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Boeck, Josef Phileas: Marmorirkunst. 2. Aufl. Wien u. a., 1896.

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oder Kleister auf den beiden vorgelegten Spalten befestigt,
und mit einer Copirnadel, wie dieselbe von den Lithographen
zum Uebertragen der Zeichnungen gebraucht wird, durch-
gezeichnet. In Ermangelung einer solchen Nadel leistet eine
Heftnadel mit etwas stumpfer Spitze (damit dieselbe nicht
reißt oder kratzt) denselben Dienst, wenn man solche in
einen passenden Griff, wie man dieselben etwa für Häckel-
nadeln benützt, einsetzt. Nachdem alles bis auf den geringsten
Strich übertragen, wird der sogenannte Fond, der als
Hintergrund erscheinende Theil, auf dem die Zeichnung wie
aufgelegt erscheint, punzirt.

Dazu bedarf man sogenannter Mattpunzen, wie dieselben
von den Goldarbeitern gebraucht werden. Da dieselben
Grundflächen von verschiedener Größe haben, so wähle man
stets die kleinsten, wenn es auch im Interesse rascher Arbeit
gelegen ist, daß man sich nebenbei noch ein Ciselireisen mit
größerer Grundfläche, jedoch mit demselben Dessin hält.
Diese Grundfläche stellt ein Muster dar, wie dieselben etwa
auf Fingerhüten sind, jedoch in mikroskopischer Kleinheit,
und je feiner das Korn, desto besser wird sich die Ciselirung
machen. Indem man nun mit der Linken diese Punzen
dicht an der vorgezeichneten Umrißzeichnung herumfährt,
schläge man das auf der Unterfläche gravirte Muster in den
Schnitt ein und dies mit einem kleinen hölzernen Hämmer-
chen, wie solche auch von den Goldarbeitern gebraucht
werden. Es ist durchaus fehlerhaft, das Muster in den
Schnitt hineinschlagen zu wollen; solche Schnitte würden
nach dem Oeffnen des Buches über zugerichtete Blattränder
ergeben. Je zarter der Schnitt markirt ist, desto brillanter
wird er sich ausnehmen, und desto weniger wird man ein
Aneinandersetzen des Punzirmusters bemerken. Ist auf diese
Weise nun der ganze Grund markirt, so wird die Zeichnung
noch nachciselirt, und das ist es, was die eigentliche Voll-
endenung, dem Ganzen, den eigentlichen Schliff giebt. Dazu
bedient man sich mit Vortheil einer Ahle, deren Spitze kurz
abgeschliffen, auf einem Oelsteine fein abgeschliffen und mit
einem Stahle polirt wurde, so daß dieselbe allerdinges noch
stechen würde, aber auf dem glatten Goldgrunde beim Zeichnen

oder Kleister auf den beiden vorgelegten Spalten befestigt,
und mit einer Copirnadel, wie dieselbe von den Lithographen
zum Uebertragen der Zeichnungen gebraucht wird, durch-
gezeichnet. In Ermangelung einer solchen Nadel leistet eine
Heftnadel mit etwas stumpfer Spitze (damit dieselbe nicht
reißt oder kratzt) denselben Dienst, wenn man solche in
einen passenden Griff, wie man dieselben etwa fuͤr Haͤckel-
nadeln benuͤtzt, einsetzt. Nachdem alles bis auf den geringsten
Strich uͤbertragen, wird der sogenannte Fond, der als
Hintergrund erscheinende Theil, auf dem die Zeichnung wie
aufgelegt erscheint, punzirt.

Dazu bedarf man sogenannter Mattpunzen, wie dieselben
von den Goldarbeitern gebraucht werden. Da dieselben
Grundflaͤchen von verschiedener Groͤße haben, so waͤhle man
stets die kleinsten, wenn es auch im Interesse rascher Arbeit
gelegen ist, daß man sich nebenbei noch ein Ciselireisen mit
groͤßerer Grundflaͤche, jedoch mit demselben Dessin haͤlt.
Diese Grundflaͤche stellt ein Muster dar, wie dieselben etwa
auf Fingerhuͤten sind, jedoch in mikroskopischer Kleinheit,
und je feiner das Korn, desto besser wird sich die Ciselirung
machen. Indem man nun mit der Linken diese Punzen
dicht an der vorgezeichneten Umrißzeichnung herumfaͤhrt,
schlaͤge man das auf der Unterflaͤche gravirte Muster in den
Schnitt ein und dies mit einem kleinen hoͤlzernen Haͤmmer-
chen, wie solche auch von den Goldarbeitern gebraucht
werden. Es ist durchaus fehlerhaft, das Muster in den
Schnitt hineinschlagen zu wollen; solche Schnitte wuͤrden
nach dem Oeffnen des Buches uͤber zugerichtete Blattraͤnder
ergeben. Je zarter der Schnitt markirt ist, desto brillanter
wird er sich ausnehmen, und desto weniger wird man ein
Aneinandersetzen des Punzirmusters bemerken. Ist auf diese
Weise nun der ganze Grund markirt, so wird die Zeichnung
noch nachciselirt, und das ist es, was die eigentliche Voll-
endenung, dem Ganzen, den eigentlichen Schliff giebt. Dazu
bedient man sich mit Vortheil einer Ahle, deren Spitze kurz
abgeschliffen, auf einem Oelsteine fein abgeschliffen und mit
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[92/0102] oder Kleister auf den beiden vorgelegten Spalten befestigt, und mit einer Copirnadel, wie dieselbe von den Lithographen zum Uebertragen der Zeichnungen gebraucht wird, durch- gezeichnet. In Ermangelung einer solchen Nadel leistet eine Heftnadel mit etwas stumpfer Spitze (damit dieselbe nicht reißt oder kratzt) denselben Dienst, wenn man solche in einen passenden Griff, wie man dieselben etwa fuͤr Haͤckel- nadeln benuͤtzt, einsetzt. Nachdem alles bis auf den geringsten Strich uͤbertragen, wird der sogenannte Fond, der als Hintergrund erscheinende Theil, auf dem die Zeichnung wie aufgelegt erscheint, punzirt. Dazu bedarf man sogenannter Mattpunzen, wie dieselben von den Goldarbeitern gebraucht werden. Da dieselben Grundflaͤchen von verschiedener Groͤße haben, so waͤhle man stets die kleinsten, wenn es auch im Interesse rascher Arbeit gelegen ist, daß man sich nebenbei noch ein Ciselireisen mit groͤßerer Grundflaͤche, jedoch mit demselben Dessin haͤlt. Diese Grundflaͤche stellt ein Muster dar, wie dieselben etwa auf Fingerhuͤten sind, jedoch in mikroskopischer Kleinheit, und je feiner das Korn, desto besser wird sich die Ciselirung machen. Indem man nun mit der Linken diese Punzen dicht an der vorgezeichneten Umrißzeichnung herumfaͤhrt, schlaͤge man das auf der Unterflaͤche gravirte Muster in den Schnitt ein und dies mit einem kleinen hoͤlzernen Haͤmmer- chen, wie solche auch von den Goldarbeitern gebraucht werden. Es ist durchaus fehlerhaft, das Muster in den Schnitt hineinschlagen zu wollen; solche Schnitte wuͤrden nach dem Oeffnen des Buches uͤber zugerichtete Blattraͤnder ergeben. Je zarter der Schnitt markirt ist, desto brillanter wird er sich ausnehmen, und desto weniger wird man ein Aneinandersetzen des Punzirmusters bemerken. Ist auf diese Weise nun der ganze Grund markirt, so wird die Zeichnung noch nachciselirt, und das ist es, was die eigentliche Voll- endenung, dem Ganzen, den eigentlichen Schliff giebt. Dazu bedient man sich mit Vortheil einer Ahle, deren Spitze kurz abgeschliffen, auf einem Oelsteine fein abgeschliffen und mit einem Stahle polirt wurde, so daß dieselbe allerdinges noch stechen wuͤrde, aber auf dem glatten Goldgrunde beim Zeichnen

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Zitationshilfe: Boeck, Josef Phileas: Marmorirkunst. 2. Aufl. Wien u. a., 1896, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeck_marmorirkunst_1896/102>, abgerufen am 03.05.2024.