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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Beispiele der Satire.

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a. Die Sterne, von Hoffmann von Fallersleben. p2b_188.003

Warum hat Gott der Herr geschmücket p2b_188.004
Wit Sternen ohne Maß und Zahl p2b_188.005
Den schönen weiten Himmelssaal? p2b_188.006
Das wissen wir, wir Menschen nicht.
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Warum hat Gott der Herr geschmücket p2b_188.008
Mit Blumensternen Wies' und Feld, p2b_188.009
Die ganze liebe weite Welt? p2b_188.010
Das wissen wir, wir Menschen nicht.
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Warum hat mancher Fürst geschmücket p2b_188.012
Seit Jahr und Tag mit Stern und Band p2b_188.013
So manche Brust in Stadt und Land? p2b_188.014
Das weiß selbst Gott im Himmel nicht.

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b. Unterhaltung im Freien, von Saphir. p2b_188.016

Da sitzen die Herren und rauchen p2b_188.017
Und gucken in die Höh', p2b_188.018
Da sitzen die Damen und tauchen p2b_188.019
Den Kuchen in den Kaffee.
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Da scharrt ein Herrchen die Füße p2b_188.021
Und macht sein Kompliment, p2b_188.022
Die Damen erwidern die Grüße, p2b_188.023
Dann ist die Sache zu End'.
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Da nehmen die Herren die Stöckchen p2b_188.025
Und klopfen sich die Schuh', p2b_188.026
Die Damen verschieben die Löckchen, p2b_188.027
Und zeigen die Händchen dazu.
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Da rufen die Herren dem Hündchen p2b_188.029
Und rufen: "Marsch! apport!" p2b_188.030
Die Damen verziehen das Mündchen p2b_188.031
Und stricken gähnend fort.
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Da kriegt ein Herrchen Kourage p2b_188.033
Und wird gar amüsant, p2b_188.034
Die Damen befürchten Blamage p2b_188.035
Und gucken in den Sand.
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Das Herrchen sagt süßlich und herbe: p2b_188.037
"Das Wetter ist so schön!" p2b_188.038
Die Damen erwidern: "Süperbe, p2b_188.039
Man kann's nicht schöner seh'n!"
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Das Herrchen ist nun fertig p2b_188.041
Und setzt den Hut sich schräg; p2b_188.042
Die Damen sitzen gewärtig p2b_188.043
Auf's Ende vom Gespräch'.
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Das Herrchen schweigt aber verlegen p2b_188.045
Und schaut zum Dach hinauf; p2b_188.046
Die Damen, sie nehmen hingegen p2b_188.047
Die Nadeln wieder auf.

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Beispiele der Satire.

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Warum hat Gott der Herr geschmücket p2b_188.004
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/210>, abgerufen am 30.04.2024.