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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
sie sich nicht unterstehen dörffen heraus zu kommen;
ja wenn ihnen der Director nicht anstehet/ schicken
sie ihn welches zu verwundern/ in einem kleinen Schiff-
lein nach Cabocors; gleichwol dörffen oder können
die Englische sich nicht mit einiger Gewalt widerse-
tzen/ sondern müssen sie im Gegentheil mit allerhand
Beschenckungen befriedigen. Das Dorff Anamabo
kan für das mächtigste im gantzen Lande bestehen/ in-
dem es so viel Krieges-Macht aufbringen kan als das
Königreich Saboe und Commani, gleichwol ists nur
der fünffte Theil von Fantin, dannenhero ihre übri-
ge Macht sich leicht ist einzubilden/ aus welcher Ursach
die herumwohnende Nachbahren sich genau in acht
nehmen daß sie ihnen nicht zu nahe kommen/ es wäre
denn daß die Fantiner selbst unter einander uneins
sind/ sonst gewißlich würden sie ihr Fürnehmen zu
bereuen Ursach finden; denn ohngeachtet der grossen
Menge Volcks/ ist das Land sehr reich an Gold/
Sclaven und allen benöthigten Lebens-Mitteln/ in-
sonderheit an Korn/ welches sie denen Englischen
Schiffen verkauffen. Wannenhero auch die Ein-
wohner so hochmüthig und trotzig sind/ daß ein Euro-
päer mit ihnen zu thun habend/ schier seinen Huht un-
ter den Arm für ihnen halten muß.

Es hat dieses Land keinen König/ sondern nur ein
Oberhaupt/ welchen sie Brasso nennen/ und füglich
im Teutschen ein Stadthalter heissen könnte/ ohnge-
achtet daß der eigentliche Verstand des Wortes einen
Geleitsmann bedeutet/ oder solch einen welcher den er-
sten Angriff thut/ um denen Ubrigen einen Muth zu
machen. Dieser nun ist der Erste und Vornehmste im
Lande/ als welchem die gröste Gewalt und Ansehen

zu-

des Landes Gvinea.
ſie ſich nicht unterſtehen doͤrffen heraus zu kommen;
ja wenn ihnen der Director nicht anſtehet/ ſchicken
ſie ihn welches zu verwundern/ in einem kleinen Schiff-
lein nach Cabocors; gleichwol doͤrffen oder koͤnnen
die Engliſche ſich nicht mit einiger Gewalt widerſe-
tzen/ ſondern muͤſſen ſie im Gegentheil mit allerhand
Beſchenckungen befriedigen. Das Dorff Anamabo
kan fuͤr das maͤchtigſte im gantzen Lande beſtehen/ in-
dem es ſo viel Krieges-Macht aufbringen kan als das
Koͤnigreich Saboe und Commani, gleichwol iſts nur
der fuͤnffte Theil von Fantin, dannenhero ihre uͤbri-
ge Macht ſich leicht iſt einzubilden/ aus welcher Urſach
die herumwohnende Nachbahren ſich genau in acht
nehmen daß ſie ihnen nicht zu nahe kommen/ es waͤre
denn daß die Fantiner ſelbſt unter einander uneins
ſind/ ſonſt gewißlich wuͤrden ſie ihr Fuͤrnehmen zu
bereuen Urſach finden; denn ohngeachtet der groſſen
Menge Volcks/ iſt das Land ſehr reich an Gold/
Sclaven und allen benoͤthigten Lebens-Mitteln/ in-
ſonderheit an Korn/ welches ſie denen Engliſchen
Schiffen verkauffen. Wannenhero auch die Ein-
wohner ſo hochmuͤthig und trotzig ſind/ daß ein Euro-
paͤer mit ihnen zu thun habend/ ſchier ſeinen Huht un-
ter den Arm fuͤr ihnen halten muß.

Es hat dieſes Land keinen Koͤnig/ ſondern nur ein
Oberhaupt/ welchen ſie Braſſo nennen/ und fuͤglich
im Teutſchen ein Stadthalter heiſſen koͤnnte/ ohnge-
achtet daß der eigentliche Verſtand des Wortes einen
Geleitsmann bedeutet/ oder ſolch einen welcher den er-
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[75/0107] des Landes Gvinea. ſie ſich nicht unterſtehen doͤrffen heraus zu kommen; ja wenn ihnen der Director nicht anſtehet/ ſchicken ſie ihn welches zu verwundern/ in einem kleinen Schiff- lein nach Cabocors; gleichwol doͤrffen oder koͤnnen die Engliſche ſich nicht mit einiger Gewalt widerſe- tzen/ ſondern muͤſſen ſie im Gegentheil mit allerhand Beſchenckungen befriedigen. Das Dorff Anamabo kan fuͤr das maͤchtigſte im gantzen Lande beſtehen/ in- dem es ſo viel Krieges-Macht aufbringen kan als das Koͤnigreich Saboe und Commani, gleichwol iſts nur der fuͤnffte Theil von Fantin, dannenhero ihre uͤbri- ge Macht ſich leicht iſt einzubilden/ aus welcher Urſach die herumwohnende Nachbahren ſich genau in acht nehmen daß ſie ihnen nicht zu nahe kommen/ es waͤre denn daß die Fantiner ſelbſt unter einander uneins ſind/ ſonſt gewißlich wuͤrden ſie ihr Fuͤrnehmen zu bereuen Urſach finden; denn ohngeachtet der groſſen Menge Volcks/ iſt das Land ſehr reich an Gold/ Sclaven und allen benoͤthigten Lebens-Mitteln/ in- ſonderheit an Korn/ welches ſie denen Engliſchen Schiffen verkauffen. Wannenhero auch die Ein- wohner ſo hochmuͤthig und trotzig ſind/ daß ein Euro- paͤer mit ihnen zu thun habend/ ſchier ſeinen Huht un- ter den Arm fuͤr ihnen halten muß. Es hat dieſes Land keinen Koͤnig/ ſondern nur ein Oberhaupt/ welchen ſie Braſſo nennen/ und fuͤglich im Teutſchen ein Stadthalter heiſſen koͤnnte/ ohnge- achtet daß der eigentliche Verſtand des Wortes einen Geleitsmann bedeutet/ oder ſolch einen welcher den er- ſten Angriff thut/ um denen Ubrigen einen Muth zu machen. Dieſer nun iſt der Erſte und Vornehmſte im Lande/ als welchem die groͤſte Gewalt und Anſehen zu-

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/107>, abgerufen am 29.04.2024.