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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Rothe Schneemilbe. Wassermilbe. Kugelige Flußmilbe.
der Wassermilben ist reich an seltsamen Erscheinungen; so kommen beispielsweise mehrere Arten
vor, bei denen die verschiedenen Geschlechter in sehr verschiedenen Formen auftreten. Während
die Weibchen der herrschenden Kugelform treu bleiben, endigen die Männchen in einen schwanz-
artigen Fortsatz, so daß man sie für ganz andere Gebilde halten möchte. Dabei bewahren aber
alle die Hauptmerkmale: siebengliedrige, von vorn nach hinten an Länge zunehmende Beine mit
eingelenkten und somit beweglichen Schwimmborsten und zwei Krallen am Ende, klauen- oder
nadelförmige Kieferfühler, nur kurze, hervorgestreckte Kiefertaster und zwei Augen auf dem Scheitel.
Nach einer oft sehr sonderbaren Begattung werden die Eier gelegt, von Einigen an die Stengel
der Wasserpflanzen, die sie dazu anbohren, von Andern an die Unterseite der Blätter. Hier findet
man sie neben einander, durch Gallerte zu einer Art von Gelee verbunden. Da, wo ein Weibchen
sein Geschäft zu Ende geführt hat, fährt nicht selten ein zweites und drittes fort, wodurch weit
verbreitete Ueberzüge an den Blättern entstehen. Nach einigen Wochen schlüpfen die Jungen aus,
jedoch stets nur mit sechs Beinen und einem verhältnißmäßig ungemein stark entwickelten Saugrüssel
versehen, welchen sie dazu benutzen, um sich an Käfer und Wanzen unter den Mitbewohnern ihres
Wassertümpels festzusaugen und als Schmarotzer ihr Leben zu verbringen. Wenn jedoch ihre
Zeit gekommen, verlassen sie das Wohnthier, häuten sich, wobei die Beine kürzer werden, gehen
auf den Boden ihres Wasserlochs und ruhen hier als Puppen. Endlich platzt die Haut und die
bisher sechsbeinige, vorn mit einem Saugnapfe versehene Milbe schwimmt nun mit acht Beinen
und einem auf das gewöhnliche Maß zurückgeführten Munde ausgerüstet davon. Einige scheinen
sich später nochmals fest zu setzen, diesmal aber an einer Wasserpflanze und eine zweite Häutung
zu bestehen, mit welcher sie erst zur Geschlechtsreife gelangen, während andere am Schmarotzen
ihre ganze Lebenszeit hindurch Wohlgefallen finden mögen, wie beispielsweise die von v. Bär
an den Kiemen der gemeinen Flußmuscheln beobachtete Hydrarachna concharum. Jene Larven
hatte man früher unter dem Namen Achlysia als besonderes Schmarotzergeschlecht beschrieben.
Noch andere endlich führen ein freies Leben, so lange sie Larven sind und werden erst im Nymphen-
stande zu Parasiten. Die birnförmigen Körperchen am Wasserskorpion, oder am Bauche und
unter den Flügeldecken der großen Schwimmkäfer legen Zeugniß davon ab. Man hat die Wasser-
milben unter vorwaltender Berücksichtigung der Körperform, der Stellung und Größe der Augen,
der gegenseitigen Länge und Bildung der Tasterglieder, wie der Beine
in mehrere Gattungen getheilt, von denen Atax und Nesae die
artenreichsten sind. Erstere zeichnet sich durch einen eiförmigen oder
ovalen, hinten mehr oder weniger abgestutzten Leib, weit auseinander
stehende, mit einem Seiteneckchen versehene Augen, durch einen kurzen
Rüssel und mäßig lange, spindelförmige Taster aus. Der Schnabel
besteht aus einer lanzettförmigen Oberlippe, zwei lanzettförmigen,
etwas gebogenen Kiefern, einer kleinen Zunge und den viergliedrigen,
am vorletzten Gliede mit zwei Zähnchen und einem schief abwärts
gerichteten Haken bewehrten Tastern, welche die übrigen Theile ein-
hüllen. Die hierher gehörigen Thierchen sind bedächtige, in ihren Be-
wegungen nicht eben sehr lebhafte Schwimmer, welche sich am liebsten
[Abbildung] Kugelige Flußmilbe
(Atax spinipes) von der Bauchseite
16mal vergrößert.
an ruhigen Stellen kleiner Gewässer aufhalten und mit ausgebreiteten Beinen nahe der Oberfläche ruhen.
Die hier in 16facher Vergrößerung abgebildete kugelige Flußmilbe (Atax [Hydrarachna] spinipes)
charakterisirt sich durch einen fast kugeligen, hinten regelmäßig gerundeten, weichen Leib, schmutzig rothe
Färbung und durch eine Stellung der Beine, welche aus der Abbildung ersichtlich ist. -- Die rothe
Wassermilbe
(Arrenurus abstergens) hat einen ziemlich hohen, auf dem Rücken jedoch etwas
flachgedrückten und mit einem nach hinten offenen Bogeneindrucke versehenen Leib, dessen Ende in
mehr oder weniger deutliche Seitenecken hervortritt; ein mehrarmiges, schwarzes Kreuz auf dem
Rücken kennzeichnet diese gemeine Art. Das Weibchen hängt seine, in eine harte Spitze auslaufenden

Rothe Schneemilbe. Waſſermilbe. Kugelige Flußmilbe.
der Waſſermilben iſt reich an ſeltſamen Erſcheinungen; ſo kommen beiſpielsweiſe mehrere Arten
vor, bei denen die verſchiedenen Geſchlechter in ſehr verſchiedenen Formen auftreten. Während
die Weibchen der herrſchenden Kugelform treu bleiben, endigen die Männchen in einen ſchwanz-
artigen Fortſatz, ſo daß man ſie für ganz andere Gebilde halten möchte. Dabei bewahren aber
alle die Hauptmerkmale: ſiebengliedrige, von vorn nach hinten an Länge zunehmende Beine mit
eingelenkten und ſomit beweglichen Schwimmborſten und zwei Krallen am Ende, klauen- oder
nadelförmige Kieferfühler, nur kurze, hervorgeſtreckte Kiefertaſter und zwei Augen auf dem Scheitel.
Nach einer oft ſehr ſonderbaren Begattung werden die Eier gelegt, von Einigen an die Stengel
der Waſſerpflanzen, die ſie dazu anbohren, von Andern an die Unterſeite der Blätter. Hier findet
man ſie neben einander, durch Gallerte zu einer Art von Gelee verbunden. Da, wo ein Weibchen
ſein Geſchäft zu Ende geführt hat, fährt nicht ſelten ein zweites und drittes fort, wodurch weit
verbreitete Ueberzüge an den Blättern entſtehen. Nach einigen Wochen ſchlüpfen die Jungen aus,
jedoch ſtets nur mit ſechs Beinen und einem verhältnißmäßig ungemein ſtark entwickelten Saugrüſſel
verſehen, welchen ſie dazu benutzen, um ſich an Käfer und Wanzen unter den Mitbewohnern ihres
Waſſertümpels feſtzuſaugen und als Schmarotzer ihr Leben zu verbringen. Wenn jedoch ihre
Zeit gekommen, verlaſſen ſie das Wohnthier, häuten ſich, wobei die Beine kürzer werden, gehen
auf den Boden ihres Waſſerlochs und ruhen hier als Puppen. Endlich platzt die Haut und die
bisher ſechsbeinige, vorn mit einem Saugnapfe verſehene Milbe ſchwimmt nun mit acht Beinen
und einem auf das gewöhnliche Maß zurückgeführten Munde ausgerüſtet davon. Einige ſcheinen
ſich ſpäter nochmals feſt zu ſetzen, diesmal aber an einer Waſſerpflanze und eine zweite Häutung
zu beſtehen, mit welcher ſie erſt zur Geſchlechtsreife gelangen, während andere am Schmarotzen
ihre ganze Lebenszeit hindurch Wohlgefallen finden mögen, wie beiſpielsweiſe die von v. Bär
an den Kiemen der gemeinen Flußmuſcheln beobachtete Hydrarachna concharum. Jene Larven
hatte man früher unter dem Namen Achlysia als beſonderes Schmarotzergeſchlecht beſchrieben.
Noch andere endlich führen ein freies Leben, ſo lange ſie Larven ſind und werden erſt im Nymphen-
ſtande zu Paraſiten. Die birnförmigen Körperchen am Waſſerſkorpion, oder am Bauche und
unter den Flügeldecken der großen Schwimmkäfer legen Zeugniß davon ab. Man hat die Waſſer-
milben unter vorwaltender Berückſichtigung der Körperform, der Stellung und Größe der Augen,
der gegenſeitigen Länge und Bildung der Taſterglieder, wie der Beine
in mehrere Gattungen getheilt, von denen Atax und Nesae die
artenreichſten ſind. Erſtere zeichnet ſich durch einen eiförmigen oder
ovalen, hinten mehr oder weniger abgeſtutzten Leib, weit auseinander
ſtehende, mit einem Seiteneckchen verſehene Augen, durch einen kurzen
Rüſſel und mäßig lange, ſpindelförmige Taſter aus. Der Schnabel
beſteht aus einer lanzettförmigen Oberlippe, zwei lanzettförmigen,
etwas gebogenen Kiefern, einer kleinen Zunge und den viergliedrigen,
am vorletzten Gliede mit zwei Zähnchen und einem ſchief abwärts
gerichteten Haken bewehrten Taſtern, welche die übrigen Theile ein-
hüllen. Die hierher gehörigen Thierchen ſind bedächtige, in ihren Be-
wegungen nicht eben ſehr lebhafte Schwimmer, welche ſich am liebſten
[Abbildung] Kugelige Flußmilbe
(Atax spinipes) von der Bauchſeite
16mal vergrößert.
an ruhigen Stellen kleiner Gewäſſer aufhalten und mit ausgebreiteten Beinen nahe der Oberfläche ruhen.
Die hier in 16facher Vergrößerung abgebildete kugelige Flußmilbe (Atax [Hydrarachna] spinipes)
charakteriſirt ſich durch einen faſt kugeligen, hinten regelmäßig gerundeten, weichen Leib, ſchmutzig rothe
Färbung und durch eine Stellung der Beine, welche aus der Abbildung erſichtlich iſt. — Die rothe
Waſſermilbe
(Arrenurus abstergens) hat einen ziemlich hohen, auf dem Rücken jedoch etwas
flachgedrückten und mit einem nach hinten offenen Bogeneindrucke verſehenen Leib, deſſen Ende in
mehr oder weniger deutliche Seitenecken hervortritt; ein mehrarmiges, ſchwarzes Kreuz auf dem
Rücken kennzeichnet dieſe gemeine Art. Das Weibchen hängt ſeine, in eine harte Spitze auslaufenden

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[603/0641] Rothe Schneemilbe. Waſſermilbe. Kugelige Flußmilbe. der Waſſermilben iſt reich an ſeltſamen Erſcheinungen; ſo kommen beiſpielsweiſe mehrere Arten vor, bei denen die verſchiedenen Geſchlechter in ſehr verſchiedenen Formen auftreten. Während die Weibchen der herrſchenden Kugelform treu bleiben, endigen die Männchen in einen ſchwanz- artigen Fortſatz, ſo daß man ſie für ganz andere Gebilde halten möchte. Dabei bewahren aber alle die Hauptmerkmale: ſiebengliedrige, von vorn nach hinten an Länge zunehmende Beine mit eingelenkten und ſomit beweglichen Schwimmborſten und zwei Krallen am Ende, klauen- oder nadelförmige Kieferfühler, nur kurze, hervorgeſtreckte Kiefertaſter und zwei Augen auf dem Scheitel. Nach einer oft ſehr ſonderbaren Begattung werden die Eier gelegt, von Einigen an die Stengel der Waſſerpflanzen, die ſie dazu anbohren, von Andern an die Unterſeite der Blätter. Hier findet man ſie neben einander, durch Gallerte zu einer Art von Gelee verbunden. Da, wo ein Weibchen ſein Geſchäft zu Ende geführt hat, fährt nicht ſelten ein zweites und drittes fort, wodurch weit verbreitete Ueberzüge an den Blättern entſtehen. Nach einigen Wochen ſchlüpfen die Jungen aus, jedoch ſtets nur mit ſechs Beinen und einem verhältnißmäßig ungemein ſtark entwickelten Saugrüſſel verſehen, welchen ſie dazu benutzen, um ſich an Käfer und Wanzen unter den Mitbewohnern ihres Waſſertümpels feſtzuſaugen und als Schmarotzer ihr Leben zu verbringen. Wenn jedoch ihre Zeit gekommen, verlaſſen ſie das Wohnthier, häuten ſich, wobei die Beine kürzer werden, gehen auf den Boden ihres Waſſerlochs und ruhen hier als Puppen. Endlich platzt die Haut und die bisher ſechsbeinige, vorn mit einem Saugnapfe verſehene Milbe ſchwimmt nun mit acht Beinen und einem auf das gewöhnliche Maß zurückgeführten Munde ausgerüſtet davon. Einige ſcheinen ſich ſpäter nochmals feſt zu ſetzen, diesmal aber an einer Waſſerpflanze und eine zweite Häutung zu beſtehen, mit welcher ſie erſt zur Geſchlechtsreife gelangen, während andere am Schmarotzen ihre ganze Lebenszeit hindurch Wohlgefallen finden mögen, wie beiſpielsweiſe die von v. Bär an den Kiemen der gemeinen Flußmuſcheln beobachtete Hydrarachna concharum. Jene Larven hatte man früher unter dem Namen Achlysia als beſonderes Schmarotzergeſchlecht beſchrieben. Noch andere endlich führen ein freies Leben, ſo lange ſie Larven ſind und werden erſt im Nymphen- ſtande zu Paraſiten. Die birnförmigen Körperchen am Waſſerſkorpion, oder am Bauche und unter den Flügeldecken der großen Schwimmkäfer legen Zeugniß davon ab. Man hat die Waſſer- milben unter vorwaltender Berückſichtigung der Körperform, der Stellung und Größe der Augen, der gegenſeitigen Länge und Bildung der Taſterglieder, wie der Beine in mehrere Gattungen getheilt, von denen Atax und Nesae die artenreichſten ſind. Erſtere zeichnet ſich durch einen eiförmigen oder ovalen, hinten mehr oder weniger abgeſtutzten Leib, weit auseinander ſtehende, mit einem Seiteneckchen verſehene Augen, durch einen kurzen Rüſſel und mäßig lange, ſpindelförmige Taſter aus. Der Schnabel beſteht aus einer lanzettförmigen Oberlippe, zwei lanzettförmigen, etwas gebogenen Kiefern, einer kleinen Zunge und den viergliedrigen, am vorletzten Gliede mit zwei Zähnchen und einem ſchief abwärts gerichteten Haken bewehrten Taſtern, welche die übrigen Theile ein- hüllen. Die hierher gehörigen Thierchen ſind bedächtige, in ihren Be- wegungen nicht eben ſehr lebhafte Schwimmer, welche ſich am liebſten [Abbildung Kugelige Flußmilbe (Atax spinipes) von der Bauchſeite 16mal vergrößert.] an ruhigen Stellen kleiner Gewäſſer aufhalten und mit ausgebreiteten Beinen nahe der Oberfläche ruhen. Die hier in 16facher Vergrößerung abgebildete kugelige Flußmilbe (Atax [Hydrarachna] spinipes) charakteriſirt ſich durch einen faſt kugeligen, hinten regelmäßig gerundeten, weichen Leib, ſchmutzig rothe Färbung und durch eine Stellung der Beine, welche aus der Abbildung erſichtlich iſt. — Die rothe Waſſermilbe (Arrenurus abstergens) hat einen ziemlich hohen, auf dem Rücken jedoch etwas flachgedrückten und mit einem nach hinten offenen Bogeneindrucke verſehenen Leib, deſſen Ende in mehr oder weniger deutliche Seitenecken hervortritt; ein mehrarmiges, ſchwarzes Kreuz auf dem Rücken kennzeichnet dieſe gemeine Art. Das Weibchen hängt ſeine, in eine harte Spitze auslaufenden

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/641>, abgerufen am 24.05.2024.