Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

sander diesen verheißenen zweiten Theil gar nicht herausgegeben
hat. Auch die ganze Fassung des §. 10 deutet darauf hin, daß der
Verfasser während der Arbeit seinen Entschluß geändert und es
mit der Arbeit soweit hat bewenden lassen wollen. Sehr wichtig
ist in dem oben erwähnten "Unterricht" die von S. 9--19 auf-
geführte Literatur, welche, wie überhaupt die ganze Grammatik
und Abhandlung, den Beweis liefert, daß Chrysander ein sehr
tüchtiger Kenner der bis dahin den christlichen Gelehrten so wenig
zugänglichen judendeutschen Sprache und Literatur gewesen ist.
Zu bedauern ist bei diesem gleich den bisher aufgeführten sehr
selten werdenden Werke, daß in dem kleinen Wörterbuche am
Schluß nur deutsche und keine deutschrabbinischen Lettern gebraucht
sind. Die in der Grammatik bei Erläuterung der Buchstaben und
bei Anführung von Beispielen gebrauchten Lettern sind allerdings
deutschrabbinische, jedoch sehr klein, stark abgenutzt und bis zur
Unkenntlichkeit undeutlich.

Als ein sehr beachtenswerthes Buch erscheint das "Hand-
lexikon der jüdischdeutschen Sprache, in welchem alle den Jüden
entweder eigene, oder aus der hebräischen und rabbinischen Sprache
entlehnte, der deutschen Mundart gemäß inflectirte Wörter, mit
ihrer wahren Bedeutung, wie auch sonderbaren Redensarten,
Sprichwörtern u. dgl., deren sich die Jüden, um von den Christen
nicht verstanden zu werden, unter einander zu gebrauchen pflegen,
nebst einigen beygefügten Erklärungen ihrer verschiedenen Gebräuche,
Fast- und Festtage, Monate u. dgl. enthalten sind. Zum Nutzen
und Gebrauch des Publikum, insonderheit derjenigen, welche Ge-
schäfts- und Handelswegen, oder aus andern Ursachen mit den
Jüden einen Umgang zu pflegen bemüßiget sind. Cum Approba-
tione Caesareo-Regiae Censurae
" (Prag, ohne Jahrzahl).

Der Vorbericht dieses anscheinend von einem getauften Juden
geschriebenen Buchs verräth eine vollkommene Vertrautheit mit
der hebräischen und jüdischdeutschen Sprache, gibt aber nur wenig
grammatisch Belehrendes, und dieses beschränkt sich wiederum mei-
stens auf vereinzelte syntaktische Fingerzeige. Das Wörterbuch selbst
ist nach hebräisch-alphabetischer Ordnung gedruckt. Den mit deutsch-

ſander dieſen verheißenen zweiten Theil gar nicht herausgegeben
hat. Auch die ganze Faſſung des §. 10 deutet darauf hin, daß der
Verfaſſer während der Arbeit ſeinen Entſchluß geändert und es
mit der Arbeit ſoweit hat bewenden laſſen wollen. Sehr wichtig
iſt in dem oben erwähnten „Unterricht“ die von S. 9—19 auf-
geführte Literatur, welche, wie überhaupt die ganze Grammatik
und Abhandlung, den Beweis liefert, daß Chryſander ein ſehr
tüchtiger Kenner der bis dahin den chriſtlichen Gelehrten ſo wenig
zugänglichen judendeutſchen Sprache und Literatur geweſen iſt.
Zu bedauern iſt bei dieſem gleich den bisher aufgeführten ſehr
ſelten werdenden Werke, daß in dem kleinen Wörterbuche am
Schluß nur deutſche und keine deutſchrabbiniſchen Lettern gebraucht
ſind. Die in der Grammatik bei Erläuterung der Buchſtaben und
bei Anführung von Beiſpielen gebrauchten Lettern ſind allerdings
deutſchrabbiniſche, jedoch ſehr klein, ſtark abgenutzt und bis zur
Unkenntlichkeit undeutlich.

Als ein ſehr beachtenswerthes Buch erſcheint das „Hand-
lexikon der jüdiſchdeutſchen Sprache, in welchem alle den Jüden
entweder eigene, oder aus der hebräiſchen und rabbiniſchen Sprache
entlehnte, der deutſchen Mundart gemäß inflectirte Wörter, mit
ihrer wahren Bedeutung, wie auch ſonderbaren Redensarten,
Sprichwörtern u. dgl., deren ſich die Jüden, um von den Chriſten
nicht verſtanden zu werden, unter einander zu gebrauchen pflegen,
nebſt einigen beygefügten Erklärungen ihrer verſchiedenen Gebräuche,
Faſt- und Feſttage, Monate u. dgl. enthalten ſind. Zum Nutzen
und Gebrauch des Publikum, inſonderheit derjenigen, welche Ge-
ſchäfts- und Handelswegen, oder aus andern Urſachen mit den
Jüden einen Umgang zu pflegen bemüßiget ſind. Cum Approba-
tione Caesareo-Regiae Censurae
“ (Prag, ohne Jahrzahl).

Der Vorbericht dieſes anſcheinend von einem getauften Juden
geſchriebenen Buchs verräth eine vollkommene Vertrautheit mit
der hebräiſchen und jüdiſchdeutſchen Sprache, gibt aber nur wenig
grammatiſch Belehrendes, und dieſes beſchränkt ſich wiederum mei-
ſtens auf vereinzelte ſyntaktiſche Fingerzeige. Das Wörterbuch ſelbſt
iſt nach hebräiſch-alphabetiſcher Ordnung gedruckt. Den mit deutſch-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0257" n="223"/>
&#x017F;ander die&#x017F;en verheißenen zweiten Theil gar nicht herausgegeben<lb/>
hat. Auch die ganze Fa&#x017F;&#x017F;ung des §. 10 deutet darauf hin, daß der<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;er während der Arbeit &#x017F;einen Ent&#x017F;chluß geändert und es<lb/>
mit der Arbeit &#x017F;oweit hat bewenden la&#x017F;&#x017F;en wollen. Sehr wichtig<lb/>
i&#x017F;t in dem oben erwähnten &#x201E;Unterricht&#x201C; die von S. 9&#x2014;19 auf-<lb/>
geführte Literatur, welche, wie überhaupt die ganze Grammatik<lb/>
und Abhandlung, den Beweis liefert, daß Chry&#x017F;ander ein &#x017F;ehr<lb/>
tüchtiger Kenner der bis dahin den chri&#x017F;tlichen Gelehrten &#x017F;o wenig<lb/>
zugänglichen judendeut&#x017F;chen Sprache und Literatur gewe&#x017F;en i&#x017F;t.<lb/>
Zu bedauern i&#x017F;t bei die&#x017F;em gleich den bisher aufgeführten &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;elten werdenden Werke, daß in dem kleinen Wörterbuche am<lb/>
Schluß nur deut&#x017F;che und keine deut&#x017F;chrabbini&#x017F;chen Lettern gebraucht<lb/>
&#x017F;ind. Die in der Grammatik bei Erläuterung der Buch&#x017F;taben und<lb/>
bei Anführung von Bei&#x017F;pielen gebrauchten Lettern &#x017F;ind allerdings<lb/>
deut&#x017F;chrabbini&#x017F;che, jedoch &#x017F;ehr klein, &#x017F;tark abgenutzt und bis zur<lb/>
Unkenntlichkeit undeutlich.</p><lb/>
            <p>Als ein &#x017F;ehr beachtenswerthes Buch er&#x017F;cheint das &#x201E;Hand-<lb/>
lexikon der jüdi&#x017F;chdeut&#x017F;chen Sprache, in welchem alle den Jüden<lb/>
entweder eigene, oder aus der hebräi&#x017F;chen und rabbini&#x017F;chen Sprache<lb/>
entlehnte, der deut&#x017F;chen Mundart gemäß inflectirte Wörter, mit<lb/>
ihrer wahren Bedeutung, wie auch &#x017F;onderbaren Redensarten,<lb/>
Sprichwörtern u. dgl., deren &#x017F;ich die Jüden, um von den Chri&#x017F;ten<lb/>
nicht ver&#x017F;tanden zu werden, unter einander zu gebrauchen pflegen,<lb/>
neb&#x017F;t einigen beygefügten Erklärungen ihrer ver&#x017F;chiedenen Gebräuche,<lb/>
Fa&#x017F;t- und Fe&#x017F;ttage, Monate u. dgl. enthalten &#x017F;ind. Zum Nutzen<lb/>
und Gebrauch des Publikum, in&#x017F;onderheit derjenigen, welche Ge-<lb/>
&#x017F;chäfts- und Handelswegen, oder aus andern Ur&#x017F;achen mit den<lb/>
Jüden einen Umgang zu pflegen bemüßiget &#x017F;ind. <hi rendition="#aq">Cum Approba-<lb/>
tione Caesareo-Regiae Censurae</hi>&#x201C; (Prag, ohne Jahrzahl).</p><lb/>
            <p>Der Vorbericht die&#x017F;es an&#x017F;cheinend von einem getauften Juden<lb/>
ge&#x017F;chriebenen Buchs verräth eine vollkommene Vertrautheit mit<lb/>
der hebräi&#x017F;chen und jüdi&#x017F;chdeut&#x017F;chen Sprache, gibt aber nur wenig<lb/>
grammati&#x017F;ch Belehrendes, und die&#x017F;es be&#x017F;chränkt &#x017F;ich wiederum mei-<lb/>
&#x017F;tens auf vereinzelte &#x017F;yntakti&#x017F;che Fingerzeige. Das Wörterbuch &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
i&#x017F;t nach hebräi&#x017F;ch-alphabeti&#x017F;cher Ordnung gedruckt. Den mit deut&#x017F;ch-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0257] ſander dieſen verheißenen zweiten Theil gar nicht herausgegeben hat. Auch die ganze Faſſung des §. 10 deutet darauf hin, daß der Verfaſſer während der Arbeit ſeinen Entſchluß geändert und es mit der Arbeit ſoweit hat bewenden laſſen wollen. Sehr wichtig iſt in dem oben erwähnten „Unterricht“ die von S. 9—19 auf- geführte Literatur, welche, wie überhaupt die ganze Grammatik und Abhandlung, den Beweis liefert, daß Chryſander ein ſehr tüchtiger Kenner der bis dahin den chriſtlichen Gelehrten ſo wenig zugänglichen judendeutſchen Sprache und Literatur geweſen iſt. Zu bedauern iſt bei dieſem gleich den bisher aufgeführten ſehr ſelten werdenden Werke, daß in dem kleinen Wörterbuche am Schluß nur deutſche und keine deutſchrabbiniſchen Lettern gebraucht ſind. Die in der Grammatik bei Erläuterung der Buchſtaben und bei Anführung von Beiſpielen gebrauchten Lettern ſind allerdings deutſchrabbiniſche, jedoch ſehr klein, ſtark abgenutzt und bis zur Unkenntlichkeit undeutlich. Als ein ſehr beachtenswerthes Buch erſcheint das „Hand- lexikon der jüdiſchdeutſchen Sprache, in welchem alle den Jüden entweder eigene, oder aus der hebräiſchen und rabbiniſchen Sprache entlehnte, der deutſchen Mundart gemäß inflectirte Wörter, mit ihrer wahren Bedeutung, wie auch ſonderbaren Redensarten, Sprichwörtern u. dgl., deren ſich die Jüden, um von den Chriſten nicht verſtanden zu werden, unter einander zu gebrauchen pflegen, nebſt einigen beygefügten Erklärungen ihrer verſchiedenen Gebräuche, Faſt- und Feſttage, Monate u. dgl. enthalten ſind. Zum Nutzen und Gebrauch des Publikum, inſonderheit derjenigen, welche Ge- ſchäfts- und Handelswegen, oder aus andern Urſachen mit den Jüden einen Umgang zu pflegen bemüßiget ſind. Cum Approba- tione Caesareo-Regiae Censurae“ (Prag, ohne Jahrzahl). Der Vorbericht dieſes anſcheinend von einem getauften Juden geſchriebenen Buchs verräth eine vollkommene Vertrautheit mit der hebräiſchen und jüdiſchdeutſchen Sprache, gibt aber nur wenig grammatiſch Belehrendes, und dieſes beſchränkt ſich wiederum mei- ſtens auf vereinzelte ſyntaktiſche Fingerzeige. Das Wörterbuch ſelbſt iſt nach hebräiſch-alphabetiſcher Ordnung gedruckt. Den mit deutſch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/257
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/257>, abgerufen am 14.05.2024.