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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

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Journale ist die Revue de Paris. -- Von Lafayette
stand vor einigen Tagen in der Zeitung: er wäre
krank; seitdem ist aber keine Rede mehr davon.
Wenn der jetzt während des Prozesses der Minister
krank würde, oder er stürbe, ich glaube die Regie¬
rung wäre im Stande und hielte das geheim. Er
ist der Einzige, der im Falle eines Aufruhrs das
Volk im Zaum halten könnte. Ich glaube, daß er
ruhig bleiben wird, aber die Regierung hat große
Furcht, und trifft alle möglichen Vorsichtsmaßregeln.
Ganze Regimenter National-Gardisten thun den
Dienst, kein National-Gardist, auch wenn er nicht
die Wache hat, darf seine Uniform während des
Prozesses ablegen: man wird also in den nächsten
vierzehn Tagen nichts als Soldaten sehen, und Pa¬
ris wird einem Lager gleichen. Sie glauben nicht,
wie komisch das aussiehet, wenn in den Läden die
Krämer in Uniform Zucker wiegen, Stiefel anmessen.
Ich habe oft darüber lachen müssen -- Ich bin be¬
gierig -- welche neue Revolutionen zwischen diesem
und meinem nächsten Briefe vorfallen werden. --
Auf dem Bastillen-Platz wird ein neues Theater ge¬
bauet. Adieu bis zur nächsten Revolution.


Journale iſt die Revue de Paris. — Von Lafayette
ſtand vor einigen Tagen in der Zeitung: er wäre
krank; ſeitdem iſt aber keine Rede mehr davon.
Wenn der jetzt während des Prozeſſes der Miniſter
krank würde, oder er ſtürbe, ich glaube die Regie¬
rung wäre im Stande und hielte das geheim. Er
iſt der Einzige, der im Falle eines Aufruhrs das
Volk im Zaum halten könnte. Ich glaube, daß er
ruhig bleiben wird, aber die Regierung hat große
Furcht, und trifft alle möglichen Vorſichtsmaßregeln.
Ganze Regimenter National-Gardiſten thun den
Dienſt, kein National-Gardiſt, auch wenn er nicht
die Wache hat, darf ſeine Uniform während des
Prozeſſes ablegen: man wird alſo in den nächſten
vierzehn Tagen nichts als Soldaten ſehen, und Pa¬
ris wird einem Lager gleichen. Sie glauben nicht,
wie komiſch das ausſiehet, wenn in den Läden die
Krämer in Uniform Zucker wiegen, Stiefel anmeſſen.
Ich habe oft darüber lachen müſſen — Ich bin be¬
gierig — welche neue Revolutionen zwiſchen dieſem
und meinem nächſten Briefe vorfallen werden. —
Auf dem Baſtillen-Platz wird ein neues Theater ge¬
bauet. Adieu bis zur nächſten Revolution.


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[128/0142] Journale iſt die Revue de Paris. — Von Lafayette ſtand vor einigen Tagen in der Zeitung: er wäre krank; ſeitdem iſt aber keine Rede mehr davon. Wenn der jetzt während des Prozeſſes der Miniſter krank würde, oder er ſtürbe, ich glaube die Regie¬ rung wäre im Stande und hielte das geheim. Er iſt der Einzige, der im Falle eines Aufruhrs das Volk im Zaum halten könnte. Ich glaube, daß er ruhig bleiben wird, aber die Regierung hat große Furcht, und trifft alle möglichen Vorſichtsmaßregeln. Ganze Regimenter National-Gardiſten thun den Dienſt, kein National-Gardiſt, auch wenn er nicht die Wache hat, darf ſeine Uniform während des Prozeſſes ablegen: man wird alſo in den nächſten vierzehn Tagen nichts als Soldaten ſehen, und Pa¬ ris wird einem Lager gleichen. Sie glauben nicht, wie komiſch das ausſiehet, wenn in den Läden die Krämer in Uniform Zucker wiegen, Stiefel anmeſſen. Ich habe oft darüber lachen müſſen — Ich bin be¬ gierig — welche neue Revolutionen zwiſchen dieſem und meinem nächſten Briefe vorfallen werden. — Auf dem Baſtillen-Platz wird ein neues Theater ge¬ bauet. Adieu bis zur nächſten Revolution.

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/142>, abgerufen am 30.04.2024.