Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Fortsetzung. -- Das Recht der Genossenschaft.
Salinen; die Schiffsrhedereien, welche freilich, wenn sie sich
nur auf ein einzelnes Schiff beziehen, verhältnißmäßig von
kurzer Dauer, und ohne die rechte corporative Haltung sind.
Die offene Handelsgesellschaft und die Commandite dagegen
stellen sich mehr als eine durch das genossenschaftliche Princip
modificirte Form des Gesellschaftsvertrags heraus; nur nach
außen hin treten sie formell in der gemeinschaftlichen Firma
und Geschäftsführung als ein Ganzes auf, und sind auch
rücksichtlich des Erlöschens nicht an die strengen Grundsätze
der römischen societas gebunden.

5. Genossenschaften zur Beförderung der
Communicationsmittel
. Das Unterscheidende ist hier,
daß die Erlangung eines unmittelbaren Gewinns nicht der
Hauptzweck bei der Errichtung solcher Vereine ist, sondern ein
allgemeineres öffentliches Interesse sie hervorruft. Das pflegt
namentlich bei den Eisenbahnbauten der Fall zu seyn, welche
von Actiengesellschaften ausgehen.

6. Genossenschaften gegen eine gemeinschaft-
liche Gefahr
. Sie beruhen auf dem Princip der gegensei-
tigen Versicherung, und sollen nur von dem Einzelnen einen
zu befürchtenden Schaden abwenden, aber keinen Gewinn ab-
werfen. Die Seeassecuranz wird wohl selten so bewirkt, desto
häufiger aber die Versicherung gegen Feuer- und Hagelscha-
den; auch manche Lebensversicherungsgesellschaften, Todtenbe-
liebungen, Versorgungsanstalten für Wittwen und Waisen ge-
hören hierher; desgleichen die so wichtigen ritterschaftlichen Cre-
ditvereine, insofern sie den Genossen eine Garantie gegen das
Sinken des Realcredits gewähren sollen, wenn schon bei der
Stiftung wohl meistens die Absicht, den schon gesunkenen Cre-
dit zu heben, vorherrschend gewesen ist.


Fortſetzung. — Das Recht der Genoſſenſchaft.
Salinen; die Schiffsrhedereien, welche freilich, wenn ſie ſich
nur auf ein einzelnes Schiff beziehen, verhaͤltnißmaͤßig von
kurzer Dauer, und ohne die rechte corporative Haltung ſind.
Die offene Handelsgeſellſchaft und die Commandite dagegen
ſtellen ſich mehr als eine durch das genoſſenſchaftliche Princip
modificirte Form des Geſellſchaftsvertrags heraus; nur nach
außen hin treten ſie formell in der gemeinſchaftlichen Firma
und Geſchaͤftsfuͤhrung als ein Ganzes auf, und ſind auch
ruͤckſichtlich des Erloͤſchens nicht an die ſtrengen Grundſaͤtze
der roͤmiſchen societas gebunden.

5. Genoſſenſchaften zur Befoͤrderung der
Communicationsmittel
. Das Unterſcheidende iſt hier,
daß die Erlangung eines unmittelbaren Gewinns nicht der
Hauptzweck bei der Errichtung ſolcher Vereine iſt, ſondern ein
allgemeineres oͤffentliches Intereſſe ſie hervorruft. Das pflegt
namentlich bei den Eiſenbahnbauten der Fall zu ſeyn, welche
von Actiengeſellſchaften ausgehen.

6. Genoſſenſchaften gegen eine gemeinſchaft-
liche Gefahr
. Sie beruhen auf dem Princip der gegenſei-
tigen Verſicherung, und ſollen nur von dem Einzelnen einen
zu befuͤrchtenden Schaden abwenden, aber keinen Gewinn ab-
werfen. Die Seeaſſecuranz wird wohl ſelten ſo bewirkt, deſto
haͤufiger aber die Verſicherung gegen Feuer- und Hagelſcha-
den; auch manche Lebensverſicherungsgeſellſchaften, Todtenbe-
liebungen, Verſorgungsanſtalten fuͤr Wittwen und Waiſen ge-
hoͤren hierher; desgleichen die ſo wichtigen ritterſchaftlichen Cre-
ditvereine, inſofern ſie den Genoſſen eine Garantie gegen das
Sinken des Realcredits gewaͤhren ſollen, wenn ſchon bei der
Stiftung wohl meiſtens die Abſicht, den ſchon geſunkenen Cre-
dit zu heben, vorherrſchend geweſen iſt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0179" n="167"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fort&#x017F;etzung. &#x2014; Das Recht der Geno&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft</hi>.</fw><lb/>
Salinen; die Schiffsrhedereien, welche freilich, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
nur auf ein einzelnes Schiff beziehen, verha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßig von<lb/>
kurzer Dauer, und ohne die rechte corporative Haltung &#x017F;ind.<lb/>
Die offene Handelsge&#x017F;ell&#x017F;chaft und die Commandite dagegen<lb/>
&#x017F;tellen &#x017F;ich mehr als eine durch das geno&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliche Princip<lb/>
modificirte Form des Ge&#x017F;ell&#x017F;chaftsvertrags heraus; nur nach<lb/>
außen hin treten &#x017F;ie formell in der gemein&#x017F;chaftlichen Firma<lb/>
und Ge&#x017F;cha&#x0364;ftsfu&#x0364;hrung als ein Ganzes auf, und &#x017F;ind auch<lb/>
ru&#x0364;ck&#x017F;ichtlich des Erlo&#x0364;&#x017F;chens nicht an die &#x017F;trengen Grund&#x017F;a&#x0364;tze<lb/>
der ro&#x0364;mi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">societas</hi> gebunden.</p><lb/>
            <p>5. <hi rendition="#g">Geno&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften zur Befo&#x0364;rderung der<lb/>
Communicationsmittel</hi>. Das Unter&#x017F;cheidende i&#x017F;t hier,<lb/>
daß die Erlangung eines unmittelbaren Gewinns nicht der<lb/>
Hauptzweck bei der Errichtung &#x017F;olcher Vereine i&#x017F;t, &#x017F;ondern ein<lb/>
allgemeineres o&#x0364;ffentliches Intere&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie hervorruft. Das pflegt<lb/>
namentlich bei den Ei&#x017F;enbahnbauten der Fall zu &#x017F;eyn, welche<lb/>
von Actienge&#x017F;ell&#x017F;chaften ausgehen.</p><lb/>
            <p>6. <hi rendition="#g">Geno&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften gegen eine gemein&#x017F;chaft-<lb/>
liche Gefahr</hi>. Sie beruhen auf dem Princip der gegen&#x017F;ei-<lb/>
tigen Ver&#x017F;icherung, und &#x017F;ollen nur von dem Einzelnen einen<lb/>
zu befu&#x0364;rchtenden Schaden abwenden, aber keinen Gewinn ab-<lb/>
werfen. Die Seea&#x017F;&#x017F;ecuranz wird wohl &#x017F;elten &#x017F;o bewirkt, de&#x017F;to<lb/>
ha&#x0364;ufiger aber die Ver&#x017F;icherung gegen Feuer- und Hagel&#x017F;cha-<lb/>
den; auch manche Lebensver&#x017F;icherungsge&#x017F;ell&#x017F;chaften, Todtenbe-<lb/>
liebungen, Ver&#x017F;orgungsan&#x017F;talten fu&#x0364;r Wittwen und Wai&#x017F;en ge-<lb/>
ho&#x0364;ren hierher; desgleichen die &#x017F;o wichtigen ritter&#x017F;chaftlichen Cre-<lb/>
ditvereine, in&#x017F;ofern &#x017F;ie den Geno&#x017F;&#x017F;en eine Garantie gegen das<lb/>
Sinken des Realcredits gewa&#x0364;hren &#x017F;ollen, wenn &#x017F;chon bei der<lb/>
Stiftung wohl mei&#x017F;tens die Ab&#x017F;icht, den &#x017F;chon ge&#x017F;unkenen Cre-<lb/>
dit zu heben, vorherr&#x017F;chend gewe&#x017F;en i&#x017F;t.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0179] Fortſetzung. — Das Recht der Genoſſenſchaft. Salinen; die Schiffsrhedereien, welche freilich, wenn ſie ſich nur auf ein einzelnes Schiff beziehen, verhaͤltnißmaͤßig von kurzer Dauer, und ohne die rechte corporative Haltung ſind. Die offene Handelsgeſellſchaft und die Commandite dagegen ſtellen ſich mehr als eine durch das genoſſenſchaftliche Princip modificirte Form des Geſellſchaftsvertrags heraus; nur nach außen hin treten ſie formell in der gemeinſchaftlichen Firma und Geſchaͤftsfuͤhrung als ein Ganzes auf, und ſind auch ruͤckſichtlich des Erloͤſchens nicht an die ſtrengen Grundſaͤtze der roͤmiſchen societas gebunden. 5. Genoſſenſchaften zur Befoͤrderung der Communicationsmittel. Das Unterſcheidende iſt hier, daß die Erlangung eines unmittelbaren Gewinns nicht der Hauptzweck bei der Errichtung ſolcher Vereine iſt, ſondern ein allgemeineres oͤffentliches Intereſſe ſie hervorruft. Das pflegt namentlich bei den Eiſenbahnbauten der Fall zu ſeyn, welche von Actiengeſellſchaften ausgehen. 6. Genoſſenſchaften gegen eine gemeinſchaft- liche Gefahr. Sie beruhen auf dem Princip der gegenſei- tigen Verſicherung, und ſollen nur von dem Einzelnen einen zu befuͤrchtenden Schaden abwenden, aber keinen Gewinn ab- werfen. Die Seeaſſecuranz wird wohl ſelten ſo bewirkt, deſto haͤufiger aber die Verſicherung gegen Feuer- und Hagelſcha- den; auch manche Lebensverſicherungsgeſellſchaften, Todtenbe- liebungen, Verſorgungsanſtalten fuͤr Wittwen und Waiſen ge- hoͤren hierher; desgleichen die ſo wichtigen ritterſchaftlichen Cre- ditvereine, inſofern ſie den Genoſſen eine Garantie gegen das Sinken des Realcredits gewaͤhren ſollen, wenn ſchon bei der Stiftung wohl meiſtens die Abſicht, den ſchon geſunkenen Cre- dit zu heben, vorherrſchend geweſen iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/179
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/179>, abgerufen am 26.04.2024.