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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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III. Bau der Arkona. Das Musikcorps.
und mit ihren wichtigsten Theilen unter der Wasserlinie; sie ragt
in das Zwischendeck hinein, und der Maschinenraum ist oben offen,
so dass man aus der Batterie hineinsehen kann. Das Verdeck da-
gegen ist geschlossen; der Schornstein wird telescopartig auf- und
niedergewunden, je nachdem man dampft oder segelt. Im Heck
liegt der Schraubenbrunnen, ein dicht vor dem Steuerruder vom
Verdeck aus durch die Achtercajüte in das Wasser hinabführender
viereckiger Schacht, in welchen die Schraube hinaufgewunden wird,
sobald man ohne ihre Hülfe segeln will. Dieses Manöver ist
immer sehr schwierig und anstrengend und nimmt grosse Kräfte in
Anspruch, denn die aus Bronze gegossene Schraube eines so grossen
Schiffes ist von bedeutendem Gewicht. Eine Reserveschraube liegt
auf dem Vorderverdeck. Die Arkona ist länger als die Thetis, und
führt auf dem Verdeck nur ein grosses Pivotgeschütz am Buge; ihre
Decke sind hoch und luftig. Sie liegt sehr schön auf dem Wasser
und soll in dieser Beziehung eines der ausgezeichnetsten Schiffe ihrer
Gattung sein. Das vollkommene Gleichgewicht ihrer Bauart bewährt
sich besonders bei starkem Winde, da sie denn, obgleich schmaler
als die Thetis, doch viel ruhiger liegt als diese, die noch immer
als eine der besten Segelfregatten nach altem Schnitt angesehen
wird. Die Arkona ist das erste grössere Kriegsschiff das die
königlichen Werfte geliefert haben; ihr fehlerhafter Theil ist nach
dem Urtheil der Seeleute das Heck, welches durch den Schrauben-
brunnen zu sehr geschwächt ist, so dass das Schiff bei kräftigem
Arbeiten der Schraube und selbst bei schnellem Segeln in starke
Vibration geräth.

Von dem grössten Werth war die Anwesenheit des Musik-
corps an Bord der Arkona, das Morgens bei der Musterung auf
Deck, und während des Mittagessens des Gesandten und Ge-
schwaderchefs in der Batterie spielte. An der Tafel in der Vorcajüte
nahmen auch Baron Bennet und der persönliche Attache des Ge-
sandten, Graf August Eulenburg, Theil, ausserdem häufig einige
eingeladene Gäste; die übrigen Passagiere assen sämmtlich in der
Officiersmesse, wo zwar grosse Hitze, aber bei vortrefflicher Ver-
pflegung die heiterste Stimmung herrschte. Abends versammelte
sich meist die ganze Schiffsgesellschaft auf dem Verdeck; man sang
und schwatzte bis in die späte Nacht und konnte sich aus den
weichen thauigen Lüften kaum lossreissen. Diese Tropennächte
auf der See sind von wunderbarer Herrlichkeit; die Gestirne strahlen

III. Bau der Arkona. Das Musikcorps.
und mit ihren wichtigsten Theilen unter der Wasserlinie; sie ragt
in das Zwischendeck hinein, und der Maschinenraum ist oben offen,
so dass man aus der Batterie hineinsehen kann. Das Verdeck da-
gegen ist geschlossen; der Schornstein wird telescopartig auf- und
niedergewunden, je nachdem man dampft oder segelt. Im Heck
liegt der Schraubenbrunnen, ein dicht vor dem Steuerruder vom
Verdeck aus durch die Achtercajüte in das Wasser hinabführender
viereckiger Schacht, in welchen die Schraube hinaufgewunden wird,
sobald man ohne ihre Hülfe segeln will. Dieses Manöver ist
immer sehr schwierig und anstrengend und nimmt grosse Kräfte in
Anspruch, denn die aus Bronze gegossene Schraube eines so grossen
Schiffes ist von bedeutendem Gewicht. Eine Reserveschraube liegt
auf dem Vorderverdeck. Die Arkona ist länger als die Thetis, und
führt auf dem Verdeck nur ein grosses Pivotgeschütz am Buge; ihre
Decke sind hoch und luftig. Sie liegt sehr schön auf dem Wasser
und soll in dieser Beziehung eines der ausgezeichnetsten Schiffe ihrer
Gattung sein. Das vollkommene Gleichgewicht ihrer Bauart bewährt
sich besonders bei starkem Winde, da sie denn, obgleich schmaler
als die Thetis, doch viel ruhiger liegt als diese, die noch immer
als eine der besten Segelfregatten nach altem Schnitt angesehen
wird. Die Arkona ist das erste grössere Kriegsschiff das die
königlichen Werfte geliefert haben; ihr fehlerhafter Theil ist nach
dem Urtheil der Seeleute das Heck, welches durch den Schrauben-
brunnen zu sehr geschwächt ist, so dass das Schiff bei kräftigem
Arbeiten der Schraube und selbst bei schnellem Segeln in starke
Vibration geräth.

Von dem grössten Werth war die Anwesenheit des Musik-
corps an Bord der Arkona, das Morgens bei der Musterung auf
Deck, und während des Mittagessens des Gesandten und Ge-
schwaderchefs in der Batterie spielte. An der Tafel in der Vorcajüte
nahmen auch Baron Bennet und der persönliche Attaché des Ge-
sandten, Graf August Eulenburg, Theil, ausserdem häufig einige
eingeladene Gäste; die übrigen Passagiere assen sämmtlich in der
Officiersmesse, wo zwar grosse Hitze, aber bei vortrefflicher Ver-
pflegung die heiterste Stimmung herrschte. Abends versammelte
sich meist die ganze Schiffsgesellschaft auf dem Verdeck; man sang
und schwatzte bis in die späte Nacht und konnte sich aus den
weichen thauigen Lüften kaum lossreissen. Diese Tropennächte
auf der See sind von wunderbarer Herrlichkeit; die Gestirne strahlen

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[245/0275] III. Bau der Arkona. Das Musikcorps. und mit ihren wichtigsten Theilen unter der Wasserlinie; sie ragt in das Zwischendeck hinein, und der Maschinenraum ist oben offen, so dass man aus der Batterie hineinsehen kann. Das Verdeck da- gegen ist geschlossen; der Schornstein wird telescopartig auf- und niedergewunden, je nachdem man dampft oder segelt. Im Heck liegt der Schraubenbrunnen, ein dicht vor dem Steuerruder vom Verdeck aus durch die Achtercajüte in das Wasser hinabführender viereckiger Schacht, in welchen die Schraube hinaufgewunden wird, sobald man ohne ihre Hülfe segeln will. Dieses Manöver ist immer sehr schwierig und anstrengend und nimmt grosse Kräfte in Anspruch, denn die aus Bronze gegossene Schraube eines so grossen Schiffes ist von bedeutendem Gewicht. Eine Reserveschraube liegt auf dem Vorderverdeck. Die Arkona ist länger als die Thetis, und führt auf dem Verdeck nur ein grosses Pivotgeschütz am Buge; ihre Decke sind hoch und luftig. Sie liegt sehr schön auf dem Wasser und soll in dieser Beziehung eines der ausgezeichnetsten Schiffe ihrer Gattung sein. Das vollkommene Gleichgewicht ihrer Bauart bewährt sich besonders bei starkem Winde, da sie denn, obgleich schmaler als die Thetis, doch viel ruhiger liegt als diese, die noch immer als eine der besten Segelfregatten nach altem Schnitt angesehen wird. Die Arkona ist das erste grössere Kriegsschiff das die königlichen Werfte geliefert haben; ihr fehlerhafter Theil ist nach dem Urtheil der Seeleute das Heck, welches durch den Schrauben- brunnen zu sehr geschwächt ist, so dass das Schiff bei kräftigem Arbeiten der Schraube und selbst bei schnellem Segeln in starke Vibration geräth. Von dem grössten Werth war die Anwesenheit des Musik- corps an Bord der Arkona, das Morgens bei der Musterung auf Deck, und während des Mittagessens des Gesandten und Ge- schwaderchefs in der Batterie spielte. An der Tafel in der Vorcajüte nahmen auch Baron Bennet und der persönliche Attaché des Ge- sandten, Graf August Eulenburg, Theil, ausserdem häufig einige eingeladene Gäste; die übrigen Passagiere assen sämmtlich in der Officiersmesse, wo zwar grosse Hitze, aber bei vortrefflicher Ver- pflegung die heiterste Stimmung herrschte. Abends versammelte sich meist die ganze Schiffsgesellschaft auf dem Verdeck; man sang und schwatzte bis in die späte Nacht und konnte sich aus den weichen thauigen Lüften kaum lossreissen. Diese Tropennächte auf der See sind von wunderbarer Herrlichkeit; die Gestirne strahlen

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/275>, abgerufen am 27.04.2024.