Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

daß das gekaufte Exemplar, als Eigenthum des Käufers, von die-
sem beliebig vervielfältigt werden dürfe, denn dies, wie jede Hand-
lung, ist nur dann gestattet, wenn Niemand dadurch in seinen
wohlerworbenen Rechten gekränkt wird. Eine solche Kränkung
findet aber beim Nachdrucke Statt, denn der Autor hat ein Recht
auf alle diejenigen Vortheile, welche ihm aus seinem Verfasser-
eigenthume an seinem unter Anwendung von Arbeit hervorgebrachten
Erzeugnisse im Verkehre erwachsen können. Bestünde dieses Recht
nicht, so müßte alle nützliche Arbeit unterbleiben. Er kann diese
Vortheile an einen Andern abtreten, sei es als Geschenk oder gegen
Vergütung. Wer nun aber ein Druckwerk nachdruckt, der kränkt,
da er es ohne Erlaubniß und Entschädigung des Verfassers thut,
denselben in seinen Rechten und, wenn dieser sie an einen Verleger
abgetreten hat, diesen Letzteren, jedenfalls aber beide zugleich,
wenn, wie gewöhnlich, der Verfasser sein Product nicht als Eigen-
thum, sondern nur Auflagenweise an den Verleger gegeben hat.
Deßhalb ist ein gesetzliches Verbot, Bestrafung des Nachdrucks
mit und ohne Nennung des Autors oder unter verfälschtem Au-
tornamen, und Schadensersatz unumgänglich nothwendig. Wäre
es dies aber auch nicht, so erscheinen Privilegien gegen den Nach-
druck gewerbspolizeilich nicht blos billig, sondern nöthig, weil nur
dann in Erfindungen, Schriftstellerei und Kunst Leistungen und
Unternehmungen möglich sind, wenn der Unternehmer des Ersatzes
seiner Auslagen sammt Gewinn gewiß ist. Dies ist aber beim
Nachdrucke nicht möglich, und die Erfahrung zeigt, daß eine Menge
der nützlichsten Entdeckungen deßhalb gar nicht veröffentlicht werden.
Der wahre Begriff der Concurrenz hört auf, wenn die Verbreiter
einer Erfindung, die eine ungeheuere Anzahl ausmachen können,
mit den sehr seltenen Erfindern in gewerblichen Conflickt kommen;
denn sie kann nur unter den Verbreitern einerseits, und unter den
Erfindern anderseits Statt finden. Aus diesen Gründen zerfallen
die Vertheidigungsgründe des Nachdrucks, als wie: man müsse
Gewerbsfreiheit, freie Concurrenz gestatten, und derselbe befördere
die Verbreitung nützlicher Kenntnisse, als ganz nichtig in sich selbst.
Es folgt aber hieraus, daß der Ausdruck Privilegium in diesen
Fällen ganz ungeeignet ist, da der Staat keine Concurrenz beengt,
sondern vielmehr die Erfinder u. dgl. blos gegen die Uebermacht
der Verbreiter in ihren natürlichen Rechten schützt. 2) Dasselbe
gilt auch von den Erfindungspatenten, d. h. von den schrift-
lichen Staatsurkunden, welche Einem auf mehrere Jahre, leider
in der Regel nicht ohne hohe Taxen und Gebühren, so daß er den
natürlichen Rechtsschutz erst noch besonders theuer erkaufen muß,

43 *

daß das gekaufte Exemplar, als Eigenthum des Käufers, von die-
ſem beliebig vervielfältigt werden dürfe, denn dies, wie jede Hand-
lung, iſt nur dann geſtattet, wenn Niemand dadurch in ſeinen
wohlerworbenen Rechten gekränkt wird. Eine ſolche Kränkung
findet aber beim Nachdrucke Statt, denn der Autor hat ein Recht
auf alle diejenigen Vortheile, welche ihm aus ſeinem Verfaſſer-
eigenthume an ſeinem unter Anwendung von Arbeit hervorgebrachten
Erzeugniſſe im Verkehre erwachſen können. Beſtünde dieſes Recht
nicht, ſo müßte alle nützliche Arbeit unterbleiben. Er kann dieſe
Vortheile an einen Andern abtreten, ſei es als Geſchenk oder gegen
Vergütung. Wer nun aber ein Druckwerk nachdruckt, der kränkt,
da er es ohne Erlaubniß und Entſchädigung des Verfaſſers thut,
denſelben in ſeinen Rechten und, wenn dieſer ſie an einen Verleger
abgetreten hat, dieſen Letzteren, jedenfalls aber beide zugleich,
wenn, wie gewöhnlich, der Verfaſſer ſein Product nicht als Eigen-
thum, ſondern nur Auflagenweiſe an den Verleger gegeben hat.
Deßhalb iſt ein geſetzliches Verbot, Beſtrafung des Nachdrucks
mit und ohne Nennung des Autors oder unter verfälſchtem Au-
tornamen, und Schadenserſatz unumgänglich nothwendig. Wäre
es dies aber auch nicht, ſo erſcheinen Privilegien gegen den Nach-
druck gewerbspolizeilich nicht blos billig, ſondern nöthig, weil nur
dann in Erfindungen, Schriftſtellerei und Kunſt Leiſtungen und
Unternehmungen möglich ſind, wenn der Unternehmer des Erſatzes
ſeiner Auslagen ſammt Gewinn gewiß iſt. Dies iſt aber beim
Nachdrucke nicht möglich, und die Erfahrung zeigt, daß eine Menge
der nützlichſten Entdeckungen deßhalb gar nicht veröffentlicht werden.
Der wahre Begriff der Concurrenz hört auf, wenn die Verbreiter
einer Erfindung, die eine ungeheuere Anzahl ausmachen können,
mit den ſehr ſeltenen Erfindern in gewerblichen Conflickt kommen;
denn ſie kann nur unter den Verbreitern einerſeits, und unter den
Erfindern anderſeits Statt finden. Aus dieſen Gründen zerfallen
die Vertheidigungsgründe des Nachdrucks, als wie: man müſſe
Gewerbsfreiheit, freie Concurrenz geſtatten, und derſelbe befördere
die Verbreitung nützlicher Kenntniſſe, als ganz nichtig in ſich ſelbſt.
Es folgt aber hieraus, daß der Ausdruck Privilegium in dieſen
Fällen ganz ungeeignet iſt, da der Staat keine Concurrenz beengt,
ſondern vielmehr die Erfinder u. dgl. blos gegen die Uebermacht
der Verbreiter in ihren natürlichen Rechten ſchützt. 2) Daſſelbe
gilt auch von den Erfindungspatenten, d. h. von den ſchrift-
lichen Staatsurkunden, welche Einem auf mehrere Jahre, leider
in der Regel nicht ohne hohe Taxen und Gebühren, ſo daß er den
natürlichen Rechtsſchutz erſt noch beſonders theuer erkaufen muß,

43 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0697" n="675"/>
daß das gekaufte Exemplar, als Eigenthum des Käufers, von die-<lb/>
&#x017F;em beliebig vervielfältigt werden dürfe, denn dies, wie jede Hand-<lb/>
lung, i&#x017F;t nur dann ge&#x017F;tattet, wenn Niemand dadurch in &#x017F;einen<lb/>
wohlerworbenen Rechten gekränkt wird. Eine &#x017F;olche Kränkung<lb/>
findet aber beim Nachdrucke Statt, denn der Autor hat ein Recht<lb/>
auf alle diejenigen Vortheile, welche ihm aus &#x017F;einem Verfa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
eigenthume an &#x017F;einem unter Anwendung von Arbeit hervorgebrachten<lb/>
Erzeugni&#x017F;&#x017F;e im Verkehre erwach&#x017F;en können. Be&#x017F;tünde die&#x017F;es Recht<lb/>
nicht, &#x017F;o müßte alle nützliche Arbeit unterbleiben. Er kann die&#x017F;e<lb/>
Vortheile an einen Andern abtreten, &#x017F;ei es als Ge&#x017F;chenk oder gegen<lb/>
Vergütung. Wer nun aber ein Druckwerk nachdruckt, der kränkt,<lb/>
da er es ohne Erlaubniß und Ent&#x017F;chädigung des Verfa&#x017F;&#x017F;ers thut,<lb/>
den&#x017F;elben in &#x017F;einen Rechten und, wenn die&#x017F;er &#x017F;ie an einen Verleger<lb/>
abgetreten hat, die&#x017F;en Letzteren, jedenfalls aber beide zugleich,<lb/>
wenn, wie gewöhnlich, der Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ein Product nicht als Eigen-<lb/>
thum, &#x017F;ondern nur Auflagenwei&#x017F;e an den Verleger gegeben hat.<lb/>
Deßhalb i&#x017F;t ein ge&#x017F;etzliches Verbot, Be&#x017F;trafung des Nachdrucks<lb/>
mit und ohne Nennung des Autors oder unter verfäl&#x017F;chtem Au-<lb/>
tornamen, und Schadenser&#x017F;atz unumgänglich nothwendig. Wäre<lb/>
es dies aber auch nicht, &#x017F;o er&#x017F;cheinen Privilegien gegen den Nach-<lb/>
druck gewerbspolizeilich nicht blos billig, &#x017F;ondern nöthig, weil nur<lb/>
dann in Erfindungen, Schrift&#x017F;tellerei und Kun&#x017F;t Lei&#x017F;tungen und<lb/>
Unternehmungen möglich &#x017F;ind, wenn der Unternehmer des Er&#x017F;atzes<lb/>
&#x017F;einer Auslagen &#x017F;ammt Gewinn gewiß i&#x017F;t. Dies i&#x017F;t aber beim<lb/>
Nachdrucke nicht möglich, und die Erfahrung zeigt, daß eine Menge<lb/>
der nützlich&#x017F;ten Entdeckungen deßhalb gar nicht veröffentlicht werden.<lb/>
Der wahre Begriff der Concurrenz hört auf, wenn die Verbreiter<lb/>
einer Erfindung, die eine ungeheuere Anzahl ausmachen können,<lb/>
mit den &#x017F;ehr &#x017F;eltenen Erfindern in gewerblichen Conflickt kommen;<lb/>
denn &#x017F;ie kann nur unter den Verbreitern einer&#x017F;eits, und unter den<lb/>
Erfindern ander&#x017F;eits Statt finden. Aus die&#x017F;en Gründen zerfallen<lb/>
die Vertheidigungsgründe des Nachdrucks, als wie: man mü&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Gewerbsfreiheit, freie Concurrenz ge&#x017F;tatten, und der&#x017F;elbe befördere<lb/>
die Verbreitung nützlicher Kenntni&#x017F;&#x017F;e, als ganz nichtig in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t.<lb/>
Es folgt aber hieraus, daß der Ausdruck <hi rendition="#g">Privilegium</hi> in die&#x017F;en<lb/>
Fällen ganz ungeeignet i&#x017F;t, da der Staat keine Concurrenz beengt,<lb/>
&#x017F;ondern vielmehr die Erfinder u. dgl. blos gegen die Uebermacht<lb/>
der Verbreiter in ihren natürlichen Rechten &#x017F;chützt. 2) Da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
gilt auch von den <hi rendition="#g">Erfindungspatenten</hi>, d. h. von den &#x017F;chrift-<lb/>
lichen Staatsurkunden, welche Einem auf mehrere Jahre, leider<lb/>
in der Regel nicht ohne hohe Taxen und Gebühren, &#x017F;o daß er den<lb/>
natürlichen Rechts&#x017F;chutz er&#x017F;t noch be&#x017F;onders theuer erkaufen muß,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">43 *</fw><lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[675/0697] daß das gekaufte Exemplar, als Eigenthum des Käufers, von die- ſem beliebig vervielfältigt werden dürfe, denn dies, wie jede Hand- lung, iſt nur dann geſtattet, wenn Niemand dadurch in ſeinen wohlerworbenen Rechten gekränkt wird. Eine ſolche Kränkung findet aber beim Nachdrucke Statt, denn der Autor hat ein Recht auf alle diejenigen Vortheile, welche ihm aus ſeinem Verfaſſer- eigenthume an ſeinem unter Anwendung von Arbeit hervorgebrachten Erzeugniſſe im Verkehre erwachſen können. Beſtünde dieſes Recht nicht, ſo müßte alle nützliche Arbeit unterbleiben. Er kann dieſe Vortheile an einen Andern abtreten, ſei es als Geſchenk oder gegen Vergütung. Wer nun aber ein Druckwerk nachdruckt, der kränkt, da er es ohne Erlaubniß und Entſchädigung des Verfaſſers thut, denſelben in ſeinen Rechten und, wenn dieſer ſie an einen Verleger abgetreten hat, dieſen Letzteren, jedenfalls aber beide zugleich, wenn, wie gewöhnlich, der Verfaſſer ſein Product nicht als Eigen- thum, ſondern nur Auflagenweiſe an den Verleger gegeben hat. Deßhalb iſt ein geſetzliches Verbot, Beſtrafung des Nachdrucks mit und ohne Nennung des Autors oder unter verfälſchtem Au- tornamen, und Schadenserſatz unumgänglich nothwendig. Wäre es dies aber auch nicht, ſo erſcheinen Privilegien gegen den Nach- druck gewerbspolizeilich nicht blos billig, ſondern nöthig, weil nur dann in Erfindungen, Schriftſtellerei und Kunſt Leiſtungen und Unternehmungen möglich ſind, wenn der Unternehmer des Erſatzes ſeiner Auslagen ſammt Gewinn gewiß iſt. Dies iſt aber beim Nachdrucke nicht möglich, und die Erfahrung zeigt, daß eine Menge der nützlichſten Entdeckungen deßhalb gar nicht veröffentlicht werden. Der wahre Begriff der Concurrenz hört auf, wenn die Verbreiter einer Erfindung, die eine ungeheuere Anzahl ausmachen können, mit den ſehr ſeltenen Erfindern in gewerblichen Conflickt kommen; denn ſie kann nur unter den Verbreitern einerſeits, und unter den Erfindern anderſeits Statt finden. Aus dieſen Gründen zerfallen die Vertheidigungsgründe des Nachdrucks, als wie: man müſſe Gewerbsfreiheit, freie Concurrenz geſtatten, und derſelbe befördere die Verbreitung nützlicher Kenntniſſe, als ganz nichtig in ſich ſelbſt. Es folgt aber hieraus, daß der Ausdruck Privilegium in dieſen Fällen ganz ungeeignet iſt, da der Staat keine Concurrenz beengt, ſondern vielmehr die Erfinder u. dgl. blos gegen die Uebermacht der Verbreiter in ihren natürlichen Rechten ſchützt. 2) Daſſelbe gilt auch von den Erfindungspatenten, d. h. von den ſchrift- lichen Staatsurkunden, welche Einem auf mehrere Jahre, leider in der Regel nicht ohne hohe Taxen und Gebühren, ſo daß er den natürlichen Rechtsſchutz erſt noch beſonders theuer erkaufen muß, 43 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/697
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/697>, abgerufen am 07.05.2024.