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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

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Anlage vollkommner zu werden, gleich-
wohl in alle Ewigkeit unvollkommen blei-
ben wollte. --

Diese Bestimmungen unsrer künftigen
Verdammniß sind nun freylich von der Art,
dass die Vernunft sich anfänglich dabey be-
ruhigen kann; die Offenbarung scheinet so
vielen, und der rechtgläubigen Kirche selbst,
damit übereinzustimmen: allein, bey wie-
derhohlter genauerer Erwegung, werden
besonders gegen die ewige Fordauer der
angedrohten Strafen so viele Zweifel rege,
dass man mehrentheils immer geneigt wird,
sich von seinem eignen zärtlichen Herzen
leiten und in dieser ganzen Angelegenheit
eine gewiße Mäßigung gelten zu laßen.
Meine Erkenntniß soll sich bis ins Unend-
liche verschlimmern? Meine moralische
Unvollkommenheit soll ewig zunehmen?
Unangenehme Empfindungen von außen-

Anlage vollkommner zu werden, gleich-
wohl in alle Ewigkeit unvollkommen blei-
ben wollte. —

Dieſe Beſtimmungen unſrer künftigen
Verdammniß ſind nun freylich von der Art,
daſs die Vernunft ſich anfänglich dabey be-
ruhigen kann; die Offenbarung ſcheinet ſo
vielen, und der rechtgläubigen Kirche ſelbſt,
damit übereinzuſtimmen: allein, bey wie-
derhohlter genauerer Erwegung, werden
beſonders gegen die ewige Fordauer der
angedrohten Strafen ſo viele Zweifel rege,
daſs man mehrentheils immer geneigt wird,
ſich von ſeinem eignen zärtlichen Herzen
leiten und in dieſer ganzen Angelegenheit
eine gewiße Mäßigung gelten zu laßen.
Meine Erkenntniß ſoll ſich bis ins Unend-
liche verſchlimmern? Meine moraliſche
Unvollkommenheit ſoll ewig zunehmen?
Unangenehme Empfindungen von außen-

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[146/0152] Anlage vollkommner zu werden, gleich- wohl in alle Ewigkeit unvollkommen blei- ben wollte. — Dieſe Beſtimmungen unſrer künftigen Verdammniß ſind nun freylich von der Art, daſs die Vernunft ſich anfänglich dabey be- ruhigen kann; die Offenbarung ſcheinet ſo vielen, und der rechtgläubigen Kirche ſelbſt, damit übereinzuſtimmen: allein, bey wie- derhohlter genauerer Erwegung, werden beſonders gegen die ewige Fordauer der angedrohten Strafen ſo viele Zweifel rege, daſs man mehrentheils immer geneigt wird, ſich von ſeinem eignen zärtlichen Herzen leiten und in dieſer ganzen Angelegenheit eine gewiße Mäßigung gelten zu laßen. Meine Erkenntniß ſoll ſich bis ins Unend- liche verſchlimmern? Meine moraliſche Unvollkommenheit ſoll ewig zunehmen? Unangenehme Empfindungen von außen-

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/152>, abgerufen am 13.05.2024.