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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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dadurch nur seinen Untergang und ver-
schliesst sich nicht selten alle Quellen der
Hülfe auf immer. Weg mit den Lebens-
pulvern und Tinkturen, die für alle Krank-
heiten gut sind! Die Natur thut nichts
durch einen Sprung und die Sittenlehre
thuts nichts wider die Natur. Zur Sache!

Sich überhaupt bekehren, einen bes-
sern Wandel beschliessen; sich insonderheit
mit seinem Bruder versöhnen, ihm Genug-
thuung geben, wenn er sie fodern kann,
Genugthuung willfertig von ihm annehmen,
wenn er sie anbeut: wer kann das tadeln?
Wie aber? wenn man diess alles nur zu ge-
wissen Zeiten, bey gewissen feyerlichen Ge-
legenheiten, oder wohl gar nur Einmal in
seinem Leben thut; wenn es nicht der fort-
dauernde Entschluss des Menschen, wenn es
nicht seine herrschende Gesinnung ist: wer
kann es dann loben? Jst es nicht eben

dadurch nur ſeinen Untergang und ver-
ſchlieſst ſich nicht ſelten alle Quellen der
Hülfe auf immer. Weg mit den Lebens-
pulvern und Tinkturen, die für alle Krank-
heiten gut ſind! Die Natur thut nichts
durch einen Sprung und die Sittenlehre
thuts nichts wider die Natur. Zur Sache!

Sich überhaupt bekehren, einen beſ-
ſern Wandel beſchlieſsen; ſich inſonderheit
mit ſeinem Bruder verſöhnen, ihm Genug-
thuung geben, wenn er ſie fodern kann,
Genugthuung willfertig von ihm annehmen,
wenn er ſie anbeut: wer kann das tadeln?
Wie aber? wenn man dieſs alles nur zu ge-
wiſsen Zeiten, bey gewiſsen feyerlichen Ge-
legenheiten, oder wohl gar nur Einmal in
ſeinem Leben thut; wenn es nicht der fort-
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[104/0112] dadurch nur ſeinen Untergang und ver- ſchlieſst ſich nicht ſelten alle Quellen der Hülfe auf immer. Weg mit den Lebens- pulvern und Tinkturen, die für alle Krank- heiten gut ſind! Die Natur thut nichts durch einen Sprung und die Sittenlehre thuts nichts wider die Natur. Zur Sache! Sich überhaupt bekehren, einen beſ- ſern Wandel beſchlieſsen; ſich inſonderheit mit ſeinem Bruder verſöhnen, ihm Genug- thuung geben, wenn er ſie fodern kann, Genugthuung willfertig von ihm annehmen, wenn er ſie anbeut: wer kann das tadeln? Wie aber? wenn man dieſs alles nur zu ge- wiſsen Zeiten, bey gewiſsen feyerlichen Ge- legenheiten, oder wohl gar nur Einmal in ſeinem Leben thut; wenn es nicht der fort- dauernde Entſchluſs des Menſchen, wenn es nicht ſeine herrſchende Geſinnung iſt: wer kann es dann loben? Jſt es nicht eben

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/112>, abgerufen am 26.04.2024.