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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

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Baden, badisch, husisch.
Würtembergisch, joklisch.
Baierisch, bavarisch.
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Schweiz, Bum.
Oesterreichisch, käferisch.
Französisch, Haasib.

Zum Schluß einige kurze Hindeutungen auf die starke mund-
artige Verfärbung. Auswechseln: Schiferen für Chilfenen
Bauernleben: Ruechengois aus Ruach und Chai; deuten: Zin-
giren
für zinkenen; Geld: Labe für zig. Lowe; Geschütz: Buska
für zig. Buschka; Klassa, jüdischdeutsch für Klesema; gestorben:
Bägeret für gepegert; Heirath, Hochzeit: Kränerei, Gränerei,
vom jüdischdeutschen keren; Straße: Teratt, für das gewöhn-
liche Terich, terra; Tuch: Dame, Bokdame, vom zig. pochtam;
Uhr: Schi, Stunde: Schöde, beides jüdischdeutsch von Schoo.
Nachtschwärmer (Nachtdieb): Beilygänger für jüdischdeutsch Be-
laile-Gänger; Mondschein: Lafoneblick für Lewoneblick; Hexe:
Fingelschize für Finkelschikze; Kaffee: Schuchamajum für Scho-
cher-Majim; Kupfer: Bodill, Burtill, für jüdischdeutsch Bedil,
eigentlich Zinn; auf, offen: Hosper vom latein. apertus; auf-
machen: hospern. Auch viele Composita, namentlich längere,
welche die Gaunersprache sonst gern zurückweist, sind neu, z. B.
Diebshandwerk: Kanofferschinagglerei, von ganaw und schin
und agole. Soldat: Susballamachonum, eigentlich berittener
Soldat, von sus, Pferd, und bal milchomo, Kriegsmann; Laus:
Walder, vereinfacht aus dem alten Hans Walter. Gute Nacht:
Doferatte, vom jüdischdeutschen tob, gut, und zig. ratt, Nacht.
Stillstehen: Beduchthauren, vom jüdischdeutschen betuach, mit
Bedacht, und hauern, hocken, kauern; Schildwache: Hauriger-
launinger,
von hauren und Löhniger (Söldner). Schlosser:
Dalmereiflamminger, von Dalme, Schloß, und Flamme.
Kaffee: Brauhaus, wahrscheinlich verdruckt für Braunhans,
brauner Hans. Die einfachen volksthümlichen Ausdrücke mit zum
Theil verschobener oder bildlicher Bedeutung sind leicht zu ver-
stehen, z. B. gehen: posten; naschen (zigeunerisch nahschaf);
scheften (im Niederdeutschen ist daraus schechen gemacht); hol-
chen, pfichen,
letzteres von pfuzen, pfuchezen, pfugezen, pfuckezen

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Baden, badiſch, huſiſch.
Würtembergiſch, jokliſch.
Baieriſch, bavariſch.
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Schweiz, Bum.
Oeſterreichiſch, käferiſch.
Franzöſiſch, Haaſib.

Zum Schluß einige kurze Hindeutungen auf die ſtarke mund-
artige Verfärbung. Auswechſeln: Schiferen für Chilfenen
Bauernleben: Ruechengois aus Ruach und Chai; deuten: Zin-
giren
für zinkenen; Geld: Labe für zig. Lowe; Geſchütz: Buska
für zig. Buſchka; Klaſſa, jüdiſchdeutſch für Klesema; geſtorben:
Bägeret für gepegert; Heirath, Hochzeit: Kränerei, Gränerei,
vom jüdiſchdeutſchen keren; Straße: Teratt, für das gewöhn-
liche Terich, terra; Tuch: Dame, Bokdame, vom zig. pochtam;
Uhr: Schi, Stunde: Schöde, beides jüdiſchdeutſch von Schoo.
Nachtſchwärmer (Nachtdieb): Beilygänger für jüdiſchdeutſch Be-
laile-Gänger; Mondſchein: Lafoneblick für Lewoneblick; Hexe:
Fingelſchize für Finkelſchikze; Kaffee: Schuchamajum für Scho-
cher-Majim; Kupfer: Bodill, Burtill, für jüdiſchdeutſch Bedil,
eigentlich Zinn; auf, offen: Hosper vom latein. apertus; auf-
machen: hospern. Auch viele Compoſita, namentlich längere,
welche die Gaunerſprache ſonſt gern zurückweiſt, ſind neu, z. B.
Diebshandwerk: Kanofferſchinagglerei, von ganaw und schin
und agole. Soldat: Susballamachonum, eigentlich berittener
Soldat, von sus, Pferd, und bal milchomo, Kriegsmann; Laus:
Walder, vereinfacht aus dem alten Hans Walter. Gute Nacht:
Doferatte, vom jüdiſchdeutſchen tob, gut, und zig. ratt, Nacht.
Stillſtehen: Beduchthauren, vom jüdiſchdeutſchen betuach, mit
Bedacht, und hauern, hocken, kauern; Schildwache: Hauriger-
launinger,
von hauren und Löhniger (Söldner). Schloſſer:
Dalmereiflamminger, von Dalme, Schloß, und Flamme.
Kaffee: Brauhaus, wahrſcheinlich verdruckt für Braunhans,
brauner Hans. Die einfachen volksthümlichen Ausdrücke mit zum
Theil verſchobener oder bildlicher Bedeutung ſind leicht zu ver-
ſtehen, z. B. gehen: poſten; naſchen (zigeuneriſch nahschaf);
ſcheften (im Niederdeutſchen iſt daraus ſchechen gemacht); hol-
chen, pfichen,
letzteres von pfuzen, pfuchezen, pfugezen, pfuckezen

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[245/0257] Baden, badiſch, huſiſch. Würtembergiſch, jokliſch. Baieriſch, bavariſch. Schweiz, Bum. Oeſterreichiſch, käferiſch. Franzöſiſch, Haaſib. Zum Schluß einige kurze Hindeutungen auf die ſtarke mund- artige Verfärbung. Auswechſeln: Schiferen für Chilfenen Bauernleben: Ruechengois aus Ruach und Chai; deuten: Zin- giren für zinkenen; Geld: Labe für zig. Lowe; Geſchütz: Buska für zig. Buſchka; Klaſſa, jüdiſchdeutſch für Klesema; geſtorben: Bägeret für gepegert; Heirath, Hochzeit: Kränerei, Gränerei, vom jüdiſchdeutſchen keren; Straße: Teratt, für das gewöhn- liche Terich, terra; Tuch: Dame, Bokdame, vom zig. pochtam; Uhr: Schi, Stunde: Schöde, beides jüdiſchdeutſch von Schoo. Nachtſchwärmer (Nachtdieb): Beilygänger für jüdiſchdeutſch Be- laile-Gänger; Mondſchein: Lafoneblick für Lewoneblick; Hexe: Fingelſchize für Finkelſchikze; Kaffee: Schuchamajum für Scho- cher-Majim; Kupfer: Bodill, Burtill, für jüdiſchdeutſch Bedil, eigentlich Zinn; auf, offen: Hosper vom latein. apertus; auf- machen: hospern. Auch viele Compoſita, namentlich längere, welche die Gaunerſprache ſonſt gern zurückweiſt, ſind neu, z. B. Diebshandwerk: Kanofferſchinagglerei, von ganaw und schin und agole. Soldat: Susballamachonum, eigentlich berittener Soldat, von sus, Pferd, und bal milchomo, Kriegsmann; Laus: Walder, vereinfacht aus dem alten Hans Walter. Gute Nacht: Doferatte, vom jüdiſchdeutſchen tob, gut, und zig. ratt, Nacht. Stillſtehen: Beduchthauren, vom jüdiſchdeutſchen betuach, mit Bedacht, und hauern, hocken, kauern; Schildwache: Hauriger- launinger, von hauren und Löhniger (Söldner). Schloſſer: Dalmereiflamminger, von Dalme, Schloß, und Flamme. Kaffee: Brauhaus, wahrſcheinlich verdruckt für Braunhans, brauner Hans. Die einfachen volksthümlichen Ausdrücke mit zum Theil verſchobener oder bildlicher Bedeutung ſind leicht zu ver- ſtehen, z. B. gehen: poſten; naſchen (zigeuneriſch nahschaf); ſcheften (im Niederdeutſchen iſt daraus ſchechen gemacht); hol- chen, pfichen, letzteres von pfuzen, pfuchezen, pfugezen, pfuckezen

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/257>, abgerufen am 29.04.2024.