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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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zen, also wenn nun Eva durch den blauen Gang kommt, mit
dem Rücken zu ihr).
Eva (einunddreißig Jahre; mittelgroß, schlank, Tituskopf
mit schwarzen Locken, große schwarze Augen, edles Profil, stark
gebogene Nase, kleinen, vollen, sehr roten Mund, eine auffallende,
fremdartige, sehr gepflegte Schönheit; Hauskleid von Poiret,
viel Schmuck, durchaus echt elegant, aber mit einem Stich ins
Exotische, halb Balkanprinzessin, halb große Boheme; posiert
auf Schlaffheit, mit weichen, müden, einsinkenden Bewegungen,
spielt gern mit ihren sehr langen, nervösen und von Edelsteinen
glitzernden Fingern und möchte schlangenhaft wirken, wird aber
dabei von ihrer angeborenen munteren Lebhaftigkeit etwas be-
hindert; so beginnt sie denn auch stets ganz langsam, überspru-
delt sich aber dann und hat Mühe, wieder in den schweren
melancholischen Ton zurückzufinden, aus dem sie doch bei der
ersten Gelegenheit wieder in einen leichten, lustig bewegten,
wienerisch gefärbten Plauderton fällt; kommt durch den blauen
Gang gerauscht; erst ganz konventionell).
Mein Mann wird
unendlich bedauern. Aber ich habe schon telephonieren
lassen. Er muß im Augenblick kommen. (Plötzlich den Ton
wechselnd, mit einem kurzen, grundlosen Lachen.)
Das heißt,
im Augenblick? Das kennt man doch bei den Männern,
ein Mann ist ja die Unzuverlässigkeit selbst, das heißt über
meinen kann ich mich darin wirklich nicht beklagen, aber
(seufzend und mit einem schmachtenden Augenaufschlag, zu dem
kein rechter Anlaß ist; indem sie Fidelis die Hand entgegen-
streckt)
ach ja, die Männer!
Fidelis (hat sich gleich nach ihr umgewendet und ist ihr ent-
gegengegangen; leichthin, lustig).
Ja ich höre allgemein, daß
wir ein entsetzliches Geschlecht sind. (Küßt ihr die Hand.)

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zen, alſo wenn nun Eva durch den blauen Gang kommt, mit
dem Ruͤcken zu ihr).
Eva (einunddreißig Jahre; mittelgroß, ſchlank, Tituskopf
mit ſchwarzen Locken, große ſchwarze Augen, edles Profil, ſtark
gebogene Naſe, kleinen, vollen, ſehr roten Mund, eine auffallende,
fremdartige, ſehr gepflegte Schoͤnheit; Hauskleid von Poiret,
viel Schmuck, durchaus echt elegant, aber mit einem Stich ins
Exotiſche, halb Balkanprinzeſſin, halb große Boheme; poſiert
auf Schlaffheit, mit weichen, muͤden, einſinkenden Bewegungen,
ſpielt gern mit ihren ſehr langen, nervoͤſen und von Edelſteinen
glitzernden Fingern und moͤchte ſchlangenhaft wirken, wird aber
dabei von ihrer angeborenen munteren Lebhaftigkeit etwas be-
hindert; ſo beginnt ſie denn auch ſtets ganz langſam, uͤberſpru-
delt ſich aber dann und hat Muͤhe, wieder in den ſchweren
melancholiſchen Ton zuruͤckzufinden, aus dem ſie doch bei der
erſten Gelegenheit wieder in einen leichten, luſtig bewegten,
wieneriſch gefaͤrbten Plauderton faͤllt; kommt durch den blauen
Gang gerauſcht; erſt ganz konventionell).
Mein Mann wird
unendlich bedauern. Aber ich habe ſchon telephonieren
laſſen. Er muß im Augenblick kommen. (Ploͤtzlich den Ton
wechſelnd, mit einem kurzen, grundloſen Lachen.)
Das heißt,
im Augenblick? Das kennt man doch bei den Männern,
ein Mann iſt ja die Unzuverläſſigkeit ſelbſt, das heißt über
meinen kann ich mich darin wirklich nicht beklagen, aber
(ſeufzend und mit einem ſchmachtenden Augenaufſchlag, zu dem
kein rechter Anlaß iſt; indem ſie Fidelis die Hand entgegen-
ſtreckt)
ach ja, die Männer!
Fidelis (hat ſich gleich nach ihr umgewendet und iſt ihr ent-
gegengegangen; leichthin, luſtig).
Ja ich höre allgemein, daß
wir ein entſetzliches Geſchlecht ſind. (Kuͤßt ihr die Hand.)

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[67/0073] zen, alſo wenn nun Eva durch den blauen Gang kommt, mit dem Ruͤcken zu ihr). Eva (einunddreißig Jahre; mittelgroß, ſchlank, Tituskopf mit ſchwarzen Locken, große ſchwarze Augen, edles Profil, ſtark gebogene Naſe, kleinen, vollen, ſehr roten Mund, eine auffallende, fremdartige, ſehr gepflegte Schoͤnheit; Hauskleid von Poiret, viel Schmuck, durchaus echt elegant, aber mit einem Stich ins Exotiſche, halb Balkanprinzeſſin, halb große Boheme; poſiert auf Schlaffheit, mit weichen, muͤden, einſinkenden Bewegungen, ſpielt gern mit ihren ſehr langen, nervoͤſen und von Edelſteinen glitzernden Fingern und moͤchte ſchlangenhaft wirken, wird aber dabei von ihrer angeborenen munteren Lebhaftigkeit etwas be- hindert; ſo beginnt ſie denn auch ſtets ganz langſam, uͤberſpru- delt ſich aber dann und hat Muͤhe, wieder in den ſchweren melancholiſchen Ton zuruͤckzufinden, aus dem ſie doch bei der erſten Gelegenheit wieder in einen leichten, luſtig bewegten, wieneriſch gefaͤrbten Plauderton faͤllt; kommt durch den blauen Gang gerauſcht; erſt ganz konventionell). Mein Mann wird unendlich bedauern. Aber ich habe ſchon telephonieren laſſen. Er muß im Augenblick kommen. (Ploͤtzlich den Ton wechſelnd, mit einem kurzen, grundloſen Lachen.) Das heißt, im Augenblick? Das kennt man doch bei den Männern, ein Mann iſt ja die Unzuverläſſigkeit ſelbſt, das heißt über meinen kann ich mich darin wirklich nicht beklagen, aber (ſeufzend und mit einem ſchmachtenden Augenaufſchlag, zu dem kein rechter Anlaß iſt; indem ſie Fidelis die Hand entgegen- ſtreckt) ach ja, die Männer! Fidelis (hat ſich gleich nach ihr umgewendet und iſt ihr ent- gegengegangen; leichthin, luſtig). Ja ich höre allgemein, daß wir ein entſetzliches Geſchlecht ſind. (Kuͤßt ihr die Hand.) 5*

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/73>, abgerufen am 28.04.2024.