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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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fort großer Hotels mit unverschämtem Personal so wenig blenden
läßt, wie von der Unscheinbarkeit ärmlicher Herbergen und Gauner-
kneipen, der muß unbefangen gestehen, daß, wenn die früher in der
Praxis nicht selten und in Räuberromanen sehr häufig vorkom-
menden Mordkneipen und Höhlen so ziemlich vor der Aufsicht der
Sicherheitsbehörden geschwunden sind, der reisende Fremde doch
hier wie dort schon als Aequivalent für seine schmerzhafte Fremden-
controle das zu fordern berechtigt ist, was seine vaterländische
Behörde auf dem ertheilten Passe für ihn ausdrücklich fordert:
Freiheit und Schutz der Person und des Eigenthums.



Vierunddreißigstes Kapitel.
i. Die Aglersprache.

Jn größern Städten und namentlich an den Endpunkten
der Eisenbahnen und der Dampfschiffahrt hat der Materialismus,
wo er die Massen nicht mehr im großen compacten Ganzen weiter
bewegen kann, die Zahl der Mittel zur verkleinerten Massen-
bewegung in übergroßer Anzahl vermehrt. Diese Mittel erscheinen
vorzüglich geboten und förderlich, weil auch sie Raum und Zeit
bewältigen und somit durch ihre Menge der großen Gesammt-
bewegung entsprechen. Auf den Hafenplätzen, Eisenbahnhöfen,
Marktplätzen, Thorzingeln und Hauptstraßen steht und bewegt
sich durcheinander mit den verschiedensten Namen: Chaise, Fiaker,
Kutsche, Droschke, Omnibus u. s. w., zur Beförderung von Per-
sonen und Sachen eine Unzahl von Fahrzeugen, deren jedes
einen besondern Führer haben muß. Bei der großen Menge dieser
Fuhrwerke ist der Fahrbock das Asyl geworden, auf welches sich
das durch denselben Materialismus ins Ungeheuere vermehrte Pro-
letariat geflüchtet hat, um neben der Aufgabe, ohne besondere
Kenntniß der Pferdebehandlung abgetriebene Gäule auf dem har-
ten Gassenpflaster in einen schwerfälligen Trab zu bringen, in der
bunten Hin- und Herbewegung theils selbst die durchdachtesten

fort großer Hotels mit unverſchämtem Perſonal ſo wenig blenden
läßt, wie von der Unſcheinbarkeit ärmlicher Herbergen und Gauner-
kneipen, der muß unbefangen geſtehen, daß, wenn die früher in der
Praxis nicht ſelten und in Räuberromanen ſehr häufig vorkom-
menden Mordkneipen und Höhlen ſo ziemlich vor der Aufſicht der
Sicherheitsbehörden geſchwunden ſind, der reiſende Fremde doch
hier wie dort ſchon als Aequivalent für ſeine ſchmerzhafte Fremden-
controle das zu fordern berechtigt iſt, was ſeine vaterländiſche
Behörde auf dem ertheilten Paſſe für ihn ausdrücklich fordert:
Freiheit und Schutz der Perſon und des Eigenthums.



Vierunddreißigſtes Kapitel.
ι. Die Aglerſprache.

Jn größern Städten und namentlich an den Endpunkten
der Eiſenbahnen und der Dampfſchiffahrt hat der Materialismus,
wo er die Maſſen nicht mehr im großen compacten Ganzen weiter
bewegen kann, die Zahl der Mittel zur verkleinerten Maſſen-
bewegung in übergroßer Anzahl vermehrt. Dieſe Mittel erſcheinen
vorzüglich geboten und förderlich, weil auch ſie Raum und Zeit
bewältigen und ſomit durch ihre Menge der großen Geſammt-
bewegung entſprechen. Auf den Hafenplätzen, Eiſenbahnhöfen,
Marktplätzen, Thorzingeln und Hauptſtraßen ſteht und bewegt
ſich durcheinander mit den verſchiedenſten Namen: Chaiſe, Fiaker,
Kutſche, Droſchke, Omnibus u. ſ. w., zur Beförderung von Per-
ſonen und Sachen eine Unzahl von Fahrzeugen, deren jedes
einen beſondern Führer haben muß. Bei der großen Menge dieſer
Fuhrwerke iſt der Fahrbock das Aſyl geworden, auf welches ſich
das durch denſelben Materialismus ins Ungeheuere vermehrte Pro-
letariat geflüchtet hat, um neben der Aufgabe, ohne beſondere
Kenntniß der Pferdebehandlung abgetriebene Gäule auf dem har-
ten Gaſſenpflaſter in einen ſchwerfälligen Trab zu bringen, in der
bunten Hin- und Herbewegung theils ſelbſt die durchdachteſten

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[135/0169] fort großer Hotels mit unverſchämtem Perſonal ſo wenig blenden läßt, wie von der Unſcheinbarkeit ärmlicher Herbergen und Gauner- kneipen, der muß unbefangen geſtehen, daß, wenn die früher in der Praxis nicht ſelten und in Räuberromanen ſehr häufig vorkom- menden Mordkneipen und Höhlen ſo ziemlich vor der Aufſicht der Sicherheitsbehörden geſchwunden ſind, der reiſende Fremde doch hier wie dort ſchon als Aequivalent für ſeine ſchmerzhafte Fremden- controle das zu fordern berechtigt iſt, was ſeine vaterländiſche Behörde auf dem ertheilten Paſſe für ihn ausdrücklich fordert: Freiheit und Schutz der Perſon und des Eigenthums. Vierunddreißigſtes Kapitel. ι. Die Aglerſprache. Jn größern Städten und namentlich an den Endpunkten der Eiſenbahnen und der Dampfſchiffahrt hat der Materialismus, wo er die Maſſen nicht mehr im großen compacten Ganzen weiter bewegen kann, die Zahl der Mittel zur verkleinerten Maſſen- bewegung in übergroßer Anzahl vermehrt. Dieſe Mittel erſcheinen vorzüglich geboten und förderlich, weil auch ſie Raum und Zeit bewältigen und ſomit durch ihre Menge der großen Geſammt- bewegung entſprechen. Auf den Hafenplätzen, Eiſenbahnhöfen, Marktplätzen, Thorzingeln und Hauptſtraßen ſteht und bewegt ſich durcheinander mit den verſchiedenſten Namen: Chaiſe, Fiaker, Kutſche, Droſchke, Omnibus u. ſ. w., zur Beförderung von Per- ſonen und Sachen eine Unzahl von Fahrzeugen, deren jedes einen beſondern Führer haben muß. Bei der großen Menge dieſer Fuhrwerke iſt der Fahrbock das Aſyl geworden, auf welches ſich das durch denſelben Materialismus ins Ungeheuere vermehrte Pro- letariat geflüchtet hat, um neben der Aufgabe, ohne beſondere Kenntniß der Pferdebehandlung abgetriebene Gäule auf dem har- ten Gaſſenpflaſter in einen ſchwerfälligen Trab zu bringen, in der bunten Hin- und Herbewegung theils ſelbſt die durchdachteſten

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/169>, abgerufen am 28.04.2024.