine der Civilisation der Weißen gleiche Stufe zu erreichen, und hat die Colonie von Liberia gestiftet, um den praktischen Beweis davon zu liefern. Die civilisirte Welt beobachtet den Versuch mit großem Interesse, und er muß fortgesetzt werden. Man muß der Habsucht einiger Individuen nicht erlauben, ihn zu vereiteln, wie streng und summarisch auch die Gesetze seyn mögen, die nöthig seyn können, sie unschädlich zu machen."

Ungarn und Croatien.

(Aus dem Szazadunk übersetzt.) In der Allg. Zeitung Nro. 88 lesen wir einen Artikel, dessen Verfasser sich wundert, daß bei uns die Nationalisirung und die Verbreitung der vaterländischen Sprache Allem vorgezogen wird. Er beruft sich häufig auf die Geschichte, vergißt aber, daß überall bei gemischten Völkern dieß die Prämisse der eigenthümlich nationalen Entwicklung gewesen ist. In Nordamerika, wohin ein Gemisch so vieler Nationen gezogen, ist dennoch eine einzige, nämlich die englische, die Sprache des Staats. In Frankreich wie in England wurde die Sprache der Eroberer, nachdem sie sich mit jener der Eroberten ziemlich amalgamirt hatte, doch endlich zur Staats- und Amtssprache. In Ungarn wird zufolge des bisher bestandenen Systems die ganze Nation durch den Adel vertreten. Die Vertretung kann verschiedene Formen annehmen; in unserem ungarischen Vaterlande bildet, wie es Chateaubriand bemerkt, der Adel den Wahlkörper, der als solcher im Verhältniß zur Bevölkerung bedeutend zahlreicher ist als in Frankreich, und weil es hier auch einen unbegüterten Adel gibt, so ist es klar, daß ein solcher Wahlkörper neben dem aristokratischen Element auch ein demokratisches in sich trägt. Uebertreibungen und Mißbräuche beweisen nichts gegen ein System, sie zeigen bloß die Nothwendigkeit, es zu verbessern, nicht aber es aufzuheben. Welch eine beschränkte Auffassung ist es, die Vertretung und Wählbarkeit einzig und allein vom Steuerquantum abhängig zu machen! Das Wahlsystem Ungarns beruht auf einer solchen Mischung des aristokratischen und demokratischen Elements, wie sonst nirgends in Europa. Die Geschichte unserer Landtage, besonders in neuerer Zeit, liefert einen genügenden Beweis, daß der meistentheils begüterte Adel, dessen Grund und Boden das Landvolk nutznießt, keineswegs unwürdig gewesen sey, auch dieses zu vertreten. Ich glaube kaum, daß jener Theil des Bauernstandes, der bei einer andern Art

Mais, Cassava, Reis und Gemüse erzeugt. Heuer ist in Millsburgh und an der ganzen Linie des St. Paul hin wenigstens zehnmal mehr Korn angesäet worden, als in irgend einem der früheren Jahre. Neugeorgia ist noch dieselbe wohlhabende Niederlassung, wie ich sie vor drei Jahren bewunderte; das Dorf selbst ist wenig verändert, aber in den Umgegenden ist viel Wald umgebrochen worden und die Cultur sehr im Zunehmen. Nachdem wir Caldwell verlassen hatten, besuchten wir das Experimentalgut der Colonie, mit dem ich für die wenige Zeit, seit der es angelegt worden ist, sehr zufrieden bin; etwa 30-40 Morgen sind unter Cultur, worunter 8-9 mit Zuckerrohr bepflanzt, das sehr gut gedeiht und im September reifen wird, wo dann die Zuckermühle zum erstenmal in Gang gesetzt werden wird. Hierauf schifften wir uns nach Bassa Cove ein, wo wir den nächsten Tag eintrafen, und wo mich meine alten Freunde herzlich empfingen; Männer, Weiber und Kinder drängten sich ans Ufer, als mein Boot landete, und erdrückten mich fast mit ihren Freundschaftsbezeugungen. Ich hielt eine öffentliche Versammlung der Bürger von Bassa Cove und Edina und legte ihr die neue Constitution so wie die Briefe der Committees von New-York und Philadelphia vor; die Constitution wurde mit sichtbarer Freude angehört und einstimmig angenommen. Die Versammlung setzte eine Commission von fünf Mitgliedern nieder, um eine Dankadresse an die Gesellschaft zu entwerfen. Seit dem 1 Januar des laufenden Jahres sind in Bassa Cove und Edina über 250 Morgen Landes neu umgebrochen worden, und die Urbarmachung geht noch immer mit einer Energie vorwärts, die mich in Erstaunen setzt.“

Hierauf folgen seine Vorschläge über die Errichtung einer neuen Niederlassung in Bassa am Ausfluß des St. Paul, worauf er hinzusetzt: „Die Vortheile derselben beständen in einem guten Hafen und einem zu jeder Jahreszeit sichern Landungsplatz, und zweitens in der Leichtigkeit, die sie uns geben würde, alle Berührung zwischen der Colonie und den Sklavenhändlern an der Küste abzuschneiden; der Hafen würde bald der Ausfuhrhafen für das ganze Thal des St. Paul werden, und er ist der einzige Platz an der ganzen Küste, den ich noch auf viele Jahre hin colonisirt zu sehen wünsche. Ich bin schon lange überzeugt, daß wir an der Küste keine andern neuen Niederlassungen gründen sollten, außer wo wir die dringendsten Gründe dazu haben. Unsere Politik muß seyn, gegen das Innere vorzudringen und uns auf den Anbau dieses reichen Bodens zu verlassen. Eine beträchtliche Niederlassung hier (in Monrovia) und eine in Bassa würde der Colonie mehr Bedeutung geben und sie besser gegen Sklavenhändler und gegen die Nationen des Innern schützen, als zwanzig kleine Häfen an der ganzen Küste hin; ich empfehle daher dringend, daß die nächste Expedition von neuen Colonisten an den angegebenen Ort geschickt werde.“

Dieser Bericht läßt zu gleicher Zeit die Gefahren, welchen die Colonie ausgesetzt ist, und die Fortschritte, die sie macht, sehen, obgleich er sie mit Vorsicht und nur für die anzeigt, welche die Lage der Colonie kennen. Die große Gefahr für die Colonie bestand in der Neigung eines großen Theils der Colonisten, sich zu Krämern zu machen, anstatt sich der Cultur zu widmen; sie zogen besonders in den letzten Jahren mit ihren Waaren an der Küste, am Flusse hin, und im Innern bei den Negerstämmen herum, und ein Theil von ihnen trieb Sklavenhandel, wo sie es vortheilhafter fanden. Man hätte kaum glauben sollen, daß eine aus losgekauften Sklaven bestehende Colonie diesem ausgesetzt seyn könnte, aber die Abneigung gegen Arbeit, die Anwesenheit zahlreicher Sklavenschiffe an der Küste, die alte Organisation des Handels, welcher das Innere des Landes bis in die Mitte des Continents demoralisirt hatte, waren zu starke Versuchungen für den schlechtern Theil der Ansiedler. Daher will der neue Gouverneur, der ein Mann von Verstand und Charakter ist, keine neuen Niederlassungen an der Küste, außer am Einfluß des St. Paul, der seit langer Zeit den Canal für diesen Handel bildete, den er durch ein beträchtliches Etablissement am Ausfluß des Flusses abzuschneiden hofft. Das größte Zeichen des Fortschritts der Colonie liegt in der Zunahme des Ackerbaues, welcher beweist, daß es gelungen ist, den größten Theil der Bevölkerung zu fixiren. Man sieht aus dem jährlichen Bericht der Colonisationsgesellschaft vom 15 Februar des gegenwärtigen Jahres, daß die Gesellschaft die strengsten Maaßregeln genommen hat, dem Uebel vollends ein Ende zu machen; sie erklärt die Sklavenhändler für Seeräuber, und befiehlt, daß jeder Bürger von Liberia, von dem bewiesen wird, daß er mit ihnen auf irgend eine Art in Verbindung gestanden sey, als Verräther an der Colonie criminell behandelt und mit Tod bestraft werde. Der Bericht setzt hinzu: „Seit Jahrhunderten hat man sich über die Fähigkeit der Negerrace gestritten; die Gesellschaft hält sie für fähig, unter gleich günstigen Umständen eine der Civilisation der Weißen gleiche Stufe zu erreichen, und hat die Colonie von Liberia gestiftet, um den praktischen Beweis davon zu liefern. Die civilisirte Welt beobachtet den Versuch mit großem Interesse, und er muß fortgesetzt werden. Man muß der Habsucht einiger Individuen nicht erlauben, ihn zu vereiteln, wie streng und summarisch auch die Gesetze seyn mögen, die nöthig seyn können, sie unschädlich zu machen.“

Ungarn und Croatien.

(Aus dem Századunk übersetzt.) In der Allg. Zeitung Nro. 88 lesen wir einen Artikel, dessen Verfasser sich wundert, daß bei uns die Nationalisirung und die Verbreitung der vaterländischen Sprache Allem vorgezogen wird. Er beruft sich häufig auf die Geschichte, vergißt aber, daß überall bei gemischten Völkern dieß die Prämisse der eigenthümlich nationalen Entwicklung gewesen ist. In Nordamerika, wohin ein Gemisch so vieler Nationen gezogen, ist dennoch eine einzige, nämlich die englische, die Sprache des Staats. In Frankreich wie in England wurde die Sprache der Eroberer, nachdem sie sich mit jener der Eroberten ziemlich amalgamirt hatte, doch endlich zur Staats- und Amtssprache. In Ungarn wird zufolge des bisher bestandenen Systems die ganze Nation durch den Adel vertreten. Die Vertretung kann verschiedene Formen annehmen; in unserem ungarischen Vaterlande bildet, wie es Chateaubriand bemerkt, der Adel den Wahlkörper, der als solcher im Verhältniß zur Bevölkerung bedeutend zahlreicher ist als in Frankreich, und weil es hier auch einen unbegüterten Adel gibt, so ist es klar, daß ein solcher Wahlkörper neben dem aristokratischen Element auch ein demokratisches in sich trägt. Uebertreibungen und Mißbräuche beweisen nichts gegen ein System, sie zeigen bloß die Nothwendigkeit, es zu verbessern, nicht aber es aufzuheben. Welch eine beschränkte Auffassung ist es, die Vertretung und Wählbarkeit einzig und allein vom Steuerquantum abhängig zu machen! Das Wahlsystem Ungarns beruht auf einer solchen Mischung des aristokratischen und demokratischen Elements, wie sonst nirgends in Europa. Die Geschichte unserer Landtage, besonders in neuerer Zeit, liefert einen genügenden Beweis, daß der meistentheils begüterte Adel, dessen Grund und Boden das Landvolk nutznießt, keineswegs unwürdig gewesen sey, auch dieses zu vertreten. Ich glaube kaum, daß jener Theil des Bauernstandes, der bei einer andern Art

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Mais, Cassava, Reis und Gemüse erzeugt. Heuer ist in Millsburgh und an der ganzen Linie des St. Paul hin wenigstens zehnmal mehr Korn angesäet worden, als in irgend einem der früheren Jahre. Neugeorgia ist noch dieselbe wohlhabende Niederlassung, wie ich sie vor drei Jahren bewunderte; das Dorf selbst ist wenig verändert, aber in den Umgegenden ist viel Wald umgebrochen worden und die Cultur sehr im Zunehmen. Nachdem wir Caldwell verlassen hatten, besuchten wir das Experimentalgut der Colonie, mit dem ich für die wenige Zeit, seit der es angelegt worden ist, sehr zufrieden bin; etwa 30-40 Morgen sind unter Cultur, worunter 8-9 mit Zuckerrohr bepflanzt, das sehr gut gedeiht und im September reifen wird, wo dann die Zuckermühle zum erstenmal in Gang gesetzt werden wird. Hierauf schifften wir uns nach Bassa Cove ein, wo wir den nächsten Tag eintrafen, und wo mich meine alten Freunde herzlich empfingen; Männer, Weiber und Kinder drängten sich ans Ufer, als mein Boot landete, und erdrückten mich fast mit ihren Freundschaftsbezeugungen. Ich hielt eine öffentliche Versammlung der Bürger von Bassa Cove und Edina und legte ihr die neue Constitution so wie die Briefe der Committees von New-York und Philadelphia vor; die Constitution wurde mit sichtbarer Freude angehört und einstimmig angenommen. Die Versammlung setzte eine Commission von fünf Mitgliedern nieder, um eine Dankadresse an die Gesellschaft zu entwerfen. Seit dem 1 Januar des laufenden Jahres sind in Bassa Cove und Edina über 250 Morgen Landes neu umgebrochen worden, und die Urbarmachung geht noch immer mit einer Energie vorwärts, die mich in Erstaunen setzt.&#x201C;</p><lb/>
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[1354/0010] Mais, Cassava, Reis und Gemüse erzeugt. Heuer ist in Millsburgh und an der ganzen Linie des St. Paul hin wenigstens zehnmal mehr Korn angesäet worden, als in irgend einem der früheren Jahre. Neugeorgia ist noch dieselbe wohlhabende Niederlassung, wie ich sie vor drei Jahren bewunderte; das Dorf selbst ist wenig verändert, aber in den Umgegenden ist viel Wald umgebrochen worden und die Cultur sehr im Zunehmen. Nachdem wir Caldwell verlassen hatten, besuchten wir das Experimentalgut der Colonie, mit dem ich für die wenige Zeit, seit der es angelegt worden ist, sehr zufrieden bin; etwa 30-40 Morgen sind unter Cultur, worunter 8-9 mit Zuckerrohr bepflanzt, das sehr gut gedeiht und im September reifen wird, wo dann die Zuckermühle zum erstenmal in Gang gesetzt werden wird. Hierauf schifften wir uns nach Bassa Cove ein, wo wir den nächsten Tag eintrafen, und wo mich meine alten Freunde herzlich empfingen; Männer, Weiber und Kinder drängten sich ans Ufer, als mein Boot landete, und erdrückten mich fast mit ihren Freundschaftsbezeugungen. Ich hielt eine öffentliche Versammlung der Bürger von Bassa Cove und Edina und legte ihr die neue Constitution so wie die Briefe der Committees von New-York und Philadelphia vor; die Constitution wurde mit sichtbarer Freude angehört und einstimmig angenommen. Die Versammlung setzte eine Commission von fünf Mitgliedern nieder, um eine Dankadresse an die Gesellschaft zu entwerfen. Seit dem 1 Januar des laufenden Jahres sind in Bassa Cove und Edina über 250 Morgen Landes neu umgebrochen worden, und die Urbarmachung geht noch immer mit einer Energie vorwärts, die mich in Erstaunen setzt.“ Hierauf folgen seine Vorschläge über die Errichtung einer neuen Niederlassung in Bassa am Ausfluß des St. Paul, worauf er hinzusetzt: „Die Vortheile derselben beständen in einem guten Hafen und einem zu jeder Jahreszeit sichern Landungsplatz, und zweitens in der Leichtigkeit, die sie uns geben würde, alle Berührung zwischen der Colonie und den Sklavenhändlern an der Küste abzuschneiden; der Hafen würde bald der Ausfuhrhafen für das ganze Thal des St. Paul werden, und er ist der einzige Platz an der ganzen Küste, den ich noch auf viele Jahre hin colonisirt zu sehen wünsche. Ich bin schon lange überzeugt, daß wir an der Küste keine andern neuen Niederlassungen gründen sollten, außer wo wir die dringendsten Gründe dazu haben. Unsere Politik muß seyn, gegen das Innere vorzudringen und uns auf den Anbau dieses reichen Bodens zu verlassen. Eine beträchtliche Niederlassung hier (in Monrovia) und eine in Bassa würde der Colonie mehr Bedeutung geben und sie besser gegen Sklavenhändler und gegen die Nationen des Innern schützen, als zwanzig kleine Häfen an der ganzen Küste hin; ich empfehle daher dringend, daß die nächste Expedition von neuen Colonisten an den angegebenen Ort geschickt werde.“ Dieser Bericht läßt zu gleicher Zeit die Gefahren, welchen die Colonie ausgesetzt ist, und die Fortschritte, die sie macht, sehen, obgleich er sie mit Vorsicht und nur für die anzeigt, welche die Lage der Colonie kennen. Die große Gefahr für die Colonie bestand in der Neigung eines großen Theils der Colonisten, sich zu Krämern zu machen, anstatt sich der Cultur zu widmen; sie zogen besonders in den letzten Jahren mit ihren Waaren an der Küste, am Flusse hin, und im Innern bei den Negerstämmen herum, und ein Theil von ihnen trieb Sklavenhandel, wo sie es vortheilhafter fanden. Man hätte kaum glauben sollen, daß eine aus losgekauften Sklaven bestehende Colonie diesem ausgesetzt seyn könnte, aber die Abneigung gegen Arbeit, die Anwesenheit zahlreicher Sklavenschiffe an der Küste, die alte Organisation des Handels, welcher das Innere des Landes bis in die Mitte des Continents demoralisirt hatte, waren zu starke Versuchungen für den schlechtern Theil der Ansiedler. Daher will der neue Gouverneur, der ein Mann von Verstand und Charakter ist, keine neuen Niederlassungen an der Küste, außer am Einfluß des St. Paul, der seit langer Zeit den Canal für diesen Handel bildete, den er durch ein beträchtliches Etablissement am Ausfluß des Flusses abzuschneiden hofft. Das größte Zeichen des Fortschritts der Colonie liegt in der Zunahme des Ackerbaues, welcher beweist, daß es gelungen ist, den größten Theil der Bevölkerung zu fixiren. Man sieht aus dem jährlichen Bericht der Colonisationsgesellschaft vom 15 Februar des gegenwärtigen Jahres, daß die Gesellschaft die strengsten Maaßregeln genommen hat, dem Uebel vollends ein Ende zu machen; sie erklärt die Sklavenhändler für Seeräuber, und befiehlt, daß jeder Bürger von Liberia, von dem bewiesen wird, daß er mit ihnen auf irgend eine Art in Verbindung gestanden sey, als Verräther an der Colonie criminell behandelt und mit Tod bestraft werde. Der Bericht setzt hinzu: „Seit Jahrhunderten hat man sich über die Fähigkeit der Negerrace gestritten; die Gesellschaft hält sie für fähig, unter gleich günstigen Umständen eine der Civilisation der Weißen gleiche Stufe zu erreichen, und hat die Colonie von Liberia gestiftet, um den praktischen Beweis davon zu liefern. Die civilisirte Welt beobachtet den Versuch mit großem Interesse, und er muß fortgesetzt werden. Man muß der Habsucht einiger Individuen nicht erlauben, ihn zu vereiteln, wie streng und summarisch auch die Gesetze seyn mögen, die nöthig seyn können, sie unschädlich zu machen.“ Ungarn und Croatien. _ Kaschau. (Aus dem Századunk übersetzt.) In der Allg. Zeitung Nro. 88 lesen wir einen Artikel, dessen Verfasser sich wundert, daß bei uns die Nationalisirung und die Verbreitung der vaterländischen Sprache Allem vorgezogen wird. Er beruft sich häufig auf die Geschichte, vergißt aber, daß überall bei gemischten Völkern dieß die Prämisse der eigenthümlich nationalen Entwicklung gewesen ist. In Nordamerika, wohin ein Gemisch so vieler Nationen gezogen, ist dennoch eine einzige, nämlich die englische, die Sprache des Staats. In Frankreich wie in England wurde die Sprache der Eroberer, nachdem sie sich mit jener der Eroberten ziemlich amalgamirt hatte, doch endlich zur Staats- und Amtssprache. In Ungarn wird zufolge des bisher bestandenen Systems die ganze Nation durch den Adel vertreten. Die Vertretung kann verschiedene Formen annehmen; in unserem ungarischen Vaterlande bildet, wie es Chateaubriand bemerkt, der Adel den Wahlkörper, der als solcher im Verhältniß zur Bevölkerung bedeutend zahlreicher ist als in Frankreich, und weil es hier auch einen unbegüterten Adel gibt, so ist es klar, daß ein solcher Wahlkörper neben dem aristokratischen Element auch ein demokratisches in sich trägt. Uebertreibungen und Mißbräuche beweisen nichts gegen ein System, sie zeigen bloß die Nothwendigkeit, es zu verbessern, nicht aber es aufzuheben. Welch eine beschränkte Auffassung ist es, die Vertretung und Wählbarkeit einzig und allein vom Steuerquantum abhängig zu machen! Das Wahlsystem Ungarns beruht auf einer solchen Mischung des aristokratischen und demokratischen Elements, wie sonst nirgends in Europa. Die Geschichte unserer Landtage, besonders in neuerer Zeit, liefert einen genügenden Beweis, daß der meistentheils begüterte Adel, dessen Grund und Boden das Landvolk nutznießt, keineswegs unwürdig gewesen sey, auch dieses zu vertreten. Ich glaube kaum, daß jener Theil des Bauernstandes, der bei einer andern Art

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 170. Augsburg, 18. Juni 1840, S. 1354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_170_18400618/10>, abgerufen am 27.04.2024.