Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

lateinischen Perfects läßt sich füglich deutschem Einfluß beimessen.
Schleicher, a. a. O., S. 187.

Da keine Veranlassung vorliegt, speciell auf das Churwelsch
zurückzukommen, so mag die hier diplomatisch genau nach Gesner,
Fol. 72b, abgedruckte oratio dominica als Probe Platz finden:

Bap noass, tii quell chi esch in ls tschels: fatt saingk
uennga ilg teis nuom: ilg teis ragin am ueng naun proa: la
tia uoellga dwain taschkoa in tschel, usche eir in terra.
Noass paun d'minchiady da a nuo hoatz: e parduna a nuo
ils noas dabitts, schkoa eir, nuo pardunain a ls noass dabit-
taduors. E nun ns'manar in prowamaint, moa ans spendra
da lg maal. Parchiai chia teis ais ilg raginam e la pussauntza,
e lg laud in etern. Amen.



Zwölstes Kapitel.
c) Salbadern.

Ebenso abgeschmackt wie mit der Benennung Kauderwelsch
wird die Gaunersprache, wiewol selten, auch noch mit dem Aus-
druck Salbadern bezeichnet, weshalb denn dieses Wort hier Er-
wähnung verdient. Das Wort Salbader leitet Frisch, a. a. O.,
S. 144, ab "von einem Bader, der zu Jena an der Saal zu-
gleich eine Balbier-Stube gehabt, dessen Bader-Discours sich
allezeit vom Wetter angefangen, das Jedermann, der zu ihm kam,
unter Wegs genugsam empfunden". Schwenck, S. 543, kommt
der Sache schon näher, da er den Salbader als den ehemaligen
Bader beschreibt, der in einem Gemeindehause (Sal, Saal) das
Bad zu halten pflegte. Die beste Erklärung ist jedoch wol die bei
Schmid, S. 491, von Seelhaus, Armenkrankenhaus, wie solche
vor der Reformation von Andächtigen zum Heil ihrer Seele
gestiftet und von Beguinen besorgt wurden. Schmid führt dazu eine
öttinger Urkunde von 1265 an. Der Aufseher hieß Seelvater.
Für die an Hautkrankheiten u. dgl. leidenden Kranken waren in

lateiniſchen Perfects läßt ſich füglich deutſchem Einfluß beimeſſen.
Schleicher, a. a. O., S. 187.

Da keine Veranlaſſung vorliegt, ſpeciell auf das Churwelſch
zurückzukommen, ſo mag die hier diplomatiſch genau nach Gesner,
Fol. 72b, abgedruckte oratio dominica als Probe Platz finden:

Bap noass, tii quell chi ésch in ls tschéls: fatt saingk
uénnga ilg teis nuom: ilg teis ragín am uéng naun proa: la
tia uoellga dwain taschkoa in tschél, uschè eir in terra.
Noass paun d’minchiady da a nuo hoátz: e parduna a nuo
ils noas dabitts, schkoa eir, nuo pardunain a ls noass dabit-
taduors. E nun ns’manar in prowamaint, moa ans spendra
da lg maal. Parchiai chia teis ais ilg raginam é la pussauntza,
é lg laud in etern. Amen.



Zwölſtes Kapitel.
c) Salbadern.

Ebenſo abgeſchmackt wie mit der Benennung Kauderwelſch
wird die Gaunerſprache, wiewol ſelten, auch noch mit dem Aus-
druck Salbadern bezeichnet, weshalb denn dieſes Wort hier Er-
wähnung verdient. Das Wort Salbader leitet Friſch, a. a. O.,
S. 144, ab „von einem Bader, der zu Jena an der Saal zu-
gleich eine Balbier-Stube gehabt, deſſen Bader-Discours ſich
allezeit vom Wetter angefangen, das Jedermann, der zu ihm kam,
unter Wegs genugſam empfunden“. Schwenck, S. 543, kommt
der Sache ſchon näher, da er den Salbader als den ehemaligen
Bader beſchreibt, der in einem Gemeindehauſe (Sal, Saal) das
Bad zu halten pflegte. Die beſte Erklärung iſt jedoch wol die bei
Schmid, S. 491, von Seelhaus, Armenkrankenhaus, wie ſolche
vor der Reformation von Andächtigen zum Heil ihrer Seele
geſtiftet und von Beguinen beſorgt wurden. Schmid führt dazu eine
öttinger Urkunde von 1265 an. Der Aufſeher hieß Seelvater.
Für die an Hautkrankheiten u. dgl. leidenden Kranken waren in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0061" n="27"/>
lateini&#x017F;chen Perfects läßt &#x017F;ich füglich deut&#x017F;chem Einfluß beime&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Schleicher, a. a. O., S. 187.</p><lb/>
            <p>Da keine Veranla&#x017F;&#x017F;ung vorliegt, &#x017F;peciell auf das Churwel&#x017F;ch<lb/>
zurückzukommen, &#x017F;o mag die hier diplomati&#x017F;ch genau nach Gesner,<lb/>
Fol. 72<hi rendition="#sup"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>, abgedruckte <hi rendition="#aq">oratio dominica</hi> als Probe Platz finden:</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#aq">Bap noass, tii quell chi ésch in ls tschéls: fatt saingk<lb/>
uénnga ilg teis nuom: ilg teis ragín am uéng naun proa: la<lb/>
tia uoellga dwain taschkoa in tschél, uschè eir in terra.<lb/>
Noass paun d&#x2019;minchiady da a nuo hoátz: e parduna a nuo<lb/>
ils noas dabitts, schkoa eir, nuo pardunain a ls noass dabit-<lb/>
taduors. E nun ns&#x2019;manar in prowamaint, moa ans spendra<lb/>
da lg maal. Parchiai chia teis ais ilg raginam é la pussauntza,<lb/>
é lg laud in etern. Amen.</hi> </p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr">Zwöl&#x017F;tes Kapitel.</hi><lb/> <hi rendition="#aq">c)</hi> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#g">Salbadern.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Eben&#x017F;o abge&#x017F;chmackt wie mit der Benennung Kauderwel&#x017F;ch<lb/>
wird die Gauner&#x017F;prache, wiewol &#x017F;elten, auch noch mit dem Aus-<lb/>
druck <hi rendition="#g">Salbadern</hi> bezeichnet, weshalb denn die&#x017F;es Wort hier Er-<lb/>
wähnung verdient. Das Wort <hi rendition="#g">Salbader</hi> leitet Fri&#x017F;ch, a. a. O.,<lb/>
S. 144, ab &#x201E;von einem <hi rendition="#g">Bader,</hi> der zu Jena an der <hi rendition="#g">Saal</hi> zu-<lb/>
gleich eine Balbier-Stube gehabt, de&#x017F;&#x017F;en Bader-<hi rendition="#aq">Discours</hi> &#x017F;ich<lb/>
allezeit vom Wetter angefangen, das Jedermann, der zu ihm kam,<lb/>
unter Wegs genug&#x017F;am empfunden&#x201C;. Schwenck, S. 543, kommt<lb/>
der Sache &#x017F;chon näher, da er den Salbader als den ehemaligen<lb/>
Bader be&#x017F;chreibt, der in einem Gemeindehau&#x017F;e (Sal, Saal) das<lb/>
Bad zu halten pflegte. Die be&#x017F;te Erklärung i&#x017F;t jedoch wol die bei<lb/>
Schmid, S. 491, von <hi rendition="#g">Seelhaus,</hi> Armenkrankenhaus, wie &#x017F;olche<lb/>
vor der Reformation von Andächtigen <hi rendition="#g">zum Heil ihrer Seele</hi><lb/>
ge&#x017F;tiftet und von Beguinen be&#x017F;orgt wurden. Schmid führt dazu eine<lb/>
öttinger Urkunde von 1265 an. Der Auf&#x017F;eher hieß <hi rendition="#g">Seelvater.</hi><lb/>
Für die an Hautkrankheiten u. dgl. leidenden Kranken waren in<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0061] lateiniſchen Perfects läßt ſich füglich deutſchem Einfluß beimeſſen. Schleicher, a. a. O., S. 187. Da keine Veranlaſſung vorliegt, ſpeciell auf das Churwelſch zurückzukommen, ſo mag die hier diplomatiſch genau nach Gesner, Fol. 72b, abgedruckte oratio dominica als Probe Platz finden: Bap noass, tii quell chi ésch in ls tschéls: fatt saingk uénnga ilg teis nuom: ilg teis ragín am uéng naun proa: la tia uoellga dwain taschkoa in tschél, uschè eir in terra. Noass paun d’minchiady da a nuo hoátz: e parduna a nuo ils noas dabitts, schkoa eir, nuo pardunain a ls noass dabit- taduors. E nun ns’manar in prowamaint, moa ans spendra da lg maal. Parchiai chia teis ais ilg raginam é la pussauntza, é lg laud in etern. Amen. Zwölſtes Kapitel. c) Salbadern. Ebenſo abgeſchmackt wie mit der Benennung Kauderwelſch wird die Gaunerſprache, wiewol ſelten, auch noch mit dem Aus- druck Salbadern bezeichnet, weshalb denn dieſes Wort hier Er- wähnung verdient. Das Wort Salbader leitet Friſch, a. a. O., S. 144, ab „von einem Bader, der zu Jena an der Saal zu- gleich eine Balbier-Stube gehabt, deſſen Bader-Discours ſich allezeit vom Wetter angefangen, das Jedermann, der zu ihm kam, unter Wegs genugſam empfunden“. Schwenck, S. 543, kommt der Sache ſchon näher, da er den Salbader als den ehemaligen Bader beſchreibt, der in einem Gemeindehauſe (Sal, Saal) das Bad zu halten pflegte. Die beſte Erklärung iſt jedoch wol die bei Schmid, S. 491, von Seelhaus, Armenkrankenhaus, wie ſolche vor der Reformation von Andächtigen zum Heil ihrer Seele geſtiftet und von Beguinen beſorgt wurden. Schmid führt dazu eine öttinger Urkunde von 1265 an. Der Aufſeher hieß Seelvater. Für die an Hautkrankheiten u. dgl. leidenden Kranken waren in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/61
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/61>, abgerufen am 30.04.2024.