Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Von Langnau Schreiben
berühmten Gottschedischen Nahmen nur so spar-
sam in seine Schrift gemischet, und desselben nur
so wenig gedacht hat: Diese stoltzen Leute neh-
men es vor eine grössere Beschimpfung auf, wenn
man ihrer gar nicht gedencket, als wenn man sie
wircklich tadelt. Nach eben dieser betrüglichen
Arglistigkeit, wodurch ihr die Leser zum Vortheil
euers Helden einnehmen wollet, schmecket auch der
Verfolg eurer Erzehlung, wenn ihr Hrn. Gott-
scheds
Enthaltsamkeit von diesem Wercke des
Schweitzerschen Kunstrichters eine vollständige Be-
urtheilung zu geben, als eine Wirckung seines
philosophischen und gleichgültigen Gemüths anmer-
ket, da sie doch seinem Drohen zusolge nicht aus-
geblieben wäre, wenn er sich darzu gewachsen ge-
funden hätte; wenn ihr überdas verhehlet, daß
Hr. Gottsched in dem XXIV. Stück der Critis.
Beytr. in dem saubern IV.ten Artickel Bl. 666.
ein hämisches Urtheil von dieser Breitingerschen
Dichtkunst gefället, da er die armselige Muthmas-
sung, nach seinen prophetischen Einsichten in das
künftige Geschicke der Bücher, anführet, vielleicht
wird diese neue Dichtkunst noch ein Buch be-
dörffen, welches sie anpreise und beliebt ma-
che.
Wenn aber anders wahr seyn soll, was ihr
oben zu Anfange der 424. Seite gemeldet habet,
so verurtheilet ihr diesen euern Helden selbs als ei-
nen falschen Propheten. Wie kan nun wiederum
hiermit und mit der Wahrheit bestehen, wenn ihr
vorgebet, Hr. Gottsched habe nur auf einer Stel-
le, und zwar nur gantz kurtz und ziemlich beschei-
den von der neuen Dichtkunst sein Urtheil gegeben,

und

Von Langnau Schreiben
beruͤhmten Gottſchediſchen Nahmen nur ſo ſpar-
ſam in ſeine Schrift gemiſchet, und deſſelben nur
ſo wenig gedacht hat: Dieſe ſtoltzen Leute neh-
men es vor eine groͤſſere Beſchimpfung auf, wenn
man ihrer gar nicht gedencket, als wenn man ſie
wircklich tadelt. Nach eben dieſer betruͤglichen
Argliſtigkeit, wodurch ihr die Leſer zum Vortheil
euers Helden einnehmen wollet, ſchmecket auch der
Verfolg eurer Erzehlung, wenn ihr Hrn. Gott-
ſcheds
Enthaltſamkeit von dieſem Wercke des
Schweitzerſchen Kunſtrichters eine vollſtaͤndige Be-
urtheilung zu geben, als eine Wirckung ſeines
philoſophiſchen und gleichguͤltigen Gemuͤths anmer-
ket, da ſie doch ſeinem Drohen zuſolge nicht aus-
geblieben waͤre, wenn er ſich darzu gewachſen ge-
funden haͤtte; wenn ihr uͤberdas verhehlet, daß
Hr. Gottſched in dem XXIV. Stuͤck der Critiſ.
Beytr. in dem ſaubern IV.ten Artickel Bl. 666.
ein haͤmiſches Urtheil von dieſer Breitingerſchen
Dichtkunſt gefaͤllet, da er die armſelige Muthmaſ-
ſung, nach ſeinen prophetiſchen Einſichten in das
kuͤnftige Geſchicke der Buͤcher, anfuͤhret, vielleicht
wird dieſe neue Dichtkunſt noch ein Buch be-
doͤrffen, welches ſie anpreiſe und beliebt ma-
che.
Wenn aber anders wahr ſeyn ſoll, was ihr
oben zu Anfange der 424. Seite gemeldet habet,
ſo verurtheilet ihr dieſen euern Helden ſelbs als ei-
nen falſchen Propheten. Wie kan nun wiederum
hiermit und mit der Wahrheit beſtehen, wenn ihr
vorgebet, Hr. Gottſched habe nur auf einer Stel-
le, und zwar nur gantz kurtz und ziemlich beſchei-
den von der neuen Dichtkunſt ſein Urtheil gegeben,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0050" n="48"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von Langnau Schreiben</hi></fw><lb/>
beru&#x0364;hmten <hi rendition="#fr">Gott&#x017F;chedi&#x017F;chen</hi> Nahmen nur &#x017F;o &#x017F;par-<lb/>
&#x017F;am in &#x017F;eine Schrift gemi&#x017F;chet, und de&#x017F;&#x017F;elben nur<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;o wenig</hi> gedacht hat: Die&#x017F;e &#x017F;toltzen Leute neh-<lb/>
men es vor eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Be&#x017F;chimpfung auf, wenn<lb/>
man ihrer gar nicht gedencket, als wenn man &#x017F;ie<lb/>
wircklich tadelt. Nach eben die&#x017F;er betru&#x0364;glichen<lb/>
Argli&#x017F;tigkeit, wodurch ihr die Le&#x017F;er zum Vortheil<lb/>
euers Helden einnehmen wollet, &#x017F;chmecket auch der<lb/>
Verfolg eurer Erzehlung, wenn ihr Hrn. <hi rendition="#fr">Gott-<lb/>
&#x017F;cheds</hi> Enthalt&#x017F;amkeit von die&#x017F;em Wercke des<lb/>
Schweitzer&#x017F;chen Kun&#x017F;trichters eine voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Be-<lb/>
urtheilung zu geben, als eine Wirckung &#x017F;eines<lb/>
philo&#x017F;ophi&#x017F;chen und gleichgu&#x0364;ltigen Gemu&#x0364;ths anmer-<lb/>
ket, da &#x017F;ie doch &#x017F;einem Drohen zu&#x017F;olge nicht aus-<lb/>
geblieben wa&#x0364;re, wenn er &#x017F;ich darzu gewach&#x017F;en ge-<lb/>
funden ha&#x0364;tte; wenn ihr u&#x0364;berdas verhehlet, daß<lb/>
Hr. <hi rendition="#fr">Gott&#x017F;ched</hi> in dem <hi rendition="#aq">XXIV.</hi> Stu&#x0364;ck der Criti&#x017F;.<lb/>
Beytr. in dem &#x017F;aubern <hi rendition="#aq">IV.</hi>ten Artickel Bl. 666.<lb/>
ein ha&#x0364;mi&#x017F;ches Urtheil von die&#x017F;er Breitinger&#x017F;chen<lb/>
Dichtkun&#x017F;t gefa&#x0364;llet, da er die arm&#x017F;elige Muthma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung, nach &#x017F;einen propheti&#x017F;chen Ein&#x017F;ichten in das<lb/>
ku&#x0364;nftige Ge&#x017F;chicke der Bu&#x0364;cher, anfu&#x0364;hret, <hi rendition="#fr">vielleicht<lb/>
wird die&#x017F;e neue Dichtkun&#x017F;t noch ein Buch be-<lb/>
do&#x0364;rffen, welches &#x017F;ie anprei&#x017F;e und beliebt ma-<lb/>
che.</hi> Wenn aber anders wahr &#x017F;eyn &#x017F;oll, was ihr<lb/>
oben zu Anfange der 424. Seite gemeldet habet,<lb/>
&#x017F;o verurtheilet ihr die&#x017F;en euern Helden &#x017F;elbs als ei-<lb/>
nen fal&#x017F;chen Propheten. Wie kan nun wiederum<lb/>
hiermit und mit der Wahrheit be&#x017F;tehen, wenn ihr<lb/>
vorgebet, Hr. <hi rendition="#fr">Gott&#x017F;ched</hi> habe nur auf einer Stel-<lb/>
le, und zwar nur gantz kurtz und ziemlich be&#x017F;chei-<lb/>
den von der neuen Dichtkun&#x017F;t &#x017F;ein Urtheil gegeben,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0050] Von Langnau Schreiben beruͤhmten Gottſchediſchen Nahmen nur ſo ſpar- ſam in ſeine Schrift gemiſchet, und deſſelben nur ſo wenig gedacht hat: Dieſe ſtoltzen Leute neh- men es vor eine groͤſſere Beſchimpfung auf, wenn man ihrer gar nicht gedencket, als wenn man ſie wircklich tadelt. Nach eben dieſer betruͤglichen Argliſtigkeit, wodurch ihr die Leſer zum Vortheil euers Helden einnehmen wollet, ſchmecket auch der Verfolg eurer Erzehlung, wenn ihr Hrn. Gott- ſcheds Enthaltſamkeit von dieſem Wercke des Schweitzerſchen Kunſtrichters eine vollſtaͤndige Be- urtheilung zu geben, als eine Wirckung ſeines philoſophiſchen und gleichguͤltigen Gemuͤths anmer- ket, da ſie doch ſeinem Drohen zuſolge nicht aus- geblieben waͤre, wenn er ſich darzu gewachſen ge- funden haͤtte; wenn ihr uͤberdas verhehlet, daß Hr. Gottſched in dem XXIV. Stuͤck der Critiſ. Beytr. in dem ſaubern IV.ten Artickel Bl. 666. ein haͤmiſches Urtheil von dieſer Breitingerſchen Dichtkunſt gefaͤllet, da er die armſelige Muthmaſ- ſung, nach ſeinen prophetiſchen Einſichten in das kuͤnftige Geſchicke der Buͤcher, anfuͤhret, vielleicht wird dieſe neue Dichtkunſt noch ein Buch be- doͤrffen, welches ſie anpreiſe und beliebt ma- che. Wenn aber anders wahr ſeyn ſoll, was ihr oben zu Anfange der 424. Seite gemeldet habet, ſo verurtheilet ihr dieſen euern Helden ſelbs als ei- nen falſchen Propheten. Wie kan nun wiederum hiermit und mit der Wahrheit beſtehen, wenn ihr vorgebet, Hr. Gottſched habe nur auf einer Stel- le, und zwar nur gantz kurtz und ziemlich beſchei- den von der neuen Dichtkunſt ſein Urtheil gegeben, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743/50
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743/50>, abgerufen am 26.04.2024.