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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.

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I. Abschnitt. [Gleich. 79]
dass der Punkt B auf einer längeren Strecke liegt, grösser ist,
als dass er auf einer kürzeren liegt. Nimmt man daher das
Mittel zwischen allen Wegen, die zwischen je zwei benach-
barten Zusammenstössen liegen, so zählen die kürzeren Weg-
strecken verhältnissmässig häufiger mit, als wenn man dem
Punkte B alle möglichen Lagen auf der gesammten Bahn des
Moleküls m gibt und aus den verschiedenen Distanzen des
Punktes B von der nächsten Zusammenstossstelle nach vor-
oder rückwärts das Mittel nimmt.

Ein triviales Beispiel wird dies vielleicht besser illustriren,
als eine lange Auseinandersetzung. Wir wollen mit einem un-
gefälschten Würfel der Reihe nach sehr viele Würfe machen;
zwischen je zwei Einserwürfen (Würfen, wo die Eins oben liegt)
werden durchschnittlich fünf andere liegen. Betrachten wir
irgend ein Intervall J zwischen zwei sich folgenden Würfen.
Zwischen dem Intervall J und dem nächstfolgenden Einserwurfe
werden im Mittel nicht etwa 21/2, sondern natürlich wieder
fünf andere Würfe liegen. Ebenso zwischen dem Intervall J
und dem nächstvorausgehenden Einserwurfe.


Herr Tait hat die mittlere Weglänge l in etwas ab-
weichender Weise definirt. Wir sahen soeben, dass sich in
einem bestimmten Zeitmomente t in der Volumeneinheit d nc
Moleküle befinden, deren Geschwindigkeit zwischen c und c + d c
liegt, und dass alle diese Moleküle im Mittel den Weg lc von
jenem Zeitmomente bis zu ihrem nächsten Zusammenstosse
zurücklegen. Betrachten wir daher alle n Moleküle m, welche
sich zu jenem Zeitmomente überhaupt in der Volumeneinheit
befinden, und nehmen wir aus allen Wegen, welche jedes der-
selben von jenem Zeitmomente an bis zu seinem nächsten
Zusammenstosse zurücklegt, das Mittel, so finden wir dafür
den Werth:
79) [Formel 1] .

Dies liefert nach Substitution der Werthe 70 und 71 und
einigen ganz leichten Reductionen:

I. Abschnitt. [Gleich. 79]
dass der Punkt B auf einer längeren Strecke liegt, grösser ist,
als dass er auf einer kürzeren liegt. Nimmt man daher das
Mittel zwischen allen Wegen, die zwischen je zwei benach-
barten Zusammenstössen liegen, so zählen die kürzeren Weg-
strecken verhältnissmässig häufiger mit, als wenn man dem
Punkte B alle möglichen Lagen auf der gesammten Bahn des
Moleküls m gibt und aus den verschiedenen Distanzen des
Punktes B von der nächsten Zusammenstossstelle nach vor-
oder rückwärts das Mittel nimmt.

Ein triviales Beispiel wird dies vielleicht besser illustriren,
als eine lange Auseinandersetzung. Wir wollen mit einem un-
gefälschten Würfel der Reihe nach sehr viele Würfe machen;
zwischen je zwei Einserwürfen (Würfen, wo die Eins oben liegt)
werden durchschnittlich fünf andere liegen. Betrachten wir
irgend ein Intervall J zwischen zwei sich folgenden Würfen.
Zwischen dem Intervall J und dem nächstfolgenden Einserwurfe
werden im Mittel nicht etwa 2½, sondern natürlich wieder
fünf andere Würfe liegen. Ebenso zwischen dem Intervall J
und dem nächstvorausgehenden Einserwurfe.


Herr Tait hat die mittlere Weglänge λ in etwas ab-
weichender Weise definirt. Wir sahen soeben, dass sich in
einem bestimmten Zeitmomente t in der Volumeneinheit d nc
Moleküle befinden, deren Geschwindigkeit zwischen c und c + d c
liegt, und dass alle diese Moleküle im Mittel den Weg λc von
jenem Zeitmomente bis zu ihrem nächsten Zusammenstosse
zurücklegen. Betrachten wir daher alle n Moleküle m, welche
sich zu jenem Zeitmomente überhaupt in der Volumeneinheit
befinden, und nehmen wir aus allen Wegen, welche jedes der-
selben von jenem Zeitmomente an bis zu seinem nächsten
Zusammenstosse zurücklegt, das Mittel, so finden wir dafür
den Werth:
79) [Formel 1] .

Dies liefert nach Substitution der Werthe 70 und 71 und
einigen ganz leichten Reductionen:

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[72/0086] I. Abschnitt. [Gleich. 79] dass der Punkt B auf einer längeren Strecke liegt, grösser ist, als dass er auf einer kürzeren liegt. Nimmt man daher das Mittel zwischen allen Wegen, die zwischen je zwei benach- barten Zusammenstössen liegen, so zählen die kürzeren Weg- strecken verhältnissmässig häufiger mit, als wenn man dem Punkte B alle möglichen Lagen auf der gesammten Bahn des Moleküls m gibt und aus den verschiedenen Distanzen des Punktes B von der nächsten Zusammenstossstelle nach vor- oder rückwärts das Mittel nimmt. Ein triviales Beispiel wird dies vielleicht besser illustriren, als eine lange Auseinandersetzung. Wir wollen mit einem un- gefälschten Würfel der Reihe nach sehr viele Würfe machen; zwischen je zwei Einserwürfen (Würfen, wo die Eins oben liegt) werden durchschnittlich fünf andere liegen. Betrachten wir irgend ein Intervall J zwischen zwei sich folgenden Würfen. Zwischen dem Intervall J und dem nächstfolgenden Einserwurfe werden im Mittel nicht etwa 2½, sondern natürlich wieder fünf andere Würfe liegen. Ebenso zwischen dem Intervall J und dem nächstvorausgehenden Einserwurfe. Herr Tait hat die mittlere Weglänge λ in etwas ab- weichender Weise definirt. Wir sahen soeben, dass sich in einem bestimmten Zeitmomente t in der Volumeneinheit d nc Moleküle befinden, deren Geschwindigkeit zwischen c und c + d c liegt, und dass alle diese Moleküle im Mittel den Weg λc von jenem Zeitmomente bis zu ihrem nächsten Zusammenstosse zurücklegen. Betrachten wir daher alle n Moleküle m, welche sich zu jenem Zeitmomente überhaupt in der Volumeneinheit befinden, und nehmen wir aus allen Wegen, welche jedes der- selben von jenem Zeitmomente an bis zu seinem nächsten Zusammenstosse zurücklegt, das Mittel, so finden wir dafür den Werth: 79) [FORMEL]. Dies liefert nach Substitution der Werthe 70 und 71 und einigen ganz leichten Reductionen:

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/86>, abgerufen am 26.04.2024.