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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Drahtfabrikation 1816 bis 1830.
weitere Ausziehen geschah durch stehende Rollen, welche vermittelst
konischer Zahnräder bewegt wurden. Die Rollen für den gröberen
Draht hatten 15 Zoll, die für den feineren Draht 8 Zoll Durchmesser.
Zwischendurch musste der Draht von Zeit zu Zeit wieder ausgeglüht
werden.

In der Herstellung von feinem Draht hatte Frankreich bedeutende
Fortschritte gemacht. In Preussen führte die Eschweiler Draht-
kompanie zuerst mit Erfolg die englische Art, den Draht frei von
Zangenbissen zu ziehen, ein. Der Verein zur Beförderung des Ge-
werbefleisses in Preussen setzte 1823 einen Preis von 1000 Thaler
nebst einer goldenen Denkmünze aus, für die Darstellung von Eisen-
draht für Wollkratzen und Streichen in einem Werke des preussischen
Staates von gleicher Güte und zu gleichen Preisen, wie der Draht von
l'Aigle in Frankreich in den Nummern von 10 bis 28. Hiervon
mussten wenigstens 300 Ctr. dargestellt werden.

Auf den Nutzen eines schwachen Kupferüberzuges beim Ziehen des
Drahtes war man in England anfangs der 20 er Jahre durch Zufall
gekommen. In einer grossen Drahtzieherei löschte man in dem
Sauerwasser, in welchem man den Draht während des Zuges beizte,
rotglühende Stücke Messing, wodurch etwas von dem im Messing
enthaltenen Kupfer gelöst und auf den Eisendraht niedergeschlagen
wurde. Man fand, dass dieser Draht sich leichter ziehen liess und
nicht so oft angelassen werden musste, weil der Kupferniederschlag
die Reibung verminderte und den Draht schlüpferig machte. Seit
dieser Zeit bediente man sich in jener Drahtzieherei immer einer
Kupfervitriollösung beim Drahtziehen. Bei dem letzten Anlassen geht
der Kupferüberzug weg 1).



Die Weissblechfabrikation in England hat zwar keine be-
sonderen Fortschritte in dieser Periode erfahren, aber es wurde eine
sehr gründliche Beschreibung derselben von Parkes 1819 veröffent-
licht, auf welche wir aber hier nur verweisen können 2).

Das älteste Biegwalzwerk für Blech wurde 1815 von John Ford
in England erfunden. 1829 führte Thomas Morjan gusseiserne
Glühöfen an Stelle der Flammöfen ein.


1) Siehe Mechanics Magazine, Nr. 81, p. 392.
2) In den Transactions of the philosoph. Society of Manchester. Im Auszug
in Karstens Archiv für Bergbau III, 134 bis 136, ferner Karstens Eisenhütten-
kunde §. 1318 bis 1321; Annales des mines IV, 635.
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Die Drahtfabrikation 1816 bis 1830.
weitere Ausziehen geschah durch stehende Rollen, welche vermittelst
konischer Zahnräder bewegt wurden. Die Rollen für den gröberen
Draht hatten 15 Zoll, die für den feineren Draht 8 Zoll Durchmesser.
Zwischendurch muſste der Draht von Zeit zu Zeit wieder ausgeglüht
werden.

In der Herstellung von feinem Draht hatte Frankreich bedeutende
Fortschritte gemacht. In Preuſsen führte die Eschweiler Draht-
kompanie zuerst mit Erfolg die englische Art, den Draht frei von
Zangenbissen zu ziehen, ein. Der Verein zur Beförderung des Ge-
werbefleiſses in Preuſsen setzte 1823 einen Preis von 1000 Thaler
nebst einer goldenen Denkmünze aus, für die Darstellung von Eisen-
draht für Wollkratzen und Streichen in einem Werke des preuſsischen
Staates von gleicher Güte und zu gleichen Preisen, wie der Draht von
l’Aigle in Frankreich in den Nummern von 10 bis 28. Hiervon
muſsten wenigstens 300 Ctr. dargestellt werden.

Auf den Nutzen eines schwachen Kupferüberzuges beim Ziehen des
Drahtes war man in England anfangs der 20 er Jahre durch Zufall
gekommen. In einer groſsen Drahtzieherei löschte man in dem
Sauerwasser, in welchem man den Draht während des Zuges beizte,
rotglühende Stücke Messing, wodurch etwas von dem im Messing
enthaltenen Kupfer gelöst und auf den Eisendraht niedergeschlagen
wurde. Man fand, daſs dieser Draht sich leichter ziehen lieſs und
nicht so oft angelassen werden muſste, weil der Kupferniederschlag
die Reibung verminderte und den Draht schlüpferig machte. Seit
dieser Zeit bediente man sich in jener Drahtzieherei immer einer
Kupfervitriollösung beim Drahtziehen. Bei dem letzten Anlassen geht
der Kupferüberzug weg 1).



Die Weiſsblechfabrikation in England hat zwar keine be-
sonderen Fortschritte in dieser Periode erfahren, aber es wurde eine
sehr gründliche Beschreibung derselben von Parkes 1819 veröffent-
licht, auf welche wir aber hier nur verweisen können 2).

Das älteste Biegwalzwerk für Blech wurde 1815 von John Ford
in England erfunden. 1829 führte Thomas Morjan guſseiserne
Glühöfen an Stelle der Flammöfen ein.


1) Siehe Mechanics Magazine, Nr. 81, p. 392.
2) In den Transactions of the philosoph. Society of Manchester. Im Auszug
in Karstens Archiv für Bergbau III, 134 bis 136, ferner Karstens Eisenhütten-
kunde §. 1318 bis 1321; Annales des mines IV, 635.
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[275/0291] Die Drahtfabrikation 1816 bis 1830. weitere Ausziehen geschah durch stehende Rollen, welche vermittelst konischer Zahnräder bewegt wurden. Die Rollen für den gröberen Draht hatten 15 Zoll, die für den feineren Draht 8 Zoll Durchmesser. Zwischendurch muſste der Draht von Zeit zu Zeit wieder ausgeglüht werden. In der Herstellung von feinem Draht hatte Frankreich bedeutende Fortschritte gemacht. In Preuſsen führte die Eschweiler Draht- kompanie zuerst mit Erfolg die englische Art, den Draht frei von Zangenbissen zu ziehen, ein. Der Verein zur Beförderung des Ge- werbefleiſses in Preuſsen setzte 1823 einen Preis von 1000 Thaler nebst einer goldenen Denkmünze aus, für die Darstellung von Eisen- draht für Wollkratzen und Streichen in einem Werke des preuſsischen Staates von gleicher Güte und zu gleichen Preisen, wie der Draht von l’Aigle in Frankreich in den Nummern von 10 bis 28. Hiervon muſsten wenigstens 300 Ctr. dargestellt werden. Auf den Nutzen eines schwachen Kupferüberzuges beim Ziehen des Drahtes war man in England anfangs der 20 er Jahre durch Zufall gekommen. In einer groſsen Drahtzieherei löschte man in dem Sauerwasser, in welchem man den Draht während des Zuges beizte, rotglühende Stücke Messing, wodurch etwas von dem im Messing enthaltenen Kupfer gelöst und auf den Eisendraht niedergeschlagen wurde. Man fand, daſs dieser Draht sich leichter ziehen lieſs und nicht so oft angelassen werden muſste, weil der Kupferniederschlag die Reibung verminderte und den Draht schlüpferig machte. Seit dieser Zeit bediente man sich in jener Drahtzieherei immer einer Kupfervitriollösung beim Drahtziehen. Bei dem letzten Anlassen geht der Kupferüberzug weg 1). Die Weiſsblechfabrikation in England hat zwar keine be- sonderen Fortschritte in dieser Periode erfahren, aber es wurde eine sehr gründliche Beschreibung derselben von Parkes 1819 veröffent- licht, auf welche wir aber hier nur verweisen können 2). Das älteste Biegwalzwerk für Blech wurde 1815 von John Ford in England erfunden. 1829 führte Thomas Morjan guſseiserne Glühöfen an Stelle der Flammöfen ein. 1) Siehe Mechanics Magazine, Nr. 81, p. 392. 2) In den Transactions of the philosoph. Society of Manchester. Im Auszug in Karstens Archiv für Bergbau III, 134 bis 136, ferner Karstens Eisenhütten- kunde §. 1318 bis 1321; Annales des mines IV, 635. 18*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/291>, abgerufen am 26.04.2024.